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Heute: Eröffnungsfest im Linken Zentrum Lilo Herrmann

Die Tageszeitung junge Welt führte anlässlich der offizellen Eröffnung des Linken Zentrum Lilo Herrmann in Stuttgart am heutigen Samstag ein Gespräch mit Paul von Pokrzywnicki, Sprecher Zentrums.

Am Samstag wird in Stuttgart das »Linke Zentrum Lilo Herrmann« eröffnet. Was muß man darunter verstehen?
Wir haben das Haus vor zwei Jahren gekauft und seitdem saniert – jetzt sind wir so weit, daß wir es in vollem Umfang nutzen können. Wir haben insgesamt 180 Quadratmeter Fläche, dieses Projekt ist für Stuttgart einmalig. Es gibt bei uns ein Café, einen Veranstaltungssaal und zehn Büros, die von diversen linken Initiativen genutzt werden. Außerdem haben wir noch Räume an zwei Wohngemeinschaften vermietet. Hinzu kommen Möglichkeiten zum Feiern: Wir haben nämlich zwei Gewölbekeller.

Weiter bei der jungen Welt.



Wir lassen uns nicht festsetzen!

Wir lassen uns nicht festsetzen!
Antifaschismus bleibt notwendig – Keine freie Bahn für Nazis in Stuttgart!
Am Montag, den 30. Juli versuchte die faschistische NPD eine Propagandakundgebung in Stuttgart durchzuführen. Nachdem Stuttgart aufgrund einer breit getragenen und engagierten antifaschistischen Politik jahrelang von derartigen faschistischen Auftritten verschont wurde, nutzte die Partei nun eine bundesweite Kampagne, um hier in Erscheinung zu treten: Im Rahmen einer sogenannten „Deutschlandtour“ reisten Grüppchen von Funktionsträgern und Mitgliedern der Partei mit einem Kleinlaster wochenlang durch zahlreiche Städte, um Kundgebungen abzuhalten. Breite und vielfältige Proteste dominierten die faschistischen Auftritte jedoch bei fast allen Anlaufpunkten

Unerwünschtes Engagement?
In Städten wie Kiel, Neumünster, Lüneburg, Bielefeld, oder Ulm gaben die Behörden dem Druck dieser Proteste nach und verlegten oder verkürzten die Nazikundgebungen erheblich. AmtsträgerInnen und Stadtpolitik bekannten sich immer wieder klar zu den Protesten und ließen Blockaden gewähren. Ganz anders jedoch in Stuttgart: Der spektrenübergreifende Protest der NazigegnerInnen wurde hier von Beginn an mit polizeilichen Repressalien überzogen, während Ämter und politische Verantwortliche der faschistischen Kundgebung großzügig den Weg ebneten. Hunderte NazigegnerInnen trugen ihren Protest gegen die NPD-Veranstaltung dennoch in Stuttgart auf die Straße. Nach einer gemeinsamen Kundgebung bewegte sich der antifaschistische Protest zum geplanten Veranstaltungsort der NPD und verteilte sich über die gesamte Innenstadt. Während des gesamten Tages sahen sich die NazigegnerInnen mit einem hochgerüstetem Großaufgebot von mehreren hundert Polizeikräften konfrontiert. Hermetisch abgeriegelte Straßenzüge und schikanöse Vorkontrollen verdeutlichten den Willen von Polizei und Behörden, das Stattfinden der Naziveranstaltung gegen jeden Widerstand zu ermöglichen.

Über 75 in Gewahrsam …
Im Rahmen der Proteste gingen Bereitschaftshundertschaften gemeinsam mit berittenen Einheiten, Trupps der sogenannten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit, sowie hinzugezogener Streifen- und Zivilpolizei vehement und unter massivem Gewalteinsatz gegen die AntifaschistInnen vor. Über 50 NazigegnerInnen wurden ohne unmittelbare Begründung für teilweise über sechs Stunden in einem Polizeikessel festgehalten. Teils ohne Benennung konkreter Vorwürfe, teils wegen konstruierter Delikte wie z.–…B. „schwerer Landfriedensbruch“, wurden sie anschließend in überfüllte Sammelzellen gebracht. Dazu fesselten Polizeikräfte eine Vielzahl der Betroffenen und drängten sie zu mehreren in Gefangenentransporter. Schläge und Tritte der Einsatzkräfte auf der Straße hinterließen bei zahlreichen GegendemonstrantInnen Hämatome und Schürfwunden, während ein junger Antifaschist nach einem Polizeiangriff mit Kopfplatzwunde und Gehirnerschütterung stationär in einem Krankenhaus behandelt werden musste. Insgesamt nahm die Polizei an diesem Tag über 75 Protestierende und PassantInnen in Gewahrsam.
Mit diesem harten Vorgehen, ergänzt durch ständige Film- und Fotoaufnahmen und willkürlich ausgesprochene Platzverweise, schufen die Polizeikräfte schließlich eine Situation, in der jede Beteiligung an Protesten der Gefahr der Kriminalisierung und direkter körperlicher Angriffe ausgesetzt war. Bereits wenige Wochen nach den Ereignissen beginnt die Stuttgarter Polizei nun mit der Versendung von Vorladungen mit Straftatvorwürfen an vermeintliche Beteiligte, um Druck aufzubauen und um sie einzuschüchtern.

Polizeigewalt in Stuttgart – eine lokale Spezialität
Zum wiederholten Male zeigen die Stuttgarter Behörden offen, wie sie mit fortschrittlichen Bewegungen umzugehen pflegen. Die Gewalteinsätze der Stuttgarter Polizei mit Schlagstöcken, Pfefferspray und sogar Wasserwerfern sind inzwischen gängige Praxis. Nicht zuletzt die Einsätze am 30. September 2010 im Schlossgarten gegen S21-GegnerInnen und im Juni letzten Jahres auf dem Schlossplatz gegen AntirassistInnen, die gegen den Auftritt von rechtspopulistischen Gruppen auf dem Schlossplatz demonstrierten, haben in jüngster Vergangenheit für Aufsehen gesorgt. In beiden Fällen folgten etliche, von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft vorangetriebene, Verfahren gegen Beteiligte. Um ein politisches Exempel zu statuieren, wurde ein engagierter Antirassist sogar für mehrere Monate in Untersuchungshaft genommen. Weitere Beispiele wie die Hausdurchsuchungen und die Entnahme von DNA-Proben bei AntifaschistInnen aus dem Raum Stuttgart, die sich an den erfolgreichen Protesten gegen einen Nazigroßaufmarsch im Februar 2011 in Dresden beteiligt haben sollen, finden sich in den vergangenen Jahren zuhauf. Immer wieder gingen Stuttgarter Polizei, Staatsanwaltschaft und Ordnungsamt mit Vehemenz gegen linke und fortschrittliche Politik vor.

Legitimen Protest verteidigen!
Die jüngsten Angriffe auf couragierte NazigegnerInnen sehen wir mit besonderer Sorge. Während mordende Nazibanden über Jahre hinweg eng mit NPD-Strukturen und staatlichen Stellen verstrickt auf Menschenjagd gehen konnten und rechte Hetzer immer unverhohlender gegen MigrantInnen und sozial Schwache agitieren, sind es eben die aktiven GegnerInnen dieser Entwicklungen, die zum Vorbild dienen sollten. Wer sonst soll noch weitere Kreise der Gesellschaft zum Einsatz für ein solidarisches Zusammenleben ermutigen? Wer sonst kann der anwachsenden rechten Gewalt einen wirkungsvollen und langfristigen Widerstand entgegenbringen?
Wir sind nicht bereit, weiter hinzunehmen, dass Regungen von Protest und praktisches Streben nach einer solidarischen Gesellschaft mit brutaler Gewalt und Willkür von Seiten staatlicher Behörden beantwortet werden. Gemeinsam verurteilen wir das Vorgehen der Stuttgarter Behörden am 30. Juli und setzen uns für eine intensive öffentliche Kritik und Nachbereitung des skandalösen Polizeieinsatz ein. Die Kriminalisierung des Protestes ist weder zwangsläufig, noch legtitim. Solidarisch und kollektiv werden wir uns auch bei den juristischen Konsequenzen des 30. Juli für das Recht auf antifaschistischen Protest einsetzen.

Wir unterstützen die geplanten Klagen gegen die stundenlange Kesselung der NazigegnerInnen und werden mit Öffentlichkeitsarbeit weiteren politischen Druck gegen die verantwortlichen Behörden aufbauen. Das Recht auf demokratische Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung muss erhalten und ausgebaut werden! Dafür werden wir uns auch in Zukunft stark machen. Weder ausufernde Polizeigewalt und -willkür, noch juristische Schikanen können uns einschüchtern.

Für Versammlungsfreiheit und lebendigen Widerstand!



Das Bündnis finanziert sich aus Spenden.

Bündnis f. Versammlungsfreiheit
Stichwort: Kesselklage
Kontonummer: 101612232
Bankleitzahl: 61150020 (Kreissparkasse Esslingen)

Weitere UnterstützerInnen melden sich bitte per Mail.

Den Flyer des Bündnisses kann man hier downloaden:

Seite 1
Seite 2

Für Webseiten gibt es zudem noch ein Banner.

