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Zu Schirrmachers Tod

Frank Schirrmacher
Quelle: WikiPedia
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Nach all den Triumphworten zum Tod des Publizisten Schirrmacher eine bescheidene Erinnerung an seine Frühzeit, als er vor allem durch Angriffe auf Christa Wolf ein ganzes System von Überzeugungen zum Einsturz brachte. Wer einige Zeit nach Schirrmachers Tiefschlägen ein Seminar zu Christa Wolf besuchte, konnte erfahren, wie vollkommen der Sieg des Niederwalzers gelungen war. Das soll doch auch nicht vergessen sein.

Deshalb ein Abdruck eines älteren Beitrages mit Verweisen dazu auf frühere Artikel dazu in StattWeb - StattZeitung für Südbaden.

Schirrmachers neuester Dreh: Zurück zu Thatcher und Erhard!

Schirrmacher ist immer für eine Überraschung gut. Schon in den Anfängen seiner Karriere, als er Christa Wolf aus dem Schaufenster fegte. Dann als er den langjährigen Hausschreiber Walser des Antisemitismus verdächtigte. Und jetzt, als er in der Sonntagsausgabe der FAZ (14.8.2011) der LINKEN die Ehre zu geben scheint: Sie hätte die längste Zeit durchgeblickt. Er stützt sich dabei auf einen entsprechenden Aufsatz des englischen Thatcher-Biographen Moore, der sich freilich viel enger auf den Murdoch-Skandal bezieht. Lag der Fehler der Rechten nach Moore darin, dass sie zu lange die Sauereien Murdochs und seiner Verlage duldeten, so greift Schirrmacher ganz anders ins Volle.

Wenn man seinen Gedanken nachvollzieht, dann haben die Linken in einem Punkt recht: die Rechts-Regierung - vor allem der CDU - ist unfähig, ihr Unglück zu erkennen und zu erklären.

Das Unglück: Die Wirtschaft - konkret die Banken - regieren sprachlos unsere Welt. Kein Trost kommt von oben.

Dann freilich regnen Erinnerungstäuschungen herein. Erhard verklärt sich nicht nur im letzten Buch Wagenscheins, sondern auch bei Schirrmacher. Wäre es zu seiner Zeit denkbar gewesen, dass alles sich vollzog, ohne ein klärendes Wort? So fragt uns Schirrmacher rhetorisch!

Oh ja - nur klärte es nichts. Im letzten Regierungsjahr der CDU vor der ersten großen Koalition erschien Rüdiger Altmanns "Formierte Gesellschaft" (1965), in welchem - unter wohlwollendster Anteilnahme des damaligen Bundeskanzlers - wie heute versucht wurde, dem auseinanderlaufenden Kapitalismus Streben einzuziehen: gegen Gier, gegen Besinnungslosigkeit usw. Schon damals heftig angegriffen.

An welche Linken eigentlich denken die beiden - Moore und Schirrmacher - wenn sie von deren "Recht" sprechen? An Labour und SPD gewiss nicht. Man muss nur ihrer Majestät Opposition gesehen haben, wie sie unterwürfig und ehrerbietig Camerons Vernichtungen beistimmte. Da gab es null Aussage, nur Beipflichtungen. -An die PARTEI LINKE ist wohl noch weniger zu denken. Von ihr erwartet im Augenblick kaum jemand universale Analysen.

Zu denken wäre wohl am ehesten an Linke vom Schlage und der Richtung eines Lukacs. In "Zerstörung der Vernunft" zeichnete er nach dem zweiten Weltkrieg recht präzise nach, wie das Bürgertum erkenntnislos seiner eigenen- zerstörerischen - Tätigkeit folgte. Lucacs' auf das Proletariat bezogenem "Sie wissen es nicht, aber sie tun es" müsste und musste für die Bourgeoisie ein entsprechendes antworten:"Sie tun es, aber sie wissen nicht, was sie da anrichten".

Entsprechend jetzt Schirrmachers Rückbezug auf den Biographen Thatchers, der in dieser angeblich den Inbegriff des Sozialen und zugleich Wirtschaftlichen und Werte-Erhaltenden gesehen haben soll. Dass Murdoch auch diese energische Niederboxerin der Gewerkschaften unterstützte, gibt Moore offen zu. Dass sie auf ihre Weise genau die Politik Reagans in den USA unterstützte, die die Grundlage der heutigen Verhältnisse schuf, erkennen weder er noch Schirrmacher.
Die Klage und Anklage, dass "von oben" kein klärendes Wort herabkommt zum heutigen Elend, liegt nahe. Bleibt aber billig.

Wenn einmal durchgesetzt ist, dass Wirtschaft ihren Weg geht, über uns weg, ob es uns gefällt oder nicht - was ist dann noch zu sagen? Dieser Weg muss von allen Überlegungen frei gehalten werden. Auch möglichst von Kommentaren. Er muss vernünftiger Überprüfung entzogen bleiben. Sonst kommen alle "draus", die diesem Weg zu folgen entschlossen sind. Durch dick und dünn.

Wie wird der nächste Dreh aussehen müssen, um den Laden noch einmal zu retten, den gerade die FAZ so lange schon mitbetreibt?

Merkel redet ja. Wenn sie auch nichts mehr zu sagen hat. Also kann Schirrmacher nur auf einem bestehen: Klar sagen, dass es Opfer geben muss für alle. Wie Thatcher das schon betonte. Damals noch im Namen von Freiheit gegen Gewerkschaftsmacht. Das heute in dieser Form vorzubringen, wäre gewagt. Aber trotzdem nötig. Wenn von Gewerkschaftsmacht auch lange schon keine Rede mehr sein kann.

Erwartet werden kann vom großen Bußprediger also nur ein richtendes, ein vernichtendes Wort. Auf jeden Fall von oben.

Eines, das befiehlt. Das die Hacken zusammenreißen lässt. Und Richtung weist. In Wirklichkeit wird hier nicht Untergang vorausgesagt, sondern das Machtwort gegen den Untergang erfleht. Wenn sonst schon nichts mehr hilft.

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