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Fahrt ins Val di Susa

Proteste gegen den TAV im Val di Susa am 6. November 2005
Foto: Ocelon1444 / wikipedia.it
Lizenz: GNU Free Documentation License, Version 1.2
Vom 26.-30. August 2011 besteht die Möglichkeit, ins Susa-Tal zum Forum gegen unnütze Grossprojekte und eine tragbare Zukunft zu fahren. Ziel der Reise ist es, Zeugnisse von gelebtem Widerstand und gelebter Demokratie - unter Teilnahme der europäischen und außereuropäischen Protestbewegungen und der örtlichen Bevölkerung zu erfahren, sich kennenlernen, zu diskutieren, von den Erfahrungen Anderer lernen.

Das Forum bietet Raum für Diskussionen und Erfahrungsaustausch für Bürgervereinigungen und -initiativen, die ihr Lebensumfeld und ihre Zukunft gegen unnütze und/oder schädliche Großprojekte verteidigen, im Bewusstsein, dass Umwelt und Gesundheit nicht Objekt von Tausch und Verhandlungen sein dürfen.

Heute beweisen diese Menschen, die ihre Zukunft in die eigene Hand nehmen, sich selbst organisieren und nicht vertreten lassen, dass ihr Widerstand erfolgreich sein kann und daraus die Hoffnung auf eine bessere und gerechtere Welt entstehen kann. Dieses erste Treffen des thematischen Forums möchte das riesige Thema –šunnütze Großprojekte–˜ in einem ganz bestimmten Rahmen behandeln: dem der Infrastrukturen für den Güter- und Personentransport, hauptsächlich im Schienenverkehr.

Programmüberblick:

26.08.2011 - Ankunft der Teilnehmer

27.08.2011 - Am ersten Tag wird den verschiedenen Gruppierungen ausgiebig Möglichkeit geboten sich vorzustellen, die eigenen Anliegen vorzubringen, die Geschichte und die Strukturierung ihrer Bewegung zu erläutern, die –šgegnerische–˜ Seite zu analysieren und ihre Zukunftsperspektiven und -erwartungen darzulegen. Es soll über die Übereinstimmungen und Schnittstellen zwischen den einzelnen Bürgerinitiativen diskutiert werden, aber auch über unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen.

28.08.2011 - Der zweite Tag soll der Debatte über alternative Lebenskonzepte und Projekte gewidmet werden, um positiven Konzepten eine Zukunftsvision zu verleihen. Wir werden versuchen, eine Basis für ein konkretes, solidarisches, internationales Netzwerk zu gründen. Es werden Plattformen zum Austausch von Informationen/Ideen und der Terminkalender für künftige Treffen und gemeinsame Veranstaltungen und Demos festgelegt.

29.08.2011 - Am dritten Tag können die Teilnehmer das Susatal näher kennen lernen –“ von seiner kritischen, vor allem aber von seiner schönen Seite, mit seinen Kulturstätten und seiner Landschaft. In entspannter Atmosphäre wird eine individuelle Annäherung und ein weiterer Gedankenaustausch noch leichter von statten gehen.

Infoveranstaltungen:

• Sonntag, 24.07. Infostand beim Konzert im Schlossgarten
• Montag, 25.07. Infostand auf der Montagsdemo
• Dienstag, 26.07. Infoabend ab 18 Uhr im Parkschützer-Büro Urbanstrasse 49a
• Mittwoch, 27.07. Infoveranstaltung und Vortrag ab 20 Uhr in der Manufaktur Schorndorf

Kontakt : s21.international@unser-park.de

Siehe auch unsere weiteren Beiträge zum Val di Susa:



Links zu verschiedenen Initiativen gegen den TAV:



Zusammengestellt aus Beiträgen von Gudrun und Julia von bei-abriss-aufstand

S21: "Tieferlegung?" "Öhhm, wenn's sein muß"

In Folge des schlichten Spruches von Heiner Geißler bastelte sich die Deutsche Bahn AG einen "Streßtest", den sie - welch Wunder - auch bestand. Nun liegt das Gutachten der Schweizer SMA vor, das bestätigt, die Bahn habe ihren eigenen "Streßtest" richtig durchge'rechnet'.

Akzeptiert wurde der "Streßtest" von der grün-rosa Landesregierung. Anders das Aktionsbündnis. Ließ es sich noch von der schlichten Schlichtung einlullen, erklärten sie nun, das Ergebnis nicht akzeptieren zu wollen und auch nicht an einer gemeinsamen Präsentation Bahn AG und CDU Heiner Geißler teilnehmen zu wollen.

Die Olivgrünen legen alle ihre Hoffnungen in einen Volksentscheid, der unter den gegenwärtigen Bedingungen jedoch zum grandiosen Scheitern verurteilt ist. Zu hoch sind die 'demokratischen' Hürden. Das wissen die Spezialdemokraten sehr wohl, eben aus diesem Grunde haben sie sich entschieden, bei der Demokratiesimulation mitzuspielen. Die Partei und ihre Parlamentarier gehören zu den stärksten Befürwortern einer Vergrabung des Eisenbahnverkehres.

Erst kürzlich sorgte der "Stuttgart 21"-Anhänger und SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir dafür, dass nun das Stuttgarter Finanzamt prüft, ob dem BUND und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Baden-Württemberg die Gemeinnützigkeit aberkannt werden kann.

