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Bundestag: Abstimmung zu »Enduring Freedom«

Der Bundestag entscheidet am morgigen Freitag über die weitere Teilnahme der Bundeswehr an der US-geführten Anti-Terror-Operation »Enduring Freedom«. Der Antrag der Bundesregierung sieht vor, das Mandat bis November 2007 zu verlängern. Zugleich soll die maximale Personalstärke von 2800 auf 1800 Soldaten reduziert werden. Gegenwärtig sind im Rahmen des Mandats Marine-Einheiten am Horn von Afrika sowie im Mittelmeer eingesetzt. Zu »Enduring Freedom« gehört auch ein möglicher Afghanistan-Einsatz des Bundeswehr-Kommandos Spezialkräfte (KSK).

Tja. "Meine" Bundestagsabgeordneten werden jedenfalls am Freitag den 10.11.2006 gegen meinen erklärten Willen abstimmen:

Sehr geehrter Herr Trüten,

vielen Dank für Ihre Email. Sie haben mich gebeten, im Deutschen Bundestag gegen die Verlängerung des Mandats „Operation Enduring Freedom“ zu stimmen. Ich werde Ihrem Wunsch nicht entsprechen und möchte Ihnen die Gründe für meine Entscheidung gerne etwas genauer darlegen.

An der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) beteiligen sich derzeit ca. 70 Staaten mit ca. 17.000 Soldaten, davon ca. 8.000 in Afghanistan. Der Deutsche Bundestag hat am 16. November 2001 erstmals die Beteiligung der Bundeswehr an OEF auf der Grundlage der UN-Resolutionen 1368 und 1373 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen beschlossen. Das Mandat wurde seither jährlich um ein Jahr verlängert. Derzeit ist die Bundeswehr mit ca. 330 Soldaten beteiligt. Der Mandatsumfang liegt insgesamt bei 2.800 Soldaten. Diese Obergrenze wurde jedoch stets weit unterschritten. Im neuen Mandat wird die Obergrenze auf max. 1.800 Soldaten gesenkt werden. Unterhalb dieser Obergrenze sind in Abhängigkeit der Erfordernisse des Einsatzes Abweichungen möglich.

Die derzeit etwa 330 deutschen Soldaten, die an OEF teilnehmen, sind größtenteils am Horn von Afrika im Einsatz und nicht in Afghanistan. Auftrag des deutschen Einsatzverbandes sind die Seeraumüberwachung und damit verbunden die Unterbindung von Drogenhandel, Waffen- und Munitionsschmuggel. OEF umfasst, entgegen Ihrer Auffassung in Verbindung mit dem KSK, im Wesentlichen den Einsatz der Bundesmarine am Horn von Afrika. Dieser Einsatz erfährt international ein hohes Ansehen und sollte deshalb fortgeführt werden. Eine Einsatzoption der KSK sollte für den Eventualfall ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Deshalb sind auch die ca. 100 Spezialkräfte im Mandat ausdrücklich erfasst.

Entgegen Ihrer Einschätzung, dass der Deutsche Bundestag nicht ausreichend über die tatsächliche Einsatzlage informiert sei, fühle ich mich bislang ausreichend unterrichtet. Darüber hinaus hat das Bundesverteidigungsministerium den Fraktionen eine lückenlose Informationspolitik zugesagt, die durch regelmäßige Informationstreffen der Fraktionsvorsitzenden und des Bundesverteidigungs-ministeriums gewährleistet wird.

Das militärische Engagement von über 70 Staaten dieser Erde im Rahmen von „Operation Enduring Freedom“ schafft die Voraussetzungen für eine friedliche Entwicklung der Bürger
Bürgergesellschaft in Afghanistan. Die Verschlechterung der Sicherheitssituation darf nicht zu einem Rückgang der Unterstützung, sowohl militärischer als auch ziviler Art führen. Damit würde nur den wieder erstarkenden Taliban in die Hände gespielt. Deutschland wird auch in diesem Jahr den Wiederaufbau Afghanistans mit 80 Mio. € unterstützen. Der deutsche Schwerpunkt soll auf den raschen Ausbau der Energieversorgung gelegt werden. Um dem Drogenanbau eine Alternative entgegen zu setzen, sollen zukünftig die regionalen Wirtschaftskreisläufe gestärkt werden und eine Exportförderagentur aufgebaut werden. Insgesamt sind internationale Aufbauhilfen in Höhe von 8,2 Milliarden Dollar für die Jahre 2004 bis 2007 sowie die Entsendung von fünf Wiederaufbauteams aus Soldaten und zivilen Helfern für die verschiedenen Regionen des nach wie vor gefährdeten Landes vereinbart.

