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Richterin ignoriert Fakten und hält politische Haft gegen Mumia Abu-Jamal aufrecht

Seit 1981 (!) sitzt der afroamerikanische Journalist und Black Panther Mumia Abu-Jamal im US Bundesstaat Pennsylvania für einen untergeschobenen Polizistenmord in Haft, obwohl die Beweise gegen ihn gefälscht waren. Verurteilt wurde er für seine damals wie heute unermüdliche Berichterstattung über behördliche Korruption, systemischen Rassismus und tödliche Polizeigewalt. Die Mittel, mit denen er 1982 in einem manipulierten Verfahren verurteilt wurde, sind seit vielen Jahren bekannt. Jüngste Details über diesen politischen Schauprozess kamen 2018 ans Licht, als sechs Kartons voller Akten der Staatsanwaltschaft auftauchten, die dem Angeklagten und seiner Verteidigung bis dahin vorenthalten worden waren. Es dauerte dann bis Dezember 2021, bis Abu-Jamal dazu endlich einen Antrag stellen konnte. Gestern, am 31. März 2023 erteilte eine Richterin erneut eine Absage an simpelste juristische Standards und beendete die aktuellen Bemühungen um ein neues Verfahren für den inzwischen fast 69-jährigen Autoren und Aktivisten.

Richterin Clemons erklärte in ihrer gestrigen Begründung (1), dass die zwei juristischen Hauptargumente Mumias ihrer Meinung keine Bedeutung hätten:

a) "Batson-Claim": die Belege für die an mehreren Punkten nachgewiesene rassistsische Einflußnahme auf die Zusammensetzung der Jury durch den damaligen Staatsanwalt hätten in den 1990er Jahren eingebracht werden müssen - obwohl manche der neuen Beweise erst 2018 in den vorenthaltenen Umzugskartons bekannt wurden ... Der Nachweis auch nur einer rassistischen Abweisung einer*eines potentiellen Juror*in nach der sog "Batson Inzidenz" reicht laut einer Verfassungspräzidenz von 1986 jedoch aus, das komplette Verfahren samt Urteil zu annulieren - und zwar egal, wann dieser bekannt wird.

b) "Brady Violation": die Richterin sieht keinen Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass ein Hauptbelastungszeige gegen Mumia im Verfahren 1982 bestochen war und der Tatsache, dass die Jury das nicht gewußt habe, da es erst durch die Aktenfunde 2018 belegt werden konnte. Sie gehe nicht davon aus, dass diese vorenthaltenen Informationen die Meinung der Jury verändert hätten ... obwohl die sog. Brady-Inzidenz pauschal eine Neuverhandlung vorschreibt, wenn dem*der Angeklaten*n nachweislich entlastendes Material durch die Staatsanwaltschaft vorenthalten wurde. Rechtlich hätte sie deshalb eine Neuverhandlung sogar anordnen müssen, ganz gleich, was ihre persönliche Einschätzung über die Bedeutung der vorenthaltenen Informationen ist.

"Recht" und "Rechtsstaat" existieren in den USA und auch in anderen neoliberalen Demokratien allein für diejenigen, die es sich leisten können. Das ist keine neue Erkenntnis, aber dass eine Richterin in Philadelphia sich selbst 2023 so dreist über simple Grundsätze der US Verfassung hinweg setzen kann, wenn es darum geht, einem der bekanntesten politischen Gefangenen der USA weiter in Haft zu halten, zeigt deutlich, wie stark die sog. juristische "Mumia Ausnahme" dort noch immer ist.

Anerkennung für den "Marsch durch die Institutionen" müssen sich Afroamerikaner*innen und vermeintliche Linke in den USA auch heute einen hohen Preis zahlen. So verhält sich nicht nur die afroamerikanische Richerin Clemons im Widerspruch zu ihren selbst erklärten Ansprüchen von "Recht" und "Wahrheit" (2), sondern auch der sog. "Reformstaatsanwalt" Larry Krasner, dessen "progressive" Behörde die selbe alte rassistische Argumentation gegen Mumia Abu-Jamal anwandte, die es bereits 1982 in dem von Amnesty International als "durchzogen von politischen Interessen" eingeschätzten Verfahren gab. Amnesty betonte, dass das damalige Verfahren "nicht dem internationalen Mindeststandards zur Gewährleistung fairer Verfahren" (3) entsprochen habe. "Gerechtigkeit" in Amerikkka bzw. die "White Supremacy" werden heute auch von den wenigen People Of Color mitverteidigt, denen die herrschende Klasse einige Posten zugestanden hat.

