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Krisenpolitik der Gewerkschaften: Kapitulieren oder gemeinsam kämpfen? Schluss mit den Zugeständnissen ans Kapital!

Krisenpolitik der Gewerkschaften:Kapitulieren oder gemeinsam kämpfen? Schluss mit den Zugeständnissen ans Kapital!

Wir wollen auf unserer Jahreskonferenz am Freitagabend eine Bestandsaufnahme machen zur Krisenpolitik der Gewerkschaften und zur aktuellen politischen Situation –“ wo stehen wir, wo muss es hingehen.

Am Samstag beginnen wir mit einer Podiumsdiskussion über betriebliche Kämpfe in Krisenzeiten –“ Erfolge, Misserfolge, neue Wege –“ wie streiten wir am erfolgreichsten für unsere Zukunft? Vertreter aus Betrieben werden über ihre Erfahrungen aus betrieblichen Kämpfen berichten.

Am Samstagnachmittag werden wir uns nach kurzen Einführungsreferaten in Workshops mit folgenden Themen beschäftigen:

• Wie wehren wir uns gegen die Sparpakete von Kapital und Kabinett?
• Gewerkschaftliche Tarifpolitik –“ welche Signale müssen wir setzen?
• Organizing –“ ein Weg aus der gewerkschaftlichen Defensive?
• Innergewerkschaftliche Demokratie –“ was hat sich verändert, wie können wir Einfluss nehmen?

Termin: Freitag, 24.September 2010 um 18.00 Uhr, Samstag, 25. September 2010 von 9.00 bis 17.00 Uhr
Ort: Stuttgart, Gewerkschaftshaus, Willi-Bleicher Straße 20

Der Kongressflyer mit Informationen zum Ablauf und den Anmeldemöglichkeiten

Via LabourNet

Frankfurt: Aktionskonferenz beschließt Aufruf zur Bankenblockade am 18. Oktober

"Probessitzen" vor der Kreditanstalt für Wiederaufbau
Am Samstag, den 21. August 2010, fand die Aktionskonferenz der AG Georg Büchner auf dem Campus der Goethe Universität in Frankfurt am Main statt. Rund 200 AktivistInnen aus Gewerkschafts- und Linksparteikreisen, verschiedenen Jugendverbänden, ATTAC, der Interventionistischen Linken sowie lokalen Krisenbündnissen und vielen anderen politischen Zusammenhängen nahmen an der Konferenz teil.

Unter dem Motto „Es reicht. Zentrale AkteurInnen und ProfiteurInnen der Wirtschafts- und Finanzkrise blockieren“ geht von der Konferenz ein deutliches Signal aus: Am Montag, den 18. Oktober 2010, wird durch eine Aktion zivilen Ungehorsams Finanzknotenpunkte in Frankfurt am Main blockiert. Durch massenhafte Menschenblockaden werden wir zeigen, dass wir die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen nicht tatenlos hinnehmen. Von diesen Blockaden wird keine Eskalation ausgehen. Sie werden aber dennoch entschlossen ihr Ziel verfolgen.

„Gemeinsam mit allen, die sich mit dieser Aktion solidarisch zeigen, wird in den nächsten Wochen eine bundesweite Mobilisierungskampagne laufen“
, so Karin Maler, Pressesprecherin der AG Georg Büchner. Die KonferenzteilnehmerInnen beziehen sich mit ihrer Aktion ausdrücklich positiv auf bereits bestehende und geplante Protestaktivitäten im kommenden Herbst.

Am Rande der Konferenz fand ein "Probesitzen" vor der Kreditanstalt für Wiederaufbau statt.

Die Konferenz beschloss folgenden Aufruf:

Wir rufen auf:

Beteiligt euch an den Blockaden zentraler AkteurInnen und ProfiteurInnen (Commerzbank, Deutsche Bank, EZB und andere) der Wirtschafts- und Finanzkrise am 18. Oktober in Frankfurt/Main.

