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Boris Palmer - populistische Stimmungsmache mit untauglichen Vorschlägen

Der Sprecherrat der Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen hat heute die folgende Pressemitteilung herausgegeben:

"Wir kritisieren, dass der Tübinger OB Boris Palmer sexualisierte Gewalt immer nur dann öffentlich problematisiert, wenn es sich bei den Tätern um Geflüchtete handelt. Warum skandalisiert er solche Taten nicht in derselben Weise, wenn die Täter weiße Männer oder etwa Würdenträger der katholischen Kirche sind? Warum macht er auch in diesem Fall nur Vorschläge, was mit den an der Tat beteiligten geflüchteten Männern zu geschehen habe?

Die neuerliche Vergewaltigung einer Frau in Freiburg durch mehrere Männer, darunter auch Männer mit Fluchthintergrund, ist ein widerwärtiges Verbrechen, das durch nichts zu entschuldigen oder zu verharmlosen ist. Die an dieser Tat beteiligten Männer gehören allesamt angeklagt. Es sollte jedoch erneut nicht der Eindruck verbreitet werden, als seien solche Taten nur deswegen kritikwürdig, weil daran Geflüchtete beteiligt waren. Wir können es nicht fassen, dass Herr Palmer erneut in das gleiche rassistische Rohr bläst wie diejenigen, die jetzt in Freiburg sofort eine Demo gegen Geflüchtete organisieren. Wenn die Täter weiße Deutsche gewesen wären, gäbe es sicher keine Demo und keine Proteste von rechts. Chemnitz lässt grüßen!

Wir wenden uns hiermit auch gegen die Vorschläge, die Boris Palmer nach dieser Tat erneut in die Diskussion gebracht hat (vgl. Südwest Presse Südwestumschau 29.10.18). Er schlägt vor, dass Polizei und Kommunen die Befugnis erhalten sollen, „gewaltbereite Asylbewerber“ in staatliche Landeseinrichtungen einzuweisen. Dies sind untaugliche Vorschläge.

Wer eine Straftat begeht oder einer Straftat verdächtig ist, soll angeklagt und im Fall der Schuld verurteilt werden, ob Geflüchteter oder Nicht-Geflüchteter. Dafür ist aber nach wie vor die Justiz zuständig und nicht die Polizei oder der Oberbürgermeister. Außerdem ist nicht jeder Täter mit Fluchthintergrund noch ein „Asylbewerber“. Einen anerkannten Flüchtling, der einer Straftat verdächtigt wird, kann man nicht einfach irgendwo kasernieren. Und selbst bei Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden, dürfte dies rechtlich nicht machbar sein. Insofern sind die Vorschläge von Herrn Palmer nicht realitätstauglich, sondern erneut bloße rechtspopulistische Stimmungsmache.

Wir begrüßen es, dass auch Herr Palmer einen „Spurwechsel“ fordert für geflüchtete Menschen, die sich vorbildlich verhalten und eine feste Arbeitsstelle haben, aber deren Asylantrag abgelehnt wurde. Wir halten es jedoch für perfide, ein Bleiberecht für gut integrierte Geflüchtete nur dann gutheißen zu wollen, wenn gleichzeitig die „gewaltbereiten“ Flüchtlinge kaserniert werden. Diejenigen, die sich Mühe geben und alles für ihre Integration tun, sollten nicht für das bestraft werden, was sich andere zu Schulden kommen lassen. Wir fordern daher Herrn Palmer auf, dieses Junktim öffentlich zurückzunehmen.

Der Sprecherrat der Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen

Wolfgang Bleicher, Werner Hörzer, Andreas Linder, Monika Petersen, Marc Schauecker"

Hamburg: We'll come united - Eine Parade für den alltäglichen Aufstand der Solidarität

Foto: © Umbruch Bildarchiv
Über 30.000 Menschen haben sich am 29. September 2018 an der We'll Come United Parade in Hamburg beteiligt. Nie zuvor gab es in Deutschland eine größere Demonstration für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte und schon gar nicht in dieser Zusammensetzung. Angeführt von Geflüchteten aus Afrika, aus Asien sowie von Roma, die alle gegen Abschiebungen und für ihr Bleiberecht kämpfen; gemeinsam mit Aktivist*innen, die sich in Organisationen der Seenotrettung oder in Initiativen der Solidarischen Städte engagieren; zusammen mit migrantischen Gruppen, die den Rassismus in den Behörden und in der Gesellschaft attackieren.

„Alle bleiben“, „Solidarity will win“ und „United against Racism“ lauteten entsprechend die zentralen Slogans auf den bunt leuchtenden Plakaten, mit denen bereits seit Februar diesen Jahres die Mobilisierung für die Hamburger Parade begonnen hatte. Hunderte von Veranstaltungen und Besuchen in Refugee-Camps, das Ausschwärmen („Swarming“) schon beteiligter Gruppen, um neue MitstreiterInnen zu gewinnen, die Konferenz der „großen Koalition des Antirassismus im Mai in Göttingen, dann im Juli das We'll Come United Sommercamp in Brandenburg: all diese Aktivitäten haben den Grundstein für das großartige „Signal von Hamburg“ gelegt. Die selbstorganisierten Initiativen kamen mit den Protestbewegungen der Seebrücken und „Wir sind mehr“-Demonstrationen sowie mit einer unglaublichen Mobilisierung der gesamten Hamburger Solidaritätsstrukturen „zum schönsten Tag des Jahres“ zusammen.

Mit über 40 Motivwägen wurden unterschiedliche Forderungen und Alltagskämpfe auf die Strasse getragen und sehr eindrucksvoll und selbstbewusst für die Gesellschaft der Vielen demonstriert. „´Migration ist die Mutter aller Gesellschaften, stand am Samstag auf dem Haupttransparent von We–™ll Come United. Prägnanter kann man Innenminister Horst Seehofers unsäglichem Ausspruch, Migration sei die ´Mutter aller Probleme, nicht kontern.“ (Taz am 1.10.18).

Die Parade hat nicht nur viel Spaß, sie hat vor allem auch Mut gemacht und motiviert für die weiteren Kämpfe in harten Zeiten. Denn überall - von den Außengrenzen bis zu den Innenstädten - erleben wir umkämpfte Räume, in denen wir nun vor der Herausforderung stehen, diese hoffnungsvolle gemeinsame Mobilisierung zu einem „alltäglichen Aufstand der Solidarität“ zu verdichten. - Hagen -

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