Skip to content

Pam Africa: Aktuelles zum Gesundheitszustand von Mumia Abu Jamal

Das Foto zeigt Mumia Abu-Jamal zusammen mit Noelle Hanrahan
Das Foto zeigt Mumia Abu-Jamal zusammen mit Noelle Hanrahan
Seit September verschlechtert sich der Gesundheitszustand des politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal zusehends. Er hat an Gewicht verloren, ist blutarm, hat hohen Blutdruck und einen extremen Ausbruch seiner Schuppenflechte, und seine Haare sind ausgefallen. Im April 2021 unterzog sich Mumia einer Operation am offenen Herzen. Seitdem wird ihm eine kardiologische Rehabilitationsmaßnahme, einschließlich gesunder Ernährung und körperlicher Betätigung, verweigert. Dazu das Transkript eines Radiobeitrags bei Prison Radio, in dem Pam Africa dazu berichtet.

Noelle Hanrahan: Mein Name ist Noelle Hanrahan. Ich bin Anwältin, Ermittlerin und arbeite für Prison Radio, und ich bin hier mit Pam Africa für die International Concerned Family and Friends of Mumia Abu Jamal. Pam, was gibt es Neues?

Pam Africa: Richtig, letzte Woche hatte ich einen Anruf von Wadiya Jamals ältestem Sohn, der gerade von einem Besuch bei Mumia zurückkam, und er war sehr aufgebracht.

Er sagte sogar, er sei weinend den Flur hinuntergegangen. Als er zu seinem Auto kam, sagte er, er sei so durcheinander gewesen, als er sein Auto anließ, dass er anhalten musste, weil er unkontrolliert geweint hatte. Weißt du, weil Mumia einfach so schlimm aussieht. Und, seine Haare waren ausgefallen, aber das Wichtigste war nicht die Tatsache, dass Mumia die Haare ausgingen, und, es war der Ausschlag, er hatte diesen schwarzen Ausschlag, der in seinem Gesicht begann, und er hatte gesehen, dass Mumia sich so sehr gekratzt hatte, dass seine Augenbrauen, die Hälfte davon, weg waren.

Mumia juckt es rund um die Uhr und er hatte einen schrecklichen Ausschlag. Er ist da, und das war sehr beunruhigend für mich. Also kontaktierte ich einige der Leute, die mit mir zusammenarbeiten, und traf Vorkehrungen, um an unserem letzten Montag zum Gefängnis zu fahren. Ich meine, dieser Montag ist gerade vergangen und ich war schockiert, als ich ihn sah.

Ich war schockiert, als ich ihn sah. Ja. Wissen Sie, er war dünn, er hatte viel abgenommen, und als er von dem Ausschlag erzählte, musste ich daran denken, wie wir gegen diese Regierung gekämpft haben, wissen Sie. Und alles, um sie davon abzuhalten, Mumia durch medizinische Vernachlässigung zu ermorden. Als ich da saß und Mumia beobachtete, dachte ich daran, dass man, wenn man Mumia in seinem Podcast mit Marc Lamont Hill hört, keine Ahnung hat, dass man das Gesicht, das Gesicht von Mumia, den Körper von Mumia nicht mit dem in Verbindung bringen kann, was man im Radio hört, weil man denkt, dass es ihm gut geht.

Diese Regierung tötet Mumia langsam, absichtlich, durch medizinische Vernachlässigung. Ich spreche von seiner Diät, über die Noel noch mehr sagen wird. Und von der Tatsache, dass er keinen richtigen Hof bekommt, er hat ein schlechtes Herz, und sie geben ihm nicht die richtige Ernährung, die richtigen Dinge, die er zum Überleben braucht.

Und vor allem möchte ich, dass die Menschen verstehen, dass so etwas niemandem passieren sollte, aber Mumia ist zu 100% unschuldig. Und Sie werden im Laufe der Jahre all die illegalen Dinge sehen, die sie getan haben, um ihn im Gefängnis zu halten und so weiter. Aber zu diesem Zeitpunkt weiß ich, was ich sehe, und Wadias Sohn Issa wusste, was er sah.

Wissen Sie, sie foltern, wenn es einen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche juckt. Und während wir hier sprechen, wird William gerade gefoltert. Es gibt keinen Teil seines Körpers, der nicht juckt und an dem er sich nicht gräbt und kratzt, wissen Sie, ähm. Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Hilfe, um ihm eine Diät zu besorgen, wissen Sie, die, wissen Sie, während wir arbeiten und wir müssen die Arbeit aufnehmen, wir müssen wirklich die Arbeit aufnehmen, weil, wenn Sie die Beweise für die Unschuld haben, müssen wir den Druck auf diese Regierung ausüben, diesen erwiesenermaßen unschuldigen Mann freizulassen.

Richter Griffin. Sie wissen schon, aus Arkansas, sagte, dass diese Leute einen Blutrausch haben, und das ist es, was sie haben, einen Blutrausch. Sie haben Rachegelüste, wissen Sie. Mumia ist, wissen Sie, ein Black Panther, und, wissen Sie, er hat die MOVE-Organisation unterstützt, wissen Sie, seit Jahren. Mumia ist eine Ikone in der Weltgemeinschaft für die Arbeit, die er für die Menschheit, für die Menschlichkeit getan hat.

Und diese Leute wollen ihn umbringen. Und das tun sie auch. Sie tun es langsam. Wisst ihr, Mumia hatte eine Operation, bei der, der beschriebene Wärter, der, wisst ihr, mit Mumia zu dieser Operation an seinem Herzen ging, wisst ihr. Er sieht Mumias Herz auf dem Tisch schlagen. Mumia, wissen Sie, auf einer Trage oder, wissen Sie, auf dem medizinischen Tisch und so, wissen Sie. Ihm wurde fast schlecht, als er in dem Raum war, um das zu sehen.

Es gibt Bilder von Mumia aus dem Jahr 2023, die auf der Welt-Website und anderen Websites zu sehen sein werden, um den Menschen den Verfall von Mumias Gesundheit zu zeigen, also bitten wir die Menschen, sich zu erheben, aufzustehen und das Richtige zu tun und zu ihrem Kongressabgeordneten zu gehen, das Gefängnis anzurufen und alles zu tun, was notwendig ist.

Dies ist nur der Anfang dieses besonderen Kampfes. Wir werden mehr Details darüber haben, was jeder tun kann. Ich werde Noel jetzt reden lassen und die Zeit mit ihm teilen, aber bitte, bitte, ich sage Ihnen, was ich sehe, und er, er sollte nie den Punkt erreichen, den er letztes Jahr erreicht hat. Ich meine, vor ein paar Jahren, weißt du, sein Körper kann nicht mehr viel aushalten und ich muss das sagen, bevor ich Noel anschnauze.

An dem Tag, an dem Mumia aus dem Todestrakt entlassen wurde, und an dem Tag, an dem Mumia von Richter Parker eine Berufung bewilligt wurde, sagte er sehr deutlich über die Arbeit, die sie tun würden, sobald er in die allgemeine Bevölkerung überführt würde, wisst ihr, er sagte, er würde seine gerechte Strafe bekommen, und wisst ihr, dass er in der Hölle schmoren würde.

Wissen Sie, wir reden immer noch über einen unschuldigen Menschen. Das war der Zeitpunkt, als Mumia anfing, krank zu werden. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits seit über 30 Jahren im Gefängnis. Und ja, er hatte Erkältungen und solche Dinge. Aber als er in den normalen Vollzug kam, als er herausfand, dass er in den normalen Vollzug kommen würde, da begann seine Krankheit, wissen Sie.

