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Auch 2015: An guten Traditionen festhalten!

Anarchistisches Poster aus den 50er Jahren

Beispielsweise den heutigen Guy Fawkes Day, in dem in Britannien des einzigen Mannes gedacht wird, der je mit ehrlichen Absichten ins Parlament gegangen ist.

„Remember, remember the fifth of November
Gunpowder, treason and plot.
I see no reason why the gunpowder treason
Should ever be forgot.“

45. Todestag: Carlos Marighella

Heute vor 45 Jahren wurde Carlos Marighella in Brasilien in einem Hinterhalt von Militärs getötet. Das ehemalige Mitglied des Kongresses gründete unter der brasilianischen Militärdiktatur gemeinsam mit Joaquim Ferreira die Stadtguerillagruppe ALN (Ação Libertadora Nacional) und wurde zum bedeutendsten Vertreter der These, die Guerilla müsse vom Land in die Großstädte geführt werden.

Sein international wohl bekanntestes Werk ist das "Minihandbuch des Stadtguerilleros", das er "im Juni 1969 als Zusammenfassung seinen eigenen, zweijährigen Erfahrungen im bewaffneten Kampf geschrieben und als eine Art "taktische Gebrauchsanweisung" für die Revolutionäre in aller Welt abgefaßt" hat.

Dazu nochmal der Gastbeitrag von redblog zum 39. Todestag Marighellas:

Am 4. November 1969 endete das Leben von Carlos Marighella. Er wurde in der brasilianischen Stadt Sao Paulo von Polizisten der politischen Polizei DOPS erschossen.

Marighella, geboren am 5. Dezember 1911, trat 1934 der Kommunistischen Partei Brasiliens bei und war auf verschiedenen Ebenen der Partei aktiv. Unter anderem wirkte er im Zentralkomitee mit und vertrat die KP im Kongress.

1964 putsche sich in Brasilien das Militär an die Macht. Wie in anderen lateinamerikanischen Ländern ging auch in Brasilien das Militär brutal gegen die Opposition, vor allem gegen die Linke, vor.
Nachdem Marighella wegen seiner Kritik an reformistischen Tendenzen innerhalb der KP und seiner Nähe zum revolutionären Kuba aus der Partei gedrängt worden war, gründete er mit anderen GenossInnen 1967 die Ação Libertadora Nacional (Nationale Befreiungsbewegung). Seine Erfahrungen, die er im zweijährigen Widerstandskampf der Stadtguerilla sammelte, schrieb er 1969 im Handbuch des Stadtguerillero nieder.

In den siebziger Jahren formierten sich in zahlreichen lateinamerikanischen Ländern Stadtguerilleras, die urbane Zentren als ihren Aktionsraum sahen.

Das Handbuch begann jedoch nicht nur in Lateinamerika zu zirkulieren, auch in Europa fanden sich zahlreiche interessierte LeserInnen. Bereits 1969 wird der Text in Frankreich veröffentlicht und sofort verboten. Die deutsche Erstausgabe erscheint 1970 in der Zeitschrift “Sozialistische Politik- (SoPo), die Otto-Suhr-Institut der FU Berlin herausgegeben worden ist.

Umgehend findet der Text als Nachdruck Verbreitung. Auch hierzulande reagierte der Staat unverzüglich mit Verbot, Hausdurchsuchungen . Die Redaktion der SoPo soll davon jedoch unbehelligt geblieben sein. Im April 1971 veröffentlicht der Rowohlt-Verlag unter dem bescheidenen Titel "Zerschlagt die Wohlstandsinseln der 3. Welt" ein Taschenbüchlein, in dem Marighellas Handbuch des Stadtguerillero veröffentlicht wurde. Auch der Rowohlt-Verlag blieb von der Polizei unbehelligt, es blieb jedoch bei einer Auflage.

In den folgenden Jahren tauchten immer wieder Nachdrucke des Handbuches auf, mal wurde es konfisziert, mal nicht. Ab Mitte der achtziger Jahre legte sich das Interesse des Staates an dem Text.