Die Krise ist weltweit. Für den größten Teil der Menschheit bedeutet sie schon lange Hunger, Unterdrückung und Krieg. Nun ist sie in den Metropolen angekommen. Um das Überleben der Banken und Konzerne während und nach der aktuellen Krise zu gewährleisten, wurden weltweit mehrere Billionen Euro an Steuergeldern eingesetzt. Dieses Geld wird nun von den Kommunen, den abhängig Beschäftigten und den Erwerbslosen mittels immenser Kürzungs- und „Spar“programme abverlangt.

In Deutschland will die Bundesregierung den Staatshaushalt in den nächsten drei Jahren um ca. 80 Milliarden Euro kürzen. 37 Prozent der geplanten –ºEinsparungen–¹ betreffen den Sozialbereich. Unsere bezieht sich ausdrücklich positiv auf bereits durchgeführte, bestehende und geplante Protestaktivitäten im kommenden Herbst. Wir werden ein Zeichen setzen, dass es an der Zeit ist den Widerstand auszuweiten und den nächsten Schritt zu gehen. Wir werden deshalb am 18. Oktober zentrale Institutionen des Finanzsektors lahmlegen. Unsere Position ist schlicht: Wir werden nicht weiter tatenlos zusehen! Stoppen wir die Umverteilung von unten nach oben! Ob das in Form von Vermögenssteuern, Finanztransaktionsteuern oder der Enteignung und Vergesellschaftung von Banken und Großkonzernen geschieht, ist dabei nicht vordergründig. Wichtig ist: Wir werden sie nicht in Ruhe lassen, wir werden wiederkommen, an vielen Orten, zu den unpassendsten Gelegenheiten und Zeiten!

Für den 18. Oktober in Frankfurt haben wir uns auf folgenden Aktionskonsens geeinigt:

Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen zentrale AkteurInnen und ProfiteurInnen der Wirtschafts- und Finanzkrise. Wir werden entschlossen und vielfältig Zugänge blockieren und niemanden durchlassen. Unsere GegnerInnen sind nicht die Bankangestellten! Unsere Gegnerin ist nicht die Polizei! Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden. Von uns geht dabei keine Eskalation aus. Wir sind solidarisch mit allen, die unsere Ziele teilen. Für RassistInnen, FaschistInnen und AntisemitInnen ist bei uns kein Platz!


Quelle: Pressemitteilung

Siehe auch:

"Inspiration Heiligendamm - Aktionsbündnis will mit Blockaden Finanzzentrum lahmlegen. Vorbild sind Proteste gegen G-8-Gipfel" (junge Welt, 22.08.2010)
"»Wir wollen ökonomischen Schaden verursachen« - Bankenblockaden als Überwindung der Symbolpolitik?" Ein Gespräch mit Wolf Wetzel (junge Welt, 22.08.2010)
"Aufruf zur Blockade" Frankfurter Rundschau, 23.08.2010

30.000 bei Schweigemarsch gegen Stuttgart 21

Mit einem Schweigemarsch protestierten am Freitag über 30.000 Menschen gegen Stuttgart 21.

Pressespiegel von "Bei Abriss Aufstand".

Ein paar Fotos von der Aktion:


Bilderserie: Schweigemarsch gegen S21

Ab morgen beginnt die dritte Aktionswoche, unter anderem soll am 27. August eine Großdemonstration stattfinden:

Themba - Fußball, HIV und Hoffnung

Mi, 25.08.10, 19 Uhr, Im Bohnencafe, Katharinenstraße 2B Themba - Fußball, HIV und Hoffnung Konzert –“ Lesung und Diskussion mit Reiner Weigand vom theaterSCHRÄGLAGE im Dialog mit afrikanischen Percussionisten

Warum sterben in Südafrika täglich noch immer über 600 Menschen an den Folgen von AIDS?
Was können wir tun?

Gerade auch in der Männerdomäne Fußball ist –“ bei uns wie in Südafrika –“ HIV weiterhin ein Tabuthema..