Quelle: Arbeitskreis Kesselklage

Extremismusdiskussion: RAV-Stellungnahme zum Entwurf des Jahressteuergesetz 2013

Ausgerechnet der u.a. in die NSU Affäre verstrickte sog. "Verfassungsschutz" soll künftig das Gütesiegel für die Gemeinnützigkeit politischer Organisationen vergeben. Dazu erschien eine ausführliche Stellungnahme des Republikanischen Anwaltsvereins, die wir hier im Volltext zitieren:

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 soll u.a. die Abgabenordnung (AO) dahingehend geändert werden, dass bei einer Etikettierung von Vereinen und Organisationen durch den Verfassungsschutz als "extremistisch" im Besteuerungsverfahren unwiderlegbar die Gemeinnützigkeit entfällt. Dies kann für viele Organisationen das Aus bedeuten, da damit die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden und die Befreiung von der Körperschaftssteuer entfielen. Ein Rechtsschutz soll nach den geplanten Änderungen im finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen werden. Stattdessen bliebe nur noch die Möglichkeit, im Verwaltungsrechtsweg gegen die Benennung in den jeweiligen Verfassungsschutzberichten vorzugehen.

Der Verfasser der hier folgenden Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung "Entwurf eines Jahressteuergesetz 2013" - Drucksache 17/10000 - ist RAV-Vorstandsmitglied Rechtsanwalt Sönke Hilbrans aus Berlin.

Schriftliche Stellungnahme

Hier:
1. Änderung § 51 Abs. 3 S. 2 AO (Art. 10 Nr. 3)
2. Steuerbefreiung von Bildungsleistungen (Art. 9 Nr. 2b)

I. Änderung von § 51 Abs. 3 S. 2 AO

Die vorgeschlagene Änderung der Abgabenordnung zielt auf eine steuerrechtliche Tatbestandswirkung bestimmter öffentlicher Äußerungen von Verfassungsschutzämtern und soll den Rechtsstreit über das Bestehen oder Nichtbestehen der Voraussetzungen der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit von den Finanzgerichten auf die Verwaltungsgerichte verlagern.

Verfassungsschutzberichte erlangten dadurch faktisch die Wirkung eines Bescheides bei der Steuerveranlagung (Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 302/12 (Beschluss), S. 105). Die Vorschrift läge quer zu dem bestehenden § 51 Abs. 3 S. 1 AO und seiner Einbindung in das Besteuerungsverfahren, ohne dass bei den Verfassungsschutzämter eine adäquate Verfahrensregelung bestünde oder gar die rechtsstaatlich gebotene Anhörung der Betroffenen implementiert wäre. Ebenso wenig stiftet der Gesetzentwurf Klarheit über den Extremismusbegriff, den die Verfassungsschutzämter verwenden. Die Vorschrift würde im Ergebnis sowohl aus sachlichen als auch verfahrensrechtlichen Gründen nicht zu einer Verringerung des Aufkommens an Rechtsstreitigkeiten führen.

Im Einzelnen:

1. Extremismusbegriff, die Aufgaben der Verfassungsschutzämter und die Gemeinnützigkeit im Steuerrecht

a.) Extremismus: Berechenbarkeit, Bestimmtheit und Zuverlässigkeit nachrichtendienstlicher Bewertungen

„Extremismus“ ist kein Rechtsbegriff, sondern eine von den Verfassungsschutzämtern zu einem gewissen Grad abgestimmte Formel, mit der Bewertungen auf verschiedenen Wertungsebenen bezeichnet werden. Eine konsistente und für die Betroffenen berechenbare Praxis besteht nicht. Weder durch Bundesrecht, noch durch Landesrecht ist abschließend und normativ klar geregelt, wann und weshalb eine Organisation als extremistisch bezeichnet werden soll und wann nicht. Es besteht auch keine bundesrechtliche Verpflichtung der Länder, bestehende Sprachregelungen dauerhaft einzuhalten (vergl. auch BVerfG, B.v. 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01 -, Abs. Nr. 62 zur Gestaltungsfreiheit der Landesgesetzgeber).

Die Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder bedienen sich daher auch nicht einer vereinheitlichten Herangehensweise, noch erheben sie Anspruch auf Vollständigkeit (für das BfV: Verfassungsschutzbericht 2011, Vorabfassung S. 15). Wortwahl, Prioritätensetzung, aber auch inhaltliche Kriterien differieren zwischen den Verfassungsschutzberichten des Bundes und einzelner Bundesländer (BR-Drs. 302/12 (Beschluss), S. 105). So wird etwa zwischen Vorfeld-, Neben- oder sonst in ihrem Verhältnis zu einer Hauptorganisation stehenden Organisationen unterschieden, wird zwischen radikal, extrem und extremistisch differenziert und werden Beobachtungsobjekte nicht trennscharf bewertet. Bezüglich mancher Bestrebungen fallen Verfassungsschutzberichte in ihrem Umfang geradezu enzyklopädisch aus, während andere Erscheinungen, aus welchen Gründen auch immer, nur eine oberflächliche Erwähnung finden. Daher ist es konsequent, wenn das Bundesverfassungsgericht der „Extremismus“- Formel keinen Inhalt entnehmen kann, der hinreichend bestimmt wäre, um ein Verbot daran zu knüpfen: Ob eine Äußerung als extremistisch (oder radikal, extrem usw.) bezeichnet wird, ist eine Frage des politischen Meinungskampfs und der gesellschaftliche Auseinandersetzung. Das Extremismus- Verständnis ist dabei im Wesentlichen abhängig von sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Kontexten und subjektiven Einschätzungen (BVerfG, B.V. 08.12.2010 – 1 BvR 1106/08 -, Abs. Nr. 20).

Anders als der steuerrechtliche Tatbestand der Gemeinnützigkeit (§ 52 Abs. 1 AO) oder etwa vereinsrechtliche Verbotsgründe ist mithin Extremismus eine politische Kategorie ohne Eignung als Rechtskriterium (BVerfG, B.v. 08.12.2010 – 1 BvR 1106/08 -, Abs. Nr. 20). Seine Verwendung mag, was hier nicht vordringlich zu erörtern ist, den Verfassungsschutzämtern in gewissen Grenzen in der Öffentlichkeitsarbeit freistehen, ist aber für einschneidende steuerrechtliche Folgen nicht geeignet.

Die in der Sache politische, funktional auf die staatliche Beteiligung am öffentlichen Meinungsstreit gerichtete Formel vom Extremismus weist nicht die Klarheit und Berechenbarkeit auf, welche von einem gesetzlichen Eingriffstatbestand auch im Steuerrecht zu erwarten ist. Sie ist auch nicht darauf angelegt.

Es ist schließlich auch an dieser Stelle daran zu erinnern, dass die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder gegenwärtig eine der ernsthaftesten Krisen seit ihrer Gründung zu bewältigen haben. Diese Krise hat ihren Ausgangspunkt unter anderem in – soweit bisher ersichtlich – hausgemachten Qualitätsmängeln bei der Aufgabenerfüllung und setzt sich fort in nicht mehr nachvollziehbaren Versuchen, eine effektive Überprüfung dieser Mängel zu vereiteln. Es liegt auf der Hand, dass Beurteilungen der Verfassungsschutzämter, welche die von dem Gesetzentwurf vorgesehenen einschneidenden Konsequenzen nach sich ziehen sollen, mit denselben Qualitätsproblemen belastet sein können. Ohne eine Neujustierung der nachrichtendienstlichen Aufgabenerfüllung auch und gerade bei der Beurteilung von Beobachtungsobjekten wäre ein Eingriff in die zivilgesellschaftlichen Verhältnisse nicht hinzunehmen. Es wäre zugleich, angesichts der gegenwärtigen Vertrauenskrise in die Arbeit der Sicherheitsbehörden, auch das falsche politische Signal gesetzt.

b.) Extremismus und Gemeinnützigkeit – ein zwingender Widerspruch?

Es ist nicht ersichtlich, dass jede Beschreibung einer Organisation als extremistisch auch die Voraussetzung des Verlusts steuerrechtlicher Vorteile belegt.

Der Extremismus-Begriff in der Berichtspraxis der Verfassungsschutzämter ist nicht zwingend an gewaltsame oder sonst umstürzlerische Aktivitäten gebunden, wie sie die Wertungen des Steuerrechts bestimmen: Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs soll von der Gemeinnützigkeit i.S. § 52 Abs. 1 AO ausgeschlossen bleiben, wer die Werteordnung des Grundgesetzes, wie sie insbesondere im Grundrechtskatalog zum Ausdruck kommt, in Frage stellt (BFH, U.v. 11.04.2011 – RN 16 m.w.N.). Anerkanntermaßen verstößt gewaltfreies Handeln demgegenüber auch dann, wenn es illegal ist, grundsätzlich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung (AEAO Nr. 16 zu § 52 in der Fassung bis zum 17.01.2012, unter Hinweis auf BVerfG, B.v. 10.01.1995 – 1 BvR 718/89 – u.a. = NJW 1995, 1141). Die Besteuerungspraxis prüft zudem, ob der Entzug des Status der Gemeinnützigkeit auch in einem angemessenen Verhältnis zu den konkret gegen eine Körperschaft feststellbaren Beanstandungen steht.

