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Demos in Athen: Angriff aus dem Nullpunkt

Es mag gerade ein Jahrhundert her sein, da berichtete eine Frau von einem südöstlich gelegenen Land, dass die dortige Regierung der Deutschen Bank - und indirekt damit dem Deutschen Reich - die größte Hafenverwaltung abgetreten hatte mit Übereignung aller Gebühren und Einkünfte. Dass die dortige Regierung weiterhin - vor- und hilfsfinanziert durch die Deutsche Bank - dieser den Bau weitreichender Bahnanlagen übertragen hatte. Zur Vorfinanzierung war für jeden ausgebauten Kilometer eine Garantiesumme aus einheimischen Steuern vereinbart worden- so dass die weitgehend agrarisch arbeitenden Steuerzahlenden zwar immer ärmer wurden, für die Vorfinanzierer aber keinerlei Risiko erwuchs. Nicht unerwähnt ließ die Korrespondentin auch den zurückhaltenden Beifall der SPD im Reichstag, die zwar den aus Preußen importierten Kommiss-Ton beklagte - aber unsere Wirtschaft, schließlich, immerhin, der diente das, letzten Endes....

Ohne weitere Scham und Zurückhaltung nannte die Korrespondentin das Ensemble von Vorgehensweisen und Strategien "Imperialismus". (Rosa Luxemburg: Juniusbriefe. Kapitel IV: Die Türkei)

Damit erregte sie zur Zeit der Veröffentlichung noch das geringste Aufsehen. Bei uns daheim stand ein in den zwanziger oder dreißiger Jahren herausgekommener Band der Propyläen-Weltgeschichte mit dem Titel "Zeit des Imperialismus". Ohne jeden Anflug von Tadel - es sollte sich um eine längstüberwundene abgebüßte - als Verirrung eingesehene - Epoche handeln.

Hundert Jahre nach der Erstveröffentlichung wirkt der Bericht allerdings wieder unangenehm aktuell. Er stammte damals von Rosa Luxemburg, die vorsichtshalber das Pseudonym "Junius" wählte. Der erwähnte - dort lang zitierte SPD-Mann hieß David.

Was damals Türkei, heißt heute Griechenland. Wenn erst dort endlich der Hafen und sämtlicher sonstige Besitz verkauft sein wird und die meisten Banken ihre faulen Kredite abgestoßen haben, wird wohl endlich zum "haircut" geschritten- und das zeternde Volk seinem Schicksal überlassen. Alles wie damals - nur dabei von "Imperialismus" zu reden gilt inzwischen als schamlos. Arbeiten beim Häuten und Schinden Griechenlands nicht ausschließlich alle erzdemokratischen Mächte zusammen? Die nur ein einziges Ziel haben: Helfen - wo es geht.

Die Gegenwehr wirkt auf den ersten Blick hilflos. Wie in Ägypten oder Spanien sammeln sich Tag für Tag Leute vor dem Parlament, besetzen den Platz. Sammeln sich in zwar lauter, aber zunächst vorschlagloser Präsenz. Und wollen sich einfach nicht vertreiben lassen.

Die schlauesten Zeitungsschreiber und Fernsehjournalisten, die uns davon berichten, erwähnen unweigerlich, dass die versammelten Massen nur die Unzufriedenheit gemeinsam haben. Die Wut gegen das Hinuntergetreten werden. Sie haben keine Vorschläge. Nicht die berühmte "Alternative", deren Fehlen auch unsere Bundeskanzlerin so bedeutungsvoll feststellte. Sie haben nichts. Nichts - als das Dagegen-Sein.

Und das soll reichen? Höhnischer Chor aus "Zeit" -"Welt" und "Frankfurter Rundschau"! Antwort: Es reicht als immer noch stumme Drohung, als potentielle Gewalt der Auflehnung. Sagen wir es geradeheraus: Auch der Zerstörung.
Hinzu kommt offenbar - wie vor ein paar Jahren in Argentinien - die Entwicklung einfacher Tausch-Formen, die zwar niemals endgültig aus der Geldwirtschaft heraushelfen werden, die aber für eine Zeit des Übergangs dazu beitragen können, die Erpressung der Gläubiger ins Leere laufen zu lassen. Hinzu kommen - dazu gibt es einige Berichte - Abwanderungen ins verlassene Land, in leerstehende Bauernhöfe.

Darin steckt Drohung. Drohung gegenüber den ausbeutungswilligen Banken und Großfirmen, die sich die Beute verteilen wollen. Was nützt ein Flughafen, aus dem nur noch wenige abfliegen? Was der Besitz einer Bahn, die sich niemand mehr leisten kann?

Durch langes Training haben wir uns angewöhnt, im Grunde nur den Ausstand der produktiven Arbeiter als wirkungsvolles Kampfmittel anzusehen. Streiks - und möglicherweise Generalstreik. Das Instrument hat in Ländern wie Griechenland immer noch Stoßkraft. Für sich allein aber nicht genug. Einmal weil es offenbar nur noch wenig Betriebe gibt, deren Stillstand schmerzliche Verluste für die Inhaber bedeuten könnte. Dann aber - und vor allem - weil Arbeit sich inzwischen weltweit so sehr aus den Hallen der Fabrik entfernt hat, ins Freie getreten ist, dass auf jeden Fall andere Mittel nötig werden, um den ausbeutenden und zusammenfassenden Organisatoren der Arbeit das Handwerk zu legen. Die nötigen Vermittlungsfäden zu zerschneiden.

Es mag gut sein, dass der derzeitige Amtsinhaber der Staatsgeschäfte Papandreou heute abend seine Vertrauensfrage noch einmal gewinnt. Und damit - für seine Auftraggeber in Brüssel und Berlin - die Vollmacht, Staatsausgaben und Verkäufe ganz ohne weitere Mitwirkung des Parlaments zu bestimmen. Das alles wird ihm und seinen Hintermännern aber nichts nützen, wenn ihnen der Ausbeutungsapparat - genauer: die staatliche Armierung desselben - unter den Händen zerbröselt. Noch eine Militärdiktatur nach derjenigen der siebziger Jahre? Die wird nicht einmal den schwachen Rückhalt von damals mehr bekommen können von USA und ihren Hilfskräften!

