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Blutiger Donnerstag: Eltern klagen an und weisen die Vorwürfe gegen sie und ihre Kinder zurück

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Unter dem Motto „Bildung statt Prestigebahnhof“ sind 2.000 Schülerinnen und Schüler am 30.9.2010 auf die Straße gegangen. Die friedliche Schülerdemonstration wurde durch einen brutalen Polizeieinsatz im Mittleren Schlossgarten beendet.

Unsere Kinder und wir sind von den Ereignissen schockiert. Kinder von uns sind unter den bis zu 400 physisch Verletzten. Hinzu kommt die seelische Verletzung bzw. Traumatisierung unserer Kinder.

Manche von uns waren Augenzeugen des brutalen Polizeieinsatzes im Schlossgarten.

Wir widersprechen entschieden den Darstellungen der Polizei und der Landesregierung über die Ereignisse an diesem Tag. Wir halten fest, dass die Gewalt im Schlossgarten ausschließlich von der Polizei ausgegangen ist. Das sind aus unserer Sicht die Fakten:

• Die genehmigte Schülerdemonstration wurde von der Polizei von Anfang an behindert. Der zugewiesene Ansprechpartner der Polizei war für die Organisatoren der Schülerdemo nicht präsent und telefonisch nicht erreichbar.
• Der Lautsprecherwagen wurde von der Polizei auf der Schillerstraße eingekeilt. Die Demoorganisatoren konnten nur noch mit Megaphon zu den Schülern sprechen.
• Schüler, die mit einer Sitzblockade die Absperrung des Schlossgartens zur Fällung von Bäumen verhindern wollten wurden mit brutaler Gewalt weggeschleift.
• Schüler, die ein Polizeiauto bekletterten wurden mit unglaublicher Härte heruntergeholt. Einem Schüler wurde z.B. der Fuß verdreht.
• Von kürzester Distanz wurde Pfefferspray gegen die friedlichen Demonstranten eingesetzt
• Das Wasser der Wasserwerfer wurde mit Tränengas versetzt.
• Der Wasserdruck wurde auf die Höchststufe 20 bar eingestellt. Dies ist nur erlaubt, wenn Fahrzeuge und Polizisten angegriffen werden.
• Einem Rentner, der sich schützend vor die Schüler stellte, wurde ein Auge ausgeschossen und das andere schwer verletzt.
• Ein Jugendlicher wurde mit einem Wasserwerfer aus einem Baum geschossen
• Auch auf Schüler, die nicht an der Blockade beteiligt waren und weiter entfernt standen, wurde mit Wasserwerfern geschossen.
• Schüler wurden zu Boden gestoßen, mit Faustschlägen und Schlagstöcken malträtiert.
• Schüler und Erwachsene, die sich gegenseitig halfen und schützten, wurden brutal attackiert
• Es waren vier bis fünf mit gelben Warnwesten und der Aufschrift „Polizei“ bekleidete Männer als agent provocateurs eingesetzt, um Jugendliche zur Gewalt anzustiften. Die Jugendlichen sind darauf nicht eingegangen.

Für alle diese Vorkommnisse gibt es Augenzeugen und Videofilme.

Trotz dieser Faktenlage und obwohl das Innenministerium die Behauptung, die Schüler hätten Gewalt angewandt, kurz nach der Veröffentlichung am 30.9.2010 wieder zurückgenommen hat, behaupten Polizeipräsident Stumpf, Ministerpräsident Mappus, Innenminister Rech und andere Politiker weiter, die Schüler hätten mit Pflastersteinen, Flaschen und Kastanien geworfen.

Da an dem Tag aus verschiedenen Richtungen ständig von der Polizei gefilmt wurde, dürfte es nicht schwer sein, Beweise zu liefern, wenn es sie gäbe. Die Sache ist klar: es gibt für diese dreisten Behauptungen keine Beweise. Deshalb konnten sie bei der Pressekonferenz der Polizei am 5.10.2010 nicht vorgelegt werden.

Wenn Polizisten durch Pfeffersprays verletzt wurden, dann durch ihre eigenen Kollegen. Wenn Polizisten von Kastanien attackiert wurden, dann deshalb weil die Kastanien durch Wasserwerfer aus den Bäumen geschossen wurden und mit entsprechender Wucht auf Polizisten und Demonstranten knallten.

Selbst wenn Schüler mit Kastanien, Flaschen und Steinen geworfen hätten, wäre dies keine Rechtfertigung für den Einsatz von Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken. An den Schulen gibt es ein System der Streitschlichtung, bei dem unseren Kindern Gewaltvermeidung beigebracht wird. Im Gegensatz dazu sagen unsere Politiker jetzt, dass der Wurf einer Kastanie oder eines Steins mit Schlagstöcken, Wasserwerfern und Pfefferspray beantwortet werden müsste. Ist das die Vorbildfunktion für unsere Kinder?