Demgegenüber fokussiert die Aufgabenstellung der Verfassungsschutzämter mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die institutionellen Aspekte des Staatsschutzes, während der Schutz der Grundrechte nur eine untergeordnete Rolle einnimmt (s. § 4 Abs. 2, § 3 Abs. 1, § 1 Abs. 1 BVerfSchG und vorhergehend BVerfGE 2, 1 (12)). Nach den Erwägungen des Ausschusses im Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2013 soll die neue Regelung – diese Orientierung fortschreibend - diejenigen Vereine von der Anerkennung als gemeinnützig ausschließen, „deren Zweck oder Tätigkeit namentlich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen geeignet“ sind (BT-Drs. 16/11108, S. 45). Ein der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegenübergestellter Extremismus-Begriff setzt auch eine Wahl gewaltsamer Mittel oder sonst einen Gewaltbezug der betroffenen Organisationen nicht voraus, so dass auch gewaltfreie Betätigung als extremistisch gelten kann (so nunmehr auch AEAO zu § 53 Nr. 9). Verhältnismäßigkeitserwägungen sind dem Berichtswesen der Verfassungsschutzämter ebenso wie dem Extremismus-Begriff ebenfalls fremd.

Indem der Gesetzentwurf die Feststellung eines Versagungsgrundes in die Hände der Verfassungsschutzämter gibt, würden mithin letztlich neue Kriterien für einen Ausschluss von der Gemeinnützigkeit eingeführt. Die Besteuerungspraxis hat eine Auslegung und Anwendung von Gemeinnützigkeitskriterien entwickelt, welche zum Schutz der Grundwerte der Bundesrepublik ausreichend und angemessen erscheinen. Der weitere Import nachrichtendienstlicher Wertungen in das Steuerrecht ist daher abzulehnen.

c.) Maßgebliche Bezugspunkte im Steuerrecht und im Nachrichtendienstrecht 

Auch die Bezugspunkte von Besteuerung und Extremismusbekämpfung sind nicht aufeinander abgestimmt. Nachrichtendienstliche Bewertungen im Sinne von § 53 Abs. 3 S. 2 AO ermöglichen daher keinen sicheren Rückschluss auf die steuerrechtlich relevanten Verhältnisse einer betroffenen Körperschaft:

Formal knüpfen die Inlandsgeheimdienste im Hinblick auf mutmaßlich verfassungsfeindliche Bestrebungen daran an, dass ein oder mehrere Personen für oder im Interesse eines Personenzusammenschlusses handeln. Für eine Körperschaft im steuerrechtlichen Sinne handelt daher aus nachrichtendienstlicher Sicht (auch), wer – ohne Mitglied oder sonst verbunden zu sein – diesen in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt (§ 4 Abs. 1 S. 2 BVerfSchG). Diese niedrige, nur vor dem Hintergrund der spezifischen nachrichtendienstlichen Aufgabenbestimmungen der Verfassungsschutzämter im Vorfeld von verfassungsfeindlichen Aktivitäten zu erklärende Eingriffsschwelle der Inlandsgeheimdienste ist nicht mit den steuerrechtlichen Anknüpfungsgesichtspunkten für die Gemeinnützigkeit von Körperschaften zu vereinbaren. Trotz der Verknüpfung von Satzungslage und tatsächlicher Geschäftsführung schien der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes 2009 zwar davon auszugehen, dass sich Ausschlusskriterien schon allein aus dem Verhalten der Vereinsmitglieder ergeben können (BT-Drs. 16/10189, S. 79). Es soll sich dabei um die bis dato gepflegte Verwaltungspraxis handeln (BT-Drs. 16/11108, S. 45, vergl. auch AEAO Nr. 16 zu § 52 in der Fassung bis zum 17.01.2012), was allerdings mit der geltenden Gesetzeslage nicht zu vereinbaren ist: So verliert gem. § 51 Abs. 3 S. 1 AO den Status der Gemeinnützigkeit, wer verfassungsfeindliche Bestrebungen nach der Satzung und bei der tatsächlichen Geschäftsführung fördert.

Das steuerrechtliche Verdikt des Verlusts der Gemeinnützigkeit ist mithin im geltenden Recht eng an die – auch vereinsrechtlichen Schranken unterworfene – Satzungslage und Geschäftsführung einer Körperschaft gebunden. Dies ist im Hinblick auf die spezifische steuerrechtliche Inpflichtnahme der Organe einer Körperschaft auch sinnvoll. Begleiterscheinungen, welche von der Geschäftsführung nicht ohne Weiteres beherrscht werden können und/oder finanziell nicht der Körperschaft zugerechnet werden können, sollten daher auch weiterhin nicht zu entscheidenden Kriterien werden.

Vor satzungsfremder Mittelverwendung schützt im Übrigen auch das geltende Steuerrecht wirksam.

d.) Folgen des Regelungsvorschlags für die Rechtsanwendung

Zwar trägt grundsätzlich die betroffene Körperschaft die objektive Feststellungslast für die Tatsachen, aus denen sich die Gemeinnützigkeit ergibt. Zu Recht hat der Bundesfinanzhof aber mittlerweile festgehalten, dass es grundsätzlich Sache der (Finanz-)Verwaltung ist, diejenigen Tatsachen zu ermitteln und darzulegen, aus denen sich Negativkriterien für eine Gemeinnützigkeit ergeben (BFH, U.v. 11.04.2012 – I R 11/11 – Abs. Nr. 18). Denn ein Negativ-Beweis kann auch von einer steuerlich begünstigten Körperschaft nicht erwartet werden. Kann bisher die Rechtsanwendung wegen der Widerleglichkeit einer Vermutung für das Erfüllen von Ausschlusstatbeständen in § 51 Abs. 3 S. 2 AO auf die nachrichtendienstrechtlichen Besonderheiten der Zurechnung organisationsfremden Handelns noch Rücksicht nehmen und erfolgen im Regelfall Ermittlungen durch die zur Beurteilung von steuerrechtlichen Tatbeständen berufenen Finanzverwaltung, soll dieser nunmehr die Entscheidung über originär steuerrechtliche Rechtsfolgen genommen werden. Eine Tatbestandswirkung von Wertungen der Verfassungsschutzämter läge damit quer zur Systematik nicht nur des Steuerrechts, sondern auch zum darauf ebenfalls nicht vorbereiteten Recht der Nachrichtendienste.

Bemerkenswert ist ferner, dass trotz der uneinheitlichen Praxis in den Bundesländern eine gleichsam Meistbenachteiligung von gemeinnützigen Körperschaften stattfinden soll. So soll auch der Verfassungsschutzbericht eines Bundeslandes, in dem eine Körperschaft nicht ihren steuerlichen oder sonstigen Sitz hat, den Gemeinnützigkeitsstatus vernichten können. Auf die bei dem zuständigen Finanzamt vorhandenen Erkenntnisse und Besteuerungspraxis käme es dabei nicht an, vielmehr würde sich automatisch die maximal negative Feststellung in einem beliebigen Verfassungsschutzbericht durchsetzen. Gegebenenfalls würde eine Finanzbehörde, welche amtswegig ermittelt und die betroffene Körperschaft angehört hat, wider besseres Wissen nur aufgrund gegenteiliger Auffassung einer ortsfremden Verfassungsschutzbehörde die Gemeinnützigkeit absprechen müssen.

Die Bandbreite des Extremismus-Begriffs stellt ferner die Steuergerechtigkeit in Frage: wo es keinen normativ klaren Ausschlusstatbestand gibt, würde eine Orientierung an der Berichtspraxis der Verfassungsschutzämter automatisch zu einer willkürlichen, potentiell ungleichen Besteuerung führen.

Dieser Befund gibt zudem Anlass für den Hinweis, dass die geltende Fassung von § 51 Abs. 3 S. 2 AO (Regelvermutung für Verlust der Gemeinnützigkeit) nach der aktuellen Weisungslage bereits dann Anwendung finden soll, wenn „es nach einem Verfassungsschutzbericht zumindest belegbare Hinweise für eine Einstufung als extremistisch gibt“ (AEAO Nr. 10 zu § 51). Weder aber sehen sich die Verfassungsschutzbehörden bislang in den Verfassungsschutzberichten veranlasst, verbindlich Auskunft darüber zu geben, ob ihre Behauptungen belegbar sind, noch darf die Vorschrift überhaupt auf Verdachtsfälle von Extremismus angewandt werden.


2. Evaluation von § 51 Abs. 3 AO und praktisches Bedürfnis nach einer Gesetzesänderung

Obgleich die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2013 gewisse Praktikabilitätsmängel bei dem geltenden § 51 Abs. 3 S. 2 AO annimmt, sind relevante Streitfälle kaum bekannt geworden. Soweit ersichtlich wurde der Bundesfinanzhof nur in einem einzigen Fall mit Fragen der Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen angenommener extremistischer Bestrebungen befasst (BFH, U.v. 11.04.2012 – I R 11/11).

Eine Evaluation der Anwendungspraxis seit dem Jahressteuergesetz 2009 hat nicht stattgefunden (Antwort der Bundesregierung, Drs 17/10291, S. 3). Der Bundesregierung sind auch keine Fälle einer Anwendung von § 51 Abs. 3 AO bekannt (Antwort der Bundesregierung, Drs 17/10291, S. 3). Dass ein praktisches Bedürfnis nach einer Entlastung der Finanzämter und -gerichte bestehen soll, ist mithin empirisch nicht belegt.