Um hier wachzurütteln, hat Lutz van Dijk einen Roman über den jungen Kicker "Themba" (= Hoffnung) geschrieben, aus dem Reiner Weigand vorlesen wird. Es werden zwei Solidaritätsprojekte sowie die Kampagne des Aktionsbündnisses gegen AIDS „Babys ohne HIV“ (siehe www.in9Monaten.de) vor- und zur Diskussion gestellt.

Eine Gemeinschaftsveranstaltung von Die Anstifter e. V. & Förderverein Neue Wege in der HIV-Therapie e. V.

Aktionskonferenz am 21. August 2010 im Studierendenhaus in Frankfurt/Main

Am 21. August 2010 wird in Frankfurt/Studierendenhaus der Johann Wolfgang Goethe-Universität zwischen 11 und 20 Uhr eine bundesweite Aktionskonferenz stattfinden. Schwerpunkt wird sein, den Aktionsaufruf der AG Georg Büchner zur Blockade einer Finanzzentrale in Frankfurt am 18. Oktober 2010 vorzustellen.

Im Mittelpunkt der Aktionskonferenz wird –“ nach einer Mittagpause –“ ein gemeinsames Plenum stehen, das das Blockade-Belagerungskonzept vorstellt, diskutiert und beschließt.

Zentrales Anliegen ist es, die bisherigen UnterstützerInnen und Trägerinnen des Aktionsaufrufes zu aktiv Beteiligten zu machen und neuen Gruppen und Organisationen die Möglichkeit zu geben, sich an der Umsetzung und Durchführung des Tag X zu beteiligen.

Im Rahmen der Aktionskonferenz wird vor der staatseigenen Kreditbank für Wiederaufbau/KfW, Palmengartenstraße 5-9, gegen 18 Uhr eine –ºBlockade zur Probe–¹ stattfinden. Neben der unmittelbaren Nähe zum Universitätsgelände spielt auch die besondere Bedeutung dieser staatseigenen Bank eine Rolle. Schließlich beweisen die bis heute über 10 Milliarden Euro an Verlusten in Zuge der Finanzkrise, dass neben privaten Banken auch Staatsbanken am Wettlauf nach traumhaften Renditen beteiligt waren.

Programm

Eröffnung der Aktionskonferenz (11- 12 Uhr):

  • Begrüßung
  • Beitrag der AG Georg Büchner: Von Jetzt reicht–™s bis Jetzt gilt–™s!
  • Begründung des Aktionsvorschlags
  • Grußworte an die Konferenz
  • Vorstellung des Konferenzfahrplans

Workshop-Phase I (12 –“ 14 Uhr)

  1. Politische Situation und Aktionsform [Info]
  2. Zivilmilitärischen Zusammenarbeit und „Innere Sicherheit“ [Info]
  3. Gesellschaftliche Kämpfe und Perspektiven [Info]

Mittagspause (14 –“ 15 Uhr)

Workshop-Phase II (15 –“ 18 Uhr)

Abschlussplenum (18 –“ 20 Uhr)

  • Vorstellung der Ergebnisse der Konferenz
  • Verabschiedung eines Manifest zum Herbst 2010
  • Strukturen: Erweiterung des bisherigen Koordinationskreises
  • Vorstellung der Kampagne
  • Fahrplan bis zur Aktion
  • weitere Verabredungen

Auf der Aktionskonferenz ist die Presse für die Eröffnungs- und Abschlussveranstaltung (11-12 Uhr/19 –“ 20 Uhr) zugelassen.

Die Workshopphasen bleiben für die Presse geschlossen

Zum Ausklang der Konferenz findet eine Party im Café KOZ des Studierendenhauses statt!

