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Montagsdemo Stuttgart: „Dieser Strafbefehl ist eine Unverschämtheit!!“

Den Beitrag der Stuttgarter Montagsdemo veröffentlichen wir gerne. Er ist beispielhaft für die zahlreichen politischen und bürokratischen Schikanen, mit denen antifaschistische, demokratische und fortschrittliche Initiativen in der Landeshauptstadt zu kämpfen haben. Zugleich zeigt sich darin die Unzulänglichkeit des geltenden Versammlungsgesetzes, das die Landesregierung nach bayerischem Vorbild auch noch verschärfen will.

„Dieser Strafbefehl ist eine Unverschämtheit!!“
Das war der Kommentar einer Passantin zur neuesten Heldentat der Staatsanwaltschaft in ihrem unermüdlichen Kampf für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber der Stuttgarter Montagsdemonstration.. Worin besteht die angebliche Straftat, die mit 600 € Bußgeld oder wahlweise 20 Tage Haft gegenüber unserer Versammlungsleiterin geahndet werden soll? Um das ganze Ausmaß des “furchtbaren Verbrechens“ zu begreifen muss man wissen, dass unsere Versammlungsleiterin jede Woche einen mehrseitigen Brief vom Ordnungsamt erhält, in dem akribisch alle Auflagen des Ordnungsamtes aufgelistet werden. Unter anderem wird in diesen Auflagen genau festgelegt, an welcher Stelle des Schlossplatzes (er ist recht groß) wir unsere Kundgebung durchführen dürfen. Wenn der Schlossplatz nicht noch von anderen Veranstaltern belegt ist, bekommen wir immer denselben Platz. Wenn, wie z.B. in den Wintermonaten die Eislaufbahn aufgebaut ist, bekommen wir einen Platz ca. 30 Meter weiter entfernt zugewiesen.. In dieser Angelegenheit gab es bisher keinerlei Probleme. Als wir am Montag den 27.4. auf den Schlossplatz kamen war weit und breit kein anderer Veranstalter erkennbar und wir bauten unsere Anlage an der gewohnten Stelle auf, auf der wir immer sind, wenn kein anderer Veranstalter den Schlossplatz benutzt.
Während dieser Kundgebung kommt eine Polizistin auf unsere Versammlungsleiterin zu und sagt, dass wir uns an der falschen Stelle befinden und damit gegen die Ordnungsauflagen verstoßen.

Wir schauten in den aktuellen Unterlagen nach und tatsächlich wurde uns in den Auflagen des Ordnungsamtes für diese Woche ein anderer Ort, ca. 30 m entfernt, zugewiesen. Obwohl für einen normalsterblichen Bürger nicht zu erkennen war, warum wir für diese Woche einen anderen Platz zugewiesen bekamen, entschuldigten wir uns bei der Beamtin für unser Versehen die aktuellen Ordnungsauflagen nicht genau studiert zu haben und fragten, ob wir nicht an dieser Stelle unsere Kundgebung zu Ende führen könnten, zumal auch tatsächlich kein anderer Veranstalter anwesend ist.. Dem widersprach die Beamtin nicht. Das war eine durch und durch vernünftige Lösung in dieser konkreten Situation. Keiner fühlte sich gestört und die Montagskundgebung verlief wie gewohnt weiter. Doch was vernünftig und der konkreten Situation angemessen ist, das sieht das Dezernat für Staatsschutz und die Staatsanwaltschaft offensichtlich völlig anders. Mitten in einer Zeit der Wirtschaftskrise, wo Tausende von Stuttgarter Bürgern um ihre Existenz fürchten, Kurzarbeit, Entlassungen, Insolvenzen, Streichungen von sozialen und kulturellen Einrichtungen sprunghaft zunehmen und damit sicher auch die Belastungen für die Gerichte....in solchen Zeiten haben hochbezahlte Beamte nichts besseres zu tun als wegen so einer Bagatelle ein riesiges TamTam vom Zaun zu brechen.

600 € Strafe für unbescholtene Bürger, Tausende Euros an Steuergeldern für Vorladungen und Gerichtsverhandlungen. Wenn man es wohlwollend betrachtet, könnte man dem Dezernat für Staatsschutz einen Hang zur Realsatire unterstellen, aber dem ist wahrscheinlich leider nicht so. Milliardengeschenke für die Banken und Konzerne auf der einen Seite, Strafbefehle und Schikanen für Menschen, die sich als Opfer dieser Krise gegen diese Ungerechtigkeiten zur Wehr setzen, auf der anderen: das ist offensichtlich ihr Leitmotiv.