Weder ein Systembruch im Steuerrecht, noch die Aufwertung nachrichtendienstlicher Bewertungen trotz eindrucksvoll belegter Qualitätsmängel sollten ohne Not erfolgten. Solange keine nachgewiesenen, quantitativ relevanten und sicher auf Defizite der bisherigen Regelung zurückzuführenden Probleme bewältigt werden können, sind die Risiken und Nebenwirkungen der vorgeschlagenen Neuregelung nicht zu rechtfertigen.


3. Entlastung der Gerichte?

Dass der angestrebte Entlastungseffekt für die Finanzgerichte eintreten kann, erscheint angesichts des konkreten Entwurfswortlauts ebenfalls unwahrscheinlich: Für den Fall, dass aus Sicht der Finanzverwaltung die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 S. 2 AO n.F. vorliegen sollen, sind dementsprechende Bescheide auch nach dem zukünftigen Rechtszustand zwingend anzugreifen, um ihre Bestandskraft zu vermeiden. Die Finanzgerichte werden sich zudem in den Fällen, in denen in eine bestehende Gemeinnützigkeit eingegriffen wird, mit gleichgerichteten einstweiligen Rechtsschutzverfahren gem. §§ 69 ff FGO zu befassen haben. Die Finanzgerichte können diesem Verfahrensaufkommen nur unvollkommen begegnen und allenfalls die anhängig gemachten Hauptsacheverfahren gem. § 79a FGO aussetzen und – voraussichtlich jahrelang – die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte abwarten. In dieser Zeit besteht ein von der Finanzverwaltung und –gerichtsbarkeit nicht weiter auflösbarer Schwebezustand in Besteuerungsverfahren. Eine verfahrensrechtliche Begleitregelung (für eine solche: Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 302/12 (Beschluss), S. 105), welche die konzeptionellen Probleme der von dem Gesetzentwurf angestrebten Lösung aufheben könnte, ist nicht ersichtlich (vergl. schon AEAO zu § 53 Nr.10, welcher mit dem Hinweis auf § 173 Abs. 1 S. 1 AO das verfahrensrechtliche Arsenal des Steuerrechts schon ausschöpfen dürfte).

Auch an anderer Stelle ist mit einem Ansteigen von Prozessaktivitäten zu rechnen: Es liegt auf der Hand, dass ein gleichsam automatischer Entzug der Gemeinnützigkeit die Betroffenen überraschend und existenziell treffen kann. Spendenausfälle dürften in jedem Fall entzogener Gemeinnützigkeit die für die Betroffenen unausweichliche und auch im Nachhinein nicht wieder zu heilende Folge sein. Die dadurch ggf. ausgelösten Schadensersatzansprüche gegen den Fiskus werden ebenfalls die Gerichte belasten. Sie dürften insbesondere auch in ihrer Summe die möglichen Steuermehreinnahmen bei Weitem übersteigen.


4. Entgegenstehendes Verfassungsrecht

Eine Tatbestandswirkung der Bezeichnung einer Körperschaft als extremistisch in einem Verfassungsschutzbericht trifft zudem auf eine Anzahl von durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken:

a) Keine gesetzliche Regelung der Verfassungsschutzberichte trotz erheblicher Grundrechtseingriffe

Auch für Eingriffe in bestehende steuerrechtliche Vergünstigungen bedürfte es, zumal weil mit der Feststellung des Erlöschens bzw. Nichtbestehens der Gemeinnützigkeit trotz Vorliegens der Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 AO eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Körperschaften einhergeht, einer präzisen, normativ klaren gesetzlichen Grundlage. Diese besteht – wie gezeigt - nicht. Die bestehenden Defizite werden auch nicht durch eine verlässliche Rechtsprechung ausgeglichen. Die Rechtsprechung zu der Berichtspraxis der Verfassungsschutzämter erschöpft sich bislang in einer Abwägung zwischen der Aufgabenwahrnehmung der Verfassungsschutzämter einerseits und der Meinungsfreiheit gewisser betroffener Presseorgane andererseits und hat einige allgemeine Qualitätskriterien an Verfassungsschutzberichte formuliert (s. insb. BVerfG, B.v. 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01 -, Abs. Nr. 71 ff., 83).

Der mit der Neuregelung eintretende Zustand könnte verfassungsrechtlich auch deshalb keinen Bestand haben, weil er die Grundrechtsrelevanz steuerrechtlicher Nachteile übergeht. Die Auswirkungen der angestrebten Regelung gehen dabei über die typischerweise durch Besteuerung betroffenen Grundrechte - Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) – hinaus und betreffen auch Grundrechte, deren Gebrauch – wie bei der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) - für eine Demokratie von elementarer Bedeutung sind. Soweit eine Körperschaft sich lediglich durch Beteiligung am gesellschaftlichen Meinungskampf betätigt, es insbesondere an einer Wahl gewalttätiger Mittel fehlt, greift ein Verfassungsschutzbericht und griffe eine daran orientierte steuerrechtliche Folge insbesondere in die Meinungsfreiheit der Betroffenen ein (s. nur BVerfG, B.v. 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01 – Abs. Nr. 56). Dabei ist daran zu erinnern, dass eine als extremistisch bezeichnete Organisation nicht zugleich auch durch strafbare Äußerungen oder Handlungen oder auch nur durch eine Überschreitung der gesetzlichen Schranken der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 2 GG) hervorgetreten sein muss. Werden für eine Körperschaft durch nachrichtendienstliche Bewertung unmittelbare Rechtsfolgen erzeugt, stellt sich auch die Frage der gesetzlichen Schranken der Meinungsfreiheit und des Zensurverbots (Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG; zum Sanktionscharakter von Verfassungsschutzberichten BVerfG, B.v. 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01 -, Abs. Nr. 71 ff.).


b) Verfahrensrechtliche Defizite

Das Berichtswesen der Verfassungsschutzämter ist bis heute ersichtlich nicht auf die ihm nach dem Entwurf zukünftig zufallende Rolle vorbereitet. Es ist auch die Anwendung des Extremismus-Begriffs bislang nicht von transparenten Verfahren abhängig. Das Verhältnis eines Verfassungsschutzberichts zu einem bestehenden Feststellungsbescheid wird auch von der Entwurfsbegründung und der Übergangsregel des Gesetzentwurfs bislang nicht erläutert, so dass die besteuerungsverfahrensrechtlichen Folgen des Entwurfs gerade im Hinblick auf bestehende und bestandskräftige steuerrechtliche Vergünstigungen ungeklärt sind (vergl. zum geltenden Recht AEAO zu § 53 Nr.10, welcher sich nicht ohne Weiteres für den neuen Rechtszustand fortschreiben ließe).

Nach geltendem Recht findet vor Veröffentlichung eines Verfassungsschutzberichts keine Anhörung der Betroffenen statt. Dies mag (noch) mit der Nicht-Förmlichkeit des Berichtswesens entschuldigt werden (eine Anhörung der Betroffenen erwägt im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz schon das Bundesverfassungsgericht, B.v. 26.06.2002 – 1 BvR 558/91 – u.a. = NJW 2002, 2621, 2624). Realakte, denen kraft Gesetz eine unmittelbare Tatbestandswirkung zukommen soll, können aber nicht (mehr) in einer Sphäre mit gleichsam gelockerter Rechts- und Verfahrensbindung verortet werden. Verfahrensrechtliche Mindestanforderungen ergeben sich ggf. unmittelbar aus den betroffenen Grundrechten. Dies sind je nach Lage des Falles etwa die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG), die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG). Eine Feststellung der Gemeinnützigkeit löst darüber hinaus Vertrauenstatbestände aus, deren Durchbrechung – zumal ohne vorherige Anhörung und ggf. überraschend – ebenfalls in eine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes münden kann.

Es ist sichere verfassungsrechtliche Erkenntnis, dass Realakte, wenn sie in Grundrechte eingreifen, nicht in einer gleichsam verfassungsfreien Sphäre erfolgen. Dies gilt auch für die Verfahrensweise. Jede staatliche Maßnahme mit – und sei es vermittelter – rechtsgestaltender Wirkung bedarf mithin nicht nur einer klaren gesetzlichen Grundlage, sondern auch der vorherigen Anhörung der Betroffenen, wenn nicht elementare verfahrensrechtliche Grundsätze verletzt werden sollen. So tendiert die rechtswissenschaftliche Literatur seit geraumer Zeit dazu, an Realakte verfahrensrechtliche Mindestanforderungen insbesondere dann zu stellen, wenn für die handelnden Behörden sicher erkennbar ist, dass die beabsichtigten Maßnahmen in Rechtspositionen von Grundrechtsträgern eingreifen. Den Verfassungsschutzberichten würde bei Umsetzung des Gesetzentwurfs zukünftig sogar praktisch Regelungscharakter, nämlich mit Präjudizwirkung für die Besteuerung, zufallen. Danach wäre eine verfahrensrechtliche Vorbereitung unerlässlich:

Es ist schließlich daran zu erinnern, dass der Europäische Gerichtshof zuletzt mit Urteil vom 29.06.2010 – Rs. C-550/09 – festgehalten hat, dass unter Verstoß gegen elementare Mitwirkungs- und sonstige Verfahrensrechte der Betroffenen erlassener Terrorismus-Listen der Europäischen Union keinen – dort: strafrechtlichen – unmittelbaren Tatbestandswirkung entfalten dürfen. Nicht anders liegen die Dinge, wenn die für eine Körperschaft überraschende und mit allenfalls belangloser Begründung erfolgte Bezeichnung als extremistisch für den Erhalt oder die Gewährung einer steuerrechtlichen Vergünstigung entscheidend sein soll.