Und dann, als er, als Richter Tucker ihm das Recht auf Berufung gab, da hat er, und wir werden später mehr ins Detail gehen, wissen Sie, aber sie sind entschlossen, Mumia zu töten. Wir müssen das stoppen, was vor sich geht. Wir konnten nichts gegen Malcolm unternehmen, weil wir den Plan nicht kannten. Wir kannten den Plan nicht.

Wir konnten nichts gegen Shea Combear unternehmen, weil es dasselbe ist. Was Martin Luther King betrifft, so wissen wir, was wir wissen, und wir sind Zeugen dessen, was hier geschieht. Es ist an der Zeit, dass wir uns erheben und ihnen sagen: "Zur Hölle, nein!".

Noelle Hanrahan: Okay, hier ist Noelle Hanrahan. Heute ist der 9. Februar. Wir möchten, dass Sie auf dem Laufenden bleiben, um Updates und Aktionswarnungen zu erhalten. Noelle Hanrahan, Prison Radio, im Gespräch mit Pam Africa von der International Concerned Family and Friends of Mumia Abu Jamal. Schauen Sie auf Instagram, schauen Sie auf Facebook, recherchieren Sie und engagieren Sie sich.

Quelle: Prisonradio
Übersetzung: Thomas Trueten


Der politische Gefangene Mumia Abu-Jamal ist 69 Jahre alt. Mehr als 42 Jahre seines Lebens hat er inzwischen im Gefängnis verbracht, über 30 Jahre davon in der Todeszelle.

Am 09. Dezember 1981 wurde Mumia Abu Jamal in Philadelphia, USA verhaftet, nachdem bei einem Schusswechsel ein Polizist getötet und er selbst schwer verletzt wurde. Er wurde verurteilt für einen Polizistenmord, der ihm untergeschoben wurde, wie ein bereits vor Jahren bekannt gewordenes Geständnis des mutmaßlichen Täters deutlich machte. Der afroamerikanische Aktivist kämpft seit seiner frühesten Jugend - damals als Pressesprecher der Black Panther Party - und bis heute als freier Journalist - gegen Rassismus, Polizeigewalt, Klassenherrschaft und Krieg. Dabei ist Mumia „nur“ einer von zahlreichen Gefangenen, die vom rassistischem Apparat der USA in die Knäste gesteckt wurden. Unter anderem zahlreiche AktivistInnen der Black Panther Party oder des American Indian Movement sitzen bereits mehrere Jahrzehnte hinter Gittern ohne dass ihnen jemals etwas nachgewiesen werden konnte.

Seine staatliche Hinrichtung konnte zwar 2011 endgültig verhindert werden, Mumia Abu-Jamal schwebt dennoch in Gefahr. So erkrankte er schwer an Covid 19 und überstand eine Herzoperation.

Mumia Abu-Jamal betonte seinerseits stets, dass es ihm nicht um sich, sondern um die zahlreichen anderen InsassInnen in den Todestrakten und Knästen geht. Eine breite und weltweit aktive Solidariätsbewegung fordert seit seiner Festnahme seine Freiheit:
"Die Forderung nach Freiheit für Mumia Abu-Jamal beinhaltet auch die Analyse der Gründe für seine Verurteilung, die alle in der US Gesellschaftsordnung begründet liegen:

  • institutioneller Rassismus in Verfassung, Justiz und Polizei

  • Klassenjustiz durch „Nichtverteidigung“ (oft auch Pflichtverteidigung genannt) armer Angeklagter, hauptsächlich People Of Color

  • Kriminalisierung von People Of Color (stop and search policies)

  • Anpassung der US Verfassung durch „Plea Bargains“ und „Three Strikes“ Regeln

  • Fortführung der Sklaverei unter anderem Namen (der Gefängnisindustrielle Komplex inhaftiert überwiegend People Of Color und das ist systematisch)

  • die Todesstrafe

  • politische Repression und (ehemals geheimdienstliche - COINTELPRO - inzwischen aber offizielle) Aufstandsbekämpfung"


Mehr Information:

www.freiheit-fuer-mumia.de
Free Mumia Berlin
Um in den USA die Bewegung zu seiner Freilassung bei den politischen und juristischen Auseinandersetzungen zu unterstützen, werden dringend Spenden gebraucht:

Rote Hilfe e.V.
Sparkasse Göttingen
IBAN:
DE25 2605 0001 0056 0362 39
BIC: NOLADE21GOE
Stichwort: "Mumia"

Darüber hinaus freut Mumia sich über Briefe:

Smart Communications / PADOC
Mumia Abu-Jamal, #AM 8335
SCI Mahanoy
P. O. Box 33028
St Petersburg, FL 33733
USA

Olga Taruta

Das einzige bekannte Foto von Olga Taratuta
Das einzige bekannte Foto von Olga Taratuta
Olga Iljitschnina Taratuta (Ukr: Ольга Іллівна Таратута; 21. Januar 1876 [oder möglicherweise 1874 oder 1878] - 8. Februar 1938) war eine ukrainische Anarchokommunistin. Sie war die Gründerin des Ukrainischen Anarchistischen Schwarzen Kreuzes.

Wer kennt das Schicksal von Olga Taruta in der russischen Geschichte? Am 8. Februar 1938 wurde Olga Taratuta von einem Sondergericht wegen anarchistischer und antisowjetischer Aktivitäten zum Tode verurteilt. Sie wurde noch am selben Tag von der Tscheka hingerichtet. Sie war einige Monate zuvor, am 27. November 1937, in Moskau festgenommen worden. Die stalinistische Justiz geht im Schnellverfahren vor. Wie die Prawda zur gleichen Zeit klar ankündigte: "Die Säuberung der katalanischen Trotzkisten und Anarchisten wird mit der gleichen Energie durchgeführt, mit der sie in der UdSSR durchgeführt wurde". In Wirklichkeit sind die Ziele in der UdSSR bereits erreicht: Es sind die letzten Prozesse gegen militante Anarchisten. Die Zerstörung der Bewegung ist abgeschlossen; die schwarze "Gefahr" ist beseitigt. In Spanien wird die kommunistische politische Polizei aktiv... Die spanischen Republikaner, die den Fehler begehen, im "Vaterland des Proletariats" Zuflucht zu suchen, treffen 1939 in Gefangenenlagern auf die letzten russischen Anarchisten, die nicht erschossen wurden.

Warum wurde Olga Taratuta ausgewählt, eine verkannte Figur des sowjetischen Widerstands, wenn Tausende von Libertären das gleiche Schicksal erlitten wie sie? Die Gründe für eine Auswahl sind schwer zu erklären. Wahrscheinlich wegen der Tragik ihres Schicksals und der Stärke ihres Engagements; wahrscheinlich auch, weil sie eine der Gründerinnen des "Schwarzen Kreuzes der Anarchisten" war, einer Hilfsorganisation für politische Gefangene. Ich werde Ihnen demnächst von anderen tragischen Schicksalen berichten, wie dem von Zenzi Mühsam, der Frau des deutschen Anarchisten Erich Mühsam. Der eine starb in Orianenburg, einem Konzentrationslager der Nazis; die andere verbrachte einen Großteil ihres Lebens im Gulag, nachdem sie in der UdSSR Zuflucht gesucht hatte. Sie starb dort zwar nicht, aber ihr Schicksal war nicht gerade beneidenswert. Viele Anarchisten, z. B. in Bulgarien, waren in faschistischen, stalinistischen und, um das Maß voll zu machen, royalistischen oder republikanischen Kerkern. Kehren wir vorerst zur Biografie von Olga Taratuta zurück.