Die Grünen befinden sich in einer Falle. Gewählt aus Unwissenheit, Unkenntnis und Hoffnung, wird ihnen am Ende nichts weiter übrigbleiben, als den tiefergelegten Bahnhof in einem satten grün anzustreichen. Ministerpräsident Kretschmann hat bereits mehrfach versichert, man werde sich am Ende beugen ...

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an zwei Bilder, das eine entstand nach der Verkündung des schlichten Spruches, das andere noch am Wahlabend:





Montage unter Verwendung eines gemeinfreien Fotos von Paul Morse.
Zuerst bei redblog erschienen.

kritisch-lesen.de Nr. 8 - Sommerpause

Jeden Abend werfe ich
Eine Zukunft hinter mich
die sich niemals mehr erhebt.
Denn sie hat im Geist gelebt.
Neue Bilder werden, wachsen;
Welten drehn um neue Achsen,
werden, sterben, lieben, schaffen.
Die Vergangenheiten klaffen.
Tobend, wirbelnd stürzt die Zeit
in die Gruft. –“ Das Leben schreit!


Der Auszug aus dem Gedicht „Ich bin ein Pilger –“ oder: Die beschauliche Suche“ von Erich Mühsam leitet die letzte Ausgabe vor einer kleinen kritisch-lesen.de-Auszeit ein. Wir wollen den August nutzen, um die ersten vier Monate unseres Projekts auszuwerten und technische Änderungen vorzunehmen. Anfang September erscheint dann die nächste Ausgabe. Schon vor der Auswertung können wir sagen, dass wir bisher vom Zuspruch sehr positiv überrascht sind. Nicht nur die Klickzahlen steigen von Ausgabe zu Ausgabe, vor allem die vielen Rückmeldungen von Leser_innen, Freund_innen und/oder (potenziellen) Autor_innen ermutigen uns. Mitte August trifft sich für drei Tage die Redaktion, um über konzeptionelle und technische Änderungen zu beraten. Wir würden uns sehr über weiteres Feedback freuen. Wenn ihr meint, wir sollten einen Schwerpunkt über dieses oder jenes Thema machen, oder ihr die Seite unübersichtlich oder verbesserungswürdig findet –“ oder andere Vorschläge habt, scheut euch nicht, uns die mitzuteilen. Einfach eine Mail an uns schicken: info[ät]kritisch-lesen.de.

Aber vor unserer kleinen Relaunch-Sommerpause haben wir noch ein paar Sommer-Leseempfehlunger für euch: Zu Anfang fragt sich Fritz Güde in seiner Rezension Wagenknechts Verführung durch das Positive zu dem neuen Buch von Sarah Wagenknecht, ob die plötzlichen Sympathien der Autorin für die Soziale Marktwirtschaft einer strategischen Positionierung für kommende Möglichkeiten geschuldet sind. In dem Band Von Jakarta bis Johannesburg sieht Regina Wamper anschließend eine gelungene Zusammenfassung unterschiedlicher anarchistischer Theorien und Praxen, weil das Buch die verschiedenen Kontexte, aber auch Gemeinsamkeiten herausarbeitet. Sebastian Kalicha beurteilt in Anarchismus in der Sprechblase den Comic Geschichte des Anarchismus als leicht verständlichen Einstieg in den Anarchismus, aber auch als Bereicherung für alle, die sich bereits (lange) mit diesem Thema beschäftigen. In der Rezension zu Das Leben in Rot merkt Rezensent Fritz Güde an, dass der Versuch, den Polizeistaat unter Franco in Spanien aus verschiedenen subjektiven Sichtweisen zu durchdringen wegen der Verschleierung subjektiver Beliebigkeit nicht gelungen ist. Katharina Kaps bespricht sodann in Körperperspektiven die 43. Ausgabe der arranca!, die sich mit dem Thema Körper in verschiedenen politischen Kontexten beschäftigt. Kaps konstatiert ein umfassendes Angebot an Einstiegstexten, welche auch die Notwendigkeit des Handelns im Alltag aufzeigen. Schließlich empfiehlt Rachel in der Rezension Unsichtbare Selbstverständlichkeiten das Buch Schöner kommen, ein Ratgeber für lesbischen Sex –“ für alle, die sich inspirieren lassen wollen.

Aus dem Archiv offenbaren wir dieses Mal zwei Biographien. Zum einen empfiehlt Sebastian Friedrich Georg Kreislers autobiographisches Werk Letzte Lieder, zum anderen sei auf Sabine Kebirs gelungene Arbeit Helene Weigel –“ Abstieg in den Ruhm hingewiesen.

An dieser Stelle noch –“ wie immer –“ der Hinweis auf den kritisch-lesen.de-Newsletter: Wer immer pünktlich über die neuste Ausgabe informiert werden möchte, der_die trage sich einfach in der rechten Spalte ein –“ oder „freunde“ sich bei Facebook mit uns an.

Viel Spaß beim (kritischen) lesen!

Aktuelle Rezensionen

Wagenknechts Verführung durch das Positive

Sahra Wagenknecht - Freiheit statt Kapitalismus

Sahra Wagenknecht verhilft in ihrem neuen Buch Erhard und seinen Kumpanen zu einem sozialen Glanz, den man ihnen nicht zugetraut hätte. Mit Recht?