Die Stuttgarter Montagsdemo erfreut sich wachsender Beliebtheit bei Passanten, die diesen Ort immer öfter dazu nutzen dagegen zu protestieren, wie unverfroren z.T. mit Bürgern dieser Stadt umgegangen wird. Hartz IV Empfänger, die mit immer schlimmeren Schikanen der Arbeitsagenturen zu tun haben. Erzieher/innen, die für bessere Arbeitsbedingungen streiken. Beschäftigte, die um ihre Arbeitsplätze fürchten und kämpfen und ganz aktuell die Wut über das Demokratieverständnis unserer Volksvertreter, die gegen den erklärten Willen der Mehrheit der Stuttgarter Bevölkerung S21 mit aller Macht durchdrücken wollen.

Wir freuen uns jedenfalls schon auf die Gerichtsverhandlung, falls es dazu kommen sollte. Noch ist ja der Eintritt für solche Veranstaltungen frei und wo bekommt man schon für freien Eintritt so ein unglaubliches Schauspiel geboten?
Dieser Strafbefehl muss zurückgenommen werden!

Solidaritätserklärungen bitte an:

Nuran Cakmakli
Neufferstr. 16
70469 Stuttgart

Website: www.stuttgart-demo.de.vu

Vorträge zum Thema Versammlungsrecht im Rahmen des Stuttgarter Bildungsstreiks

Im Zusammenhang mit dem Bildungsstreik kommende Woche in Stuttgart finden Vorträge von Markus Spreitzer und mir zum Thema Versammlungsrecht statt. Wir sind Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit



Montag, 15.6.

14:00 Uhr
Saal M 2.00 (234 Plätze)
Campus Stadtmitte


Dienstag, 16.6.

15:45 Uhr
Saal V 47.01 (ca. 450 Plätze)
Campus Vaihingen

Anfahrt:
Mitte: Zu Fuß vom DGB-Haus (oder Hbf. oder U-Friedrichsbau) ca. 5 min
Vaihingen: S-Bahn S1, S2, S3 bis "Universität" (Zone 20); dann direkt an der Haltestelle


Wegbeschreibung



Ein Teil der weiteren geplanten Aktionen in dieser Woche:

10. Juni 2009, 15 Uhr: Flashmob "Bildungsblockaden einreißen" in der Königstraße, Treffpunkt ist der Crepes- Stand am Hauptbahnhof
10. Juni 2009, 19 Uhr: Infoveranstaltung zum Bildungsstreik (Uni Mitte, K1, Raum 11.11)
15. Juni (16 Uhr): Kundgebung auf dem Marktplatz
17. Juni (ab 10 Uhr): Sammeln, Auftaktkundegung und Demo in der Lautenschlagerstraße, anschließend treffen wir uns mit den streikenden Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst und im Einzelhandel auf dem Rotebühlplatz, gemeinsame Abschlusskundgebung auf dem Schlossplatz mit anschließendem musikalischen Abschluss mit Ruby Shok
18. Juni: Tag des zivilen Ungehorsams, bisher zwei Aktionen:
15 Uhr: Sackhüpfen vorm Kultusministerium
17 Uhr: eine AKtionen der Gewerkschaftsjugend: "Bildung geht Baden" auf dem Schlossplatz
19. Juni: Straßenfest auf dem Marktplatz ab 14 Uhr und Bildungskonzert im Jugendhaus West ab 20 Uhr

Der bundesweite Bildungsstreik findet nach dem Willen der Studierenden der Uni Stuttgart auch in der Landeshauptstadt statt. Rund 1500 Studierende folgten dem Aufruf, sich bei den Vollversammlungen in Vaihingen und Stadtmitte über den Bildungsstreik zu informieren.  Dabei stimmten die Studierenden mit nur fünf Gegenstimmen einer Resolution “pro-Bildungsstreik– zu:

Bildung muss frei sein!

Die Studierenden der Universität Stuttgart unterstützen den bundesweiten Bildungsstreik vom 15. bis zum 19. Juni.

Wir fordern

  • die soziale Öffnung der Hochschulen
  • die Umgestaltung der derzeitigen Ba/Ma-Struktur
  • die Demokratisierung des Bildungssystems
  • die Verbesserung der Lehr- und Lernbedingungen


Um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen, rufen wir alle Studierenden der Uni Stuttgart auf, ab kommenden Montag (15.6.) ihre Uni-Veranstaltungen zu boykottieren.
Den gewonnenen Freiraum wollen wir für kritische Diskussionen und kreativen, gewaltfreien Protest nutzen. Darüber hinaus rufen wir alle Studierenden dazu auf, an der Alternativ-Uni teilzunehmen und sie eigeninitiativ mitzugestalten.


Stuttgart, den 10.6.2009

Quelle: AK Bildung
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