Weitere, aktuelle Informationen entnehmen Sie bitte der Homepage: www.georg-buechner.org



Quelle: Pressemitteilung

Stuttgarter Antifaschisten in Untersuchungshaft

Seit dem 25. Juli sitzen zwei Stuttgarter Antifaschisten in Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft. Sie sollen nach einer Auseinandersetzung mit einem Faschisten in räumlicher Nähe von der Polizei aufgegriffen worden sein und wurden anschließend unmittelbar in Untersuchungshaft genommen. Dem beteiligten Faschisten wurde im Laufe derAuseinandersetzung angeblich versucht, seine Gürteltasche zu entreißen, er trug jedoch keine schlimmeren Verletzungen davon.

Mit der unverhältnismäßig restriktiven Reaktion der Polizei auf diese kleine Handgreiflichkeit, wird einmal mehr deutlich wie viel den staatlichen Vollzugsstellen an der Kriminalisierung und Einschüchterung linker und antifaschistischer AktivistInnen liegt.

Bereits im Oktober letzten Jahres hielt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft einen Stuttgarter Antifaschisten und Vater einer 4 Monate alten Tochter einen Monat lang ohne jegliche Beweise in Untersuchungshaft, nur um ihn anschließend wieder gehen zu lassen. Im April diesen Jahres endete der skandalöse Indizienprozess gegen sieben Stuttgarter Antifaschisten, denen –“ ebenfalls ohne stichhaltige Beweise –“ die Beteiligung an einerAuseinandersetzung mit fünf NPD-Nazis zulasten gelegt wird, mi tBewährungsstrafen für alle Angeklagten.
In Anbetracht des bisherigen Vorgehens der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen Antifaschisten muss wieder einmal festgestellt werden, dass das lange politische Engagement der beiden Aktivisten ausschlaggebend für ihre jetzige Haft ist. Während die Staatsanwaltschaft nun an möglichst abenteuerlichen Anklageschriften arbeitet, werden wir alles daran setzen, unsere Freunde und Genossen hinter Gittern zu unterstützen und den politischen Charakter ihrer Haft herauszustellen.

Solidarität mit den inhaftierten Antifas!
Freiheit für alle politischenGefangenen!


Quelle: Pressemitteilung des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region



Stuttgart: Mehrere tausend TeilnehmerInnen bei Protestdemonstration gegen Abriss des Nordflügels

Nachdem am Donnerstag Morgen die friedliche Sitzblockade vor dem Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofes durch die Polizei geräumt wurde, um einem Abrissbagger Platz zu machen wurde zu einer Protestdemonstration ab 18:00 aufgerufen. Dabei wurden ca. 70 Menschen von der Polizei weggetragen. Die Polizei ging dabei nicht gerade umsichtig mit den Menschen um. Roland Hägele hat die Räumungsaktion fotografisch festgehalten.

"Wie Polizeipressesprecher Olef Petersen heute in der Stuttgarter Zeitung im Zusammenhang mit den S21-Protesten erklärt, seien schmerzhafte Techniken durch PolizistInnen „bei der Anwendung –šunmittelbaren Zwangs–˜ üblich und verhältnismäßig. Die Demonstranten sollten wissen, dass das Sichwegtragenlassen wehtun könne“." (FAU Stuttgart mit Verweis aus die Proteste gegen das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr)

An der Demonstration beteiligten sich mehr als 4000 Menschen. Die Diskussion über den weiteren Weg des Protestes nimmt deutlich zu. Die Strecke, die den Bahnhof umrundete, stieß bei einigen TeilnehmerInnen auf Kritik, da die Strecke eher fernab des Geschehens war. So fand denn auch der "Schwabenstreich" am Südflügel statt, wo es kaum Passanten gibt. Bereits am vergangenen Kulturmittwoch gab es eine größere Diskussion am Bauzaun über das Für und Wider der Blockadeaktionen.

Bei der Auftaktkundgebung sprachen unter anderem Fritz Mielert von den aktiven Parkschützern und Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der "Linken".


