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Griechenland: Zeitweise Selbstversorgung und internationale Hilfe

Die EU hat es mit den gemeinsten Erpressungen geschafft: In Griechenland gibt es keine Demokratie mehr. Jedenfalls keine,die über ein Parlament ausgeübt wird. Die griechische Mehrheit im Parlament beschloss den sicheren Untergang der eigenen Volkswirtschaft. In der - etwas irren - Hoffnung - wenigstens die Sesselchen für die eigenen Hintern warm zu halten. Eine Saftgurke im deutschen Regierungsfass schmatzte freudig auf und ließ etwas verlauten vom Glückstag für Europa. Und dann, um alle bisherige Heuchelei noch zu überbieten, noch etwas vom bevorstehenden Wirtschaftsaufschwung Griechenlands.

Das muss man sich mal genau vorstellen. In einem sowieso armen Land liegt es nahe, den Aufschwung bei dem anzufangen, was man schon hat. Also in Griechenland: Tourismus. Etwa - in Gottes Namen - Zuschüsse für Kneipen am Strand. Was aber erzwingen Merkel und ihresgleichen? Eine Erhöhung der bisher ermäßigten Mehrwertsteuer auf den noch zu beschließenden Höchstsatz. Für Kneipen-Essen. Mindestens zehn Prozent Preissteigerung. Ungerechnet dabei die ebenfalls erhöhten Preise aller Lebensmittel, die natürlich ein Essen weiter verteuern. Ganz ohne VWL-Studium voraussagbar: Die nicht so zahlungskräftigen Kunden - die Mehrheit - wird sich aufs Strand-Picknick verlegen. Pleiten massenhaft vorauszusagen.

Das nur ein winziges Beispiel. Es wird nicht einmal mehr von Hilfe gelogen. Es geht um Absahnen der -noch! -einträglichen Staatsbetriebe-und danach wird das Land seinem Schicksal überlassen. Mit oder ohne Schuldenerlass, nachdem gewiss nichts mehr zu holen sein wird. Wirtschaftlich ist das ein Destruktionsprogramm. Wahrscheinlich bei den weiterdenkenden Europa-Imperialisten der Zentralländer nur noch zur Abschreckung zu gebrauchen. Michael Martens in der FAZ vom 29.6. führt das aus - sadistisch-präzis.

Es geht um Abschreckung durch öffentliches Foltern. Nur dass Portugal und Spanien nicht viel zuzusetzen haben, um den angeblichen Fehler der Griechen zu vermeiden.

Was bleibt der Mehrheit, die jetzt noch demonstriert? Sie wird das in dieser Verdichtung nicht unendlich lange durchhalten können. Die zu erwartenden Störungen und Zerstörungen von Verkaufsobjekten des griechischen Staates haben ihr Recht für sich. Warum die Ausbeuter am erpressten Verkauf noch profitieren lassen? Aber das reicht nicht aus.

Bürgerkrieg der Situation nach zeichnet sich ab. Aber einer, bei welchem der unterlegenen Masse die Angriffswaffen fehlen und auch nicht viel nützen würden. Es wird tatsächlich nichts übrig bleiben,als ein fundamentaler Rückzug. Aufs weithin verlassene Land. Auf erweiterte Genossenschaftsproduktion. Auf Direktverkauf ganz ohne Mehrwertsteuer. Wie in Bauernläden - aufsichtslos, unter der Hand. Es wird - so oder so - zu großen und bitteren Einbußen kommen im individuellen und auch im angedeuteten kollektiven Konsum. Aber damit auch zum Zusammenbruch der restlichen Gewinn-Phantasien von Großhandel, Staat und verrottendem Parlament.

Es wird nicht gehen ohne breite Hilfsaktionen, Hilfsbewegungen von den Resten demokratisch orientierter Gruppen in ganz Europa. Mit richtigen Sammelaufrufen. Mit Leuten, die sich bereit finden, Spenden an persönlich benannte, benennbare, zur Verantwortung zu ziehende Vertrauensleute der verschiedenen Genossenschaften. Unter Ausschließung aller Banken.

Es ist wenig, das einem einfallen kann angesichts entsetzlicher Schläge unter dem Beifallsjohlen der europäischen Banken und ihrer willfährigen und ergebenen Staats-Darsteller. Es muss aber etwas gedacht werden, gedacht werden können angesichts der zu Tage tretenden Zerstörungsabsichten in Europa gegenüber den abzustoßenden Randländern.