Olga Taratuta, eigentlich Elka Ruvinskaja, wurde am 21. Juli 1876 im Dorf Novodmitrovka, nicht weit von Cherson, in der Ukraine geboren (es gibt Zweifel an der Jahreszahl, die von Quelle zu Quelle variiert). Ihre Familie war jüdischer Abstammung und ihr Vater betrieb einen kleinen Laden. Nach Abschluss ihres Studiums wurde sie Lehrerin. Ihre Schwierigkeiten mit den zaristischen Behörden begannen schon früh. Sie wurde 1895 zum ersten Mal verhaftet; die Geheimpolizei des Kaisers schätzte ihre politischen Ansichten, die sie im Rahmen ihrer Arbeit äußerte, nicht. Zwei Jahre später schloss sie sich einer sozialdemokratischen Agitationsgruppe in Elisawetgrad an, die von den Brüdern Grossman gegründet worden war. Um die Jahrhundertwende wurde sie Mitglied des Vorstands der Sozialdemokratischen Partei in Jelisawetgrad und trat dem Südrussischen Arbeiterverband bei. 1901 muss sie ins Ausland fliehen und findet Zuflucht in der Schweiz. Sie lernte Lenin kennen und arbeitete regelmäßig an der Zeitung Iskra mit. Das helvetische Klima beeinflusst ihre Ideen (wie die ihres Landsmannes Kropotkin) und sie wird Anarchistin-Kommunistin. Das allzu ruhige Leben in der Emigration passte jedoch kaum zu ihrem dynamischen Charakter. 1904 kehrte sie nach Russland, Odessa, zurück und schloss sich einer Gruppe von Aktivisten mit dem Namen "Kompromisslos" an. Im April 1904 wurde sie erneut von der Polizei wegen revolutionärer Propaganda verhaftet, aber im Herbst wieder freigelassen, da es in ihrer Akte keine wirklich überzeugenden Beweise für eine Anklage gab. Sofort nahm sie ihre militante Tätigkeit in der anarchistisch-kommunistischen Gruppe in Odessa wieder auf. Sie wurde zu einer der Berühmtheiten der Bewegung in Russland. Sie ist unter dem Pseudonym "Babuschka" (Großmutter) bekannt, was ziemlich lustig ist, wenn man bedenkt, dass sie erst 30 Jahre alt ist. Dieser liebevolle Spitzname wird ihr ihr ganzes Leben lang erhalten bleiben und passt ein wenig besser in die Zeit, in der sie zu den letzten überlebenden Anarchisten im Land gehören wird!

Gruppe Chernoe Znamia

Ab Oktober 1905, nach einer erneuten Verhaftung, gefolgt von einer kurzen Haftstrafe und einer spektakulären Flucht, radikalisierte sich ihre Aktion. Sie wurde als Mitglied einer 1903 in Byalistok gegründeten anarchistischen Gruppe namens Chernoe Znamia gemeldet, die dafür bekannt war, zahlreiche terroristische Aktionen zu verüben. Ziel der angewandten Strategie war es, die zaristische Macht durch Angriffe auf die verschiedenen Institutionen, die sie repräsentierten, zu destabilisieren. Die Gewalt der russischen Anarchisten mag überraschen, ist aber leicht zu erklären, wenn man bedenkt, welcher Gewalt sie selbst von Seiten der Behörden ausgesetzt waren: Folter, Schnellgerichte, Deportation und Erhängen waren das gemeinsame Los vieler revolutionärer Aktivisten in dieser Periode der Geschichte. Von allen Anschlägen, die von der Gruppe Chernoe Znamia verübt wurden, ist der berühmteste der Anschlag auf das Café Libman im Dezember 1905 in Odessa - ein Anschlag, an dessen Vorbereitung Olga aktiv beteiligt war. Die anarchistische Bewegung erlebte zu dieser Zeit eine ihrer spektakulärsten Entwicklungsphasen in Russland. Der Historiker Paul Avrich schätzt, dass es in den großen Städten über 5000 aktive Aktivisten und eine große Anzahl von Sympathisanten gab. Die Gruppen der Aktivisten betrieben intensive Propaganda an den Arbeitsplätzen und Olga Taratuta zahlte viel Geld. Um einer erneuten Verhaftung zu entgehen, flüchtete sie im März 1907 erneut in die Schweiz, aber das Exil und das Verlassen des sozialen Kampfplatzes waren definitiv nicht mit ihrem Temperament vereinbar. Sie kehrte nach Odessa zurück, nachdem sie in Jekaterinoslaw und Kiew Station gemacht hatte. Sie war erneut in mehrere Attentate auf Generäle des Kaiserreichs verwickelt, zunächst auf Kaulbars, den Militärkommandanten der Region Odessa, und dann auf Tomalchov, den Gouverneur der Stadt. Ende Februar 1908 scheute sie keine Schwierigkeiten und plante einen Massenausbruch von Anarchisten, die in der Lukjanowka, der Festung in Kiew, inhaftiert waren. Der Versuch scheiterte, da die Gruppe von Spitzeln infiltriert wurde. Die meisten Aktivisten werden verhaftet; wieder einmal gelingt es Olga, durch die Maschen des Netzes zu schlüpfen, aber ihr Glück wird sich ändern. Ende 1909 wurde sie in Jekaterinoslaw festgenommen. Diesmal war ihre Akte schwer belastet und sie entging nur knapp der Todesstrafe, die häufig gegen Revolutionäre verhängt wurde. Sie wird zu 21 Jahren Haft verurteilt. Sie blieb bis März 1917 in der Lukianowka, dem Gefängnis, dessen Mauern sie sprengen wollte, um die Insassen zu befreien. Die zaristische Repression setzte der Ausbreitung der libertären Bewegung ein vorübergehendes Ende.

Golos Truda
Die sieben Jahre im Gefängnis haben die Frau, die auf die 40 zugeht, schwer geprägt. Nach ihrer Freilassung zog sie sich aufgrund der bekannten revolutionären Ereignisse aus dem aktiven politischen Leben zurück und distanzierte sich von der russischen anarchistischen Bewegung. Der Grund für ihren vorzeitigen Rückzug war größtenteils Müdigkeit und Entmutigung, aber auch das Bedürfnis, ihren Lebensgefährten Sascha und ihr gemeinsames Kind wiederzusehen. Sie hielt sich nur kurze Zeit aus dem politischen Leben zurück. Im Mai 1918 engagierte sie sich für das Rote Kreuz in Odessa, das politischen Gefangenen unabhängig von ihrer politischen Herkunft half. Dieser Besuch in den Gefängnissen löste in ihr einen Sturm der Entrüstung aus, als sie sah, wie Anarchisten von den neuen politischen Machthabern behandelt wurden. Sehr schnell verspürt sie das Bedürfnis, ihre alten, kurzzeitig unterbrochenen militanten Aktivitäten wieder aufzunehmen. Eine neue Phase in ihrem Leben beginnt, die sie mit den neuen Herrschern des Landes, den Bolschewisten, konfrontieren wird. Sie verlässt die Ukraine und geht nach Moskau. Im Juni 1920 arbeitet sie an der Zeitung "Golos Truda" mit - eine anarchistische Äußerung, die kurzzeitig toleriert wurde! Außerdem trat sie dem Gewerkschaftsbund Nabat bei. Im Frühjahr 1918 wurden Aktivisten inhaftiert, gefoltert und hingerichtet, während der Kreml den Arbeiterdelegationen, die nach Moskau reisten, erklärte, dass in der besten aller Welten alles in bester Ordnung sei und Anarchisten völlig frei ihre Meinung äußern könnten...