5. Fazit

Die vorgeschlagene Änderung ist insgesamt abzulehnen. Sie gibt zugleich Anlass, den bestehenden § 51 Abs. 3 S. 2 AO einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.


II.   Steuerbefreiung von Bildungsleistungen (Art. 9 Nr. 2b)

Die geplante Neuregelung trifft jene Träger von Bildungsleistungen, welche nach ihrem Satzungszweck und ihrer Bildungspraxis vornehmlich bestimmte Berufsträger ansprechen. Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. beispielsweise bildet mit seinem umfangreichen Fortbildungsprogramm vorwiegend Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus und fort, unter diesen viele Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger. Eine mit der geplanten Neuregelung zwangsläufig verbundene Verteuerung dieser Fortbildungsaktivitäten für die Bildungswilligen oder eine Einschränkung der Bandbreite des Fortbildungsprogramms der Berufsverbände und –vereine soll, wie auch die Gesetzesbegründung hervorhebt, nicht ernsthaft gewollte Folge der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben sein.

Die geplante Neuregelung ist daher abzulehnen. Wegen der Einzelheiten und insbesondere der sachdienlichen Beschränkung einer sozialpolitisch motivierten Steuerbefreiung nehme ich auf die Stellungnahme des Deutschen Steuerberaterverband e.V. zum Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes vom 30.03.2012 Bezug.

Stellungnahme des RAV als PDF zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung "Entwurf eines Jahrssteuergesetzes 2013"

Baden-Württembergs Polizei filmt rechtswidrig

Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit kritisiert das fortgesetzte Filmen auf Demos. Dieses steht seiner Meinung nach im Widerspruch zu mehreren gerichtlichen Entscheidungen. Für das Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ist es z.B. ausdrücklich nicht maßgebend, ob tatsächlich gefilmt wird bzw. die Daten übertragen werden oder nicht.

Der Schutz von Demonstrierenden vor unerlaubter Überwachung oder dem Anschein einer Überwachung ist zu gewährleisten. Lediglich die erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung lässt eine Ausnahme zu.

Um zu beweisen, dass die Polizei auch filmt, wenn keine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung vorliegt hat die Demobeobachtungsgruppe des Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit selber zahlreiche Bilder mit filmender Polizei angefertigt. Über die augenscheinlich rechtswidrige Polizeipraxis und den Briefwechsel zwischen dem zuständigen Innenministerium und dem Bündnis sprach Radio Dreyeckland mit Alfred Denzinger von der Demobeobachtungsgruppe des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit.

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Via Radio Dreyeckland

MAD & Co: Blinde gesucht! Taubstumme bevorzugt...

Das Zündeln ist schon im Logo des MAD enthalten...
Wenn sogar die Justizministerin es einsieht, dann wird es höchste Zeit. Vom MAD hat wirklich niemand was. Außer dem Privileg, angelogen zu werden. Sofort einsparen!

Das Merkwürdigste an den Vorgängen bei sämtlichen Geheimdienern: Sie scheinen keine Zeitungen zu lesen. Nie ein Blick ins Internet über die eigenen Konten hinaus! Sonst hätten die unteren Stellen seit ungefähr einem Jahr mitbekommen, dass nach NSU gesucht wird - in Berlin und sonstwo bei den Diensten der Länder. Hätte es da nicht nahe gelegen, sich mit seinen ranzigen Kenntnissen gleich selber bei den Untersuchern anzudienen? Statt einfach mit eingezogenem Genick zu hoffen, dass der Sturm vorüberzieht. Aber irgendwo haben die kopierwütigen Kollegen doch immer noch eine Abschrift gebunkert. Es kommt doch alles heraus. Blinden allerdings bleibt nur das Hoffen.

Merkwürdig nur, dass diese besondere Art von Beamten genau das Gegenteil von dem entwickeln durften, was uns als Referendaren abverlangt wurde. Nicht eisig und kühl sollten wir unsere Pflichten gegenüber dem Staat erledigen, sondern feurig und "rückhaltlos" ihn verteidigen, wo die Gelegenheit sich bot. Dagegen die erbitterten Insassen von MAD und VS: Höchstverpflichtung zum Wegtauchen. Klappe halten bis zum letzten Gehaltstag! Und wenn der ganze Laden dabei zusammenrasselt...Cool das Ende erwarten.

Und doch ist einer, der das Schauspiel nicht missen kann. Die FAZ, in einer mit -kum- gezeichneten Glosse - sehr wahrscheinlich Jasper v. Altenbockum - beschimpft die, die alles herausbekommen haben: "Der NSU-Untersuchungsausschuß muß sich fragen lassen, ob er als Hebel einer Empörungsmaschine dienen will, die nach Belieben von Hans-Christian Ströbele angeworfen werden kann."

Die FAZ entwickelt viele Facetten. Mit dem Beitrag Jaspers v. Altenbockum sind wir auf die gewohnte Haltung gestoßen. Weitermachen wie bisher. Das Spektakel muss weiterlaufen, wenn auch keinerlei Erkenntnis aus dem teuren Betrieb herausspringt.

Vor langen Jahren, als ich noch den "Lehrer Güde" im KBW darstellte, durfte ich selbst mit der Arbeit des Verfassungsschutzes Bekanntschaft machen. Ihre Meldungen ans Disziplinargericht enthielten durchaus auch Informationen. Zum Beispiel über eine per Plakat angekündigte Veranstaltung mit mir. Also lesefähig waren sie. Aber man erfuhr auch nichts, was sich nicht einfacher hätte herausbekommen lassen. Zum Beispiel durch fleißige Lektüre der KVZ - offizielles Blatt des KBW. Umgekehrt verbreitete der Dienst viel Ungenaues bis offen Falsches, das dann erst wieder aussortiert werden musste. Erkenntnisgewinn insgesamt: NULL!

Es soll kein Witz sein! Es lässt sich sehr leicht ein demokratisches Leben vorstellen ohne Nachhilfe und Aufsicht durch die Dienste. Nicht nur nutzlos, sondern direkt schädlich sind solche Mitteilungen an die Obrigkeit, die nur dieser allein zur Verfügung stehen sollen.Man vergleiche mit den Meldungen von Förstern, Naturschützern und anderen über die Wiedereinwanderung der Wölfe.

Nur wenn alles Wolfswissen die gesamte Öffentlichkeit erreicht, kann eine Gesamterkenntnis zustande kommen.Wie wächst die Anzahl der Wölfe? Wo ergeben sich Gefährdungen? Wer ersetzt gerissene Tiere?
Unsere Dienste gehen so vor,als gäbe es nur den jeweiligen Einzelfall. Ohne Verknüpfung, ohne brauchbare Analyse. Kein Wunder, dass bei uns alle verwertbaren Kenntnisse zum Beispiel über Art und Ausbreitung des Faschismus von den kämpfenden Leuten selbst kommen - und ihrer intensiven Zusammenarbeit.

Also, Frau Justizminister: Besen her, um den MAD wegzufegen! Aber nicht nur den! Die anderen Dienste sind nicht viel besser.

Eingekesselt - oder wie ich bei der Demo gegen die NPD verhaftet wurde

Es ist Montag, der 30. Juli kurz vor halb 12 Uhr mittags. Ich stand am Rotebühlplatz und versuchte, die Szenerie zu überblicken: Was machen die Gegendemonstranten, von wo kommt der NPD-LKW und wie verhält sich die Polizei? Der LKW der NPD hatte gerade die Kreuzung am Rotebühlplatz erreicht, da drängten auch schon dutzende behelmte Polizisten alle Umstehenden exakt an jene Hauswand, an der ich bereits stand. Ein paar Augenblicke später schloss sich die Polizeikette um uns und der NPD-LKW mit der Aufschrift „unterwegs für deutsche Interessen“, gesäumt von Polizisten in voller Montur, fuhr über die Kreuzung. Doch obwohl diese schon umstellt und abgesperrt war, wurden wir, allesamt willkürlich Gefangene, nicht wieder freigelassen. Weder informierte uns jemand, warum wir hier festgehalten wurden, noch wie lange das dauern würde, geschweige denn, was als Nächstes geschehen sollte. Direkt neben mir fing eine Frau, etwa Mitte dreißig, die sich auf ein Fahrrad stützte, an zu schluchzen: „Seit dem 30.9.2010 macht mir die Polizei einfach nur noch Angst“, sagte sie. Dann wurde sie von zwei Beamten aus dem Polizeikessel geführt. Ich fragte den Polizeiführer, ob ich auch gehen könne. Er kam mir unangenehm nahe, als er antwortete: „Sie nicht. Sie gehören dazu.“ Doch eine ganze Weile später wurde auch ich von zwei Beamten aus dem Kessel geführt. Ich wollte meine Beschwerde zu Protokoll geben. „Das können Sie auf der Wache beim Sachbearbeiter“, hieß es. Meinen Personalausweis musste ich zuerst abgeben, dann auch meine Handtasche; ich wurde durchsucht und von Kopf bis Fuß mit einer Handkamera abgefilmt, die Hände mit Kabelbindern hinter meinem Rücken gefesselt, und ich musste in den Laderaum eines fensterlosen Gefangenentransporters steigen; nur wenig Licht drang durch ein kleines Dachgitter. Auf blanken Bänken saß ich neben fünf anderen, gleichermaßen Gefesselten. Als unsere Fahrt ins Ungewisse begann, konnten wir uns weder anschnallen noch festhalten.