Bilderserie: Heike Hänsel bei der Auftaktkundgebung

Heute Abend geht der Protest weiter, es wird zu einem "Trauer- bzw. Schweigemarsch" aufgerufen:

Wegtragegebühr macht deutlich: Fortschrittliches Versammlungsrecht ist nötig!

Laut einem Artikel der Stuttgarter Zeitung müssen einige Stuttgart-21-Gegner einer Anzeige wegen Nötigung rechnen und die Kosten für den Polizeieinsatz von rund 40 Beamten gegen eine Handvoll Teilnehmer der ständigen Mahnwache zahlen. Die Polizei verlangt dort 80 € von jedem der weggetragenen DemonstrantInnen.

Diese "Wegtragegebühr" ist nichts neues, wie ein Beitrag im Spiegel von 1991 deutlich macht. Sie wurde Anfang der 80er Jahre in Baden-Württemberg vor dem Hintergrund der Proteste der Anti-Atom und Friedensbewegung in der Polizeiverordnung erlassen:

"(...) Viele Aktive des zivilen Ungehorsams aus der Friedensbewegung haben diese Art staatlicher Zwangsmaßnahme auf sich genommen, um die Staatsgewalt spektakulär vorzuführen. Etwa 200 Rüstungsgegner waren es bislang bundesweit, die ihre Geldstrafen für Sitzblockaden an Raketendepots nicht bezahlten und sich in Haft nehmen ließen.

Auf "Beugen und Brechen" (taz) trieb es auch die schwäbische Hebammenschülerin Sigrid Birrenbach, die eine Polizeirechnung über 537 Mark nicht bezahlte. Die Gebühren machte die baden-württembergische Ordnungsmacht für sechsmaliges Wegtragen der jungen Frau von Sitzblockaden geltend.

Da die aufsässige Schwäbin sich weigerte, den statt der 537 Mark verlangten Offenbarungseid zu leisten, mußte sie ins Schwäbisch Gmünder Frauengefängnis "Gotteszell" einrücken. (...)"
DER SPIEGEL 38/1991

Diese Methode ist in ihrer Zielrichtung dem Zeigen mittelalterlicher Folterwerkzeuge durchaus ähnlich, geht es doch darum, AktivistInnen und NachahmerInnen einzuschüchtern und mit Gewalt zum Ablassen von ihrer Meinung zu bewegen. Von politischer Verhältnismäßigkeit keine Spur: Damals richtete sich der friedliche Protest gegen die drohende Kriegsgefahr, heute bei Stuttgart 21 werden von interessierten Kreisen Sitzblockaden ebenfalls als Gewalttat diffamiert. Ob sich die S21 Gegner dadurch beeindrucken lassen? Das war schon damals schwierig:

"Erst kurz vor dem, von den Veranstaltern ohnehin vorgesehenen, Ende der Aktion begannen Polizeibeamte mit dem Wegtragen der Blockierer. Ihre Personalien wurden aufgenommen. Ihnen droht nach der baden-württembergischen Polizeikostenverordnung ein saftiger Kostenbescheid. Es wird dennoch nicht die letzte Blockadeaktion vor dem Stuttgarter EUCOM gewesen sein." Aus: Elke Günther in "Unsere Zeit", Zeitung der DKP, Ausgabe 14. März 2003

"Tausende von FriedensblockiereInnen wurden verhaftet und wegen "gewaltsamer Nötigung" verurteilt. Viele saßen ihre Strafen im Gefängnis ab. Der damalige baden-württembergischen Innenminister Roman Herzog erließ extra eine "Polizeikostenverordnung", nach der die Demonstranten für ihre Verhaftung auch noch zahlen sollten." Aus: "Antifa Nachrichten" Nummer 2 / August 2007 der VVN-BdA

"Baden-Württembergs Polizei droht im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen Castor-Transporte vor zwei Wochen in Philippsburg und jetzt in Neckarwestheim mit einer sogenannten "Wegtragegebühr". Es handelt sich dabei um keine Neuheit, sondern um die in den 80er Jahren anläßlich der zahlreichen Sitzblockaden am Atomraketenlager Mutlangen in BaWü als einzigem Bundesland eingeführten "Polizeikostenverordnung".