Makhno
Im Herbst hatte die Sowjetregierung in der Ukraine ernsthafte Schwierigkeiten, sich der von den "weißen" Russen unter General Wrangel geführten Konterrevolution entgegenzustellen. Es wurde ein Pakt zwischen der Regierung in Moskau und den anarchistischen Rebellentruppen unter der Führung von Nestor Mahkno unterzeichnet. Um zu diesem Abkommen zu gelangen, wurden zahlreiche Verhandlungen und enge Gespräche geführt. Die Mahknower forderten unter anderem die Freilassung der Gefangenen, die in die Zwangsarbeitslager in Sibirien geschickt worden waren und deren Zahl sie bereits auf 200.000 schätzten. Darunter sind viele ukrainische Bauern, aber auch eine große Anzahl deportierter anarchistischer Aktivisten. Olga Taratuta nutzte den kurzen Frühling in den Beziehungen zwischen Bolschewisten und Mahknowisten, um in die Ukraine zurückzukehren. In Guliay Polye traf sie den Anführer der Bewegung, Mahkno. Der Generalstab dieser einzigartigen "schwarz-roten" Armee übergibt ihr eine hohe Summe, mit der sie die Gründung eines anarchistischen "Schwarzen Kreuzes" mit Sitz in Charkow finanzieren wird. Ziel dieser Organisation ist es, den politischen Gefangenen der Bewegung zu helfen, die immer zahlreicher in den bolschewistischen Kerkern sitzen. Im November 1920 wurde Olga Taratuta offiziell zur Vertreterin der Mahknowisten in Charkow und Moskau ernannt. Eine schwere Verantwortung, denn diese standen in den Gängen der Macht nicht im Geruch der Heiligkeit! Jeder weiß, dass das zwischen den feindlichen Brüdern geschlossene Bündnis nur von geringem Wert und von kurzer Dauer ist: Nur wenige sind naiv genug, um an die guten Worte der Bolschewisten zu glauben, zumal selbst während der Zeit des angeblichen Bündnisses die Verhaftungen weitergehen, insbesondere unter den Anarchisten, die in den Gewerkschaften und Sowjets aktiv sind.

Kropotkin
In ihrem Buch "Das Epos einer Anarchistin" würdigt Emma Goldman Olga sehr schön: "Die Charkower Genossen mit der heroischen Persönlichkeit Olga Taratutas an der Spitze dienten alle der Revolution aufs Beste, kämpften an allen Fronten, ertrugen die Unterdrückung durch die Weißen ebenso wie die Verfolgung und Inhaftierung durch die Bolschewiki. Nichts hat ihren revolutionären Eifer und ihre anarchistischen Überzeugungen entmutigt."

Der Verrat der Kommunisten lässt tatsächlich nicht lange auf sich warten. Eine beispiellose Repressionswelle bricht über die Mahknowisten herein. Das Schwarze Kreuz wird aufgelöst; Olga Taratuta wird verhaftet. Im Januar 1921 wurde sie nach Moskau überstellt. Sie gehörte zu den Aktivisten, die für einige Stunden freigelassen wurden, um an der Beerdigung von Peter Kropotkin teilzunehmen, bevor sie wieder in ihre Zellen zurückkehrten. Am 26. April 1921 wurde sie zusammen mit anderen Kameraden in das Orel-Gefängnis gebracht und während des Transports von ihren Bewachern verprügelt. Der Staatsanwalt des Gerichts, das ihren Fall bearbeitet, lässt sie wissen, dass sie freigelassen werden kann, wenn sie sich bereit erklärt, ihre politischen Verpflichtungen in der Öffentlichkeit zu verleugnen. Wir ahnen natürlich, welche Antwort sie ihren Peinigern schickt. Ihre moralische Stärke und ihre Integrität sprechen dagegen, dass sie eine solche Vereinbarung unterschreibt. Im Juli 1921 gehörte sie zu einer Gruppe von Häftlingen, die aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen elftägigen Hungerstreik traten. Sie erlitt einen heftigen Skorbut-Angriff und verlor fast ihr gesamtes Gebiss. In einem Brief an Freunde schreibt sie, dass die zwei Jahre, die sie gerade im Gefängnis verbracht hat, sie mehr Leben gekostet haben als all die Jahre, die sie während der Zarenzeit in Zwangsarbeitslagern verbracht hat.

Im März 1922 wurde sie für zwei Jahre nach Velikii Ustiug in der weit entfernten Wolodga-Regierung verbannt. Anfang 1924 wurde sie (vorübergehend!) freigelassen und kehrte nach Kiew zurück. Sie war nicht mehr politisch aktiv, hielt aber Kontakt zu den wenigen anarchistischen Aktivisten, die noch nicht hinter Gittern saßen. Zurück in Moskau fand sie noch die Energie, sich an der Kampagne zur Unterstützung von Sacco und Vanzetti zu beteiligen. Bei dieser Gelegenheit zeigen die Führer der Kommunistischen Partei, zu welchem Zynismus sie fähig sind. Nach Saccos Hinrichtung lud die Regierung seine Frau zu einem Aufenthalt in der UdSSR ein. Gleichzeitig schmoren viele, die die Ansichten der beiden Märtyrer teilen, in den Gefängnissen der UdSSR! Wahrscheinlich als Trost taufte Stalin eine Fabrik, die in einem Vorort von Moskau Kugelschreiber und Bleistifte herstellte, auf den Namen "Sacco & Vanzetti", damit die kleinen sowjetischen Schulkinder diese großen Helden der Arbeiterklasse nicht vergessen sollten. Parallel zu dieser Kampagne bemüht sich Olga Taratuta um die Organisation eines internationalen Protests für die Freilassung ihrer in der UdSSR inhaftierten Genossen. Man kann sich vorstellen, dass diese Haltung den Behörden nicht gefällt. Sie wurde 1929 erneut inhaftiert, diesmal beschuldigte die Tscheka sie, anarchistische Zellen unter den Eisenbahnern organisieren zu wollen.

Gulag
Bis 1937 ging ihr Leben so weiter, von Verhaftung zu Freilassung. Diesmal scheinen die Machthaber entschlossen zu sein, dieser Verhinderin einer friedlichen Unterdrückung ein Ende zu setzen. Sie lebt in Moskau und arbeitet in einer metallurgischen Fabrik. Wie bereits zu Beginn dieser Kolumne erwähnt, wird sie am 27. November 1937 unter dem Vorwurf anarchistischer und antisowjetischer Umtriebe verhaftet, vor Gericht gestellt und am 8. Februar 1938 erschossen. So endete das Leben der Babuschka der russischen Anarchisten auf tragische Weise. Im Gegensatz zu anderen hinterließ sie nur wenige "Spuren" in der Geschichte, da sie in erster Linie eine Aktivistin war: keine "Memoiren" oder "philosophischen Abhandlungen". Sie schrieb jedoch viel und übte im Laufe ihres abenteuerlichen Lebens mehrmals den Beruf des Journalisten aus. Wäre ihre Korrespondenz erhalten geblieben, hätte man wahrscheinlich eine Fülle interessanter Details über das Sowjetregime und die Lebensbedingungen der Landbevölkerung in ihrer Heimatregion, der Ukraine, erfahren können. Dies ist nicht der Fall, aber das Fehlen von Aufzeichnungen ist kein Grund, sie zu vergessen. Sie gehört zu jener Kohorte fast anonymer Menschen, die mutig für ihre Ideen gekämpft haben. Die Anzahl der Gegner, mit denen sie es zu tun hatten, sowohl von links als auch von rechts, ist beeindruckend. Wie ich bereits in dieser Kolumne erwähnt habe, werde ich in Kürze über eine weitere deutsche Aktivistin berichten, Zenzi Mühsam, die in den Konzentrationslagern der Nazis landete und danach lange Zeit im Gulag verbrachte.