 

In Stuttgart hat es die NPD leichter

Auf einer sogenannten „Deutschlandfahrt” reisten Funktionsträger und Mitglieder der NPD wochenlang mit einem rot-beklebten Werbe-LKW durch verschiedene Städte, um Kundgebungen unter dem Motto „Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein“ abzuhalten. In Kiel, Neumünster, Lüneburg, Bielefeld oder Ulm verlegten oder verkürzten die örtlichen Behörden die Kundgebungen erheblich. Amtsträger/-innen und Stadtpolitik bekannten sich immer wieder klar zu den Gegenprotesten und ließen Blockaden gewähren. In Ulm war der Oberbürgermeister Ivo Gönner trotz Privaturlaub vor Ort und bekräftigte seine Hoffnung auf ein baldiges Verbot der NPD.

In Stuttgart dagegen sah es ganz anders aus: Nur der OB-Kandidat Hannes Rockenbauch und Mitglieder der Linken waren präsent. In München gingen weit über tausend Menschen gegen die NPD auf die Straßen, in Stuttgart waren es nur ein paar Hundert. Thomas Trüten vom Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit nimmt die Behörden der Stadt Stuttgart in die Verantwortung: „Offenbar gab es bei der Stadt keine Überlegungen, die NPD-Aktion zu verbieten. Herr Scheithauer vom Ordnungsamt erklärte sogar: ‘Eine Meinungsäußerung zum Euro ist zulässig – das soll und kann man nicht unterdrücken. Wer angesichts der Verstrickung führender NPD-Funktionäre in die NSU-Morde die Demagogie der Neonazis für eine “Meinungsäußerung” hält, verhält sich nach Ansicht des Bündnisses für Versammlungsfreiheit zumindest „geschichtslos“.“

Während des gesamten Tages war die Polizei mit einem Großaufgebot von mehreren hundert Polizeikräften in der Stuttgarter Innenstadt unterwegs, riegelte ganze Straßenzüge ab und führte immer wieder Personenkontrollen durch. Selbst berittene Einheiten wurden in unmittelbarer Nähe der Sitzblockade einer Gruppe junger Antifaschisten eingesetzt. Um die Menge der Gegendemonstranten und zufällig Eingekesselten überhaupt bewältigen zu können, kamen auch Streifen- und Zivilpolizisten zum Einsatz. Etwa 60 Menschen wurden, ohne unmittelbare Begründung, bis zu über sechs Stunden im Kessel festgehalten, anschließend aufgrund verschiedenster Vorwürfe festgenommen und auf der Wasenwache teils bis zum Abend in Sammelzellen gesperrt. Auch von Schlägen und Tritten durch Einsatzkräfte wurde berichtet. Insgesamt nahm die Polizei an diesem Tag ca. 75 Protestierende in Gewahrsam.

 

Große Verwirrung auf der Wasenwache

Nach einer etwa zehnminütigen Fahrt hielt der Gefangenentransporter an, und die Tür wurde geöffnet. Wir wurden namentlich aufgerufen und mussten einzeln aus dem Wagen steigen. Der Beamte, der mich am Rotebühlplatz gefesselt hatte, trennte nun die Kabelbinder wieder auf. „Ich hoffe es ging so“, sagte er. Als ich ihm mitteilte, dass ich nicht verstünde, warum das alles nötig sei, blickte er nur zu Boden. Dann fragte ich, wo ich mich über diese Maßnahmen beschweren und Widerspruch einlegen könne. „Beim Sachbearbeiter – der ist in der Wache“, hieß es wieder. Doch bevor ich von den zwei Polizisten, die mir seit dem Rotebühlplatz zugeteilt waren, in die Wache geführt wurde, kam es zu einer Planänderung: Die Polizeistelle war nicht groß genug – wir sollten alle auf die Wache am Cannstatter Wasen gebracht werden. Dort angekommen, wiederholte ich mein Anliegen der Beschwerde. Und wieder hieß es, dass ich das später beim Sachbearbeiter machen könne. Einen Grund für meine Festnahme konnte man mir ebenfalls immer noch nicht nennen. Keiner der Beamten interessierte sich dafür, was ich überhaupt an der Kreuzung am Rotebühlplatz gemacht habe. Dann wurden nochmals meine Personalien überprüft, ich wurde erneut fotografiert und zu guter Letzt gefragt, ob ich Alkohol getrunken hätte. Dann musste ich im Eingangsbereich der Wasenwache Platz nehmen. Ich war eine der Ersten, doch nach und nach füllte sich der Raum mit den Festgenommenen, die in ihrer Verschiedenheit einem Querschnitt der Stuttgarter Bevölkerung gleichkamen. Niemand wusste genau, warum wir verhaftet worden waren. Manche haben etwas von „schwerem Landfriedensbruch“ und „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“ gehört, anderen wurde von Polizisten „geplante Gefangenenbefreiung“ vorgeworfen. Die Verwirrung zeigte sich auch beim Ausfüllen der Formulare durch die Polizisten: Ich war Ohrenzeugin, wie mehrere Beamte beratschlagten, wen sie nun eigentlich als Einsatzleiter für diese großangelegte Festnahmeaktion in das entsprechende Feld des Formulars eintragen sollten.

 

Rechtsmittel gegen illegale Polizeikessel sind langwierig

Es war nicht das erste Mal in der jüngeren Vergangenheit, dass die Polizei in Baden–Württemberg so rigoros gegen Bürger und Bürgerinnen vorging, um eine rechtsextreme Demonstration oder Kundgebung zu „schützen“. So wurden in Heilbronn am 1. Mai im letzten Jahr gleich Hunderte eingekesselt und in Gewahrsam genommen, während die Neonazis durchs Bahnhofsviertel marschierten. Dabei wurde bereits am 29.11.2010 in zwei Entscheidungen ein ähnlicher Polizeikessel am 1. Mai 2009, der beim Weinhof in Ulm durchgezogen wurde, vom Verwaltungsgericht Sigmaringen für rechtswidrig erklärt. Doch sind die Umstände eines Polizeikessels nur geringfügig anders, muss die Rechtswidrigkeit erneut per Gericht festgestellt werden. Gegen den Heilbronner Kessel läuft ebenfalls eine Klage. Doch der Weg der Entscheidung ist lang. Erst für den 25. Oktober 2012 – also eineinhalb Jahre nach der Einkesselung – ist der Verhandlungstermin angesetzt. Janka Kluge, Landessprecherin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), vermutet beim Stuttgarter Kessel auch einen Rechtsbruch: „Wir werden prüfen, ob wir gegen die Einsatzkräfte Anzeige wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und unterlassener Hilfeleistung erstatten.“

 

Der Festnahmegrund folgt auf dem Postweg

Mittlerweile war es 14:30 Uhr geworden, als ich mit noch drei weiteren Verhafteten endlich namentlich aufgerufen wurde. Von einem Polizisten mit grauem Schnauzbart und einer jüngeren Polizistin wurden wir aus dem Gebäude in den Innenhof der Wache geführt. Doch es ging nicht in ein angrenzendes Gebäude – wir wurden die Stufen zu den Kellerzellen hinuntergeführt. Ich versuchte abermals, Widerspruch einzulegen. Der Polizist antwortete mantraartig, was ich schon so oft gehört hatte, dass ich das beim Sachbearbeiter machen könne. „Doch es ist noch nicht klar, wer das heute sein wird“, fügte er schulterzuckend hinzu. Bevor wir die Zellen, nach Geschlechtern getrennt betraten, mussten wir unsere Schnürsenkel entfernen, eine junge Frau zusätzlich ihren BH ausziehen – „zum Selbstschutz“, konstatierte die Beamtin. Kurze Zeit später bekamen wir Zellenzuwachs, von weiteren jungen Frauen; insgesamt waren wir nun zu sechst, wieder bunt gemischt, im Alter zwischen sechzehn und sechsunddreißig. Eine Unterhaltung war kaum möglich, da der Hall in der Zelle fast alles übertönte. Der Raum war nahezu leer; wer sitzen wollte, musste mit dem eiskalten Kellerboden vorliebnehmen. In der linken Ecke neben der Tür befand sich eine Art Plumpsklo, eingelassen in den Boden und ohne Sichtschutz! Und es gab eine Gegensprechanlage. Beides benutzten wir nicht. Rechts neben der Tür, weiter oben an der Wand, befand sich eine Überwachungskamera. Nach etwa einer Stunde – jetzt war es kurz vor 15:30 Uhr – ging die Tür wieder auf und die Hälfte von uns wurde namentlich aufgefordert, die Zelle zu verlassen. Uns wurde ein Platzverweis bis 20 Uhr vorgelesen, der fast alle Straßen beinhaltete, die zur Route der Montagsdemo gehörten. Draußen bekamen wir durch ein Fenster unsere Handtaschen ausgehändigt. Der Polizist, der mir den durchsichtigen Beutel mit meiner Handtasche reichte, sagte, Widerspruch könne ich jetzt nicht einlegen und die Begründung, weshalb ich festgenommen und eingesperrt wurde, werde ich dann auf dem Postweg erhalten. Etwa fünfzig Meter von der Wache entfernt wurden wir von anderen Nazigegnern, die nicht verhaftet wurden, in Empfang genommen. Ein Jugendlicher, der auch gerade wieder freigekommen war, sagte kopfschüttelnd: „Da beschweren sich alle, dass die Jugend so politikverdrossen ist. Und kaum engagieren wir uns, werden wir verhaftet.“