Von Fritz Güde

Globale libertäre Netzwerke

Sebastian Kalicha / Gabriel Kuhn (Hg.) - Von Jakarta bis Johannesburg: Anarchismus weltweit

Ein Sammelband über den Anarchismus in seinen weltweiten Verschiedenheiten.

Von Regina Wamper

Anarchismus in der Sprechblase

Findus - Kleine Geschichte des Anarchismus: Ein schwarz-roter Leitfaden

Ein abwechslungsreicher Comic über Anarchismus.

Von Sebastian Kalicha

Blendende Staatsgewalt- geblendeter Autor

Isaac Rosa - Das Leben in Rot

Indem der Autor sich zur präzisen Wahrheitsüberlieferung als unfähig bekennt, beweist er die Unabschaffbarkeit des verleugneten Polizeistaats.

Von Fritz Güde

Körperperspektiven

arranca! - #43 - Bodycheck und linker Haken

Die arranca! #43 stellt „den“ Körper ins thematische Zentrum und lässt wie immer viele unterschiedliche Positionen zu Wort kommen.

Von Katharina Kaps

Unsichtbare Selbstverständlichkeiten

Manuela Kay & Anja Müller (Hg.) - Schöner kommen: Das Sexbuch für Lesben

Das Sexbuch für Lesben

Das „Drei-In-Eins-Produkt“ liefert nicht nur Antworten auf wichtige Fragen, sondern trägt letztendlich auch zur Sichtbarkeit von lesbischem Sex bei.

Von Rachel

Rezensionen aus dem Archiv

Letzte Lieder

Georg Kreisler - Letzte Lieder. Autobiografie

Georg Kreisler veröffentlichte jüngst seine Autobiographie. Der Versuch einer Rezension.

Von Sebastian Friedrich

Helene Weigel

Sabine Kebir - Helene Weigel - Abstieg in den Ruhm

Sabine Kebir schildert die Geschichte der künstlerisch-intellektuellen Symbiose von Helene Weigel und Bert Brecht als trotz allem geglücktes Arbeitsverhältnis.

Von Fritz Güde

Erstveröffentlichung bei kritisch-lesen.de

SPD - Troika zum Abschleppen - Karambolageleiter Dohnanyi

Sie muss wahrscheinlich nach den Berlinwahlen nachgeholfen kriegen - die bewährte Zugmaschine Merkel. Wenn der Drei-Prozent-Hilfs-Dackel abgeschnappt hat. Jedenfalls steht eine Troika aus der SPD zum Abschleppen bereit, die sich Mut macht, anderen aber große Angst. Schließlich hat Schröder die ersten Schienbeinschläge verpasst. Seither hat Rot-Gelb die Lage weiter vermasselt. Beide zusammen: Super-Horror.

Sie denken bei den SOZIALEN wieder einmal nur an Deutschland, nicht an die Partei. Wie 1914. Man hört schon Steinbrück die Vorderzähne feilen.

Das Ganze für die Karambolage vorbereitet von Dohnanyi. Die FAS hat ihm letzten Sonntag Riesenraum zugebilligt - zum Antänzeln und Hürdennehmen - trotz klappriger Knochen.

Erstmal zum wiederaufgepeppten Schnauber. Sarrazin. Freitag abend dürfen wir ihn bei ASPEKTE wieder begrüßen - als Opfer. Die schönste Rolle, die sich ein berufsmäßiger Peitschenschwinger denken kann. Nach eigener Aussage ist er "gemessenen Schritts" - "davongeschlichen wie ein geprügelter Hund". Selbstwahrnehmungsbeschwerden. Ein schwermütiges Grunzen zog wohlig durch den Stall.

Broder hatte wieder einmal Gelegenheit, heldisch und vereinsamt vorzutreten. Und gab einen unverdienten Preis zurück. ASPEKTE hatte alles so schön abgesprochen - und erntete Undank. Starke Unlust gegenüber Dauerhetze.

Buschkowsky rückte wieder nach rechts auf und vermisste "Toleranz".

Eine Seelenverwandte des Dulders erkannte für ihn an allen Türken die Begeisterung fürs "kollektive Beleidigtsein". Was Deutschen, Franzosen, Tugendbolden generell ja total fremd ist. So lässt Sarrazin in Fremdarbeit beleidigen. Er selbst hat wie immer das reine Gewissen des Wissenschaftlers.

Sein letztes Wort allerdings beim Propheten Jesaias entliehen: Wehe uns, wenn, wie viele hoffen, Kreuzberger Zustände die Werkstatt des künftigen Deutschland sind.

Vormund Dohnanyi versucht im Beitrag sein Mündel noch zu übertrumpfen. Hatte Sarrazin seine Theorie zum jüdischen Gen zwischendurch zumindest relativiert, überbietet ihn der Hamburger leichthin. Seine Begründung allerdings überholend rassistisch: das Superintelligente komme von der Inzucht unter den Juden.

Die freilich hielt Sarrazin noch - altrassistisch - für den Grund häufiger Behinderungen - allerdings nur bei Stämmen, zusätzlich geschädigt durch islamischen Glauben. Hoffentlich wird das demnächst mal geklärt.