Quellen: Im Internet das Lexikon der anarchistischen Aktivisten, der Blog libcom.org - Viele dieser Seiten beziehen sich tatsächlich auf das Buch des Historikers Paul Avrich, "Russische Anarchisten" - Ich habe auch die Broschüre "Repression des Anarchismus in Russland" konsultiert, die 1923 von Volin ins Französische übersetzt wurde.

Fotos: Das Bild am Anfang dieser Kolumne ist das einzige bekannte Porträt von Olga Taratuta. Sie ist wahrscheinlich auch auf anderen Gruppenfotos zu sehen, aber ihre Gesichtszüge sind schwer zu identifizieren.

Hinweis: Es war schwierig, die biografischen Daten für diese Chronik zusammenzustellen. Falls Ihnen ein Fehler auffällt, teilen Sie mir diesen bitte mit!

Quelle: Olga Taratuta ; destin d’une militante anarchiste russe (Histoire russe) par Paul Chion
Übersetzung: Thomas Trueten

Siehe auch: 85. Todestag von Olga Taratuta - Ольга Іллівна Таратута


Freiheit für Leonard Peltier - Aktivist des American Indian Movement!

Das SharePic mit verschiedenen Fotos von Leonard Peltier von der Festnahme bis heute stellt die Frage: Clemency - 2024 - year of decision? (Begnadigung - 2024 - Jahr der Entscheidung?) und die Forderung: No matter how  - but now!2024 jährte sich zum 51. mal die Besetzung des Ortes Wounded Knee in Süd Dakota / USA. Hier fand 1890 ein Massenmord an 300 Kindern, Frauen und Männern vom indigenen Stamm der Lakota durch die US Armeee statt.

Im Januar 1973 besetzten Aktivisten*innen des American Indian Movement (AIM) diesen Ort, um gegen die mörderische Politik der US Regierung zu demonstrieren. Sie machten damit auf Landraub und die kulturelle sowie physische Zerstörung der amerikanischen Ureinwohnerinnen aufmerksam. Damals war in der Pine Ridge Reservation, in der Nähe von Wounded Knee eine mörderische Paramiliz aktiv, welche die Bevölkerung und insbesondere AIM Sympathisant*innen angriffen und z.T. ermordeten.

Die gegen derartige Praktiken gerichtete Protestaktion in Wounded Knee erhielt weiltweite Aufmerksamkeit, auch in der dt. Presse. Die Zustände auf der Pine Ridge Reservation änderten sich dadurch jedoch leider nicht.

Der AIM Aktivist Leonard Peltier befand sich 1975 dort, um die Bevölkerung gegen den Terror zu unterstützen und wurde unter konstruierten Vorwürfen für einen angeblichen Mord am 6. Februar 1976 verhaftet und kurz darauf ohne stichhaltige Beweise verurteilt. Er wird seit inzwischen 48 Jahren als politischer Gefangener in verschiedenen US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnissen festgehalten.

Seine Verhaftung und die Repression gegen A.I.M. waren Teil des sogenannten COINTELPRO Programmes von der US-Bundespolizei FBI, die die Zersetzung und Zerschlagung der damals starken Protestbewegungen, u.a. auch der Black Panther Party mit geheimdienstlichen und damals noch illegalen Mitteln betrieb.

Leonard Peltiers Verurteilung zu zwei Mal lebenslänglicher Haft war nur in Folge der Bedrohung mehrerer Zeug*innen, welche ihre Aussagen später widerriefen, massiver Beeinflussung der Geschworenen und erfundener, heute als falsch nachgewiesener Beweise möglich.

Verschiedenste Bücher, Filme und Songs griffen seinen Fall in den folgenden Jahrzehnten weltweit auf und trotz einer starken und breiten Protestbewegung hat der Präsident der USA ihn noch immer nicht freigelassen.

Im Herbst 2022 fand ein 1100 Meilen langer Protestmarsch durch die USA bis nach Washington D.C. für seine Freilassung statt, an welchem sich ca. 2000 Menschen beteiligten. Und auch im Rahmen der weltweiten Proteste im Jahr 2016 gegen die Black Snake Pipline in Standing Rock – North Dakota, welche für die Profitinteressen eines Ölkonzerns indigenes Territorium unwiederbringlich zerstört, wurde sein Fall immer wieder thematisiert.

Mittlerweile ist Peltier im Regierungsgefängnis von Coleman in Florida inhaftiert. Sein Gesundheitszustand ist in Folge mehrerer chronischer Erkrankungen, einer Coronainfektion sowie seines fortgeschrittenen Alters sehr schlecht. Eine lebensbedrohliche Aortaaussackung könnte durch eine Operation behoben werden, was ihm jedoch seit Jahren verweigert wird.

Kundgebung – Di. 6. Februar 2024 – 18:00 Uhr
US Botschaft
Pariser Platz 2 – U+S-Brandenburger Tor – Berlin

Wir fordern Leonard Peltiers Freilassung sowie das Selbstbestimmungsrecht und die umfassende Entschädigung der amerikanischen Ureinwohner*innen!

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Free Them All!


Quelle: Free them all Berlin

Erst kamen die Pfeffersäcke

Das Foto zeigt einen deutschen Kolonialherren ca. im Jahr 1885, der sich von mehreren Trägern in einer Hängematte in Togo durch die Gegend tragen lässt.
Deutscher Kolonialherr in Togo (ca. 1885)
Die aus dem Kolonialismus stammende Diskriminierung im öffentlichen Raum durch Denkmäler und Strassennamen besteht fast überall weiter. So ist es etwa in Wuppertal immer noch nicht gelungen, den abwertenden Namen „Mohren“-Strasse zu ändern!

„Deutsch-Südwestafrika sollte zur Blaupause eines Rassestaates werden mit einer deutschen Führungsschicht an der Spitze und einem Heer rechtloser schwarzer Arbeiterinnen und Arbeiter.“ [Hoffmann, in: Schnurr/Patalong 115]So Ruth Hoffmann im 2022 erschienenen Buch „Deutschland, deine Kolonien“ – Geschichte und Gegenwart einer verdrängten Zeit, herausgegeben von Eva-Maria Schnurr und Frank Patalong.

Bereits 2021 als Zeitschrift in der Reihe „SPIEGEL GESCHICHTE“ herausgegeben, schreiben hier 18 Journalist:innen und Wissenschaftler:innen über den deutschen Kolonialismus. Das populärwissenschaftliche Buch gibt einen Überblick über alle kolonialen Anläufe seit dem 16. Jahrhundert. Es enthält eine zeitgenössische Landkarte aller Kolonien des Kaiserreiches im Buchrücken, in einem Kompendium werden die 9 Gebiete deutscher Besetzung in Kurzfassung beschrieben mittels zentraler gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und historischer Kategorien. Die Durchdringung der Opferländer und die Intensität der Unterwerfung werden sichtbar. Eine Zeittafel reiht die Ereignisse von 1528 bis 1945 auf. Die Chronik und das Kompendium machen das Buch zu einem wichtigen Beitrag für das Verständnis der historischen Tatsachen, die in der Öffentlichkeit der BRD kaum präsent sind. Das Buch schafft auch Grundlagen für die Diskussion um die Singularität des Holocaust, für die Beurteilung des „Neuen Historikerstreites“ zwischen Postkolonialismus-Studien einerseits und Holocaustforschung auf der anderen Seite.

