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Elfmal wählen in Zeiten der Abschaffung von Demokratie

Stimmabgabe an der Wahlurne
Foto: Alexander Hauk via WikiPedia Lizenz: BILD-BY
Wählen - wozu? Nach dem alten Gemeinschaftskundespruch: Um herauszubekommen, was gemacht werden soll - und wer das dann durchführt. Demnach fanden im September 2009 keine Wahlen statt. Allenfalls Volksfeiern mit Jubelrufen. Über das, was gemacht werden sollte, erfuhr man von Merkel damals und vorher kein einziges Wort. Von den Konkurrenten auch nicht viel mehr. Merkel fuhr mit ausgebreiteten Segenshänden durch die Menge und befahl: Vertrauen! Demokratie im herkömmlichen Sinn des Begriffs blieb weiterhin abgeschafft.

Ginge es auch anders?
Merkels  Kalkül ging in einem Punkt voll auf: sie hatte merken müssen, dass es eine Mehrheit gegen sie gab. Geben könnte. Geben müsste. Aber zugleich: dass diese Mehrheit nur eine des wechselseitigen "Nein" war. Mit allen - nur nicht mit denen. Die vollzogene Selbstblockierung sämtlicher anderer Parteien garantierte Selbstnachfolge.

Was folgt daraus?
Eine Wahl, die wirklich ihren Namen verdiente, müsste zu allererst den Wählenden ihre Uneinigkeit, ihre Zerrissenheit vor Augen führen. Das von den Parteien unablässig heraufgerufene und beschworene "WIR" existiert nirgends. Es schwirren Wesen umeinander, die sich ein solches "WIR" in der Verzweiflung fest einbilden. In der Erkenntnis der Zerrissenheit müssten sich erst Gruppen erkennen und  dagegen zusammenschließen. Wer dauernd in Gefahr schwebt, auf Hartz IV herabgedrückt zu werden, kann nicht zusammengehen mit dem, der von den Lohnsenkungen profitiert, die durch Hartz IV als Abschreckungsmittel befördert werden. Wer grübelt, in welche KITA er sein Kind verfrachten kann, um in acht Stunden Lohnarbeit über die Runden zu kommen, kann nicht in einer Truppe mit dem marschieren, der schon in den KITAs nach Sonderunterricht verlangt. "Meine kleine Erika soll mal früher als andere mit Englisch fertig sein".

Und so weiter. Es weiß es ja jede und jeder. Erste und entscheidende Aufgabe eines anderen Wahlaufrufs, einer anderen Politik wäre Schaffung eines Wahlbewusstseins vor der Wahl selbst: eines der bodenlosen Zerrissenheit und zugleich der Notwendigkeit, über diese Zerrissenheit hinweg zu einem gemeinsamen Fundament zu gelangen, über  welches ein gemeinsamer Willen sich herausbilden könnte. Derjenige, dies Gemeinsame als fehlend wenigstens sichtbar werden zu lassen, wenn es schon nicht gleich zur Durchsetzung reicht.

Dieses Jahr: Elfmal  die Wiederholung
Dieses Jahr geht es elfmal ran.  Elfmal  schließt Merkel die Himmelspforten auf. Dahinter soll aufscheinen elfmal das Paradies der freien Wahl. Um gleich wieder hinter dem zugeschlagenen Tor zu verschwinden.

In aller Herzensgrund ruht die Vermutung: Es wird sich nichts ändern. Auch wenn die FDP den verdienten Weg zur langen Pause antreten sollte! Im gegebenen Rollenspiel wird ein anderer gern ihre Rolle übernehmen.

Wahlen in den Kommunen: Hurra für den Sparkommissar
Viele Gemeinden sind restlos pleite. Weniger bei uns als zum Beispiel im Ruhrgebiet. Damit entfällt sogar die Minimalantwort auf die Frage: Was soll gemacht werden. Entfällt, sobald der Sparkommissar wütet. Dann darf nur noch  weniger gemacht werden - bis nichts, was Geld kostet. Wozu dann überhaupt noch wählen?

Taktik - ohne einen Funken Glauben!
Offenbar bleiben nur noch taktische  Finessen. Es ließe sich zum Beispiel in Baden-Württemberg daran denken, im Vollgefühl der Verachtung den GRÜNEN die einzige Stimme zu spendieren. Ohne Kretschmann einen Augenblick lang seine Versprechen zu glauben. Nur um Merkel den Schemel unter den Füßen wegzuziehen. Und um die Mitwählenden rechtzeitig auf die schamlosen Drehungen vorzubereiten, die die Partei der GRÜNEN dann entweder - trotz Stuttgart 21 - mit Mappus - oder mit der SPD ohne ihn vollziehen wird. In voller Gesetzestreue und Unterwerfung unter alle bisher geschlossenen Verträge. Vielleicht bringt das dann einige GRÜNEN-Anhänger zum nachträglichen Erwachen.

Und die LINKE?
Die LINKE sollte unter allen Umständen ins Parlament einziehen. Letzte Chance! Entweder um sich so zu blamieren wie die Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen, die - aus Versehen, wie es nachher hieß! - SPD-Kraft eine wulstige Mehrheit verschafften bei der Abstimmung über den Haushalt.

Oder indem sie die Stimmen der Wütenden, Empörten und Enttäuschten auf den Straßen auffangen und ins Parlament hineintragen, wie es - um nur ein Beispiel zu nennen - Heike Hänsel für den Bundestag immer wieder getan hat.

Das Wichtigste aber: Dass der Widerstand,  der sich in Stuttgart gegen S21 und bei den Castortransporten  gezeigt hat, durchhält. Und zu weitergreifenden Aktionsformen und umstürzenden Ideen findet.
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