Das Mittelalter ist in das Val di Susa zurückgekehrt

Um zwei Uhr morgens herrscht in Chiomonte Stille. Nur der Mond erhellt die Nacht, von der alle wissen, dass sie die letzte vor dem Angriff der Polizei sein wird. Im Wald oberhalb der Republik Maddalena: blinkende Fackeln der Wächter, während die anderen versuchen, etwas Ruhe zu finden, der kommende Tag wird anstrengend werden. Gegen sechs Uhr werden Kolonnen von gepanzerten Fahrzeugen und Baufahrzeugen auf der Autobahn sichtbar. Dann, eine Stunde später, kommen Polizei und Carabinieri in einer Kolonne auf dem Weg von Giaglione. An der Spitze der Bulldozer, der gegen acht Uhr die erste Barrikade unter dem "Schutz" von Tränengas und Schlagstockeinsatz der Polizei das blockierte Tor durchbricht.



Die Eroberung des Berges hat begonnen. Nach etwas über einer Stunde sind die TAV GegnerInnen gezwungen, zu kapitulieren. Kurz nach neun Uhr sind alle Blockaden überwunden, der Ort, in dem die Arbeiten beginnen sollen, ist erobert.



Am 28. Juni haben über 20.000 Menschen mit einem Fackelmarsch gegen die Räumung protestiert. Unter anderem die Frühstücksblockade in Stuttgart gegen S21 zeigte sich solidarisch.



Die Räumung des Lagers zeigen die folgenden Videos (via Nullpunktfeld / "Die Schlacht von Val di Susa"):





Prozess gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit während des NATO Gipfels in Baden-Baden und Strasbourg

Protest gegen den NATO Gipfel am 4. April 2009
Foto © Thomas Trueten - Umbruch Bildarchiv Berlin
Immer mehr soll das elementare Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden. Bei jeder Versammlung wird die Liste der polizeilichen Auflagen länger. 10 und mehr -seitige Auflagenbeschlüsse sind keine Seltenheit mehr.

Aus dem Recht auf Versammlungsfreiheit soll offensichtlich das Recht auf ein staatlich kontrolliertes und gelenktes "Event" werden. Unabhängig davon, dass sich Freiheitsrechte - Versammlungsfreiheit und auch Meinungs- und Informationsfreiheit nicht verbieten lassen, soll dieser Tendenz auch juristisch Einhalt geboten werden.

Am Donnerstag, den 30. Juni 2011 geht es vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim um zwei der polizeilichen Auflagen anlässlich der Kundgebung des örtlichen Bündnisses in Baden-Baden am 2.4.2009 zu den "NATO-Feierlichkeiten" Anfang April in Baden-Baden und Strasbourg, Auflagen wie sie bei vielen Versammlungen von der Polizei auferlegt werden. So soll der Polizei eine Liste mit den Namen der OrdnerInnen überreicht werden. Außerdem sollte der Versammlungsleiter und die Ordner verpflichtet werden, der Polizei Verstöße gegen die Auflagen oder mögliche Straftaten der Versammlungsteilnehmenden mitzuteilen.

Aus dem Recht Ordner zu stellen wird so eine Verpflichtung Ordner zu stellen, die sogar noch der Polizei gemeldet werden müssen. Und der Versammlungsleiter und die Ordner sollen sogar noch als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft bzw. der Polizei verpflichtet werden. In dem von der alten baden-württembergischen Landesregierung geplante neuen baden-württembergischen Landes-Versammlungsgesetz sind etliche dieser Auflagen in Gesetzesform enthalten. Nach der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen das bayerische Landesversammlungsgesetz wurde das Landesversammlungsgesetz in Bayern weitgehend wieder zurückgenommen. In Baden-Württemberg werden aber Teile genau dieses Gesetzesentwurfs offensichtlich schon vorweggenommen.

Dazu schreibt der DGB Baden-Württemberg in einer Stellungnahme zum Entwurf für ein neues Versammlungsgesetz in Baden-Württemberg anlässlich eines Hearings von SPD und Grunen im baden-württembergischen Landtag im Dezember 2009 gegen das geplante Landesversammlungsgesetz, solche Auflagen seien eine unzulässige Einschränkung der Versammlungsfreiheit, die staastsfreie und unreglementierte Willensbildung durch Versammlungen werde verletzt. Es sei zu befürchten, dass sich Veranstaltern, wie auch dem DGB nicht genug OrdnerInnen zur Verfügung stellen, weil sie nicht mit ihrem Namen erfasst und gespeichert werden wollen.

