US-Angeklagter des Tages: Ehren Watada
Zur heute beginnenden Militärgerichtsverhandlung gegen Ltd. Ehren Watada schreibt die Tageszeitung "junge Welt" vom 5.2.2007:
US-Angeklagter des Tages: Ehren Watada
Seit den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg sind Angriffskriege als kriminell geächtet. Die Weigerung eigener Soldaten und Offiziere, an einem solchen teilzunehmen, gilt aber den politischen und militärischen Führungen imperialistischer Staaten immer noch als das größte Verbrechen. Das trifft nun den Leutnant der US Army Ehren Watada, dessen Kriegsgerichtsprozeß heute in den USA beginnt. Er hatte als erster Berufsoffizier der Vereinigten Staaten im Juni vorigen Jahres den Marschbefehl nach Irak verweigert (siehe jW vom 24. Juni 2006). Seine Begründung: Die Bush-Administration habe die Kriegsgründe herbeigelogen und führe folglich im Irak einen »illegalen und unmoralischen« Krieg. Wie seinerzeit in Nürnberg verlangt, müsse er seinem Gewissen folgen und die Teilnahme an einem verbrecherischen Angriffskrieg verweigern. Watada wird gegenwärtig in einer landesweiten Kampagne als »Verräter« angefeindet, zumal er die US-Generalität und Präsident George W. Bush als »eine Bedrohung für die (amerikanische) Verfassung« verurteilt.
Watada muß sich wegen zwei Vergehen verantworten, die »eines Offiziers nicht würdig« seien: Erstens, weil er dem Oberkommandierenden der US-Streitkräfte, Präsident Bush, vorwirft, das amerikanische Volk »betrogen« zu haben. Zweitens, weil er den Marschbefehl nach Irak verweigert hat. Die Bedeutung des Prozesses geht inzwischen weit über Watadas Person hinaus: Die Antikriegsbewegung in den USA gewann zunehmend an Kraft und feiert ihn als einen ihrer Helden.
Klar ist bereits, daß Watada nicht freigesprochen werden kann. Gerade unter jungen US-Offizieren gibt es viele scharfe Kritiker des Irak-Krieges und damit potentielle Nachahmer. Watada hat im schlimmsten Fall eine Strafe von vier Jahren Militärgefängnis zu erwarten. »Für mich lohnt sich das Opfer«, meinte er am Wochenende. Über seine Chancen auf einen fairen Prozeß mache er sich keine Illusionen, wolle aber nicht, daß später gefragt werde: »Warum ist kein Amerikaner dagegen aufgestanden?« (rwr)
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