Wuchtig Dohnanyis anderer Vorwurf gegen Gabriel und seine Verstockten. Eine Enthüllung: Der Rassismus hatte mit uns Deutschen gar nichts zu tun. Kam von den Engländern! Eine Pointe wurde noch vergessen: Darwin war auch Engländer. Also trifft alle seine Deuter und Fehldeuter in anderen Ländern keinerlei Schuld. Gut, dass wir es wissen. Hoffentlich merkt sich ein Gabriel das auch.
Das aber nur -zugegeben- stark angeschlagene Geistesfrüchte des Hamburgers. In der Hauptlinie ist er forsch. Unverkennbar auf Frontgewinn aus. Und entschlossen imperialistisch, wie gewohnt. Dazu musste er auch niemals neu nachdenken.

Seine Theorie: die SPD ist sich immer treu geblieben. (Gemeint Noske - Ebert). Sie kämpfte einmal gegen Ausbeuter und Ausbeutung. Die gibt es heute - nur im Inland? - nicht mehr. Dagegen neue Ausbeuter: im Ausland. Diejenigen, die uns Deutschen die Angebots-Chancen mindern.

Also: Wirtschaft ist inzwischen alles. "Es ist eine Welt des Kommerzes - finito". An Schröders Schlägen ist nichts zu bedauern. Schon gar nichts zurückzunehmen.

Damit ergibt sich: Steinbrück erst in die Troika, später zum Spänehobeln. Steinmeier in Ordnung. Aber Schädelknacker Steinbrück empfiehlt sich dem deutschen Masochisten doch am meisten. Und ganz wichtig: restliche Linksfrontler unbarmherzig niederstimmen. (Ausschlüsse mitgedacht, noch nicht ausdrücklich verlangt. Steinbrückler werden auch so verstehen).

Das also die Aussichten. Wenn es nach Dohnanyi geht. Er wird die Karambolage schon hinbekommen.

Was mir heute wichtig erscheint #282

Nachgetreten: Statt den Einsatz offenbar bewaffneter ziviler Beamter am 20.6. aufzuklären wird - wie bei der Beinahe Durchsuchung des Büros der Parkschützer - nachgetreten. In den frühen Morgenstunden wurde bei mehreren Mitgliedern von Cams21 eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Kriminalpolizei stand zeitgleich mit 3 –“ 4 Mann und einem druckfrischen Durchsuchungsbefehl vor den Türen der Privatwohnungen. Anlass war "Beschlagnahme von: Videoaufzeichungen und Bildaufnahmen über die Vorkommnisse am 20.06.2011 auf dem Gelände der Baustelle für das Grundwasermanangement an der Straße am Schlossgarten in Stuttgart". Siehe auch die Pressemitteilung der Piraten Stuttgart.

Eigennützig:
Offenbar ganz uneigennützig wird die Gemeinnützigkeit von BUND und Verkehrsclub Deutschland (VCD) überprüft. Sie hätten sich zu sehr in die Tagespolitik eingemischt. Findet offenbar - ganz uneigennützig - der "Stuttgart 21"-Anhänger und SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir. Mehr bei RP Online.

Extremismustheorie: "Die Auseinandersetzung um Extremismus hat sich unter der schwarz-gelben Bundesregierung und Familienministerin Kristina Schröder zugespitzt. Reden über Rechtsextremismus kommen kaum noch ohne gleichzeitige Abgrenzung von Linksextremismus aus, Projekte gegen Rechts müssen per Unterschrift unter eine »Extremismusklausel« den Verdacht ausräumen, mit »linken Staatsfeinden« zusammenzuarbeiten. Das alles folgt der umstrittenen Behauptung, dass sich das politische Spektrum an seinen Rändern wieder annähere. Wohin führt die Extremismusdebatte?" ND-Redakteurin Ines Wallrodt diskutierte mit dem Lehrer Michael Czaszkoczy, der von 2004 bis 2007 von Berufsverbot betroffen war, mit der LINKE-Abgeordneten in Sachsen Kerstin Köditz, mit dem Leiter der DGB-Grundsatzabteilung Konrad Klingenburg und mit Mathias Brodkorb, dem stellvertretenden SPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern.

Fiasko: "Anfang Juni kündigte der DGB-Bundesvorstand das Joint-Venture mit den Unternehmern der BDA zur Knebelung des Streikrechts auf. Als unabhängige und unmittelbar von der DGB/BDA-Initiative betroffene Basisgewerkschaft begrüßt die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union diesen längst überfälligen Schritt ausdrücklich. Eine Gewerkschaft hat an der Seite der Beschäftigten und der Belegschaften zu stehen, nicht an der Seite der Bosse. Auslöser für den Beschluss der DGB-Spitze war unter anderem die Entscheidung des ver.di-Gewerkschaftsrates vom 25. Mai, die „Tarifeinheitsinitiative“ nicht länger mitzutragen. Die Dienstleistungsgewerkschaft gehörte zu den Initiatoren des arbeitnehmerfeindlichen Vorstoßes. Der Kurswechsel jedoch erfolgte erst, nachdem klar war, dass das Ansinnen der Spitzengremien auf dem ver.di-Kongress im September 2011 keine Mehrheit finden, sondern zum politischen Fiasko des Vorstands werden würde...." FAU-IAA Pressemitteilung zum Auseinanderfallen der DGB/BDA-Initiative zur Tarif"einheit".