Dadurch könne die Abhaltung der Versammlung gefährdet werden.

Der VGH Baden-Württemberg muss nun am 30.6.2011 in Mannheim über die Frage entscheiden, ob de Auflagenverfügung für die o.g. Kundgebung am 2.4.2009 rechtswidrig war, soweit sie

a) den Kläger verpflichten, die Personalien der Ordner bzw. des Verantwortlichen für den Lautsprecherwagen zu erfassen und der Polizei (auf Anfrage) vorzulegen,
b) den Kläger oder die Ordner verpflichten, die Polizei über Verstöße gegen versammlungsrechtliche oder strafrechtliche Bestimmungen, die vom Versammlungsleiter oder den Ordnern nicht unterbunden werden können, zu informieren.

Der Kläger rügt einen versammlungsfeindlichen Charakter der angegriffenen Auflagenverfügung. Diese Auflagen führen zu bürokratischer Gängelei und Kontrolle der Bürger und Bürgerinnen, die von der Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit abschrecken.

Bei jeder Versammlung müsste folglich jede/r aktive Teilnehmer/in, der/die sich auch als Ordner zur Verfügung stellt damit rechnen, dass seine/ihre Teilnahme erfasst wird, ohne dass nachvollziehbare Gründe für eine solche Erfassung vorliegen. Der hierin liegende Nachteil erhält dadurch weiteres Gewicht, dass die erfassten Daten gespeichert werden (können).

Eine solche anlasslose Datenbevorratung, die allein an die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit und damit an das Gebrauchmachen von einem für die demokratische Meinungsbildung elementaren Grundrecht anknüpft, führt zu durchgreifenden Nachteilen. So auch in ständiger Rechtsprechung das Bundesverfassungs-gericht, zuletzt in seiner Eilentscheidung - 1 BvR 2492/08 - vom 17.2.2009.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in seiner Entscheidung vom 22.3.2010 die Auflagen als rechtmäßig bestätigt und die Zulassung der Berufung abgelehnt. Der VGH Baden-Württemberg hat die Berufung aber zugelassen, da sich erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergeben.

Der rechtswidrigen Praxis der Versammlungsbehörden soll mit dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim nunmehr möglichst der Boden entzogen werden. Insofern ist es hilfreich, wenn sich möglichst viele kurzfristig trotz des zeitlich ungünstigen Termins entschließen könnten, an der öffentlichen Verhandlung teilzunehmen.

Keine Einschränkung des elementaren Rechts auf Versammlungsfreiheit!

Donnerstag, 30.Juni 2011, 10.00 Uhr - Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim, Schubertstr.11, 1.OG, Sitzungssaal II

Quelle: Aktionskreis Internationalismus (AKI Karlsruhe) Kontakt: info@aki-karlsruhe.de

Siehe auch:
Versammlungsrecht –“ ein Jahr nach dem NATO Gipfel in Straßburg
2. April Strasbourg - Ruhe vor dem PolizeiSturm - "Bombenwetter in Strasbourg"
3. April Auf dem Weg zum Camp - Von wegen "ich bin mal eben auf dem Camp"
4. April Großdemonstration in Strasbourg - "Vor wem hatten die NATO Verteter eigentlich Fracksausen?"

Blogkino: Impact (1949)

Heute in unserer Reihe Blogkino: Der U.S. Film Noir Reißer "Impact": Ein wohlhabender Geschäftsmann überlebt den Mordversuch seiner Frau. Um weitere derartige Liebesbezeugungen im Keim zu ersticken taucht er in einem Provinznest als Automechaniker unter...

NoTAV: Allgemeine Mobilisierung gegen den Angriff auf die Blockaden im Val di Susa

Die Vorgänge bei der gestrigen brutalen Räumung der friedlichen Blockaden gegen das TAV Projekt im Val di Susa beschreibt ein Augenzeugenbericht:

