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Über Langeweile und die Frage, wie man das alles aushalten soll

"(...) Sobald ich das Haus verlasse, treffe ich auf digitale Lemminge und junge Männer, die in Autos steigen, die über einen eingebauten Soundgenerator und künstliche Fehlzündungen verfügen. Anschließend rasen sie mit denen röhrend durch die Stadt. Rasend schnell nach Nirgendwo. Dieser Lebensstil birgt den Vorteil, nicht denken zu müssen. Wer es eilig hat, kann nicht denken. Jede kleinste Unterbrechung, jedes Zögern birgt die Gefahr, dass man zu denken anfängt, und das könnte dazu führen, dass einem der Wahnsinn der ganzen leeren Betriebsamkeit aufgeht. (...)

In einer Toreinfahrt sehe ich eine Frau, die die Ritzen der Betonplatten mit einem Unkrautvernichtungsmittel beträufelt. In der Fußgängerzone stoße ich auf eine junge Mutter. Sie hat ihr Baby aus dem Wagen herausgenommen und trägt es auf ihrem linken Arm. In der rechten Hand hält sie ihr Smartphone, dem ihre ganze Aufmerksamkeit gilt. Der Blick des Kindes geht unruhig-suchend zwischen dem Gesicht der Mutter und dem Handy hin und her. Es wirkt verstört.

Hundert Meter weiter treffe ich einen Freund, den ich eine Weile nicht gesehen habe. Erfreut biete ich ihm an, ihn auf seinem Rückweg zu seiner Arbeitsstätte zu begleiten. Nach ein paar Metern klingelt sein Handy. Ich sage: Wenn du rangehst, bin ich weg! Er geht ran, und ich wende mich ab und gehe. (...)

Keiner nimmt auf niemand Rücksicht, niemand hält einem die Tür auf, schon Blickkontakt ist eine Seltenheit. Unter 30jährige wischen beinahe ständig auf ihren Smartphones herum oder sprechen in sie hinein. Selbst auf dem Fahrrad wird telefoniert. Die Leute erleiden ihre Totalüberwachung nicht, sondern zelebrieren sie als Freiheit. Die unterworfenen Subjekte sind sich ihrer Unterwerfung nicht einmal bewusst. (...)

Wie man das aushalten soll? Das ist die eigentlich spannende Frage, aber die hat ja niemand gestellt.(...)"

Aus: Bloß nicht langweilen. Zur Dialektik von Integration und Widerstand und zum Zwiespalt zwischen Hoffnung und Erfahrung angesichts elender Verhältnisse, Beitrag von Götz Eisenberg in der Tageszeitung "junge Welt" vom 29. Mai 2019

Blogkino: The Weather Underground (2002)

Heute zeigen wir im Blogkino mit Filmen zum Thema Ⓐnarchismus "The Weather Underground": In den Sechziger und Siebziger Jahren war die Polarisierung der politischen Situation in den USA akut mit dem Vietnam-Krieg und den Kampf um die Bürgerrechte verbunden. Angesichts der scheinbar wirkungslosen Methoden des friedlichen Protests und Widerstands bildeten sich innerhalb der Protestbewegung militante Gruppen, unter anderem der Weather Underground.

Der Film beleuchtet Vorgeschichte und Aktivitäten des Weather Underground. Green und Siegel lassen Aktivisten und Aktivistinnen von damals sprechen und zeigen die vom FBI angewandten illegalen Methoden in der Bekämpfung der Revolte. The Weather Underground wurde 2004 für den Oscar nominiert und ist erst das zweite filmische Dokument zu der US-amerikanischen Stadtguerilla.

(Quelle: Laika Verlag)

Sofortige Untersuchung der Gewalt gegen Geflüchtete in der Abschiebehaft Pforzheim!