Erst dann werden sich neue Zusammenschlüsse bilden können.

Zugegeben: Ein wenig schlottert doch jede und jeder, wenn von Angriffen auf Amtsgebäude und Luxus-Geschäfte berichtet wird, wie sie - im Rahmen der Gesamtabwehr - unbestreitbar immer vorkommen und offenbar von breiten Massen toleriert werden.

Man erblickt nur das Zerstörende bei solchen Aktivitäten! Es war wohl Bakunin, der lange vor Schumpeter den Begriff der "schöpferischen Zerstörung" entwickelte. Bakunin freilich vor dem westlich orientierten Wirtschaftstheoretiker - im umfassenden Doppelsinn des Gedankens: wenn es nämlich "schöpferische Zerstörung" gibt, gibt es dann nicht auch "zerstörendes Schaffen"? Niederreißen, um Raum zu schaffen für etwas, das den handelnden Massen sich erst im eigenen Fortschreiten, Weitermachen erschließen wird.

Insofern: Solidarität mit allen Teilen der sich erhebenden griechischen Massen - vor und nach den Schlichen eines Papandreou!

Linke Israelis kritisieren die Partei DIE LINKE.

In einem Offenen Brief an die Fraktionsmitglieder der Partei DIE LINKE. kritisieren mehr als 100 israelische Aktivist_innen den Fraktionsbeschluss vom 7. Juli.

Die Parteimitglieder sind aufgefordert, stattdessen die globale Solidaritätsbewegung für die Rechte der Palästinenser_innen zu unterstützen, zu der sich auch die unterzeichnenden Aktivist_innen zählen.

Die Unterzeichner_innen machen darauf aufmerksam, dass die Solidarität mit dem palästinensischen Kampf für Unabhängigkeit und Gerechtigkeit auch im Interesse israelischer Staatsbürger_innen und aller jüdischen Menschen weltweit sei. Zu Unrecht stelle sich das israelische Establishment als einziger weltweiter Vertreter der Jüdinnen und Juden dar. Dies würde von der israelischen Regierung instrumentalisiert, Kritik an ihrer Politik als antisemitisch gleichzusetzen.

Der Offene Brief endet mit der Forderung, Solidarität mit Palästinenser_innen zu zeigen:
„Bekennt Euch zu einer offenen Diskussion über die verschiedenen Formen des Widerstands des Aktivismus und der Solidarität “.

Unter den Unterzeichner_innen, die in Dutzenden verschiedenen Organisationen und Initativen aktiv sind, sind die Professoren Gadi Elgazi und Sami Shalom Chetrit, die Filmregisseure Udi Aloni und Eyal Sivan, feministische Aktivist_innen der israelischen Frauenkoalition für Frieden wie Eilat Maoz und Dalit Baum, die Begründerin der Organisation „Physicians for Human Rights“ Ruchama Marton, Kriegdienstsverweiger_innen wie Matan Kaminer und Shimri Zameret, die zwei Jahren lang inhaftiert waren, und bekannte Aktivist_innen des gewaltfreien Widerstand gegen die Besatzung wie Adar Grayevsky und Ezra Nawi.

An die Fraktionsmitglieder der Partei DIE LINKE.

Wir, Linksaktivist_innen von verschiedenen Organisationen und Zusammenhängen aus Israel, kritisieren Euren Fraktionsbeschluss vom 7. Juli. In diesem Beschluss werden zwei grundverschiedene Themen vermischt, die demgegenüber dringend voneinander unterschieden werden müssen, um Antisemitismus in Deutschland und weltweit bekämpfen zu können. Darüber hinaus erhebt der Beschluss ungeheuerliche Anschuldigungen gegen die Zivilgesellschaft in Israel-Palästina und die internationale Solidaritätsbewegungen, die einen gerechten Frieden in unserer Region unterstützen.

Wir sind uns bewusst, dass Antisemitismus, ebenso wie Islamophobie und andere Formen von Rassismus, Sexismus und Homophobie, auch in der europäischen Linken verbreitet sind. Als Mitglieder der Partei DIE LINKE. ist es dringend notwendig, dass Ihr eine klare Stellung zu diesem Thema bezieht und wir unterstützen Eure eindeutige Verurteilung rassistischer und anti-jüdischer Aktivitäten, Ideologien und Diskurse.

Wir vertreten unterschiedliche Meinungen zu offenen Fragen und Strategien im israelisch-palästinensischen Konflikt; auch bezüglich jener Punkte, die Teil Eures Beschlusses sind: Die Ein-Staat-Lösung, die Kampagne für Boykott/ Desinvestitionen/ Sanktionen (BDS) und die unterschiedlichen Solidaritätsaktionen zur Durchbrechung der Belagerung des Gaza-Streifens, darunter die „Gaza-Flotilla“.

Nichtsdestotrotz sind wir überzeugt, dass keine dieser Aktionen oder Positionen grundsätzlich etwas mit Antisemitismus zu tun haben. Zu unterstellen –“ wie in Eurem Beschluss geschehen –“ dass eine offene Diskussion über diese Themen antisemitisch sei, ist ein Affront gegenüber einer globalen anti-rassistischen Bewegung, die sich gegen die illegale und brutale Politik des Staates Israel gegen die Palästinenser_innen in seinen anerkannten Grenzen, in den besetzten Gebieten und in der Diaspora wendet. Wir zählen uns selbst mit Stolz zu dieser Bewegung.