"Die Stunde X ist nun also gekommen. Schneller als ich es fassen konnte. Gestern mittag habe ich noch mit meiner Familie im Fluss Clarea gebadet, gelacht und gescherzt. Gestern abend an einem wunderbaren Fackellauf mit ca. 5.000 Leuten teilgenommen, der nochmals entschieden darauf hinweisen sollte, keine Gewalt anzuwenden. Abendessen an der Mahnwache. Ich war unruhig, weil ich als einzige einen 13-jährigen Sohn dabei hatte, aber die Stimmung war gut und aufmunternd. Wir legen uns in unsere Schlafsäcke. Aber es ward uns keine lange Ruhe gewährt. Um ca. 4.50 ging das Feuerwerk los, mit dem der Alarm ausgelöst wurde. Und dann kamen sie, die "Ordnungskräfte", die "Forze dell'ordine", Autobahn gesperrt, ich weiß nicht wie viele Einheiten, von mehreren Fronten, und sofort mit Tränengas, heftig, heftig. All unsere Blockaden haben nicht gehalten. Da ich keine Heldin bin, habe ich meinen Sohn wider Willen geschnappt, und wir sind auf und davon, stundenlang, über die Berge, ich weiß gar nicht mehr über welche Wege. Hubschrauber, die uns beobachten, scheinbar viele Autos, die von den Baggern zu Schrott gemacht wurden, angeblich 25 verletzte Polizisten u. ca. 4 verletzte No TAV. Es war schrecklich. Nun wird seitens der befreundeten Gewerkschaften der Streik ausgerufen. Und die No TAV-Mitstreiter blockieren die Straßen im Susatal. Ich bin müde, aber froh, dass uns nichts passiert ist und ich bin verdammt stolz darauf, eine No TAV zu sein.

Das Ganze soll im Sinne des Rechtsstaats abgelaufen sein! Italien ist kein demokratischer Staat! Italien ist kein demokratischer Staaat!

M.


Die NoTAV Bewegung steckt den Kopf jedoch nicht in den Sand. Es gibt einen Aufruf zu einer Protestaktion heute abend, den wir dokumentieren:

ALLGEMEINE MOBILISIERUNG GEGEN DEN ANGRIFF AUF DAS SUSATAL


DIENSTAG, 28. JUNI,  20.30

FACKELUMZUG IN SUSA

START AM BAHNHOF

Montag, 27/6/20011, haben Polizeikräfte im Morgengrauen die No Tav-Aktivisten, die die Maddalena von Chiomonte besetzt hielten, aufs heftigste angegriffen:

- Ein Greifbagger Itaci 280 ist auf kriminelle Weise eingesetzt worden, der Fahrer hat Birkenstämme beiseitebefördert und dabei unverantwortlich riskiert, junge No Tav-Aktivisten, die symbolisch den Ort belagerten, um der Gegnerschaft des Susatals gegen dieses schädliche, unnütze, kostspielige Projekt Ausdruck zu verleihen, gefährlich zu verletzen;

- Tränengas wurde in großen Mengen und blind eingesetzt; Zelte, die auf dem Gelände der Berggemeinschaft aufgebaut waren, wurden dabei in Brand gesetzt;

- Ein zur Einnahme des Geländes eingesetzter Bagger hat die Autos der Bürger, die am Wegesrand zum Eingang der E-Werk-Zentrale geparkt haben, beschädigt;

- Die Bürger, die sich friedlich und entschieden dem Baubeginn entgegengesetzt haben, sind bis in dieWälder hinein verfolgt worden oder beim Verlassen des geplanten Baugeländes gefilmt und datentechnisch gescannt worden, wobei dessen Einnahme elementaren Rechtsvorschriften widerspricht...

Nur der entschiedene friedliche Widerstand der Demonstranten hat verhindert, dass sich der militärische Angriff in eine Menschenjagd nach dem antidemokratischen Muster klassischer Diktaturen verwandelte.

Eine Regierung, die in ihren Reihen eversive Elemente der P4-Loge und eine Regionalregierung vereint, die öffentlich durch den Skandal des Gesundheitswesens kompromittiert ist, möchte den Susatalbewohnern Lektionen in Rechtsstaatlichkeit erteilen, Susatälern, die seit mehr als 20 Jahren demokratisch für den Schutz und den Erhalt ihrer Heimat eintreten, um Gesundheit, Sicherheit und Arbeitsplätze zu garantieren.

Die historische, internationale Bahnlinie Turin-Lyon besteht bereits, und diese ist nur zu einem Drittel ihrer Kapazität ausgenutzt.