Carlos Marighella: Handbuch des Stadtguerillero deutsch, englisch, spanisch, französisch, japanisch, portugisisch.


Blogkino: Accattone (1961)

In Gedenken an den gestern vor 40 Jahren ermordeten Schriftsteller und Regisseur Pier Paolo Pasonlini zeigen wir heute in unserer Reihe Blogkino seine erste, 1961 entstandene Regiearbeit: Accattone. (Dt. Titel: Accattone –“ Wer nie sein Brot mit Tränen aß)

Siehe auch: Vor 40 Jahren: Mord an einem Zornigen (Deutschlandfunk) sowie "Der rote Korsar" (junge Welt)

Oury Jalloh: Internationales Expertenteam bezweifelt Selbstmord

Foto: heba / Umbruch Bildachiv, Berlin
Mehr Fotos von der Pressekonferenz
Elf Jahre nach dem Feuertod Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau gerät die offizielle Selbstmordhypothese der Justiz immer mehr in die Kritik. Auf einer Pressekonferenz der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh am 27. Oktober stellten die Forensiker Iain Peck, Emma Wilson, Alfredo Walker und der Toxikologe Michael Scott-Ham neue Gutachten vor.

Die Experten aus England und Kanada halten eine Beteiligung von Dritten für wahrscheinlich. Es spreche wenig dafür, dass der Brand von Oury Jalloh selbst gelegt wurde.

Die Gutachter halten es für nicht nachvollziehbar, dass ein erst nach Tagen gefundenes Feuerzeug bereits während des Brandes unter dem Opfer in der Zelle gelegen haben soll. Dann hätten Spuren von Gewebe oder Haut daran kleben müssen. Der Toxikologe sagte, das Oury Jalloh wegen seines erheblichen Alkohol- und zusätzlichem Marihuana- und Kokaingenußes rein motorisch kaum in der Lage gewesen sei, mit gefesselter Hand die Hülle der Matratze aufzureißen, ein Feuerzeug zu zücken und den Schaumstoff anzuzünden.

Das Ausmaß des Feuers sei zudem kaum mit einem Schwelbrand der Matratze vereinbar. Vieles deute auf einen Brandbeschleuniger hin. Dass die Ermittler keine Spuren von Brandbeschleuniger fanden, spreche nicht gegen diese Annahme, da diese vollständig vom Feuer vernichtet sein könnten.

Fraglich ist auch, ob Oury Jalloh beim Ausbruch des Feuers überhaupt noch gelebt hat. Die britischen Experten verweisen darauf, dass die offiziellen Gutachten keinen ausreichenden Nachweis hierzu erbracht hätten. Entscheidende Bilder des Atemsystems, wo sich Spuren von Ruß zeigen müssten, liegen demnach nicht vor. Auch das offizielle Gutachten zum Blutbild zeige keine eindeutigen Werte.

Mit einem spendenfinanzierten Brandgutachten hatte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh bereits im November 2013 nachgewiesen, dass die massiven Verkohlungen des Leichnams sowie die komplette Verbrennung der feuerfesten Matratze nur unter Einsatz von mehreren Litern Brandbeschleunigern erklärbar sind. (siehe Brandgutachten von Thermophysiker Maksim Smirnou).

Seit Jahren fordert die Oury-Jalloh-Initiative, dass der Fall als Mordfall behandelt wird und gründlich und vollständig untersucht wird. Der Staatsanwaltschaft Dessau wirft sie vor, den Sachstand ihrer eigenen Ermittlungen nach außen zu verbergen und Ermittlungsaktivitäten der Initiative zu erschweren, indem sie Informationen zurück hält und auf dringende Anfragen der Nebenklagevertretung erst Monate später, unvollständig und teilweise gar nicht zu reagieren. Wir dokumentieren die Stellungnahme der Initiative, mit der sie die neuen Gutachten einleitete:

Warum hat die Initiative weitere Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben?