Wir glauben, dass die Solidarität mit dem palästinensischen Kampf für Unabhängigkeit und Gerechtigkeit nicht nur ein moralischer Imperativ, sondern auch im besten Interesse israelischer Staatsbürger_innen und aller jüdischen Menschen weltweit ist. Das israelische Establishment versucht, sich weltweit als einziger legitimer Vertreter der Jüdinnen und Juden darzustellen. Dieser Anspruch wird in Deutschland und Europa leider meist unhinterfragt akzeptiert. In den letzten Jahren bezeichnete die israelische Regierung zunehmend jede Kritik an ihrer Politik als antisemitisch und instrumentalisierte diese falsche Gleichsetzung, um jegliche politische Auseinandersetzung um die Besatzung zu unterbinden.

Wir bestehen darauf, dass Ihr auch zukünftig Eure klare Opposition zu Antisemitismus ausdrückt und fordern, dass Ihr Solidarität mit den Palästinenser_innen zeigt. Bekennt Euch zu einer offenen Diskussion über die verschiedenen Formen des Widerstands, des Aktivismus und der Solidarität und über die Vorschläge zur möglichen Beendigung des Konflikts, die auf Menschenrechten und Demokratie basieren! Wir glauben, dass sich diese Positionen in keiner Weise widersprechen sondern sich vielmehr zur besten und wirksamsten linken Perspektive zum Konflikt ergänzen.

Wir werden weiter unsere Opposition zu allen Formen von Rassismus und Unterdrückung ausdrücken und hoffen, dass Ihr Euren Beschluss überdenkt –“ damit wir gemeinsam für einen gerechten Frieden im Nahen-Osten arbeiten können.

Mit solidarischen Grüßen,
Noa Abend, Adar Grayevsky, Ezra Yitzhak NawiGadi Algazi, Ofir Raul Graizer, Ofer NeimanUdi Aloni, Benjamin Greisman, David NirRoey Angel, Anat Guthman, Norah OrlowEli Aronof, Amos Gvirtz, Hava OzDaniel Atai, Connie Hackbarth, Leiser PelesNitzan Aviv, Ran HaCohen, Shachaf PolakowDaphne Banai, Yasmine Halevi, Yael PolitiYossi Bartal, Yuval Halperin, Einat PudjarnyIlil Bartana, Sarrie Handel, Yisrael PutermanRoi BashaElisha Baskin, Iris HefetzShir Hever, Hili RazinskyMoshe RobasDalit Baum, Yael Kahn, Ben RonenYoav Beirach, Matan Kaminer, Yael RonenRonnen Ben-Arie, Liad Kantarowicz, Yehoshua RosinTamar Berger, Assaf Kedar, Timna RoseEitan Bronstein, Tal King, Assaf RonelEleanor Cantor, Yana Knopova, Dana RubinSami Shalom Chetrit, Felicia Langer, Assaf SegalHila Fanya Chipman, Moshe Langer, Daniel SheinfeldAlex Cohn, Carmi Lecker, Yonatan ShapiraSharona Cooperman, Gerardo Leibner, Mati ShemoelofAdi Dagan, Yael Lerer, Eyal SivanMaayan Dak, Adi Liraz, Kobi SnitzYossi David, Gabi Litman, Bilha Sündermann GolanUri Davis, Michal Livne Kaiser, Meira Tamir LotnerDaniel Dukarevich, Orit Loytar, Roy WagnerShiri Eisner, Eilat Maoz, Michael WarschawskyDror Feiler, Ruchama Marton, Yossi WolfsonTamar Freed, Anat Matar, Rotem YanivNeta Golan, Abraham Melzer, Sergio YahniBasi Goldstein, Esti Micenmacher, Kim YuvalUri Gordon, Nuria Montserrat, Shimri ZameretChaya Glazer, Regev Nathansohn, Yahav Zohar


Quelle: Pressemitteilung.
Mehr Information:
Einat Pudjarny (Englisch) 015784407903
Yossi Bartal (Deutsch) 01601186111

Erfolgreiche antifaschistische Kundgebung - "Nazis in Leonberg? Nicht mit uns!"

Kundgebung - Vertreter von Weiler schaut hin e.V.
Am Samstag, den 18 Juni 2011 von 18 bis 20Uhr hielt die Antifaschistische Initiative Leonberg (AIL) auf dem Leonberger Marktplatz eine Kundgebung unter dem Motto "Nazis in Leonberg? Nicht mit uns!" ab. Daran beteiligten sich zwischen 50 und 60 Personen.

Anlass der Kundgebung waren faschistische Übergriffe in und um Leonberg. Die Polizei war massiv vor Ort. Schon am Bahnhof standen mehrere Wannen und mindestens 10 Polizisten in Uniform. Die Besucher der Kundgebung, die aus Stuttgart mit der Bahn angereist waren, wurden von drei Beamten in Zivil begleitet, die nach dem Aussteigen Armbinden mit der Aufschrift „Polizei“ anlegten. Es kam allerdings weder vor noch auf der Kundgebung zu Repressionen gegen diese. Der Einsatzleiter informierte die Presse darüber, dass er nicht mit Problemen rechne und dass die Einsatzkräfte nur so massiv vor Ort seien um die Antifaschisten zu schützen. Dies Tat man dann wohl auch von oben.

Während der Kundgebung wurden drei Reden gehalten. "Weiler schaut hin e.V.", der AIL und dem Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) redeten über Faschisten in der Region und die Aktionen, die es gegen diese gab und geben wird. Trotz einsetzendem Regen wurden viele Flyer verteilt und Gespräche geführt.

In der Nacht vom 11. auf den 12. März 2011 wurde in der Nähe des Marktplatzes einem 17jährigen Antifaschisten von drei Neonazis mit einer Gaspistole aus kürzester Distanz ins Auge geschossen. Bis heute ist seine volle Sehkraft nicht wieder erreicht.

Der 21-jährige Haupttäter aus Ruthesheim war schon an dem Angriff auf eine antifaschistische Kundgebung am 17.7.2010 vor der Römergalerie beteiligt, bei dem Neonazis AntifaschistInnen mit Flaschen, Baseballschlägern und Reizgas angriffen.