Deutschland, deine Kolonien“

Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die vom Kaiserreich besetzten Gebiete ihre grösste Ausdehnung in Afrika, im Pazifik und in China und waren fest in der Hand der deutschen Wirtschaft, der Verwaltung und des Militärs. Aber schon seit Beginn der Neuzeit waren Deutsche an kolonialer Ausbeutung und Bereicherung beteiligt.

Die Handelsfamilie der Welser aus Augsburg scheiterte zwar 1528 bei der Etablierung eigener Stützpunkte in Venezuela und bei der Suche nach Gold und Bodenschätzen, konnte aber in den Sklavenhandel einsteigen. Im 17. und 18. Jahrhundert waren es Kaufleute aus Bremen und Hamburg, die unter dänischer Flagge im Dreieckshandel reich wurden. Die Dimension des Handels mit Menschen aus Afrika wird sichtbar an der Zahl der „Kammermohren“ [vgl. Klawitter , in: Schnurr/Patalong 44 f.]: die Existenz von mehr als 200 dieser schwarzen Sklaven an deutschen Höfen und Herrenhäusern ist mittlerweile belegt.

Grösster Händler wurde das Kurfürstentum Brandenburg, Keimzelle des Staates Preußen: „Mittels der 1682 gegründeten „Brandenburgisch-Afrikanischen Compagnie“ wurden in den folgenden Jahrzehnten etwa 30 000 Afrikaner in die Karibik verschleppt. (…) An der Menschenhandelskompgnie beteiligte sich auch das Kurfürstentum Köln.“ [Klawitter, in: Schnurr/Patalong 41]

Handelsstützpunkte und christliche Missionsgesellschaften markierten im deutschen Namen während des 18. und 19 Jahrhunderts Gebiete, auf die mit der Gründung des deutschen Nationalstaates ab 1871 zugegriffen wird: Kamerun, Togo, Samoa, Neuguinea.

Umfassend und gründlich wird 1884 auf der Kongo-Konferenz in Berlin zwischen den Kolonialmächten die Aufteilung „freier Gegenden“ verhandelt und Deutschlands Imperium entsteht. Direkte Herrschaft wird nun ausgeübt am Golf von Guinea (Togo), in Namibia (Deutsch-Südwest), Zentralafrika (Kamerun), Tansania-Ruanda-Burundi-Mosambik (Deutsch-Ostafrika), Pazifik (Deutsch-Neuguinea). Wenig später kommen noch Polynesien (Deutsch-Samoa) und in China Hankou, Tientsin und Kiautschou dazu.

Das Buch zeigt in vielen Artikeln offen die Praxis kolonialer Unterdrückung. Berüchtigt war die sexuelle Ausbeutung junger Frauen, etwa durch Carl Peters in Ostafrika: „Neben etlichen anderen ließ Peters die junge afrikanische Frau Jagodia, mit der er ein sexuelles Verhältnis unterhielt, und seinen einheimischen Diener Mabruk aufhängen.“ [Klußmann, in: Schnurr/Patalong 52 f.]

Die exzessive Anwendung der Prügelstrafe wurde in den deutschen Kolonien etabliert und von noch extremeren Verbrechen wird vielfach berichtet: „Besonders Gouverneur Jesko von Puttkamer presste seine Kolonie [Kamerun] ab 1895 brachial aus. Angeblich „herrenloses Land“ wurde per kaiserlicher Verordnung in deutsches „Kronland“ umgewandelt.

Die Deutschen beschränkten den Besitz afrikanischer Familien auf höchstens zwei Hektar. Sie rissen Häuser entschädigungslos nieder, legten Dörfer zusammen, um größere Landflächen zu schaffen, und zogen die Douala zur Zwangsarbeit ein. Wer aufbegehrte, wurde in Ketten gelegt oder ausgepeitscht.

Puttkamers Mann fürs Grobe war der Offizier Hans Dominik. Er organisierte „Strafexpeditionen“, bei denen Kinder ertränkt wurden, und ließ sich abgeschlagene Köpfe Aufständischer vor die Füße legen.“ [Gunkel, in: Schnurr/Patalong 142 f.]

Gegen den legitimen Widerstand der Bevölkerung in „Deutsch-Südwest“, angeführt vom charismatischen Nama Hendrik Witbooi, wurde ab 1904 die ganze Kraft militärischer Mittel angewendet, systematisch und mit dem offen ausgesprochenen Zieles der Vernichtung der Herero und Nama. Völkermord als deutsche Strategie des Generalleutnant Lothar von Trotha bedeutete den Tod aller Indigenen durch Verdursten in der Wüste.

Ein weiterer Artikel beschreibt die skrupellosen Menschenversuche von Robert Koch bei der Bekämpfung der Schlafkrankheit. Er scheiterte bei der Suche eines wirksamen Medikamentes, und viele Menschen sind an den von ihm verursachten Vergiftungen gestorben. [Grolle, in: Schnurr/Patalong 158 ff.]

Dem Rassismus in Deutschland sollte mit den „Menschenzoos“ eine volkstümliche Basis gegeben werden. Zunächst wurden Indigene als Attraktion von Geschäftemachern, in Deutschland von Carl Hagenbeck, vorgeführt. 1896 errichtete der wilhelminische Staat in Berlin die „1. Deutsche Colonial-Ausstellung“: „Auf größerem Areal als die Weltausstellungen in Paris und London präsentierten 3750 Aussteller auf 917 000 Quadratmetern, was sie zu bieten hatten: Das Gewerbe zeigte die Früchte kolonialer Aktivitäten, während Nachbauten kolonialer Szenerien für die damals so gefragte „Exotik“sorgten. Allein „Kairo“ brachte es inklusive Pyramidenattrappen auf 36 000 Quadratmeter; 400 Menschen, nicht alle von ihnen tatsächlich aus dem arabischen Raum, belebten diese Kulisse.“ [Patalong, in: Schnurr/Patalong 81]

Als pseudowissenschaftliche Rechtfertigung des Rassismus entstand die „Völkerkunde“, direkter Vorläufer der mörderischen „Rassenkunde“, die im Faschismus zu so viel Unheil geführt hat. [vgl. Patalong, in: Schnurr/Patalong 121]

Die deutschen Kolonien wurden nach der Niederlage im 1. Weltkrieg 1919 an Frankreich und England abgetreten, in der Weimarer Republik standen sich starke Pro-Kolonialkräfte und schwache antikoloniale Kräfte gegenüber.

Die Nazis versuchten zwar ab 1933, die Verfechter:innen eines neuen deutschen Kolonialismus zu gewinnen, haben aber eine andere strategische Ausrichtung: die Eroberung des „Ostens“, den Vernichtungs- und Raubkrieg gegen die Sowjetunion. So bleiben koloniale Initiativen unbedeutend und das Thema spielt lediglich in der Goebbels-Propaganda eine Rolle. 1943 wird das „Kolonialpolitische Amt“ aufgelöst.