"Im November 2013, das war vor 2 Jahren, haben wir an diesem Ort das Brandgutachten des irischen Brandsachverständigen Maksim Smirnou vorgestellt.Smirnou hat anhand zahlreicher Abbrand-Versuche gezeigt, dass ein Brandbild, so wie es in der Zelle 5 am Tatort vorgefunden wurde, nur mit Hilfe eines starken Brandbeschleunigers erreicht werden kann.

Zur damaligen Pressekonferenz war auch der Leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann aus Dessau angereist. Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse erklärte Folker Bittmann im Anschluss an die Präsentation der gutachterlichen Ergebnisse, dass er dringenden Aufklärungsbedarf sehe und man könne sich gewiss sein, dass von seiner Behörde nichts unter den Teppich gekehrt werde.

Trotz schwerer Indizien- und Beweislast, die die Hypothese der Dessauer Staatsanwaltschaft - Oury Jalloh habe die Matratze selbst entzündet - fundamental in Frage stellt, hat die Staatsanwaltschaft Dessau das Gutachten von Maksim Smirnou nicht zum Anlass genommen entsprechende Ermittlungen einzuleiten - zumal es Hinweise auf mögliche Tatverdächtige gibt. Im Gegenteil, sowohl Folker Bittmann als auch der für den Fall zuständige Oberstaatsanwalt Christian Preissner vertreten weiterhin öffentlich die Meinung, es gebe keinerlei Anhaltspunkte für die Beteiligung Dritter.

Eine falsche Schlussfolgerung, die die Staatsanwaltschaft weiterhin auf der Grundlage einer Hypothese gebaut hat, die nicht nachvollziehbar ist und deren einziger Anhaltspunkt - ein Feuerzeugrest - nachweislich gar nicht im Brandschutt gelegen haben kann. Genau wegen dieses Feuerzeuges hatte sie im Dezember 2012 einen Prüfvorgang eingeleitet. (eine Vorstufe des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens). Allerdings bezieht die Staatsanwaltschaft auf deutliche Anfragen bezüglich des Feuerzeug keine klare Stellung und verbirgt offenkundig den Sachstand ihrer eigenen Ermittlungen nach außen. Gleichzeitig erschwert sie die Ermittlungsaktivitäten der Initiative, indem sie Informationen zurück hält und auf dringende Anfragen der Nebenklagevertretung erst Monate später, unvollständig und teilweise gar nicht reagiert. Die Dessauer Staatsanwaltschaft missbraucht offenkundig ihren Ermittlungsauftrag zum Schutze der Täter und sie benutzt die ihr anvertraute Deutungshoheit über das Verfahren, um die Öffentlichkeit mit falschen Analysen und Schlussfolgerungen in die Irre zu führen.

Anders als es von einigen Medienvertretern in den letzten Wochen eingeschätzt wurde, ist die Aufklärung der Todesumstände von Oury Jalloh nicht nur nicht machbar. Sie ist nach wie vor zwingend notwendig. Und genau deswegen sitzt heute dieses internationale Expertenteam hier ..."

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh Berlin, den 27. Oktober 2015

Via Umbruch Bildarchiv, Berlin. Dort gibt es auch mehr Fotos von der Pressekonferenz sowie zahlreiche Links und Informationen.

Geschonte Kraft

Erich Mühsam (Fotografie aus dem Jahr 1928, kurz vor seinem 50. Geburtstag)
Ihr Toren meint, der Kämpfer und Verächter
sei müde und besiegt ins Knie gesunken,
verlöscht sei seines Zornes heller Funken
vom rohen Fußtritt der Gesetzespächter.

Wahr ist's: er ballt die Fäuste nicht dem Wächter;
speit keinen Schimpf: ihr Mörder, ihr Halunken!
Und blößt nicht seinen Rücken martertrunken
den Geißelhieben unter Hohngelächter.

Ein stiller Mann. Und doch: ihr Toren irrt.
Er braucht sich seinen Mut nicht zu befeuern,
indem er laut mit seinen Ketten klirrt.

Im Gegenteil: bemüht, den Klang zu dämpfen,
wird ihm sein Eisen das Gelenk nicht scheuern,
und stark erhält er seinen Arm zum Kämpfen.


Erich Mühsam
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