Die Polizei sprach bei dem Angriff mit einer Gaspistole von einer Tat bei der "Alkohol eine Schlüsselrolle" gespielt habe. Auf das eindeutig faschistische Motiv wurde nicht weiter eingegangen.

Auf dem Marktplatz, aber vor allem in den Kneipen um diesen treffen sich regelmäßig Neonazis mit oftmals eindeutigen und offen getragenen Symbolen ihrer verbrecherischen Ideologie. Die Kundgebung sollte auf diese Problematik aufmerksam machen.

Die Kneipiers wurden in Form von offenen Briefen auf die Anwesenheit von Faschisten in ihren Kneipen hingewiesen und aufgefordert den Neonazis keine Entfaltungsmöglichkeit zu bieten und sie dem Lokal zu verweisen.

Diese Briefe wurden persönlich übergeben. Mit der „Treffbar“, der Gaststätte aus welcher der Angreifer in der oben genannten Nacht kam, wurde die Runde begonnen. Der Wirt kam vor die Tür und unterhielt sich auffällig offen und freundlich mit den Antifaschisten und sagte diesen zu, dass er bei sich keine Faschisten mehr dulden wolle.

Im allgemeinen wurde der Brief der AIL positiv aufgenommen und die Wirte sagten ihre Unterstützung der Aktion zu. Allerdings gab es auch andere Reaktionen. So meinte der Wirt der „My-Bar“ das es ja auch sein könne, dass er selbst ein Neonazi sei und begleitete die Überbringer des Briefes vor die Tür.

Die Wirtin des Irish Pub „Murphys Law“ sagte, sie dulde in ihrem Lokal jeden, solange er sich friedlich verhalte. Und man könne ja sowieso nicht sagen, wer „wirklich ein Nazi ist“. Und bei ihr sei es sowieso so, dass die Nazis „nur in kleinen Gruppen, zu zweit oder zu dritt“ bei ihr verkehren würden.

Die Wirtin des „Pssst...“ meinte, es gäbe in ihrer Gaststätte alles. Rechte, Linke, Schwarze und Weiße und „hier sind alle freundlich zueinander“.
Sie würde nicht auf den Brief eingehen und sie findet das ganze unnötig. Mit den Antifaschisten betrat ein Mann mit der deutschen Fahne als Schlüsselband das Lokal.

Trotz Regen und einem Straßenfest im Nachbarort war die Kundgebung gut frequentiert und auch die Übergaben der Briefe verliefen ohne Probleme. Die Polizei hielt sich erstaunlich zurück und man kann von einer gelungenen Veranstaltung sprechen.

Der offene Brief hat folgenden Wortlaut:

Sehr geehrte Frau XXXXXXXXX, Inhaberin der „Treffbar“, 

hiermit wollen wir Sie nocheinmal schriflich in Form eines offenen Briefes darauf hinweisen, dass sich regelmäßig Neonazis in Ihren Räumlichkeiten treffen und ihnen damit Platz geboten wird, ihre braune Propaganda und die menschenverachtende Hetze gegen all diejenigen, die nicht in ihr beschränktes Weltbild passen, zu verbreiten.

Erst im Sommer letzten Jahres wurde ein Infotisch der Antifaschistischen Initiative Leonberg (AIL), der vor der Römergalerie stattfand, von mehreren Neonazis brutal mit Bierflaschenwürfen, Baseballschlägern und Reizgas angegriffen.
Ein bekanntes Gesicht der aggressiven Angreifer, ist oft in Ihrem Lokal anzutreffen und auch auf den Bildern, die auf Ihrer Hompage veröffentlicht sind, mit offensichtlichen Nazisymoliken auf der Kleidung wiederzuerkennen. 
Kürzlich, am 17. Dezember.2010 wurde eine Gruppe bekannter Neonazis aus der Region in Ihrem Lokal angesprochen und darauf hingewiesen, dass sie nicht erwünscht seien. Darauf hin wurden diese Nazigegner rausgeschmissen und die Nazis durften in Ruhe ihr Bier weitertrinken.
Ganz egal wer so etwas duldet, sei es Wirt oder anwesender Gast, macht sich zum Wegbereiter für das braune Gedankengut der Nazis und erstärkt somit auch die rechte Szene.
Um Nazis und ihrem menschenverachtenden Gedankengut wirkungsvoll etwas entgegenzusetzen, muss auf allen Ebenen gehandelt werden, dazu gehört auch, ihnen keinen Platz in öffentlichen Räumen zu bieten und ihnen somit wenigstens teils den Nährboden zu entziehen.

Wenn man also nur aus Profitinteressen duldet und damit auch unterstützt, dass Nazis sich ungestört treffen können, macht man sich selbst zum Mittäter und sollte lieber auf die paar Euro verzichten. 
Außerdem stellen sie wegen ihrer Gewaltbereitschaft gegenüber MigrantInnen und Andersdenkenden ein ernormes Risiko für alle anderen Gäste dar und sind immer wieder für brutalste Schlägereien und Übergriffe verantwortlich.

Wir als Antifaschistinnen und Antifaschisten fordern Sie also auf, den Neonazis nicht weiterhin einen Platz zu bieten und sich öffentlich von ihnen zu distanzieren. Sie sind nicht dazu gezwungen, den Nazis Eintritt zu gewähren, sondern können von Ihrem Hausrecht Gebrauch machen. Schmeißen Sie die Nazis einfach raus!

Wehren Sie sich gegen die Nazis und lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass es für die braunen Schläger keine Akzeptanz gibt, weder auf der Straße noch in Ihrem Lokal.
Im Anhang haben wir Ihnen ein durchgestrichenes Hakenkreuz beigelegt, dass Sie sich an die Eingangstür hängen können, um klar Stellung zu beziehen, dass Nazis in Ihrer Kneipe nicht erwünscht sind und Sie sich ausdrücklich von Faschisten distanzieren.
Außerdem haben wir die bekanntesten Nazisymbole aufgelistet, damit Sie die Neonazis erkennen und sie direkt rausschmeißen können.