Ob diese Verordnung rechtmäßig ist, steht noch gar nicht fest. Seit Jahren ist eine Klage dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig. Es kann sich also für alle Betroffenen lohnen, Widerspruch einzulegen. Wichtig: Selbst wer bezahlt, ist damit weder einer Straftat noch einer Ordnungswidrigkeit überführt. Das Geld ist weder Strafe noch Bußgeld, sondern eine Art Verwaltungsgebühr, wie z.B. wenn mensch sich einen neuen Reisepaß ausstellen lässt. (...)"
Aus: "Schwarze Katze" Rundbrief vom 1. Mai 01

Der Spiegel weiter: "(...) Daß sich bei genügend Sturheit auch die Justiz mal beugt, führte in einem ähnlichen Fall der Hamburger Krankenpfleger Werner Lifka vor.

Das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd hatte den Friedensaktivisten wegen seiner Beteiligung an der Blockade des US-Raketenstützpunktes Mutlangen 1984 zu einer Geldstrafe von 600 Mark verurteilt, die per Gehaltspfändung beigetrieben wurden. Daneben sollte er noch anteilige Kosten für den Polizeieinsatz in Höhe von 129,70 Mark tragen. Lifka nahm lieber Knast in Kauf, als "die Polizei für ihren Dienst an der Aufrüstung auch noch zu bezahlen".

Nach drei Wochen Kerker sah das Amtsgericht Hamburg-Blankenese ein, daß der norddeutsche Sturkopf wohl nicht zu beugen sei, und ließ Lifka frei. Die lange Inhaftierung, so die Begründung, sei im Vergleich zu der niedrigen Forderung "übermäßig" und habe im übrigen gezeigt, daß sie bei dem Schuldner nichts bewirke. (...)"


Hartes Brot, für diejenigen, die nicht "mal eben so" ein paar Wochen im Knast zubringen wollen und können. Und eine politische Herausforderung an alle demokratisch denkenden Menschen: Denn in Stuttgart ist es ja nicht so, dass hier sich irgendeine Minderheit an demokratisch gefällten Beschlüssen vergreifen will. Sondern um eine Mehrheit, die angesichts der für sie offenkundigen "Vetterleswirtschaft" und dem Umgang der Verantwortlichen mit dem mehrfach durch Unterschriftensammlungen, Umfragen und Wahlen erklärten Willen die Nase voll und das "Vertrauen in die Politik" sowieso längst verloren hat. Gerade deshalb muss in Zusammenhang mit der sich unweigerlich zuspitzenden politischen Auseinandersetzung damit verbunden werden, demokratische Rechte zu erweitern. Die vom damaligen Innenminister Roman Herzog erlassene "Wegtragegebühr" zeigte im Kern doch nur, dass der massenhafte und zähe Protest der damaligen Landesregierung nicht in den Kram passte und deshalb diese Gebühr eben "mal eben so" eingeführt wurde.

Parallelen zu heute sind unübersehbar. Gerade deshalb ist ein fortschrittliches Versammlungsrecht unabdingbar. Und zwar eines, das effektive Proteste ermöglicht, die spürbar sind und denen, gegen die protestiert wird, die Forderungen deutlich macht. "Einschüchternd" sozusagen. Davor haben jedoch nur die Angst, gegen die sich der Protest richtet. Die "Wegtragegebühr" die in dem Zusammenhang u.a. mit dem "Brokdorf Urteil" entstand gehört abgeschafft. Sie ist ein Beissreflex darauf, dass hier unter anderem klargestellt wurde, dass die Demonstranten die Protestform wählen und nicht die Ordnungsbehörden oder gar die Polizei. So gelten Sitzblockaden verfassungsrechtlich als eine Versammlung nach Art. 8 des Grundgesetzes und nicht in jedem Fall als Nötigung.
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