Entwicklungsland:
Viele Musikvideos lassen sich in Deutschland bei YouTube nicht abspielen: Das Videofenster bleibt schwarz, statt Mucke kommt nur der lapidare Hinweis: "Leider ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar." SPON zu den wahren Schuldigen.

Lesebefehl: Polizei, Agenten und sonstiges in sozialen Netzwerken. Wie im richtigen Leben. Ist zwar alles mehr oder weniger bekannt. Wichtig ist der Hinweis von Anne Roth trotzdem. Sie hat sich die kleine Anfrage von Ulla Jelpke nochmal genauer angesehen und hat die wichtigesten Kernpunkte der Antwort der Bundesregierung dazu herausgesucht.

Effizient: "weniger Bürokratie - mehr Effizienz" ... mit diesem heuchlerischen Spruch warb die "Elena-Kampagne" für diesen Datenmoloch. Es gab Widerstand, und wie sich jetzt zeigt, er war erfolgreich.
Elena wird gestoppt. (via Franz Iberl). Siehe auch "Nach ELENA-Aus: Kläger weiterhin besorgt über Daten-Infrastruktur". (Gulli)

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Hungerstreik: In Pelican Bay, Kalifornien befinden sich die Gefangenen wegen ihrer Haftbedingnungen im Hungerstreik. Inzischen haben sich die Hungerstreiks auf weitere Staatsgefängnisse mit tausenden TeilnehmerInnen ausgeweitet. Beitrag und Aufruf zur Solidarität bei The World Can't wait.

Vorhersehbar: »Stuttgart 21«: Bahn besteht selbst bestellten »Streßtest«. Projektgegner halten Simulation für Makulatur. (junge Welt) Und die "Esslinger Zeitung" hat eine der besten Titelseiten der letzten Jahre gebracht. Und nun hat die Landesregierung  das SMA Gutachten akzeptiert.

Unfreiwillig: Mit Hartz-IV-Empfängern sollen die Lücken beim Bundesfreiwilligendienst aufgefüllt werden.

Querstellen: Zum 7. Mal in Folge wol­len Neo­fa­schis­ten an­läss­lich des An­ti­kriegs­ta­ges durch Dort­mund mar­schie­ren. Für den 3. Sep­tem­ber mo­bi­li­sie­ren sie eu­ro­pa­weit in die Ruhr­ge­biets­me­tro­po­le. Nach dem wie­der er­folg­reich ver­hin­der­ten Marsch durch Dres­den gilt der so ge­nann­te „Na­tio­na­le An­ti­kriegs­tag“ in Dort­mund als einer der wichtig­sten Auf­mär­sche der deut­schen Neo­na­zis. Dort­mund hat sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu einer Hoch­burg mi­li­tan­ter Neo­na­zis ent­wi­ckelt. Bru­ta­le Über­grif­fe auf Mi­gran­tIn­nen und linke Ju­gend­li­che, auf Ge­werk­schaf­te­rIn­nen und po­li­tisch ak­ti­ve Men­schen, auf al­ter­na­ti­ve Buch­lä­den und auf Par­tei­bü­ros, auf Knei­pen und Ver­an­stal­tun­gen, auf Woh­nun­gen von An­ti­fa­schis­tIn­nen gehen wei­ter und neh­men an Bru­ta­li­tät zu. Aufruf bei Redglobe. Mehr Informationen.

Glanzlichter: Vera hat die 75. Ausgabe ihrer Linktipps unter anderem mit Elenas Tod, echte Menschen und ein Luxusgut veröffentlicht. Glückwunsch!

Sommerkino: Finally Got the News

Der Film beginnt mit einer beeindruckenden Montage zur Geschichte der  Sklaverei, der Herausbildung der Arbeiterklasse und der zentralen  Bedeutung von schwarzen Arbeiterinnen in der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA, ganz besonders in der Detroiter Automobilindustrie der 1960er Jahre. Über die Darstellung der rassistischen Arbeitsverhältnisse und der Fabrikkämpfe dagegen werden die Notwendigkeit der Errichtung und die lehrreichen Methoden einer unabhängigen schwarzen Arbeiterorganisation sichtbar.

27. Juli 2011 21:00 bis 23:00 im AZ Köln

The League of Revolutionary Black Workers | USA 1970 | 55 min | OmU | 21 Uhr



Flyer mit den weiteren Filmen im Sommerkino.

Überwachung, Prävention und Protest

Buchvorstellung mit Peter Ullrich: Überwachung, Prävention und Protest

Im Vortrag werden aktuelle überwachungskritische Proteste kurz dargestellt und das sie tragende Spektrum analysiert. Wo gibt es Konflikte, Widersprüche, Probleme? Welche unterschiedlichen Erfahrungen und Vorstellungen treffen aufeinander? Wer wird in der Protestbewegung vertreten und wer vergessen? Welche Ziele werden angestrebt und wie kann man sie erreichen? Diese und andere Fragen des Bandes werden, bebildert durch Protestplakate und -symbole, dargestellt. Auch soll es darum gehen, wie sich durch aktuelle neosoziale Regierungstechniken wie Aktivierung und Prävention die Bedingungen für Protest grundlegend wandeln. Dies wird am Beispiel von Videoüberwachung, Krankheitsprävention und anderen Subjektivierungstechniken und -diskursen erläutert.