Alle anderen Kneipen auf dem Leonberger Markplatz wurden ebenso informiert und darum gebeten, Neonazis keinen Platz in ihrer Kneipe zu bieten.

Wir verstehen diesen Brief als einen offenen Brief, den wir an einige regionale Parteien, Zeitungen, Kneipen und Organisationen verschicken und im Internet veröffentlichen werden.


Antifaschistische Initiative Leonberg
Mehr Information:
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)
Antifaschistische Initiative Leonberg - AIL
Weiler schaut hin e.V.
Quelle: NiD

Was mir heute wichtig erscheint #276

Unterlegen: 140 Beschäftigte hatte der Automobilzulieferer Getrag Anfang 2009 auf Kurzarbeit gesetzt. 90 von ihnen wurden anschließend entlassen. Vier Betroffene wehrten sich jetzt vor Gericht gegen die Kündigung –“ zu Recht, wie ihnen die Kammer Ludwigsburg des Arbeitsgerichts Stuttgart gestern bestätigte. Mehr bei der LKZ

Untauglich: "Mit viel Tam-Tam und Presse hat die Bundesregierung –“ besonders Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, wobei der das aufgrund seiner kurzen Amtszeit nicht gebaut, sondern nur geerbt haben kann –“ das neue Cyber-Abwehrzentrum eröffnet. Überall in Presse und Rundfunk tönt es, wie gefährlich der Cyber-Krieg doch sei. (...)" Ein paar kritische Anmerkungen von Hadmut Danisch.

Kleingeld: Am 18. Mai 2011 wurde ein Antimilitarist, der im Sommer letzten Jahres die St. Eberhardskirche besetzt hatte, zu 15 Tagessätzen a 15 Euro –“ dazu kommen noch die Gerichtskosten - verurteilt. Er hatte mit anderen diese Aktion durchgeführt um zu verhindern, dass die Kirche für einen Militärgottesdienst im Zusammenhang mit einem Bundeswehr-Gelöbnis verwendet wird. Weiterlesen.

Eingesunken: Lutz Hausstein bei binsenbrenner mit einem Beitrag zum Vorwurf von Bahnchef Rüdiger Grube an die Adresse der Grünen von Ministerpräsident Kretschmann, diese betrieben „Volksverdummung“ und „Wählertäuschung“ bei S21.

Provokationen: Das Rote Blog mit einigen Fotos zum Naziaufmarsch in Dresden am 17.06.2011. Einmal mehr gelang es den Rechten ihren Aufmarsch nur unter Polizeischutz durchzuführen. Fazit: "Für die Zukunft müssen sich die Antifaschisten für diesen Tag eine bessere Strategie einfallen lassen." Siehe auch “heute wie damals– –“ Nazis lernen es nie bei den "alternativen Dresden News".

Abriss: Ob der Nachbar eines Bürohochhauses nahe der Frankfurter City genau wusste, was er tat, ist nicht überliefert. Er klagte jedenfalls als Anwohner gegen eine Baugenehmigung aus dem Jahr 2009, die dem Eigentümer die Genehmigung erteilte, besagtes Bürohochhaus in ein Hotel umzubauen. Beabsichtigt oder nicht, brachte er einen Stein ins Rollen, der noch in so manches Chefzimmer fliegen könnte. "Steht die Frankfurter Skyline vor ihrem Abriss?" bei "Eyes wide shut".

Stinksauer: Vor einem Jahr hätten zum Tag des Generalstreiks wütende Massen beinahe das griechische Parlament gestürmt. Am Rande der Demonstration gab es drei Tote. Konzepte waren damals nicht zu erkennen. Diesen Vorwurf kann man den “Empörten– von heute nicht mehr machen –“ wir sollten sie ernst nehmen. Die Wütenden Vom Syntagma. Selber Tag, anderes Land: "In Madrid ging die Bewegung 15M –“ so benannt nach den Demonstrationen unter dem Motto "Echte Demokratie jetzt!" am 15. Mai –“ am Mittwoch zur direkten Aktion über. Mehr als 1.000 Demonstranten verhinderten die Zwangsräumung einer Familie, die den Kredit für ihre Wohnung nicht mehr bezahlen kann." Blogbeitrag von Reiner Wandler. Trotz massiver Versuche, die Bewegung in Spanien zu diskreditieren, soll am Sonntag gegen den Euro-Pakt demonstriert werden, auch in Deutschland. Beitrag von Ralf Streck bei telepolis.

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Überleben: Bei uns verschwindet Fukushima aus den Schlagzeilen, doch in Japan strahlt der Reaktor bis in die letzten Winkel des Alltags aus. Lucy Fricke ist seit Mitte April in Kyoto.

Begrifflichkeiten: "Zur Rechtfertigung von Krieg und Besatzung pflegen die herrschenden Klassen der imperialistischen Staaten und ihre folgsamen Ideologen einen ganz eigenen Diskurs: Kriege gelten als »humanitäre« Einsätze, Städte werden bombardiert, um die »Zivilbevölkerung zu schützen«, der Feind wird zum kulturlosen »Barbaren« stilisiert, und Widerstand ist grundsätzlich »Terrorismus«. In seinem neuen Buch »Die Sprache des Imperiums« versucht der italienische Philosoph Domenico Lo­surdo Licht ins Dunkle des »Neusprechs« der Kriegstreiber zu bringen und, so der Autor im Vorwort des Bandes, einen »Beitrag zur Definition der zentralen Begriffe der heutigen Kriegsideologie« zu liefern." Die junge Welt veröffentlicht einen Auszug aus dem 8. Kapitel der Studie, um Fußnoten gekürzt.

