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Stuttgart: Corona-Party mit Polizeischutz

Foto: demosanitaeter.com
Am heutigen Samstag waren gleich mehrere Versammlungen aus dem Umfeld der Initiative "Querdenken711" angemeldet. Verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen riefen zum Gegenprotest auf. Mit Fahrrad und Maske wurde gegen rechte Strukturen und die Missachtung von Infektionsschutzregeln demonstriert und zeitweise die Demonstrationsroute der Querdenken-Demonstration blockiert. Die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. sicherte diese Gegenproteste mit einer Fahrradstreife sanitätsdienstlich ab. Es mussten 2 Personen behandelt werden. Unsere Sanitätskräfte wurden bei der Ausübung ihrer Aufgaben nicht behindert.

Während die Polizei schon um die Mittagszeit die Gegenproteste mit einem Großaufgebot einkesselte und später erkennungsdienstlich behandelte, sowie Platzverweise aussprach, konnte die Querdenken-Demonstration trotz massenhaft offensichtlichster Verstöße gegen die Infektionsschutzauflagen weitgehend unbehelligt ihrer Wege ziehen. Sowohl Masken, als auch ausreichende Abstände waren auf der Querdenken-Demonstration kaum zu sehen. Trotz der inzwischen durch Studien belegten Gesundheitsgefahr durch solche Aufzüge schritt die Polizei kaum ein und begründete dies mit einem angeblich dadurch entstehenden Infektionsrisiko durch Aerosole. Aus den Erfahrungen von nunmehr einem Jahr waren massive Verstöße gegen Infektionsschutzregeln bereits im Vorfeld absehbar. Trotzdem entschloss sich die Stadt Stuttgart nicht dazu, ein Verbot dieser Versammlungen auszusprechen.

Angesichts der aktuell 3. Welle der Pandemie und der sich verschärfenden Situation auf den Intensivstationen möchte die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. ihr Unverständnis über diese Vorgehensweise der Behörden zum Ausdruck bringen. Es kann angesichts der Gesundheitsrisiken für die gesamte Bevölkerung nicht sein, dass Superspreader-Events vom Staatsapperat auch noch geschützt werden, statt sie konseqeunt aufzulösen. Die Begründungen des Polizeipräsidiums Stuttgart können wir nur als absurd zurückweisen. Aerosole entstehen auch in einer großen schreienden Menschenmenge und führen ohne Maske und Abstand mit zunehmender Zeit zu mehr Infektionen. Lediglich ein schnelles und konsequentes Eingreifen hätte Übertragungen durch kürzere Kontaktzeit effektiv verhindern können. Gerne kommen wir unserem medizinischen Bildungsauftrag nach und erklären den Verantwortlichen nochmals ausführlich, dass die Infektionswahrscheinlichkeit vor allem von der Erregerdosis abhängt, die wiederrum mit der Zeit ansteigt. Wir bitten das Polizeipräsidium Stuttgart die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zum Infketionsschutz, insbesondere die Einhaltung der sogenannten AHA-Regeln, ernst zu nehmen und keine gegenteiligen, wissenschaftlich nicht haltbaren Theorien zu verbreiten.

Gegenproteste mit Masken werden hingegen regelmäßig eingekesselt, zusammengedrängt, sodass Abstände nicht mehr eigehalten werden können und anschließend aufgelöst. Demonstrationen, wie die Gedenkdemonstration in Hanau, bei denen eine Einhaltung der Infektionsschutzregeln erwartbar war, wurden stattdessen trotz niedrigerer Inzidenzen oft verboten. So kann nur der Eindruck entstehen, dass Polizei und Behörden immer wieder aufs Neue mit zweierlei Maß messen, statt aus den vergangenen Monaten zu lernen und konsequent den gesamtgesellschaftlich relevanten Infektionsschutz durchzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 29

Rede für den Frieden

Foto: © Jörg Kolbe, Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 dea
"Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. Die Beschreibungen, die der New Yorker von den Gräueln der Atombombe erhielt, schreckten ihn anscheinend nur wenig. Der Hamburger ist noch umringt von Ruinen und doch zögerte er, die Hand gegen einen neuen Krieg zu erheben. Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre scheinen vergessen. „Der Regen von gestern macht uns nicht nass“, sagen viele.

Diese Abgestumpftheit ist es, die wir zu bekämpfen haben, ihr äußerster Grad ist der Tod. Allzu viele kommen uns schon heute vor wie Tote, wie Leute, die schon hinter sich haben, was sie vor sich haben, so wenig tun sie dagegen.

Und doch wird nichts mich davon überzeugen, dass es aussichtslos ist, der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen. Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde! Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind! Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden."

Bertold Brecht (1952)

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