Am 26.05.2019 wurde beim Petitionsausschuss des Stuttgarter Landtages eine Petition eingegeben, mit der eine sofortige Untersuchung der polizeilichen Übergriffe am 11.05.2019 und der nachfolgenden Sanktionen (insbesondere der Einzelhaft) gegen inhaftierte Geflüchtete in der Abschiebehaft in Pforzheim gefordert wird. Die Petition wird von 29 Gruppen/Organisationen und 52 Einzelpersonen unterstützt. Unter anderem vom dem baden-württembergischen Antirassistischen Netzwerk und dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.. Gefordert wird u.a. eine unabhängige Anhörung der Betroffenen und die Aussetzung der Abschiebung aller, die zur Klärung der Vorfälle beitragen können.



Was war geschehen?

Am 11. Mai 2019 fand im Rahmen der bundesweiten Aktionstage '100 Jahre Abschiebehaft sind genug!' in Pforzheim eine Demonstration/Kundgebung vor dem Abschiebegefängnis statt. Aus einem Fenster meldeten sich Geflüchtete. Sie machten auf ihre Situation aufmerksam. Ein Gefangener nahm per Handy Kontakt mit der Kundgebung auf. Er schilderte seine persönliche Situation. Das Gespräch wurde über die Lautsprecheranlage übertragen. Den Protest an einem Fenster, ein Anruf eines Geflüchteten und die Kundgebung gegen die Abschiebehaft scheint höchstwahrscheinlich der Anlass für die Gefängnisverwaltung gewesen zu sein, gegen Geflüchtete in der Haft vorzugehen. Mittlerweile ist bekannt, dass Geflüchtete gefesselt und mindestens drei Tage in ihre Zellen eingesperrt wurden. Sie konnten nicht duschen und durften die Küche nicht benutzen. In der Nacht auf Montag klopften einige Personen an ihre Türe. Sie wurden in einen sogenannten 'Bunker' gebracht und trugen Anstaltskleidung. Sie durften auch dort nicht kochen, der Handykontakt auch zum Anwalt war verboten, sie konnten keinen Kontakt zu anderen Geflüchteten in der Haft aufnehmen, sie durften nicht duschen und mussten auf einem Steinbett schlafen.



Wegen der Dringlichkeit wurde beantragt, die Petition bereits in der kommenden Sitzung des Ausschusses am 6. Juni 2019 zu behandeln. Die demokratischen Fraktionen im Landtag wurden über die Eingabe der Petition benachrichtigt. Sie wurden aufgefordert sich für einen Stopp der Abschiebungen von Geflüchteten einzusetzen, die zur Aufklärung beitragen können.



Zwischenzeitlich wurde die Petition auch online gestellt.

Tough Baby





Theodor W. Adorno, Heidelberg 1964

Foto: Jeremy J. Shapiro

Lizenz: CC BY-SA 3.0


Einem bestimmten Gestus der Männlichkeit, sei's der eigenen, sei's der anderer, gebührt Mißtrauen. Er drückt Unabhängigkeit, Sicherheit der Befehlsgewalt, die stillschweigende Verschworenheit aller Männer miteinander aus. Früher nannte man das ängstlich bewundernd Herrenlaunen, heute ist es demokratisiert und wird von den Filmhelden noch dem letzten Bankangestellten vorgemacht. Archetypisch dafür ist der gut Aussehende, der im Smoking, spät abends, allein in seine Junggesellenwohnung kommt, die indirekte Beleuchtung andreht und sich einen Whisky-Soda mischt: das sorgfältig aufgenommene Zischen des Mineralwassers sagt, was der arrogante Mund verschweigt; daß er verachtet, was nicht nach Rauch, Leder und Rasiercreme riecht, zumal die Frauen, und daß diese eben darum ihm zufliegen.