Isoliert: "Breitenworbis ist ein 3500 EinwohnerInnen zählender Ort. Das Flüchtlingsheim mit ungefähr 1000 Bewohnern liegt weit entfernt. Bis zum einzig "nahen" Dorf Worbis sind es 6 km, bis nach Leinefelde sogar 10 km. Dorthin müssen die Bewohner jedes Mal, wenn sie reisen wollen, da sich dort der einzige Bahnhof in der Umgebung befindet. Am Wochenende fahren überhaupt keine Busse. Gerade dann aber wollen viele Flüchtlinge ihre Freunde oder Familien besuchen, weil die Zugtickets an Wochenenden billiger sind. So sind sie darauf angewiesen ein Taxi zu nehmen und 15 € für eine Strecke zu bezahlen - in der Nacht ist der Preis sogar noch höher. (...)" Bericht einer Delegation von The Voice AktivistInnen im Isolationslager. Siehe auch: "Brecht die Isolation! Schließt die Lager Breitenworbis und Zella Mehlis in Thüringen" bei thecaravan.org

Solidarität: Unterstützung für Casa Bertolt Brecht nötig

Zum Jahresende 2011 plant die Rosa-Luxemburg-Stiftung sich aus Uruguay zurückzuziehen. Damit einher ginge die Einstellung der Zusammenarbeit mit der Casa Bertolt Brecht (CBB), einem wichtigen politischen und kulturellen Zentrum in Montevideo.
Gegründet 1964 als Kulturinstitut der DDR in Uruguay überlebte es den Zusammenbruch der DDR. Beteiligt an der Gründung und noch immer dort aktiv ist der Antifaschist Ernesto Kroch, der vor dem Faschismus nach Urguguay floh und später während der Militärdiktatur nach Deutschland ins Exil ging.

Mit einem Offenen Brief [pdf] wenden sich die Aktiven der CBB an die Öffentlichkeit, um für Unterstützung gegenüber der RLS zu werben:

Liebe Freundinnen und Freunde der Casa Bertolt Brecht,

heute bitten wir euch um eure Hilfe in einer besonderen Angelegenheit:

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) hat uns mitgeteilt, sie wolle zum Jahresende die Zusammenarbeit mit der Casa Brecht einstellen und sich aus Uruguay ganz zurückziehen. Dies wäre nicht nur von grosser Tragweite für die künftige Arbeit und das Weiterbestehen der CBB; es bedeutete auch den Verzicht auf die Früchte vieler Jahre der Kooperation zwischen linken Kräften beider Länder.

Im Anhang zu dieser Mail findet ihr einen Appell, der als Offener Brief an die Leitungsgremien der RLS gerichtet ist, den geplanten Ausstieg aus der in Jahren gewachsenen Zusammenarbeit zu überdenken und zu korrigieren.

Dürfen wir dich, dürfen wir euch bitten, diesen Appell mit eurem Namen zu unterstützen? Wir wollen den Offenen Brief mit der Liste aller Mitunterzeichner_innen im persönlichen Gespräch mit den Verantwortlichen der RLS in Berlin übergeben. Das soll noch in diesem Monat geschehen; Überbringer wird Ernesto Kroch sein.

Zum Verfahren:

Wenn du den Offenen Brief mit unterzeichnen möchtest, dann sende uns bitte diese Mail zurück als Antwort, ergänzt um die Namen des oder der Mitunterzeichner_innen. Es wäre hilfreich, wenn wir die Namen binnen einer Woche, also bis zum Mittwoch, 22. Juni 2011 haben könnten. Wir machen daraus eine alphabetische Liste, die wir dem Text anfügen. Diese Endfassung wird dann natürlich auch allen Unterzeichner_innen zugeschickt.

Übrigens: Die Projektpartner der RLS in den Ländern des Cono Sur haben sich bei einem Treffen in Sao Paolo mit einer eigenen Stellungnahme an die Leitung der Stiftung gewendet und sprechen sich einmütig für die Fortsetzung der Arbeit mit und in Uruguay aus.

Wir freuen uns auf viele zustimmende Antworten und "Unterschriften".

Im Namen aller Aktiven in der Casa Brecht

Herzlichst
Albrecht Girle

Wer den Offenen Brief unterstützen will, sendet bitte eine Mail an info@casabertoltbrecht.org.uy - Betreff: Casa Bertolt Brecht braucht Mitunterzeichner für Offenen Brief.

Download:
Offener Brief an RLS [pdf]

Zuerst bei redblog erschienen

Völkisch denken! Burschenschaftler im Gefolge des Nazi-Chef-Denkers Best!

Wir wollen nicht gleich den Untergang Deutschlands beschwören - und des gesitteten Europäertums, das bei uns auch die mehr rechts gesonnenen Mitbürgerinnen und Mitbürger trainiert haben. Interessant ist es trotzdem, was inzwischen in fast allen Blättern aus den Kreisen der Burschenschaften gemeldet wird. Man hält die allesamt ja für rechtsgestrickt. Aber wenn unter denen schon mal was unangenehm auffällt... Da wollen offenbar ein paar härter Gesottene als andere den Verein ihrer Mannheimer Kameraden ausschließen, weil die - wegen sonst bewiesener tapferer Gesinnung und Vernarbung - einen Kommilitonen reulos aufgenommen haben und behalten wollen, der ganz offenbar chinesische Gesichtszüge trägt - von entsprechenden beiden (!)  Eltern her. Und da kramten die Antragssteller schon wieder das Aufnahmekriterium der Herkunft aus Kisten, die ihnen vielleicht selbst dem verkrumpelten Inhalt nach nicht völlig bekannt sind.