Virano mit seinem “Observatorium– täuscht weiterhin Italien und Europa und will ein ökologisch und wirtschaftlich schädliches Projekt durchdrücken, das den staatlichen Schuldenberg in einen noch tieferen Strudel ziehen würde. Und das angesichts der Vorhaben, die Krankenhäuser von Susa und Avigliana zu schließen oder zusammenzustreichen, und das, während man der staatlichen Schule und den Fabrikationsstätten im Susatal  lebenswichtige Mittel streicht. Sie wollen unsere Quellen anzapfen und zerstören, Luft und Boden verschmutzen, Häuser abreißen!

Halten wir sie auf! RESISTERE PER ESISTERE (Resistenz für die Existenz)!

KOMMT ALLE DIENSTAG ABEND NACH SUSA, DAMIT WIR BALD WIEDER DIE MADDALENA EINNEHMEN!

Bussoleno 27/6/2011      
IL MOVIMENTO NO TAV

Val di Susa: Solidaritätserklärung des S21 Blockiererfrühstücks an die NoTAV Bewegung

Proteste gegen den TAV im Val di Susa am 6. November 2005
Foto: Ocelon1444 / wikipedia.it
Lizenz: GNU Free Documentation License, Version 1.2
Gestern wurden die Blockaden im Val di Susa gegen das TAV Projekt mit Wasserwerfern und Tränengas geräumt. Heute morgen hat das Blockierfrühstück am Grundwassermanagement in Stuttgart einmütig eine Solidaritätserklärung für die AktivistInnen im Susatal verabschiedet:

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
wir sind entsetzt über die erneute Polizeigewalt gegen eure beeindruckende Bewegung: das riesige Polizeiaufgebot, die Wasserwerfer, das Tränengas, die Zerstörung der Mahnwache. Uns erinnern die Berichte, die wir erhalten an unsere schlimmsten Erlebnisse, an den „schwarzen Donnerstag“ am 30. September 2010.
Aber die Informationen, die wir bisher bekommen haben über Aktionen wie Straßenblockaden und Proteststreiks machen uns zuversichtlich, dass ihr euch durch die erneute Polizeigewalt genauso wenig klein kriegen lasst wie wir nach dem 30.9. und wie ihr selbst bei verschiedenen Gelegenheiten. Unser Protest hat nach dem 30. 9. seine größten Demonstrationen mit über 100.000 TeilnehmerInnen erlebt, ihr habt 2005 ein von der Polizei in einem brutalen Einsatz besetztes Gelände mit einer entschlossenen Massenaktion wieder befreien können. Wir sind zuversichtlich, dass ihr auch auf diese Polizeigewalt eine angemessene Antwort finden werdet.

Wir werden euren Kampf in Stuttgart weiter bekannt machen und hoffen, mit vielen AktivistInnen zu eurem Forum von 26. bis 30. August zu kommen. Wir denken, dass wir viel von euren Erfahrungen lernen können. Zum Beispiel sind Gewerkschaften, die zu Streiks gegen Stuttgart 21 aufrufen, für uns noch Zukunftsmusik.

Unsere Proteste haben viele Gemeinsamkeiten. Unter anderem haben wir es beide mit Gegnern zu tun, für die die besseren Argumente und die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt nicht zählen, sondern nur Macht und Profite –“ und die deshalb immer neue Anläufe unternehmen, ihre zerstörerischen Projekte gegen den Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen. Wir wünschen euch und uns den erforderlichen langen Atem.

Alle gemeinsam gegen zerstörerische Großprojekte
Oben bleiben!

Wer die Macht hat, hat das Recht: BGH bestätigt Urteil gegen Kriegsgegner im militante-gruppe-Prozess

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung von drei Berliner Antimilitaristen bestätigt. Das Urteil des Berliner Kammergerichts vom Oktober 2009 gegen Axel H., Florian L. und Oliver R. wegen versuchter Brandstiftung an Bundeswehr-LKW und Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg) in Höhe von 3 und 3,5 Jahren ist damit rechtskräftig.

„Wer die Macht hat, hat das Recht“, kommentiert Arthur Schüler vom Solidaritätsbündnis für die Einstellung der §129-Verfahren den BGH-Beschluss. Er ist von dem Ergebnis nicht überrascht: „Wir haben mit dieser Entscheidung gerechnet. Noch nie wurde ein politisches Urteil des Berliner Kammergerichts vom BGH aufgehoben.“

Die Verurteilung erfolgte nach §129 StGB, der die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung unter Strafe stellt. Der Paragraf gehört wie die §129a und 129b zum politischen Strafrecht der BRD und ermöglicht eine Verurteilung auch ohne konkrete Tatbeteiligung. Menschenrechtsorganisationen und Politiker aus SPD (Jusos), Grüne (Hans-Christian Ströbele) und Linke (Ulla Jelpke) fordern deshalb die Abschaffung dieser Paragrafen. Die Rechtsanwälte der Angeklagten hatten den Indizien-Prozess wiederholt als unfair charakterisiert und deshalb auf ihre Plädoyers verzichtet.