Einkesselt, gefesselt, dann in Kellerzellen gepfercht, weil sie uns für Nazigegner hielten – nicht damals, letztes Jahrhundert, sondern heute, im Jahr 2012, am helllichten Mittag in der Stuttgarter Innenstadt. Dass Polizisten aus Baden-Württemberg Mitglieder des Ku-Klux-Klans waren, sind für den baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall „eine absolute Ausnahme“. Dass die NPD ihre „Deutschlandfahrt“ in Stuttgart fast unbehelligt durchführen konnte, ist, im Vergleich zu anderen Städten, ebenfalls eine Ausnahme. Hierzu äußerte sich der Innenminister jedoch nicht. Später ließ die baden-württembergische NPD auf ihrer Homepage verlauten: „Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Stuttgarter Polizei für eine faire Behandlung, das konsequente Säubern der Stadtmitte und die damit verbundene Sicherstellung der Meinungsfreiheit für uns Nationaldemokraten“.

Erstveröffentlichung einund20, September-Ausgabe. Sowie bei BlogNau

Kurden Mannheim: Volksfeinde raus!

Die Empörung ist groß. Es gab schon wieder Zoff mit den schlimmen Kurden in Mannheim. Die Gewerkschaft der Polizei - immer einfach Staats-Ton-Verstärkung - fordert eindringlich, dass ein solcher Aufmarsch nie mehr geduldet werden dürfe. Andere schieben nach und verweisen darauf, dass fünf Hundertschaften aus dem Elsaß angerückt seien. Die organisierten Türken verschmähen die Möglichkeit, mit den Kurden zusammen auf die gepresste Situation sämtlicher Minderheiten in Deutschland hinzuweisen. Sie zetern mit gegen solche, denen es gerade noch dreckiger geht.

Die offizielle Darstellung der Vorkommnisse, die zum Knatsch führten, weist schon mal ein kleines Rätsel auf. Demnach hätte ein einzelner Minderjähriger mit einem verbotenen Kennzeichen zur demonstrierenden Menge aufschließen wollen. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, aber es dürfte mit ziemlicher Sicherheit ein Plakat der PKK gewesen sein. Laut Polizei hätten die Ordner der Demo mit diesem Einzelnen nicht fertig werden können!!! Und darauf die deutsche Polizei anrufen müssen. Die wäre dann auf den aktiven Widerstand - mit Flaschen und Steinen - von ca. 5000 Teilnehmern gestoßen. 5000 aus 40 000! Die Polizei hätte dann - daraufhin - noch viele verbotene Kennzeichen gefunden. Die sie vor dem frevelhaften Vorstoß des PKK-Bannerträgers offenbar nicht gestört hatten.

Ergänzend muss notiert werden, dass verschiedene kurdische Gruppen auf dem Weg nach Mannheim schon freitags polizeilich begleitet wurden. Immer wieder wurden bei dieser Gelegenheit "verbotene Kennzeichen" wahrgenommen.So in der Nähe von Bruchsal. Und bei einem Trupp Fußwanderer von Kehl aus. (Badische Zeitung - Internetausgabe 9.9.2012).

Das dürfte den Unmut eines Teils der kurdischen Teilnehmer der Kundgebung schon verständlicher machen.

Ohne Sherlock Holmes spielen zu wollen: Das mindeste, was sich sagen lässt: die Gesamtpolizei stand ein Wochenende lang auf der Lauer, um einer unbeliebten Gruppe publikumswirksam das Leben schwer zu machen. Die Jagd nach verbotenen Abzeichen mit logisch daraus folgenden Krächen wirkt so ruhestiftend wie das Gehetze nach Kopftüchern oder die Stellung von "Hasspredigern". Aufkleber tun im Gegensatz zu polizeilichen Gerätschaften der Friedensherstellung sehr selten weh. Man könnte sie im Zweifel auch einmal ohne Aufsehen kleben lassen.

Wie gesagt: Genaueres wissen wir alle nicht. Nur wird man präziseren Schilderungen der Hintergründe nachgehen müssen. Es gibt sicher noch mehr Wege zur Wahrheitsfindung als die der Gewerkschaft der Polizei.

kritisch-lesen.de Nr. 21 - Polizei im Rassismus

Photograph by Tomasz Sienicki
Lizenz: Creative Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported
Quelle
Rassistisches polizeiliches Handeln wird sowohl von Mainstream-Medien als auch von Politiker_innen nur selten aufgegriffen. Erfahren dennoch – aufgrund erfolgreicher Kampagnenarbeit durch Aktivist_innen (etwa Initiative Oury Jalloh oder Initiative Christy Schwundeck) – einzelne Schicksale von Betroffenen rassistischer Polizeigewalt mediale Öffentlichkeit, wird nicht nur von offizieller Seite häufig von „bedauerlichen Einzelfällen“ gesprochen. Demnach seien rassistische Kontrollen, Misshandlungen oder gar Morde lediglich auf individuelles Fehlverhalten zurückzuführen. Polizei als Institution, in die fest das gesellschaftlich verankerte rassistische Verhältnis eingeschrieben ist, wird dennoch fast nie thematisiert. Hinzu kommt, dass die Polizei über das Gewaltmonopol des Staates verfügt und ihr damit die Legitimation zukommt, für „Recht und Ordnung“ zu sorgen. Polizei kann daher nicht nur als Spiegel der Gesellschaft begriffen werden, sondern auch als Institution, die etwa durch gezielte Kontrollpraxen Kriminalität politisch und medial mit hervorbringen kann. (Vgl. dazu ausführlicher den Beitrag „Alltägliche Ausnahmefälle“, der in der aktuellen Ausgabe der antirassistischen Zeitschrift ZAG erschienen ist). Rassistische Polizeihandlungen sind als Form des institutionellen Rassismus zu betrachten, wie Hannah Eitel anhand der Broschüre „Institutioneller Rassismus“ des Migrationsrates Berlin Brandenburg aufzeigt. Eitel sieht in der Broschüre ein detailliertes Bild rassistischen Alltags dargestellt, bei dem polizeiliche Praxis nicht ausgespart bleibt. Dass das Thema „Polizei im Rassismus“ im deutschsprachigen Raum unterrepräsentiert ist, zeigt sich auch anhand der bisher erschienenen Publikationen. Es finden sich nur sehr wenige Veröffentlichungen zum Thema, weshalb wir uns in dieser Ausgabe auch englischsprachiger Literatur zugewendet haben. Biplab Basu hat sich die Studie „But Is It Racial Profiling?“ genauer angeschaut. Die Studie zeigt, dass bei einer beträchtlichen Anzahl von polizeilichen Kontrollen, Rassismus für die Polizist_innen handlungsleitend ist. Racial Profiling beschreibt diese gängige Polizeipraxis, nach der Menschen aufgrund rassialisierter Attribute polizeilich kontrolliert werden. Die Praxis, Menschen zum Beispiel wegen ihrer Hautfarbe zu kontrollieren, wurde jüngst von dem Verwaltungsgericht Koblenz als legitim erklärt (dagegen gab es einige Proteste, etwa eine Petition, die über 15.000 Menschen unterzeichnet haben). Johanna Mohrfeldt ermöglicht in ihren beiden Rezensionen „Rassistische Polizeipraxis im demokratischen Rahmen“ und „Pionierarbeit trotz eingegrenzter Perspektive“ sowohl Einführung als auch Vertiefung zum Thema Racial Profiling anhand von Studien aus verschiedenen Ländern. Eine der wenigen in deutscher Sprache erschienen Veröffentlichungen, die das Thema Polizei im Rassismus aufgreift, ist der Bericht „Täter unbekannt“ von Amnesty International. Die Rezensentin Laura Janßen sucht allerdings darin vergeblich nach einer kritischen Analyse. Abschließend lobt peps perdu in der Rezension zu „Banlieues. Die Zeit der Forderungen ist vorbei“ den Perspektivenreichtum dieser Textsammlung. Das Buch zeigt auf, wie Rassismus und räumliche Ausgrenzung zusammen spielen.