Die Veranstaltung findet am Donnerstag den 21.07.2011 im DemoZ Ludwigsburg statt und beginnt um 19.00Uhr.

Buchvorstellung und Vortrag mit Peter Ullrich (Soziologe, Uni Leipzig, Ex-Leipziger Kamera, Autor und Co-Herausgeber) über "Kontrollverluste Interventionen gegen Überwachung"

Erschienen bei Unrast, Münster 2009


Carlo Giuliani wurde ermordet von meinen Feinden

Carlo Giuliani
Am heutigen 20. Juli vor zehn Jahren starteten die Carabinieri und weitere Ordnungskräfte während der Demonstrationen gegen den G8 Gipfel in Genua 2001 eine Reihe von Attacken, die mit dem Angriff auf den genehmigten Demonstrationszug in der Via Tolemaide endeten. Die letztere Attacke schnitt den 15.000 DemonstrantInnen jeden Fluchtweg ab. Dies war der Beginn der Ereignisse auf der Piazza Alimonda, die zum Mord an Carlo Giuliani führten.

Carlo Giuliani ist die Verkörperung der Schmerzen, die Tausende von Menschen jeden Tag erleiden - als Konsequenz einer ungerechten und kriminellen Gesellschaftsordnung - die Verkörperung des Todes als Instrument der Herrschaft der Mörder, die unseren Planeten regieren. Carlo Giuliani ist mein eigener Tod und meine eigene Hoffnung .

Carlo Giuliani wurde ermordet von meinen Feinden.

Carlo Giuliani ist die Verkörperung der Schmerzen, die Tausende von Menschen jeden Tag erleiden - als Konsequenz einer ungerechten und kriminellen Gesellschaftsordnung. Sein Körper - verstreut zwischen der Stille und den Schreien - hat uns erlaubt, die vielen anderen Tausende zu sehen, die jeden Tag fern von Kameras und Fernsehen sterben. Der Unterschied ist der, daß er anklagen konnte - und er tat es. Carlo Giuliani ist die Verkörperung des Todes als Instrument der Herrschaft der Mörder, die unseren Planeten regieren. Carlo Giuliani ist mein eigener Tod und meine eigene Hoffnung. Sein Blut hat die Erde bedeckt und ist eingedrungen in das Netz, bis es alle erreicht und unsere Wut nährt.

Carlo Giuliani ist mein eigener Tod. Carlo Giuliani ist meine eigene Hoffnung.

Veröffentlichung von La haine. Übersetzung: Arbeiterfotografie. Siehe auch die Einträge bei Anarchopedia und Wikipedia

Am 1. Mai 2011 wurde am Berliner Bethaniendamm eine Grünfläche nach Carlo Giuliani benannt. Dazu gibt es auch eine Erklärung:

10 Jahre nachdem Carlo Giuliani von der italienischen Polizei erschossen wurde, eröffnen wir den Carlo Giuliani Park in Berlin Kreuzberg. Dieser Park soll ein Freiraum sein, der den Menschen gehört, ein Ort der Begegnung und des Respekts –“ ein Park ohne Konsum- und Leistungsterror, ohne Sicherheitswahn und Überwachung. In Berlin gibt es kaum noch Plätze wo wir sein können, ohne Geld ausgeben zu müssen, ohne Kunde zu sein oder sich wie auf einem Laufsteg vorzukommen. Warum? Wer hat die Plätze gestohlen? Wer hat die Kultur, den Sinn für Musik, Kunst und Gemeinsamkeit gestohlen? Wer hat unsere Stadt gestohlen? Es sind die Verantwortlichen für Privatisierung und Kommerz, die Profitstrategen des freien Marktes, die Ingenieure des grauen Alltags.

Der Name Carlo`s soll uns erinnern und gleichzeitig nach vorne schauen lassen, uns Mut und Kraft geben weiterhin für eine Welt zu kämpfen, in der Unterdrückung, Naturzerstörung, Krieg und das Wettrennen an den Börsen der Metropolen ein für alle Mal Geschichte sind.

Vor 10 Jahren haben wir uns mit hunderttausenden Menschen aus der ganzen Welt in Genua getroffen um den selbsternannten Repräsentanten des globalen Nordens, den so genannten „G8“ unser „NEIN!“ entgegen zu schleudern. Unser „NEIN!“ zu ihrer Plastikwelt, die alles zu Waren macht, an der die Menschen nur noch als ProduzentInnen des Reichtums für einige Wenige teilnehmen dürfen. Unser „NEIN!“ zu einer Welt, auf der nur ein kleiner Teil der Bevölkerung das Recht auf Ernährung, Bildung und körperliche wie psychische Unversehrtheit hat. Unser „NEIN!“ zur tödlichen Logik des Kapitalismus.

Denn unser „NEIN!“ vereint und stärkt uns!

Unser "NEIN!", überquert Grenzen, schmuggelt sich an Zollbehörden vorbei, überwindet die sprachlichen und kulturellen Unterschiede, und vereinigt den ehrlichen und noblen Teil der Menschheit, der auch, und das darf man nicht vergessen, ihre Mehrheit ist. Unser „NEIN!“ braucht keine Genehmigung, keine Partei und auch kein Hoffen auf eine höhere Gewalt.