Oliver R., einer der drei Betroffenen, äußert sich anlässlich der BGH-Entscheidung: „Widerstand, der sich gegen die Gewalt des Krieges, die Kriegswirtschaft sowie das Militär richtet, um eine Situation der Besatzung, die Ermordung von Zivilisten und Zivilistinnen und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zu unterbinden, bleibt nach wie vor legitim.“

Arthur Schüler kritisiert die deutsche Rechtsprechung als doppelzüngig: „Während durch ein Bombardement auf Tankwagen in Kundus im September 2009 etwa 140 Menschen starben –“ und die Verfahren gegen den verantwortlichen Bundeswehr-Oberst Georg Klein eingestellt wurden –“, müssen Kriegsgegner mehrjährige Haftstrafen absitzen, die durch eine konkrete Abrüstungsinitiative Kriegsgerät unschädlich machen wollten.“

Mit der BGH-Entscheidung vom 3. Mai, die den Betroffenen dieser Tage zugestellt wurde, hat der 3. Strafsenat des Karlsruher Gerichts die Revision der Angeklagten gegen das Urteil abgelehnt (Aktenzeichen: 3 StR 277/10). In dem zehn-seitigen Beschluss rügt der BGH sowohl den Staatsschutzsenat des Kammergerichts wegen Verletzung seiner Aufklärungspflicht, als auch die Bundesanwaltschaft (BAW) wegen eines Organisationsverschuldens: Das oberste Berliner Strafgericht hätte, laut BGH, die Bundesanwältin Vanoni als Zeugin laden müssen, um aufzuklären, warum sie ohne richterlichen Beschluss Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigten angeordnet hat. Die Anwälte werden Rechtsbehelfe gegen den BGH-Beschluss einlegen. (Anhörungsrüge, Gegenvorstellung oder Verfassungsbeschwerde haben aber keine aufschiebende Wirkung.)

Quelle: Pressemitteilung Einstellungsbündnis

Das Einstellungsbündnis bittet weiterhin um Geldspenden für anstehende Rechtsmittel und Haft auf eines der beiden folgenden Konten:
- Thomas Herzog, Postbank Essen, Konto-Nr.: 577 701 432, BLZ: 360 100 43, Verwendungszweck: Sonderkonto
- Rote Hilfe e.V., GLS-Bank, Konto-Nr.: 4007 238 317, BLZ: 430 609 67, Verwendungszweck: Repression 31.7.2007

Mehr Information:

Val di Susa: "Wie im Krieg, fehlt bloss noch der Luftangriff"

Wir hatten hier und dort über die Situation im italienischen Susatal berichtet. Seit 20 Jahren protestieren die BewohnerInnen dort gegen ein Hochgeschwindigkeitsnetz, das zwischen Turin und Lyon für 20 Milliarden Euro gebaut werden soll. Vor kurzem erreichte uns eine Mail zur Mahnwache an der Maddalena. Heute früh wurde nach einer Demonstration mit 3000 TeilnehmerInnen geräumt:

"Liebe Freunde,
heute früh um 6 sind sie gekommen, mit Wasserwerfern und Tränengas, mit Wannen und Planierraupen. Unsere Barrikaden haben so einem Aufgebot nicht standhalten können. Sie haben von 3 Seiten angegriffen und sind mittlerweile auf dem Platz wo unsere Mahnwache war. Nach meinen Informationen (meine BI ist fast komplett an der Maddalena) gab es bisher keine Verletzte. Die vielen Hunderte von NO TAV versuchen im Augenblick, sich zu sammeln, nachdem sich alle mehr oder weniger im Wald zerstreut hatten, um sich zu beraten. Die Bürgermeister vor Ort, zusammen mit den Rechtsanwälten, scheine zu verhandeln, aber wir wissen ja, was das bringt. In der Zwischenzeit ist der Verkehr im Tal offensichtlich, zumindest weiter oben, blockiert, die Autobahn ist von der Polizei geschlossen.

Wie im Krieg, fehlt bloss noch der Luftangriff.

A sarà düra!
S.
"

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