Für uns als Unterstützer*innen von Mumia Abu-Jamal und als Gegner*innen der rassistischen Masseninhaftierung und Todesstrafe in den USA heisst es also wieder: der Kampf geht weiter!

Beteiligt euch - verbreitet es weiter und überlegt, wie ihr Mumia und andere kämpfende Gefangene in eure Praxis mit einbeziehen könnt!

Free Mumia, Free Leonard Peltier, Free Alfredo Cospito, Free Lina - Free Them All!

Quelle: Free Mumia Berlin

Mumia Abu-Jamal
Mumia Abu-Jamal
Der politische Gefangene Mumia Abu-Jamal ist 68 Jahre alt. Mehr als 41 Jahre seines Lebens hat er inzwischen im Gefängnis verbracht, über 30 Jahre davon in der Todeszelle. Erst vorletztes Jahr wurde der juristische Weg dafür freigemacht, die Rechtmäßigkeit seines Verfahrens neu zu bewerten und damit letztlich vielleicht auch seine Freiheit zu erlangen.

Am 09. Dezember 1981 wurde Mumia Abu Jamal in Philadelphia, USA verhaftet, nachdem bei einem Schusswechsel ein Polizist getötet und er selbst schwer verletzt wurde. Er wurde verurteilt für einen Polizistenmord, der ihm untergeschoben wurde, wie ein bereits vor Jahren bekannt gewordenes Geständnis des mutmaßlichen Täters deutlich machte. Der afroamerikanische Aktivist kämpft seit seiner frühesten Jugend - damals als Pressesprecher der Black Panther Party - und bis heute als freier Journalist - gegen Rassismus, Polizeigewalt, Klassenherrschaft und Krieg. Dabei ist Mumia „nur“ einer von zahlreichen Gefangenen, die vom rassistischem Apparat der USA in die Knäste gesteckt wurden. Unter anderem zahlreiche AktivistInnen der Black Panther Party oder des American Indian Movement sitzen bereits mehrere Jahrzehnte hinter Gittern ohne dass ihnen jemals etwas nachgewiesen werden konnte.

Seine staatliche Hinrichtung konnte zwar 2011 endgültig verhindert werden, Mumia Abu-Jamal schwebt dennoch in Gefahr. So erkrankte er schwer an Covid 19 und überstand eine Herzoperation.

Mumia Abu-Jamal betonte seinerseits stets, dass es ihm nicht um sich, sondern um die zahlreichen anderen InsassInnen in den Todestrakten und Knästen geht. Eine breite und weltweit aktive Solidariätsbewegung fordert seit seiner Festnahme seine Freiheit:
"Die Forderung nach Freiheit für Mumia Abu-Jamal beinhaltet auch die Analyse der Gründe für seine Verurteilung, die alle in der US Gesellschaftsordnung begründet liegen:

  • institutioneller Rassismus in Verfassung, Justiz und Polizei

  • Klassenjustiz durch „Nichtverteidigung“ (oft auch Pflichtverteidigung genannt) armer Angeklagter, hauptsächlich People Of Color

  • Kriminalisierung von People Of Color (stop and search policies)

  • Anpassung der US Verfassung durch „Plea Bargains“ und „Three Strikes“ Regeln

  • Fortführung der Sklaverei unter anderem Namen (der Gefängnisindustrielle Komplex inhaftiert überwiegend People Of Color und das ist systematisch)

  • die Todesstrafe

  • politische Repression und (ehemals geheimdienstliche - COINTELPRO - inzwischen aber offizielle) Aufstandsbekämpfung"


Mehr Information:

www.freiheit-fuer-mumia.de
Free Mumia Berlin
Um in den USA die Bewegung zu seiner Freilassung bei den politischen und juristischen Auseinandersetzungen zu unterstützen, werden dringend Spenden gebraucht:

Rote Hilfe e.V.
Sparkasse Göttingen
IBAN:
DE25 2605 0001 0056 0362 39
BIC: NOLADE21GOE
Stichwort: "Mumia"

Darüber hinaus freut Mumia sich über Briefe:

Smart Communications / PADOC
Mumia Abu-Jamal, #AM 8335
SCI Mahanoy
P. O. Box 33028
St Petersburg, FL 33733
USA

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