Nach verschiedenen Meldungen soll es dieses Mal zwar nur noch um europäische Herkunft gehen, nicht mehr um die rein deutsche wie in den zwanziger Jahren. Bei nur "deutsch" kämen die jugendlichen Ahnenforscher zu schnell in die Klemme. Man denke nur an den Fall, dass Nachkommen der strengdeutschen Autoren Chamisso und Fontane sich zur Aufnahme meldeten? Die waren ja Hugenotten reinsten Wassers. Aus Frankreich seit ein paar mickrigen Jahrhunderten eingeschleust. Als Söhne eines sonst untadeligen Vaters hätten auch andere nichts zu lachen. Sarrazins stammen schließlich aus der gleichen Gegend. An die in Burschenschaften einst und vielleicht jetzt noch vertretenen Söhne ehemals herrschender Häuser wollen wir gar nicht erinnern. Waren die Habsburger und die Bourbonen nicht sogar immer wieder russisch versippt?

Erinnert seien die Vorkämpfer der Reinheit des Blutes aber vor allem an einen ihrer erfolgreichsten Vorläufer: Werner Best aus Frankfurt, einer der führenden Ideologen des praktisch organisierten NS-Staates.

Er war, wie sein Biograph Ulrich Herbert treffend herausarbeitete, einer der ergiebigsten Organisatoren des NS-Staates. Schließlich Reichsstatthalter im besetzten Dänemark - und dann - nach dem Fall - keineswegs bußfertig, sondern Reorganisator neuer rechter Bünde im Rahmen der FDP Nordrhein-Westfalen, bis ihm die englische Besatzungsmacht einen dicken Strich durch die Rechnung zog.
Schließlich Berater in allen möglichen Prozessen wegen Kriegsverbrechen. Selbst nie einem Prozess unterzogen.

Und was war das erste Verdienst dieses Mannes, noch vor einem Umsturzplan, den "Boxheimer Dokumenten", der ihn am Ende der Weimarer Republik bekannt machen sollte?

Als Student setzte er im Rahmen der verschiedenen Burschenschaften und Bünde "deutsche Abstammung" als Alleinstellungsmerkmal durch. Wer nicht deutsch, der nicht Bursche. Das war damals natürlich in erster Linie antisemitisch gemeint, wurde aber auch ohne weiteres gegen irgendwelche Tschechen durchgedrückt, die verblendeterweise gern beim Säbelfechten und zeremoniösen Saufen mitgemacht hätten.

Zur Ehre des preußischen Kultusministeriums darf nicht unerwähnt bleiben, dass dieses die abstammungsfrohen Verbände nach bescheidenen Möglichkeiten bekämpfte. Nur hatten sie unter entsprechend ausgerichteten Richtern und Staatsanwälten keine großen Zugriffschancen. Insgesamt blieben die Studenten unter der Klammer des einzigen Eintrittsrechts für Treudeutsche - um nicht "treudoofe" zu sagen -, völkisch ausgerichtet. Und stand in den Hauptformationen schon geraume Zeit vor 1933 treu hinter allem Völkischen, wer immer dort sich auch zum Führer herausmendeln sollte. (Studentinnen gab es damals noch zu wenige, als dass sie ins Gewicht hätten fallen können. Und als "Couleurdame" war so manche damals sicher auch schon völkisch halbwegs einbezogen).

Wie gesagt: Nicht gleich den Untergang des wohlgesitteten Deutschland an die Wand malen! Nur: Peinlich ist es auf jeden Fall, dass in den maßgebenden vaterländischen Verbänden so wenig Erinnerungskraft sich findet, dass diese sich freiwillig so unvermeidlichen Verdächtigungen aussetzen.

Buchbesprechung: Mordnacht in Stammheim - noch einmal überdacht!

Es gibt schon sehr vieles zu Stammheim und den dortigen Praktiken. Nun ist eine neue Untersuchung herausgekommen - von Helge Lehmann. Aufgezogen als Indizienprozess gegen die offizielle Darstellung des Todes von Baader, Ensslin und Raspe und des versuchten Totschlags an Möller.

Der Autor hat kein Selbstexperiment gescheut, um nachzuweisen, dass die Pistolen unter keinen Umständen unter den Umständen und mit den Methoden in die Zellen geschmuggelt werden konnten, wie die öffentlich beaufsichtigte Meinung unter Beihilfe vor allem von Aust es gern sehen würde.

Demnach steht fest:
1. Auch in einer approbierten Demokratie ist die Schar der Insassen des Landes wesentlich dazu bestimmt, sich anlügen zu lassen, und zwar in möglichster Koordination von oben nach unten, vom Bundeskanzler bis zum Zellenwärter

2. Wenn - wie der Autor nachweist-, ziemlich Zeit zur Verfügung stand, um das entführte Flugzeug nach Mogadishu zu bugsieren, dann gab es auch genug Zeit, die auf die Stürmung des Flugzeugs folgende "Selbstmordnacht" zu planen und zu inszenieren. Der Zeitpunkt konnte präzis gesetzt werden, um den gemeinsamen Tod der RAF-Maßgeblichen als Zusammenbruch verstehen zu lassen, als Ergebnis von Reue und Niederlage vor der Staatsgewalt.

3. Fast alle vorhergehenden Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass der Transport von Revolvern in Aktenbehältern auf die staatsweise imaginierte Weise einfach nicht funktioniert.
3a. Um etwas Unmögliches aktenkundig zu machen, musste der neuerfundene Kronzeuge herhalten. Er hieß Speitel und lebt seither gesetzlich geschützt im Ausland und Untergrund.

3a1. Ist erst einmal mit Hilfe des Kronzeugen ein Urteil erstellt, gelten die darin behaupteten Tatsachen als gerichtskundig - und können weiteren Verfahren zugrunde gelegt werden. Ohne aussichtsreiche Anfechtungsmöglichkeiten.