Wir wehren uns auch gegen den Vorwurf wir Eltern würden unsere Kinder als „menschliche Schutzschilde“ instrumentalisieren.

Der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, hat z.B. erklärt:

„Ich finde es unverantwortlich von Müttern und Vätern, dass sie ihre Kinder nicht nur mitnehmen, sondern auch in die erste Reihe stellen.“


Für wie blöd halten diese Politiker eigentlich uns Eltern und für wie blöd halten sie unsere Kinder?

Umgekehrt gibt es eine Instrumentalisierung für Stuttgart 21, wenn

• in Erdkundebüchern offen Stellung für S 21 bezogen
• Schulen von der Stadtverwaltung Briefe erhalten, dass sie doch bitte Schulausflüge in die Propagandaaustellung für Stuttgart 21 im Turmforum machen sollen
• in der Schulferienbetreuung Besuche in der Ausstellung stattfinden sollen.

Die Schüler, die am 30.9.2010 gestreikt und demonstriert haben, haben das aus eigenem Entschluss und zum Teil mit großem Mut gegen angedrohte Repressalien von Schulleitern oder wie im Fall des Daimler-Gymnasiums gegen Polizeieinschüchterung getan.

Im Übrigen weisen wir darauf hin, dass es für das Demonstrations- und Widerstandsrecht kein Mindestalter gibt.

Alle Erwachsenen, die bei der Demonstration dabei waren, konnten erleben, dass die Schülerinnen und Schüler aus Überzeugung gehandelt haben. Sie haben ihr positives und engagiertes Verhältnis zu Natur und Umwelt unter Beweis gestellt, indem sie sich der Abholzung des Mittleren Schlossgartens in den Weg gestellt haben. Wir Eltern sind deshalb stolz auf unsere Kinder und diese Schülergeneration. Wir bestätigen den demonstrierenden Schülern und den Organisatoren der „Jugendoffensive gegen Stuttgart 21“ große Besonnenheit gegenüber der Polizeiprovokation. Schüler unter 16 Jahren und Schüler, die die Situation nicht aushalten wollten und konnten, wurden von den Streik- und Demoorganisatoren mehrmals verständnisvoll aufgefordert, sich von der Blockade zurückzuziehen.

Wir werden uns mit Anzeigen und allen anderen möglichen juristischen Mitteln gegen den Polizeieinsatz am 30.9. zur Wehr setzen.

Wir fordern:
• Schluss mit der Lüge, dass die Gewalt am 30.9.2010 von den Schülern ausgegangen sei.
• Schluss mit dem Vorwurf, Eltern würden ihre Kinder instrumentalisieren
• Die Veröffentlichung der Polizeivideos vom 30.9.2010.
• Auskunft über die Identität und Funktion der Männer mit gelben Warnwesten und der Aufschrift „Polizei“
• Gegenüberstellung der verletzten Schüler und Erwachsenen mit den Polizisten, die sie verletzt haben,
• Einen unabhängigen Untersuchungsausschuss über die Ereignisse im Schlosspark mit Vertretern der Jugendoffensive, Parkschützern, Aktionsbündnis, Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten
• Angemessene Schadensersatzzahlung an alle Verletzten durch das Land Baden Württemberg
• Keine Disziplinierung von Schülern und Lehrern, die an der Demonstration teilgenommen haben.
• Alle Schulbücher und Unterrichtsmaterialien mit Werbung für S 21 müssen aus dem Verkehr gezogen werden.
• Schulen und Ferienbetreuung dürfen nicht mehr aufgefordert werden, mit Schulklassen die S-21-Ausstellung im Turmforum zu besuchen.
• Demokratische Diskussionen mit Befürwortern und Gegnern von S 21 an allen Schulen, damit sich alle SchülerInnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer selbst eine Meinung bilden können.
• Rücktritt von Polizeipräsident Stumpf, Innenminister Rech und Ministerpräsident Mappus. Sie tragen die Verantwortung für die Gewaltexzesse und die Verletzten im Schlossgarten.

Eltern von Schülerinnen und Schülern, die am 30.9.2010 bei der Schülerdemonstration beteiligt waren. Einige von uns sind selbst Zeugen der Ereignisse.

Kontakt: Ursel Beck, Terrotstr. 33, 70374 Stuttgart,
ursel.beck@gmx.de, Tel. 0711/38073372
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