Ich stimme der Verlängerung des Mandats OEF zu, weil ich einerseits die internationale Verantwortung für das afghanische Volk in dieser schweren Phase unterstütze und andererseits vom Erfolg des eingeschlagenen Weges überzeugt bin. Deutschland bleibt ein engagierter Partner an der Seite Afghanistans.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin

Markus Grübel MdB
Abgeordneter des Wahlkreises Esslingen

Paul-Löbe-Haus 6.740
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: 030/ 227-71973
Fax: 030/ 227-76964
E-mail: markus.gruebel@bundestag.de


Sehr geehrter Herr Trüten,

für Ihre E-Mail, in der Sie sich gegen eine Verlängerung der deutschen Beteiligung an der Operation Enduring Freedom (OEF) aussprechen, danke ich Ihnen.
Ich habe Verständnis dafür, dass die Pressemeldungen zu den noch ungeklärten Vorwürfen des türkischen Staatsbürgers Murat Kurnaz gegenüber den KSK-Soldaten in Afghanistan in der Öffentlichkeit zu Verunsicherung führen.

Unsere Aufgabe als Politiker ist es aber, die verschiedenen Aspekte der Auslandseinsätze und in diesem Zusammenhang der Terrorismusbekämpfung nüchtern zu betrachten.

1. OEF ist weit mehr als der Einsatz von KSK in Afghanistan.
Es gibt weiterhin –“ nicht nur in Afghanistan –“ lokale und regionale terroristische Strukturen, die in unterschiedlicher Weise mit Al Quaida kooperieren. Dies gilt insbesondere für die Krisenregion vom Maghreb über die arabische Halbinsel und das Horn von Afrika bis nach Zentralasien und in den Nordkaukasus. Hier haben wir es weiterhin mit fragilen bis instabilen Regionen zu tun.

Deshalb ist die umfassende Bekämpfung des internationalen Terrorismus auch weiterhin eine der zentralen Herausforderungen für die internationale Gemeinschaft. Es ist auch zukünftig von einer erheblichen terroristischen Bedrohung auch in Europa auszugehen –“ wie die vereitelten Anschläge auf US-Flugzeuge in London oder die fehlgeschlagenen „Kofferbomben-Anschläge“ in Deutschland zeigen. Durch die Beteiligung an OEF können wir einen wichtigen Beitrag zum Schutz unseres Landes leisten, indem wir dort gegen den Terrorismus vorgehen, wo er entsteht.

2. Die Bundesregierung hat stets die Auffassung vertreten, dass die Bekämpfung des Terrorismus in erster Linie keine militärische, sondern eine politischen Aufgabe ist. OEF ist daher als ein Element einer Gesamtstrategie zu sehen, die Maßnahmen auch und gerade in zahlreichen anderen nicht-militärischen Bereichen umfasst.
Doch die fortbestehende Gefährdungslage erfordert auch weiterhin die Bereitstellung ausgewählter militärischer Fähigkeiten für die Bekämpfung des Terrorismus.
So werden durch die Einsätze von Marinekräften am Horn von Afrika Terroristen der Zugang zu Rückzugsgebieten verwehrt und potentielle Verbindungswege abgeschnitten. Gleichzeitig wird diese für den Welthandel strategisch wichtige Seepassage vor terroristischen Anschlägen geschützt.

Auch der aktiven Bekämpfung des harten Kerns terroristischer Kräfte in Afghanistan durch die OEF bedarf es nach wie vor.

Die militante Opposition, sowie die lokalen/regionalen Machthaber und die organisierte Kriminalität sind immer noch bestimmende Faktoren für die Sicherheitslage Afghanistans. Besonders im Süden und Osten stellen diese Faktoren eine wesentliche Bedrohung afghanischer und internationaler Sicherheitskräfte aber auch der gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Entwicklung dar. Es bedarf hier weiterhin der aktiven Terrorismusbekämpfung durch OEF, bis die afghanischen Sicherheitskräfte eigenständig in der Lage sind, die Sicherheit im eigenen Lande zu gewährleisten.

Mit der am 5. Oktober 2006 erfolgten Ausdehnung des Einsatzgebietes der NATO-geführten Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) auf ganz Afghanistan besteht die Hoffnung, dass es mit dem stärker auch an zivilen Erfordernissen orientierten Ansatz von ISAF gelingen kann, die Regierungsgewalt der Zentralregierung –“ und damit auch die Aufbaubemühungen –“ auf diese bislang vernachlässigten Regionen auszuweiten.

Betonen möchte ich aber: Aufgabe von ISAF ist auch weiterhin nicht die Bekämpfung noch existierender terroristischer Gruppierungen der Taliban, Al Q–˜aida usw. Dies ist und bleibt Aufgabe der Operation Enduring Freedom. Beide Mandate, OEF und ISAF, bleiben - nicht zuletzt auf Wunsch Deutschlands - voneinander getrennt, um Terrorbekämpfung auf der einen und Wiederaufbau und Demokratisierung auf der anderen Seite nicht miteinander zu vermengen.

Der deutsche Beitrag zu OEF in Afghanistan besteht in der Bereitstellung von Spezialkräften (KSK). Der letzte geleistete Beitrag wurde im Mai 2005 beendet. Im Oktober 2005 wurde die Rückverlegung aller deutschen KSK-Kräfte nach Deutschland abgeschlossen. Seit diesem Zeitpunkt gab es keine Anforderung bzw. keinen Einsatz von KSK in Afghanistan mehr.