Denn unser „NEIN!“ ist das „JA!“ zum Leben, zur Kollektivität, denn wir glauben an Solidarität und Schönheit –“ unser „NEIN!“ ist der Mut zur Utopie!

Wir, die wir uns in Genua trafen, waren geeint durch die Hoffnung und die Entschlossenheit für eine andere Welt zu kämpfen. Inspiriert durch die zapatistische Bewegung, die 1994 „eine andere Welt ist möglich“ ausrief. Wir waren Teil der Proteste von Seattle und Prag, der Weltsozialforen und unserer jeweiligen lokalen Kämpfe. Die Antwort der Herrschenden in Genua war klar: Auf die Köpfe, die sie nicht erobern konnten mussten sie einschlagen, die lauten Stimmen für eine andere Welt sollten zum Schweigen gebracht werden. Carlo wurde erschossen. Tausende wurden verletzt, verhaftet und gefoltert. In Bolzaneto, in der Diaz Schule, auf den Polizeistationen, im Gefängnis Marrassi. Wir haben nicht vergessen, und wir stehen noch immer hier!

Das, was damals schlecht war, ist heute noch beschissener. In atemberaubender Geschwindigkeit exportieren Sie Kriege, Klimakatastrophen und Börsencrashs. Unsere Hoffnung, dass sich dieses System selber zu Fall bringen würde, erfüllte sich bislang leider nicht. Eine Minderheit habsüchtiger Krimineller hat dem Rest der Menschheit und der ganzen Erde den Krieg erklärt. Wir erleben derzeit eine nukleare Katastrophe, für die die Mächtigen der Welt verantwortlich sind. In ihrem Profitwahn hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung, die Teile unseres Planeten unbewohnbar macht.

War vor 10 Jahren unser „NEIN!“ richtig, so ist es das heute erst Recht!

Allerorts formiert sich neuer Widerstand. Weltweit gehen die Menschen auf die Strasse und lassen sich nicht länger mit den ihnen zugewiesenen Zuschauerplätzen am Rande der Geschichte abspeisen. Der Hunger nach sozialem Umbruch und Würde ist da. Wir sind da!

„Man sagt uns, daß es sich bei der Globalisierung um einen unvermeidlichen Prozess handle, der wie die Schwerkraft wirke. Darauf antworten wir: Dann müssen wir eben die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft setzen.“


Subcomandante Marcos / Chiapas

Es lebe die Rebellion, die "NEIN!" sagt!

Tod dem Tod!

Genova Libera –“ Berlin Kreuzberg 2011

Reck-Malleczewen (1884-1945): Widerstand aus Massenfeindschaft - ehrenhaft und verhängnisvoll (Zum 20.Juli)

Anmerkung zum Recycling (Erstveröffentlicht bei stattweb am 18.Juli 2008): Der Mut eines jeden, der widerstand, ist bewundernswert. Nicht immer alle seine Meinungen.

An einen ganz Vergessenen soll an dieser Stelle erinnert werden. Reck-Malleczewen, aus ostpreußischer Adelsfamilie, Offizier, Arzt, Gutsbesitzer. Am Ende in Bayern als Preußenfeind und fanatischer Anhänger der Wittelsbacher-Dynastie noch 1945 nach Dachau eingeliefert, wo er starb.

Um es vorwegzunehmen: das Hauptmotiv seines Hasses auf das Nazi-Systems war Angst vor und Hass gegen das, was ihm als wühlende und wimmelnde Masse vor Augen stand.

Sein einziges äußeres Hervortreten gegen den Nazismus, wie er ihn verstand, war das Buch “Bockelson– (1937) - über die Wiedertäufer in Münster.

Als wissenschaftlich gemeintes Geschichtsbuch, mit vielen ernsthaft untersuchten Details erschienen, mit dem geheimen Sub-Text: in dem Delirium der Wiedertäufer am Ende sollt ihr - vorweggenommen - das Ende der Hitler und Goebbels erkennen. Das Buch wurde nach gewisser Zeit verboten. Reck-Malleczewen beschränkte sich - ein anderer Klemperer - aufs Tagebuchschreiben. Nur dass ihm dessen unbestechliche Genauigkeit fehlt, trotz wesentlich größerer Informationsquellen. Er fällt auf alle Latrinenparolen hinein, wenn sie nur seinem Hasswunsch entsprechen

Die Massen also sind schuld. Mit Spengler und mit einem nicht weiter bekannten Privatdozenten unterhält sich der Tagebuchschreiber. Die Dialogpartner verstehen Masse als Produkt einer reinen Mengenvermehrung, diskutiert wie heute die “demographische Explosion–, nur dass die von diesen konservativen Denkern erbittert abgelehnt, als Unglück betrachtet wird. Die rein numerische Erklärung reicht Reck-Malleczewen nicht aus für seinen Ekel und seine Empörung. Es geht ihm peinlicherweise um dasjenige, das auch seine Feinde - die Nazis - und schon ihre Vorgänger als Entartung geißelten.