Abgeschlossen wird das Buch mit einem Blick in das Namibia der Gegenwart. [vgl. March, in: Schnurr/Patalong 200 ff.] „Wir wollen nur Gerechtigkeit“, diese Forderung ist nicht erfüllt. Die viefältigen Schwierigkeiten des Gedenkens verhindern die Wiedergutmachung des Unrechtes ebenso wie die geringen Entschädigungen für die Herero. Die BRD entzieht sich bis heute ihrer Verantwortung für die deutsche Geschichte.

Anmerkungen zu „Deutschland, deine Kolonien“

Während die aggressive Expansion des Handelskapitals beschrieben wird und so gezeigt werden kann, wie die Handelsprofite im Dreieckshandel durch den Transport und Verkauf von Menschen aus Afrika als Slaven realisiert wurden, fehlen im Buch Hinweise auf die zentralen ökonomischen Veränderungen in den grossen Nationen ab den 1870er Jahren. Ausgelöst durch die rasante Entwicklung der Produktivkräfte kam es nach Rudolf Hilferding zur Verschmelzung des Industrie- und des Bankkapitals zum Finanzkapital. Diese Monopolisierung zeigte sich als Konzentration und Zentralisation. Es geht um die „Geschichtsperiode von 1875 – 1914, die durch eine neuartige Expansion der europäischen Großmächte, der USA und später auch Japans gekennzeichnet war und schließlich in den Ersten Weltkrieg einmündete. Das besondere Ziel dieser Expansion war die Beherrschung überseeischer Warenmärkte und Kapitalanlagesphären und der gewaltsame Erwerb von Territorien in Übersee, von Kolonien.“ (Heininger, in: Bellamy/Heininger 1)

Dies war der Kern des klassischen Imperialismus und der bestimmende Grund für die Konkurrenz zwischen den Kolonialmächten. Die Aggression nach aussen benötigte Aufrüstung und Militarismus, und führte zu einem radikalisierten und verstetigtem Nationalismus. Gesteigerter Nationalismus forderte wiederum Aufrüstung und Konfrontation.

Jan Friedmann sieht dagegen den Kolonialismus „von unten“ wachsen: „Kolonialträumereien und Rassismus (…) entstanden lokal vor Ort – und fanden Rückhalt in der gesamten Gesellschaft. So ergriff die Sehnsucht nach imperialer Größe im Kaiserreich breite Schichten der Bevölkerung. Kaufleute und Angestellte, Großstädter und Landbewohner, Honoratioren und Handwerker begeisterten sich für die koloniale Idee.“ [Friedmann, in: Schnurr/Patalong 59]

Diese Erklärung ist ungenau, denn hier vermischt der Autor die spätere Phase der Verbreiterung der Kolonialbewegung mit dem Beginn der Werbung für den Kolonialismus. Eckard Conze beschreibt in „Schatten des Kaiserreichs“ die Wechselwirkungen zwischen dem Druck einer fordernden Minderheit und dem nachgebenden Staat: „Fortdauernde Wirkung gewann die Bismarck`sche Kolonialpolitik auch dadurch, dass sie entscheidend zum Wachstum und zur Radikalisierung der deutschen Kolonialverbände beitrug. Die ersten dieser in den späten 1870er und frühen 1880er Jahren gegründeten Organisationen waren nicht besonders mitgliederstark. Das änderte sich mit der Gründung des „Deutschen Kolonialvereins“ (1882) und der Gesellschaft für deutsche Kolonisation“ (1884) (…) Der Nationalismus dieser Mitglieder (…) fand in der Idee überseeischer Expansion neue Nahrung. Aus dem deutschen Anspruch auf den Status einer „Weltmacht“ speisten sich Forderungen nach einem Kolonialreich und damit nach einer global ausgreifenden imperialen Politik. Die kolonialen Erwerbungen der Jahre 1884 und 1885 hatten das Tor zu einer solchen Politik aufgestossen.“ [Conze: 181 f.]

Der Kolonialismus in der deutschen Gesellschaft des Kaiserreiches war ausserdem nur ein Betätigungsfeld aus dem Kreis vieler wirkmächtiger pressure groups, die alle reaktionäre Ziele verfolgten: „Der Bund der Landwirte war nicht der einzige nationalistische Agitationsverband, der sich vordergründig ein bestimmtes Interessse auf die Fahne geschrieben hatte – den Schutz der Landwirtschaft, den Flottenbau, die Heeresrüstung oder den deutschen Kolonialismus -, darüber hinaus und ganz allgemein aber einen radikalen Nationalismus vertrat.“ [Conze: 148]

Ab 1903 stand der „Alldeutsche Verband“, mit dem sich die rechteste Fraktion der Herrschenden die einflussreichste Lobby-Organisation in Deutschland geschaffen hatte, im Zentrum der Aktivitäten.

Die Kriegervereine, in denen sich überall in Deutschland die Veteranen und ehemaligen Soldaten organisierten, stellten unten die „Massenbasis für den gesellschaftlichen Militarismus“. [Conze: 152]

Dem Argument, dass der ursächliche Rückhalt für den Kolonialismus aus der gesamten Bevölkerung stamme, hält Conze entgegen: „Nicht die Unterschicht war Träger dieses radikalen Nationalismus, sondern die bürgerliche und kleinbürgerliche Mittelschicht, darunter zahllose Akademiker.“ [Conze: 148]

Es stimmt, mit dem Wilhelmismus wurde der Kolonialismus ein breit akzeptiertes Projekt.

Aber diese Begeisterung wurde – mit viel Ausdauer und Professionalität – gemacht und hat sich dann als Teil des sich immer weiter radikalisierenden Nationalismus entfaltet. Angelegt war die nationale Aggressivität aber schon mit der Reichsgründung 1871, denn es „entstand ein Reichsnationalismus, der machtstaatlich aufgeladen , nach außen konfrontativ und nach innen immer weniger liberal war.“ [Conze: 139] Erst haben die Multiplikator:innen getrommelt, die Vielen folgten später.

„Auch in der Mission waren Deutsche tätig, schon bevor es das formale deutsche Kolonialreich gab. (…) Die Mission bereitete der kolonialen Landnahme den Boden – vor Ort, aber auch weil sie Akzeptanz des Kolonialismus in der deutschen Gesellschaft erhöhte.“ Darauf weist der Historiker Sebastian Conrad im Interview hin (Conrad, in: Schnurr/Patalong: 28).

Erstaunlich ist deshalb, dass die christlichen Missionen lediglich anhand eines Artikel von Kokou Azamede über die Diskriminierung afrikanischer Missionare bei ihrer „Ausbildung“ in Deutschland bei der Norddeutschen Mission erwähnt werden [vgl. Azamede, in: Schnurr/Patalong 68 ff.].

Nur in der Zeittafel finden wir die vier grossen protestantischen Missionen aufgeführt: Dänisch-Englisch-Hallesche Mission, Rheinische Missionsgesellschaft, Norddeutsche Mission, Evangelisch-Lutherische Mission; daneben gab es noch viele kleinere Missionen.

Unter dem Deckmantel religiöser Sendung betrieben die Missionare eifriges und systematisches Sammeln von Herrschaftswissen (geographisch, sozial, ethnographisch, ökonomisch). Als unverzichtbare intellektuelle Vorhut schufen sie so die technische und ideologische Basis der späteren kolonialen Besetzung.