Um sich weiter mit dem Thema rassistische Polizeigewalt zu befassen, empfehlen wir darüber hinaus den Besuch der Konferenz „Racial Profiling Reloaded“ der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt, die am 12. und 13. Oktober in Berlin sattfinden wird (weitere Informationen auf der KOP-Homepage).

Bei den weiteren Rezensionen richtet zunächst Martin Brandt den Blick auf das neue Buch von Heinz-Jürgen Voß. In „Intersexualität – Intersex“ plädiert Voß für Brandt in überzeugender Weise für ein konsequentes Ende der medizinischen Eingriffe an Neugeborenen und Kleinkindern aufgrund der Diagnose „Intersex“. Wenig überzeugend findet hingegen Sebastian Friedrich den Versuch des Medientheoretikers Byung Chul-Han, seinen populären Essays in „Topologie der Gewalt“ ein theoretisches Fundament zu verpassen. Friedrich stellt in seiner Rezension „Große Hülle, kleiner Kern“ fest, dass Han letztlich wenig Substanzielles anbiete. Weitaus Substanzieller erscheint für Adi Quarti die Analyse der „Sicherheitsarchitektur 9/11“ von Stuart Price, der die veränderten Formen der Repression im Neoliberalismus untersucht. Patrick Schreiner widmet sich anschließend dem Buch „Bankrotteure bitten zur Kasse“ von Jürgen Leibiger, in dem richtige Fragen und Ansätze präsentiert werden, wenngleich Schreiner nicht alle Antworten überzeugen. Schließlich lobt Ismail Küpeli die Dissertation „Der ethnische Dominanzanspruch des türkischen Nationalismus“ von SavaÅŸ TaÅŸ als eine Analyse, der es gelingt, die ideologischen Komponenten des türkischen Nationalismus zu dekonstruieren.

Weiterlesen in der am 4. September erschienenen Ausgabe von kritisch-lesen.de

Frankfurt: Occupy geräumt! Bei erbittertem Schweigen über den wahren Grund...

In Frankfurt ist es also mal wieder so weit! Das Verwaltungsgericht hat gesprochen. Und den Eilantrag der Occupy-Leute abgelehnt. Demnach - der Wortlaut ist noch nicht einmal veröffentlicht - geht alles gegen die Zelte. Die dürfen nicht Ausdrucksmittel einer Demo sein.

Betont höflich gehen die - schon auf Vorrat bereitgestellten - Polizisten vor, wie man den Mitteilungen von fr-online entnehmen kann. Auf Wunsch wird weggetragen! Sonst jede Habseligkeit gewissenhaft dem Eigentümer zugeordnet und öffentlich notiert. Sagt jetzt, kann es demokratischer zugehen? Worüber beklagen die sechzig noch Anwesenden sich dann?

Vor allem darüber, dass der wahre Grund der Räumung gar nicht genannt wird. Es geht nicht um den Euro, wenn wir dem zuständigen Dezernenten Frank - CDU - glauben dürfen. Es geht um den zerstörten Rasen mitten in Frankfurt, der endlich der Gesamtheit der Bürger zurückgegeben werden muss. Und dann vor allem um die Ratten!

Als strenger Traditionalist schließt sich Frank einer Heerschar von Begründern einer Räumung an, die sich alle lieber den Mund verbrannt hätten, als ihre wahren Motive zu nennen. So 1968 in Paris, als das besetzte Theater ODEON geräumt wurde. Keineswegs, weil dem Minister Malraux das offene Diskutieren missfallen hätte. Oh nein! Aber die Ratten, die schwarzen, die grauen, die sich hemmungslos vermehrten - die waren einfach nicht mehr zu dulden.

An anderer Stelle - zum Polizeikessel vom 30.Juli verkündete der dortige Kollege des Dezernenten Frank: "Herr Scheithauer vom Ordnungsamt erklärte vielmehr: "Eine Meinungsäußerung zum Euro ist zulässig - das soll und kann man nicht unterdrücken." (vergl den Beitrag von Th. Trueten zum Polizeikessel)

Und auch er nicht wahrscheinlich nicht, weil er heimlich Nazi wäre. Sondern weil er alle Maßnahmen stützt,mit welchen man den Massen ihren Handlungsraum einschränken kann. Hier also den aktiven Antifaschisten,die die Verbreitung von Nazi-Totengeruch in ihrer Stadt nicht dulden wollen. Und darin trifft er sich mit dem Kollegen aus Frankfurt. Die wirklichen politischen Absichten dürfen nie ausgesprochen werden. Sie laufen immer darauf hinaus, dass eins verschwiegen werden muss: der böse Wille der Obrigkeit. Ihr Wille, breite demokratische Diskussion einzuschränken, den Protestierenden den Mund zuzuhalten, alle Proteste durch Hinweis auf das doch völlig normale und gerichtlich abgesicherte Verfahren zu ersticken.

Die Schlussresolution der verbliebenen Träger des Occupy-Camps angesichts der Machtverhältnisse bleibt zwar verständlich, aber doch allzu bescheiden. Alle Teilnehmer hatten sich zum Verzicht auf Gegenwehr zu verpflichten. Einziger letzter Protestschritt: den Entscheid des Verwaltungsgerichts anfechten bei der nächsthöheren Instanz. Die gewichtigere Drohung gegen die Stadt Frankfurt und die Bankenmacht wurde nicht ausgesprochen. Dass nämlich die bürgerliche Macht mit all ihrem Gewicht es nicht hindern können wird, dass an vielen kleineren Orten sich Anhänger der Occupy-Bewegung zusammenfinden, die es Behörden und Banken weiterhin schwer machen werden, ihr trauriges Geschäft, mit geschlossenem Kniffmund betrieben, immer weiter fortzuführen - bis in alle Ewigkeit.

Erklärung zur "NPD-Deutschlandtour": Polizei und Ordnungsamt machen in Stuttgart Nazis den Weg frei!

Zum Stuttgarter Polizeikessel gegen AntifaschistInnen erklärt das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit:


Am 30.7.2012 versuchte die NPD im Rahmen ihrer sogenannten "Deutschlandtour" eine Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt abzuhalten. Zahlreiche Antifaschisten protestierten dagegen und versuchten mit Sitzblockaden die Durchführung der Kundgebung zu verhindern.

Den Nazis wurde der Weg regelrecht frei geprügelt: Mehrere Hundertschaften, Reiterstaffel und Greiftrupps (BFE-Einheiten) waren im Einsatz.

Die Gegendemonstranten wurden ohne Vorankündigung eingekesselt, stundenlang bei praller Sonne im Polizeikessel ohne Wasser und Nahrung festgehalten und dann zum Teil mit auf dem Rücken gefesselten Händen zur Wasenwache nach Cannstatt gefahren. Der Ermittlungsausschuss der Antifaschisten meldete 75 Festnahmen.

Thomas Trüten, Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit:
"Die Kesselung der Demonstranten und ihre anschließende Festnahme sind rechtswidrig und ein Verstoß gegen das Versammlungsrecht. Gegen diese illegale Praxis der Stuttgarter Polizei sind Feststellungsklagen von S21-Gegnern, die auch von dieser Praxis betroffen sind, beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig. Diese Verfahren werden aber seit über einem Jahr nicht entschieden. Der jüngste Vorfall zeigt aber, wie dringend notwendig das ist."

Empört zeigte sich Thomas Trüten über das Verhalten des Ordnungsamts: "Offenbar gab es bei der Stadt keine Überlegungen, die NPD-Aktion zu verbieten. Herr Scheithauer vom Ordnungsamt erklärte vielmehr: "Eine Meinungsäußerung zum Euro ist zulässig - das soll und kann man nicht unterdrücken."

Wer angesichts der Verstrickung führender NPD-Funktionäre in die NSU-Morde die Demagogie der Neonazis für eine "Meinungsäußerung" hält, verhält sich nach Ansicht des Bündnisses für Versammlungsfreiheit zumindest "geschichtslos".

Für das Bündnis für Versammlungsfreiheit ist Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Deshalb sind wir prinzipiell für ein Verbot faschistischer Propaganda und daher auch gegen die Genehmigung von Naziaufmärschen.


Der Vorfall in Stuttgart ist kein Einzelfall: In Heilbronn wurden am 1. Mai 2011 ebenfalls hunderte Demonstranten, die gegen einen Naziaufmarsch protestieren wollten, stundenlang eingekesselt.

Nachdem in der Vergangenheit mehrfach die Unzulässigkeit dieser Polizeipraxis gerichtlich festgestellt wurde fordern wir die Landesregierung auf, endlich ihr Versprechen eines "bürgerfreundlichen Versammlungsrechtes" einzulösen. Für uns gehört zu einem fortschrittlichen Versammlungsrecht dazu, dass endlich Schluss sein muss mit einer Polizeipraxis, die demokratische und antifaschistische Proteste mit Repressionen überzieht, während Naziaufmärsche gegebenenfalls durchgeprügelt werden.

Das Bündnis für Versammlungsfreiheit erklärt sich solidarisch mit allen, die von dem Polizeikessel betroffen waren und fordert die Einstellung sämtlicher Verfahren gegen die antifaschistischen Gegendemonstranten. Vorsorglich empfiehlt das Bündnis, sich bei Bußgeldbescheiden, Vorladungen oder ähnlichem an die örtlichen Rechtshilfevereinigungen und -gruppen zu wenden.

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