Das Ideal menschlicher Beziehungen ist ihm der Klub, die Stätte eines auf rücksichtsvoller Rücksichtslosigkeit gegründeten Respekts. Die Freuden solcher Männer, oder vielmehr ihrer Modelle, denen kaum je ein Lebendiger gleicht, denn die Menschen sind immer noch besser als ihre Kultur, haben allesamt etwas von latenter Gewalttat. Dem Anschein nach droht sie den anderen, deren so einer, in seinem Sessel hingeräkelt, längst nicht mehr bedarf. In Wahrheit ist es vergangene Gewalt gegen sich selber. Wenn alle Lust frühere Unlust in sich aufhebt, dann ist hier die Unlust, als Stolz sie zu ertragen, unvermittelt, unverwandelt, stereotyp zur Lust erhoben: anders als beim Wein, läßt jedem Glas Whisky, jedem Zug an der Zigarre der Widerwille noch sich nachfühlen, den es den Organismus gekostet hat, auf so kräftige Reize anzusprechen, und das allein wird als die Lust registriert. Die He-Männer wären also ihrer eigenen Verfassung nach, als was sie die Filmhandlung meist präsentiert, Masochisten. Die Lüge steckt in ihrem Sadismus, und als Lügner erst werden sie wahrhaft zu Sadisten, Agenten der Repression. Jene Lüge aber ist keine andere, als daß verdrängte Homosexualität als einzig approbierte Gestalt des Heterosexuellen auftritt. In Oxford unterscheidet man zweierlei Arten von Studenten, die tough guys und die Intellektuellen; die letzteren seien durch den Gegensatz fast ohne weiteres den Effeminierten gleichzusetzen. Vieles spricht dafür, daß sich die herrschende Schicht auf dem Wege zur Diktatur nach diesen beiden Extremen hin polarisiert.

Solche Desintegration ist das Geheimnis der Integration, des Glückes der Einigkeit in der Absenz von Glück. Am Ende sind die tough guys die eigentlich Effeminierten, die

der Weichlinge als ihrer Opfer bedürfen, um nicht zuzugestehen, daß sie ihnen gleichen. Totalität und Homosexualität gehören zusammen. Während das Subjekt zugrunde geht, negiert es alles, was nicht seiner eigenen Art ist. Die Gegensätze des starken Mannes und des folgsamen Jünglings verfließen in einer Ordnung, die das männliche Prinzip der Herrschaft rein durchsetzt. Indem es alle ohne Ausnahme, auch die vermeintlichen Subjekte zu seinen Objekten macht, schlägt es in die totale Passivität, virtuell ins Weibliche um.

Theodor W. Adorno - Minima Moralia

Das blinde Auge - Ein Todesfall in Thüringen

Axel U. wurde in der thüringischen Kleinstadt Bad Blankenburg am 24. Mai 2001 von einem stadtbekannten Neonazi brutal getötet. Doch Polizei, lokale Medien und Stadtpolitik tun sich schwer damit, dies als Tat eines gewalttätigen Neonazis einzuordnen. Weil Axel U. auch für sie am Rande der Gesellschaft stand? Durch monatelange Recherchen wurde den Fall erneut aufgerollt, Akten der Sicherheitsbehörden durchforstet und mit Angehörigen und Zeitzeug*innen gesprochen. Dabei kam heraus, wie unfassbar viel die Geheimdienste und Polizeien eigentlich schon damals wussten. Besonders bizarr: Der Täter kommt aus einem Umfeld, aus denen auch die späteren NSU-Terroristen stammen. Trotzdem: Den Fall halten die Behörden bis heute nicht für eine neonazistische Gewalttat –“ und Axel U. ist nur einer von vielen ...

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Retro-Filmpremiere: Alfred Hausser -„Nur wer sich aufgibt ist verloren"



Alfred Hausser

Mittwoch, 29. Mai 2019

19 Uhr

Hotel Silber, Foyer ,

Eintritt: 4 €

Veranstalter: Initiative Lern und Gedenkort Hotel Silber e.V. in Kooperation mit dem Stadtjugendring Stuttgart, dem Haus der Geschichte Baden Württemberg und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschisten.