4. Zu den Chancen der Möglichkeit einer kollektiven Mordtat von außen folgt - soweit ich sehe, der Autor weitgehend den Überlegungen von Weidenhammer. Wichtiger Hinweis: das Bild des Gangs mit den Zellen in Stammheim musste nicht ausgeschaltet werden. Die Überwachungskameras waren von sich aus so vernachlässigt oder so manipuliert, dass sie keineswegs alle Fremdschritte registrierten. Damit hätten also Eindringlinge ihre Taten ungesehen begehen und wieder verschwinden können.

Sonst habe ich nicht viel gefunden, was die bisherigen Ergebnisse der Kritiken der offiziellen Weißwaschung wesentlich bereichert hätte.

Und damit kommen wir noch einmal zum Hauptproblem. Nach der Mordnacht selbst waren bis ins liberale Bürgertum hinein viele erschrocken - und nur wenige glaubten den obrigkeitlichen Beteuerungen.
Schon ein Jahr später - war es nicht Peter Schneider mit seinem Kursbuchartikel - "Sand an Baders Schuhen" - wurde Beruhigung gepredigt. Wie es auch gewesen sein mag, wir sind ja alle gegen Gewalt - und RAF bedeutete Gewalt. Also fragen wir nicht lange. Hauptsache, sie sind weg.

Als Weidenhammers Buch beim Malik-Verlag 1988 erschien, in welchem dieser in einer real-phantasy sich den Tatverlauf in Stammheim vorstellte, kam als eine der wenigen überhaupt abgefassten Kritiken schlagend zurück: Aha, ausgerechnet die Mossad soll beim Abschluss-Killen geholfen haben? - Antisemitischer Schmierfink.

Obwohl Mossad nur als Beispiel eingesetzt war - man hätte geradesogut CIA oder gleich BND nennen können, war damit die kurz erwachte Neugier wieder zwangserledigt.

Und so breitete sich - unterstützt von Aust und den psychologisierenden Erklärungen vor allem auch von Koenen die breitenwirksame Vorstellung aus: Gott sei dank, dass wir die los sind. Waren doch alles Spinner.

Damit starb auch die Empfindlichkeit ab gegen die offensichtlichsten Verstöße gegen alle rechtsstaatlichen Hemmungen. Wer kann sich heute noch erregen wegen der Liquidierung von drei Designierten, wenn wir ungerührt zuschauen, wie der Präsident der USA gezielte Morde durch Vernichtungsraketen offen als Erfolge feiert.

Im Augenblick wäre keine Empörung hinzubekommen, und hätte ein gedungener Exekutor von damals auf dem Totenbett bekannt, was er trieb und was er dafür bekommen hatte. Es gäbe einen STERN-Artikel mehr. Nichts weiter.

Solange die Herren dieser Welt sich als Abschusskönige feiern lassen gegen Rechtlose, die nach Gebühr abgeknallt werden, hat jede Enthüllung ihre Sprengkraft verloren.

Wichtiger wäre wohl, die Grundintention der RAF noch einmal nachzulesen - mit ihren Abweichungen, ihren Verirrungen, aber auch ihren unabweisbaren Zielen. Nur in dem Vierkilo-Doppelwerk Kraushaars gegen die RAF habe ich - gegen den Willen des Herausgebers - lange Texte aus der Verteidigungsrede der Angeklagten in Stammheim gefunden. Schwer einzuordnen. Offenbar ist der zugehörige Gesamttext mir auf Deutsch entgangen. So etwas sollte man mal analysieren, um dem Kern der Sache der gerechten und bewaffneten Empörung nahezukommen.

Benutzte Literatur:
"Die Todesnacht in Stammheim. Eine Untersuchung: Indizienprozess gegen die staatsoffizielle Darstellung und das Todesermittlungsverfahren"
Helge Lehmann. 2011. Unter Mitarbeit von Holger Zander.
Mit einer Dokumenten-CD.

Weiterhin:
Karl-Heinz Weidenhammer: "Selbstmord oder Mord? Das Todesermittlungsverfahren: Baader, Ensslin, Raspe"
Neuer Malik-Verlag 1988

AUSDRUCK - Das IMI-Magazin (Juni 2011)

Cover der Juni Ausgabe
AUSDRUCK - Das IMI-Magazin (Juni 2011)

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SCHWERPUNKT: DEUTSCHLAND UND DIE BUNDESWEHR

-- Jürgen Wagner: Krieg trotz Kassenlage: De Maizieres „Eckpunkte für die Neuausrichtung der Bundeswehr“

-- Claudia Haydt: Wehrpflicht als Auslaufmodell: Warum für weltweite Militärinterventionen keine Wehrpflichtigen gebraucht werden

-- Jonna Schürkes: Eskalation in „Bad Taloqan“

-- Jürgen Wagner: „Es gibt keine gerechten Kriege - aber notwendige“ - Wolfgang Ischinger wird Honorarprofessor in Tübingen

-- Michael Haid: Wann ist Krieg erlaubt? Anmerkungen zu skandalösen Schulmaterialien

AUßERHALB DES SCHWERPUNKTS:

-- Tim Schumacher: Europas Geheimdienst: Das Joint Situation Centre

-- Michael Haid: Osama bin Laden –“ werden völkerrechtswidrige Tötungen hoffähig?

-- Mirko Petersen: Russland, Quo Vadis? Machtpolitik zwischen Asien und Europa

-- Christoph Marischka: Côte d´Ivoire: erste Bilanz eines angekündigten Bürgerkrieges

-- Andreas Seifert: Shi Lang: Chinas erster Flugzeugträger

Blogkino: Meltdown

Heute beklauen wir in unserer Reihe Blogkino mal den Ecki: "Meltdown ist ein Kurzfilm von Dave Green, in dem Essensreste und andere Bewohner eines Kühlschranks um ihr Überleben und gegen die große Kälte kämpfen. Die Handlung hört sich vielleicht seltsam an, ist aber herrlich inszeniert und bietet Drama, Komödie und Action wie ein großer Hollywood-Streifen. Und das in schnellen sechs Minuten."

MELTDOWN from Dave Green on Vimeo.

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