“Der große Goethe hätte sein Werk verbrannt, hätte er jene Zeit geahnt, da man auch den Herybert Menzel und den Joseph Magnus Wehner als Dichter feiern würde, Friedrich hätte bei Kunersdorf den Tod nicht nur gesucht, sondern ihn ganz bestimmt auch gefunden, hätte er jene schamlose und als deutsches Schandmal zu erhaltende Plakette vorausgesehen, die ihn Seite an Seite mit einem möblierten Zimmerherrn aus der Münchner Barerstraße zeigt– [Zimmerherr = Untermieter, einer der erbittertsten Vorwürfe des Gutshausbewohners gegen Hitler] ... Ich bin weit davon entfernt, mit dieser Verschlammung und Verschlackung hoher Begriffe nur an die Nazis und den deutschen Termitenhaufen zu denken. Ich sehe, wie fast in allen Ländern der Troglodytismus [=Höhlenmenschentum] die letzten Inseln einer Kultur bedroht und wie fast allenthalben, England in seiner stoischen Haltung vielleicht ausgenommen, die Bedrohten, als stünden sie vor einem unabwendbaren Fatum, zur Kapitulation bereit sind, die sie doch durch Bekenntnis und Martyrium jederzeit abwenden könnten! Wo es sich doch nicht mehr, wie einst im Jahre 1789, um eine notwendige Evolution... wo es sich doch schließlich nur um einen Aufstand der Entarteten handelt und wo eigene Härte und Festhalten am Geist... wo nötigenfalls selbst das Martyrium den Ansturm der Bakterien aufhalten könnte– (S.140 f, Eintrag Januar 1942)

Die Sprache des Nazi ist die seines Kritikers geworden. Nur, dass er die Nazis selbst zu den Entarteten rechnet. Aber die Kategorien bleiben die gleichen.

Das Aussichtslose einer solchen Kritik liegt offen. Das Schlimme nur: Gerade diese Art Kritik an der Vermassung überlebte 1945 sehr lange. Noch die Geschichtsbücher, die mir nach 1961 als Lehrer zur Verfügung standen, erklärten alles mit den Massen, ihrer Verführbarkeit, ihrer Neigung zum rauschhaften Zusammentreten nach dem Befehl großer Männer.

Es ist sehr merkwürdig, aber muss gesagt werden: Es bedurfte eines richtigen Purzelbaums in sozialistischere Zeiten, als auf einmal das Wort von den “Massen– im bejubelnden Sinn auftauchte - “Heran zu den Massen– usw.

Dem Reck-Malleczewen hat seine manische Verachtung der Massen natürlich auch- und nebenbei- den Blick geschärft für die komische Anmaßung derer, die sich für nordische Wikinger und Nachfahren der salischen und staufischen Ritter hielten, und dabei über den Geschmack von Emporkömmlingen nie hinauskamen. Nur hat er das Wesen dessen, was er fürchtete und verachtete, nie verstanden.

Was er an den Leuten als Massenhaftigkeit verurteilte , war keine Natureigenschaft, keine Erkrankung. Es war Folge der Atomisierung, der Auflösung aller traditionellen Bindungen. Verstärkt in der Zeit des Nazismus durch die terroristische Unterdrückung und Umlenkung jeder kritischen Kommunikation zwischen den Leuten.

Marxismus, den Reck-Malleczewen und die Theoretiker nach 1945 für einfach noch einmal ein Blubbern der morastigen Massen hielten, war und bleibt der Versuch, die Atomisierten nach ihren Interessen neu zu ordnen, sie im Kampf zu gliedern und ihnen im Verlauf der Auseinandersetzungen eine eigene neue Stimme zu verleihen.

Reck-Malleczewen blieb nach dem Krieg fast vergessen. Zwei Versuche, seine Bücher noch einmal unter die Leserschaft zu bringen, endeten umweglos im Ramsch.

Aber die Denkweise dieses Unglücklichen beherrschte die ersten Jahre nach dem Krieg. Noch das unverhohlene Misstrauen gegen Referendum oder Volkswahl des Präsidenten bei den Verfassungsdiskussionen 1949 entspringt genau dieser Massenverachtung. Die so von den anderen sprachen, erwarben damit gratis ein Elitebewusstsein. Schuld am Krieg und an der Shoah waren immer die anderen. Der verkommene Führer und die grölenden Haufen, die ihm nachliefen.

Wir haben im Rahmen von stattweb von Ernst v.Salomon gesprochen, von Best und von Meinecke. Sie alle haben eines gemein. Sie sortierten das Gedankengemenge des Nazismus, nahmen ein Stück heraus und versuchten von diesem aus, sowohl das Vergangene maßvoll zu verurteilen, und zugleich von dort eine Brücke zu bauen in die Adenauerzeit der Westbindung und der Anspruchsermäßigung, was Weltherrschaft anging. Die musste damals wieder einmal ein paar Jahrzehnte warten.

Die Massenverachtung eines Reck-Malleczewin ist zwar nicht über ihn selbst, aber als Denkweise dieser Art zu einer der schlimmsten Brücken gewesen zwischen 1945 und 1955.

Quelle: Reck-Malleczewen: Tagebuch eines Verzweifelten. 1947/1966

Blogkino: Something to Sing About (1937)

Mit dem Film "Something to Sing About" von 1937 beschließen wir unsere dreiteilige Blogkino Reihe von Filmen mit James Cagney als Hauptdarsteller: Ein New Yorker Bandleader (James Cagney) reist nach Hollywood, nachdem er einen Knebelvertrag mit einem Studio angeboten bekam. Er will jedoch sein eigenes Ding durchziehen...

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