Das Filmporträt des Stuttgarter Verfolgten des Nazi-Regimes, Alfred Hausser, aus dem Jahr 1996 wird in einer neu bearbeiteten, digitalisierten Fassung gezeigt. Das Wiedersehen mit Alfred Hausser im Film wird gerahmt von Gesprächen mit dem Filmemacher Jürgen Weber aus Konstanz und Janka Kluge, Geschäftsführerin VVN -BDA. Moderiert wird der Abend von Friederike Hartl Stadtjugendring Stuttgart und Elke Banabak, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.

Alfred Hausser, (27.08.1912 bis 12.08.2003) wurde als Sohn einer Arbeiterfamilie in Stuttgart geboren. Ab 1930 wurde er Mitglied des kommunistischen Jugendverbandes. 1934 wurde er als 22-Jähriger von den Nazis verhaftet und wegen der Verteilung von Flugblättern gegen das Hitlerregime als Hochverräter vor dem Volksgerichtshof in Berlin zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Nach der Befreiung durch die Amerikaner kehrte er nach Stuttgart zurück und gründete hier mit anderen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN). Von 1961 bis 1992 war er Landesvorsitzender der VVN.

Von Mittwoch, 29.5. bis Dienstag 4.6.wird im Hotel Silber außerdem eine von der VVN erarbeitete Wanderausstellung über das Leben von Alfred Hausser im Seminarraum 2 im EG zu sehen sein.

Quelle

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

BOLIVIEN
Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, hat die erneute Kandidatur von Staatschef Evo Morales bei den anstehenden bolivianischen Präsidentschaftswahlen im Oktober 2019 verteidigt.

BRASILIEN
Bei einer Befragung durch Atlas Político bewerteten 36,2 Prozent der Brasilianer*innen die Regierung Bolsonaro als schlecht oder sehr schlecht. Die Ablehnung der Bevölkerung übertrifft bei dieser Befragung zum ersten Mal die Zustimmung zur Regierung des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro. Nur noch 28,6 Prozent bewerten die Regierung als gut oder sehr gut.

ECUADOR
Die Gewerkschaftsvereinigung FUT (Frente Unitario de Trabajadores) hat Protest gegen die neueste Arbeitsmarktreform in Ecuador angekündigt und ihre Mitglieder zum Generalstreik aufgerufen.

KOLUMBIEN
Kolumbiens Armee belohnt wieder Soldaten für Getötete. Ein neues Strategiepapier von Armeechef Martínez ordnet an, im Jahr 2019 die Erfolgsquote zu verdoppeln.

KUBA
Der Tourismus bleibt für Kuba eine der wichtigsten Einnahmequellen, weshalb dessen Infrastruktur höchste Priorität im Land genießt. Havanna öffnet sich daher weiter dem Tourismus, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

VENEZUELA
Die USA bereiten offenbar eine weitere Verschärfung ihrer Blockadepolitik gegen Venezuela vor. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch meldete, sollen sich die neuen Maßnahmen gegen das staatliche Programm zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln richten.

Der Auswärtige Ausschuss des US-Senats hat einstimmig ein Gesetz angenommen, um einen Sturz der Regierung von Präsident Nicolás Maduro in Venezuela voranzutreiben.

In Venezuela haben die Bankenaufsichtsbehörde Sudeban und die Zentralbank BCV am Dienstag die “Einführung eines alternativen Mechanismus für Transaktionen mit EC- und Kreditkarten auf nationaler Ebene– angekündigt. Mit der Maßnahme wollen die Institutionen offenbar US-Sanktionen umgehen, die Zahlungen mit üblichen internationalen EC- und Kreditkarten verhindern.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 24. Mai 2019

"Die Linke will Bitcoin verbieten"

Uiuiuiii, die Linke will (angeblich) Bitcoin verbieten. Wg. Umwelt, nicht wegen Ausbeutung.

»Kapital, sagt der Quarterly Reviewer, flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.«

Karl Marx, in MEW, Bd. 23, S. 788, Fußnote 250

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