Ich kann Ihre Besorgnis über den Einsatz von KSK-Kräften bzw. die geringe Information über entsprechende Einsätze dieser –“ insbesondere im Zusammenhang mit den Vorwürfen des Herrn Kurnaz –“ verstehen. Auch wir Parlamentarier sehen hier Handlungsbedarf. Deshalb wird im neuen Mandat ein gesondertes Unterrichtungsrecht der Bundesregierung gegenüber dem Parlament festgeschrieben.

Fünf Jahre nach dem 11. September 2001 gibt es weiterhin ein international organisiertes und weltweit agierendes Netzwerk von Terroristen, das eine gefährliche Bedrohung darstellt. Seine nachhaltige Bekämpfung erfordert einen umfassenden und anhaltenden Ansatz. Militärische Mittel sind dabei nur ein –“ allerdings unerlässliches –“ Element, das von polizeilichen, politischen, entwicklungspolitischen zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Maßnahmen begleitet werden muss. Die Operationen Enduring Freedom und die Einsätze der NATO im Mittelmeer im Rahmen der Operation Active Endeavour sind dabei zwei militärische Komponenten ohne die aber ein erfolgreiches Vorgehen gegen den Terrorismus zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Karin Roth

--
Karin Roth, MdB
Parlamentarische Staatssekretärin
beim Bundesminister für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung
Abgeordnete im Wahlkreis Esslingen

Berliner Büro: Sonja Birnbaum
Axel Weinsberg

Platz der Republik 1 11011 Berlin

Tel: 030/227-77391 Fax: 030/227-76391

www.karin-roth.de


Ich hatte folgende Mail im Rahmen einer eMail - Aktion, einer Initiative der DFG-VK (Kampagne "Schritte zur Abrüstung" & Landesverband Baden-Württemberg) mit Unterstützung der Informationsstelle Militarisierung e.V. und dem Friedensratschlag an die Abgeordneten geschrieben:


Sehr geehrte(r) Abgeordnete(r),
sie sollen am 10. November 2006 darüber abstimmen, die deutsche Beteiligung an der Operation Enduring Freedom um ein weiteres Jahr fortzusetzen.

Unter völkerrechtswidrigem Hinweis auf das "Selbstverteidigungsrecht" wird im Rahmen dieser Operation seit fünf Jahren in Afghanistan Krieg geführt. Dieser Krieg hat Tausenden von Zivilisten das Leben gekostet. Deutschland ist aktiv in diesen "Krieg gegen den Terror" eingebunden.

Daran sind auch mindestens 100 Soldaten der Elitekampftruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) beteiligt, obwohl niemand offiziell weiß, was das KSK in Afghanistan gemacht hat und macht. Selbst die meisten Ihrer Kollegen/Kolleginnen wissen darüber nicht Bescheid. Die Anschuldigungen des in Guantanamo über vier Jahre festgehaltenen Deutsch-Türken Murat Kurnaz, KSK-Soldaten hätten ihn misshandelt, haben jetzt - endlich - zur Einrichtung eines Untersuchungsausschuss geführt. Es ist leider zu vermuten, dass auch Gefangene der KSK nicht örtlichen Gerichtsbarkeiten oder Sicherheitsleuten übergeben wurden. Eher ist davon auszugehen, dass mit Blick auf die US-Militärpolitik und das Gefangenenlager in Guantanamo, die Soldaten in einem völkerrechtlichen Graubereich agiert haben.

Waren für die Menschen vor Ort die Aktionen der Operation Enduring Freedom bisher schon nur schwer von denen der ISAF zu unterscheiden, droht nun mit der Ausweitung des ISAF-Einsatzgebietes eine völlige Vermischung.

Von Frieden und Ruhe in Afghanistan kann nicht die Rede sein. So schrieb die FAZ bereits vor einem Jahr (14.11.05), dass "Stabilität nur auf dem Papier" bestehe. Das Auswärtige Amt malt ebenfalls ein düsteres Bild: "Die Sicherheitslage insbesondere im Süden und Südosten Afghanistans hat sich seit Ende 2005 verschärft und muss als kritisch betrachtet werden." (Auswärtiges Amt: Bundesregierung legt überarbeitetes Afghanistankonzept vor, Pressemitteilung, 14.09.06)

Ich bitte Sie daher eindringlich: stimmen Sie bei der Abstimmung im Bundestag gegen die Verlängerung der Bundeswehr-Beteiligung an der Operation Enduring Freedom und holen Sie die Soldaten zurück.

Sorgen Sie dafür, dass Afghanistan durch Ausbau von Infrastrukturmaßnahmen u.a. im Bereich von Gesundheit und Bildung eine echte Chance bekommt, sich von Krieg und Terror zu befreien. Soldaten bedarf es dazu nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Trüten
Esslingen am Neckar
thomas@trueten.de


Das war von den Abgeordneten wohl nicht anders zu erwarten. Aber ich wollte nichts unversucht lassen, vertraue aber zukünftig verstärkt wieder Demonstrationen und anderen aktiven Aktionen.

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