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Die Besetzung der Adalbertstr. 6 in Kreuzberg im Juni 1980

Am Tag der Besetzung der A6 gab es ein großes Straßenfest mit der Theatergruppe Narrenspieß
direkt vor dem Haus.

Foto: Monika von Wegerer
Im Frühjahr 1980 kam es in Kreuzberg zu ersten Besetzungen leerstehender Häuser. Zu denen gehörte auch die Adalbertstraße 6, das erste Haus gleich hinter dem Neuen Kreuzberger Zentrum (NKZ), das im Juni 1980 besetzt wurde. Fotos und Bericht von Monika v. Wegerer

Massiver Leerstand, der Abriss vieler Altbauen und die Eroberung gemeinsamen Freiraums führte im Jahr 1980 zu der breiten, stadtweiten Hausbesetzerbewegung, in der mehr als 200 Häuser besetzt wurden. Bundesweit bekannt wurde sie durch den 12. Dezember 1980, denn an diesem Tag kam es nach der Räumung von 3 Häusern am Fränkelufer zu Krawallen, wie sie Kreuzberg schon seit langem nicht mehr erlebt hatte.

Die "A6" wie wir das Hausprojekt selbst nannten, war zum Zeitpunkt der Besetzung Eigentum der städtischen Gewerbesiedlungs-Gesellschaft GSG. An diesem Tag im Juni fand vor dem Haus ein Straßenfest statt, das eine Menge Zuschauer anlockte. Wir nutzten - gut vorbereitet - die Gunst der Stunde und besetzten mit rund 15 Leuten das Haus. Dabei stellten wir fest, das wir im Haus nicht alleine waren. Es gab noch einen letzten Mieter: unseren Opa Salzi, wie wir Herrn Salzmann später nannten. Er hatte sich das Wohnrecht auf Lebenszeit beim Gericht erstritten.
Nach anfänglichen Auseinandersetzungen mit der GSG, die das Haus verwaltete konnte die Hausgemeinschaft jedoch lange Zeit das Haus ihren Vorstellungen gemäß nutzen und ihre Angelegenheiten selbst verwalten. Etagenmietverträge wurden abgeschlossen, die Erdgeschosswohnung wurde als Nachbarschaftsladen genutzt und vieles wie Hofbegrünung, Hausreinigung, der Ausbau und die Nutzung des Dachbodens, eine Werkstatt im Hof oder ein offener Gemeinschaftskeller wurde gemeinschaftlich organisiert.
Jahrelang blieb für die A6 im Großen und Ganzen alles beim Alten. Nur einige der Bewohner wechselten. Doch nachdem die GSG das Haus verkaufte, sollte sich das grundlegend ändern. Erst kamen Mieterhöhungen, dann der Versuch die Mietverträge für die Mieter zu verschärfen, schließlich massive Schikanen des neuen Hausbesitzers wie Kündigungsprozesse wegen angeblich vertragswidriger Nutzung der Wohnungen. Obwohl die Hausbewohner immer wieder den Versuch machten sich mit dem neuen Hausbesitzer zu einigen, verweigerte der entschieden den Dialog und klagt weiter.

Inzwischen ist der einstige Nachbarschaftsladen, der über viele Jahre einen wertvollen kulturellen und politischen Beitrag im Kiez geleistet hat zu einem Internetcafe geworden und daneben gibt es nun einen Dönerladen. Die Besetzung ist nun schon 35 Jahre her, aber noch immer haben sich einige der Erstbesetzer nicht verdrängen lassen auch wenn deren Wohngrundlage weiterhin bedroht bleibt.

Weitere Informationen:

Via Umbruch Bildarchiv, Berlin

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