Die Rheinische Mission etwa war ein Zusammenschluss der Missionsvereine Elberfeld, Barmen und Köln im Jahr 1828. Unmittelbar nach der Gründung wurde im südlichen Afrika die erste Station „Wupperthal“ eröffnet. 1913 betrieb die Rheinische Mission 117 Stationen und 683 Filialen, aktiv waren „in Übersee“ 207 Missionare mit 154 Ehefrauen. [vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinische_Missionsgesellschaft]

Seit 1971 ist die Rheinische Mission in der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM) aufgegangen, immer noch mit Sitz in Wuppertal, mit einem Museum auf der Hardt mit einem grossen ethnologischen Bestand. Vor knapp 200 Jahren fingen die Missionäre an, zu sammeln und nach Wuppertal zu bringen…

Götz Aly nennt die Unterdrückung durch die Deutschen im Pazifik den „blinden Fleck in der kolonialgeschichtlichen Debatte“. Und dies ist auch eine augenfällige Lücke des Buches.

Leider findet sich in „Deutschland, deine Kolonien“ zur pazifischen Region nur ein Interview mit dem Linguisten Peter Maitz über die Reste einer aus der Kolonialzeit stammenden veränderten deutschen Sprache [Saltzwedel, in: Schnurr/Patalong: 155 ff.]

Dabei gibt es mit dem Luf-Boot aus „Deutsch-Neuguinea“ im Humboldt-Forum ein imposantes Ausstellungsstück, anhand dessen die koloniale Unterdrückung ganz konkret gezeigt werden könnte. Könnte, aber nicht wird. Aly: „(…) plädiere ich dafür, zunächst einmal zu den Schauobjekten die jeweilige koloniale Geschichte zu erzählen. (…) Sie sollen sich ehrlich machen.“

[https://www.spiegel.de/kultur/deutscher-kolonialismus-in-der-suedsee-historiker-goetz-aly-ueber-die-zerstoerung-eines-paradieses-a-a4e4c3b8-b142-4b88-a5dd-749a1a9465fa]

Immer noch wird ein fairer Tausch beim Kauf des Bootes durch einen Deutschen behauptet, die Frage nach einer Forderung der Restitution ist in der Schwebe, und das Boot bleibt in Berlin eingemauert. Wirklich eingemauert, nicht sinnbildlich, denn 2018 wurde dieser Teil des Gebäudes um das schon platzierte Ausstellungsstück fertiggstellt.

Es ist Anspruch der Herausgeber:innen, den Opfern damals und den heute Forschenden aus den ehemaligen Kolonien eine Stimme zu geben:

Mit David Simo kommt ein Wissenschaftler der Universität Yaounde, Kamerun, zu Wort. Er vertritt allerdings reaktionäre Postionen, wie sie im globalen Norden nur in chauvinistischen Kreisen gepflegt werden. Er spricht sich gegen weitere Entschädigungen aus und gegen die Rückgabe geraubter Kunstschätze [Simo, in: Schnurr/Patalong: 37 f.]

Kokou Azamede schreibt über die systematische Diskriminierung afrikanischer Missionare bei ihrer „Ausbildung“ in Deutschland bei der Norddeutschen Mission. Der Autor nimmt die Perspektive des Blickes der Indigenen ein und zeigt so das eindeutige rassistische Innenverhältnis der Missionen.

Die Zeitzeugeninterviews des Projektes „Recollections of the German Period in Cameroon“ von Kum’a Ndumbe III lassen die Lesenden die authentischen historischen Stimmen hören. In den 1980er Jahren wurde mit den „letzten noch lebenden Zeugen der Kolonialzeit“ [Bohr, in: Schnurr/Patalong: 168] gesprochen und es wird sichtbar, wie überwältigend die Herrschaft der Deutschen war: „Deutsch galt plötzlich als Amtssprache. Wer nicht in der Lage war, sich auf Deutsch zu artikulieren, wurde nicht gehört. (…) Die Afrikaner, die ein Geschäft betrieben, durften unter den deutschen Kolonialherren nicht mehr eigenverantwortlich Handel treiben. Sie mussten als Angestellte in deutschen Läden fungieren und waren abhängig von den deutschen Kaufleuten.“ [Kum’a Ndumbe III, in: Schnurr/Patalong: 175]

Felix Bohr befragt Kum’a Ndumbe III zu den Voraussetzungen, der Entstehung, der Durchführung und dem Stand des Projektes heute.

Bisher konnten 30 Bände der Interviews gar nicht bearbeitet werden, von den bereits verlegten Bänden sind nur drei auf Deutsch erschienen, obwohl die Herausgabe in der Täter:innensprache das Wichtigste wäre!

Ein Hinweis auf die reale Ungleichheit in der Wissenschaft: über die Forschenden David Simo und Kokozu Azamede gibt es keinen Wikipedia-Eintrag!

Die aus dem Kolonialismus stammende Diskriminierung im öffentlichen Raum durch Denkmäler und Strassennamen besteht fast überall weiter. So ist es etwa in Wuppertal immer noch nicht gelungen, den abwertenden Namen „Mohren“-Strasse zu ändern!

Literatur:

Azamede, Kokou: „Wir waren bloß wie Tiere“ in: Schnurr/Patalong 2022

Bohr, Felix: „Die Weißen waren Monster“, in: Schnurr/Patalong 2022

Conze, Eckard (2020): Schatten des Kaiserreichs – Die Reichsgründung von 1871 und ihr schwieriges Erbe, München

Friedmann, Jan: Der Wahn vom Herrenvolk, in: Schnurr/Patalong 2022

Grolle, Johann: Menschenversuche im Paradies, in: Schnurr/Patalong 2022

Gunkel, Christoph: Der Prozess, in: Schnurr/Patalong 2022

Heininger, Horst: Geschichte der Imperialismustheorie (bis 1945), in: Foster, John Bellamy / Heininger, Horst (2002): Geschichte der Imperialismus- und Monopoltheorien, Supplement der Zeitschrift Sozialismus, Hamburg

Hoffmann, Ruth, in: Schnurr/Patalong 2022

Klawitter, Nils: Sklavenhändler zur Untermiete, in: Schnurr/Patalong 2022

Klawitter, Nils: Wie Deutsche die Sklaverei finanzierten, in: Schnurr/Patalong 2022

March, Leonie: „Wir wollen nur Gerechtigkeit“, in: Schnurr/Patalong 2022

Patalong, Frank: Menschenzoo, in: Schnurr/Patalong 2022

Patalong, Frank: Vermessen, in: Schnurr/Patalong 2022

Schnurr, Eva-Maria / Patalong, Frank (Hg.) (2022): „Deutschland, deine Kolonien“ – Geschiche und Gegenwart einer verdrängten Zeit, München

„Die ganze deutsche Gesellschaft profitierte von der Ausbeutung“. Ein Interview von Uwe Klußmann und Eva-Maria Schnurr, in: Schnurr/Patalong 2022

„Du wid get wo?“ Ein Interview von Johannes Saltzwedel, in: Schnurr/Patalong 2022

Die Suche nach Zeugen – Ein Interview von Felix Bohr, in: Schnurr/Patalong 2022

„Die Deutschen zerstörten ein Paradies – und behaupten bis heute das Gegenteil“ Ein Interview von Felix Bohr und Ulrike Knöfel

[https://www.spiegel.de/kultur/deutscher-kolonialismus-in-der-suedsee-historiker-goetz-aly-ueber-die-zerstoerung-eines-paradieses-a-a4e4c3b8-b142-4b88-a5dd-749a1a9465fa]

Erstveröffentlichung 08.12.2022


cronjob