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Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Beamten im Landeskriminalamt BaWü

Screenshot: Vergleich
Der/die Berliner PolitikwissenschaftlerIn Detlef Georgia Schulze hat Dienstaufsichtsbe­schwerde gegen einen Mitarbeiter der Inspektion Linksextremismus etc. des Landeskriminal­amtes Baden-Württemberg erhoben. Hintergrund ist, daß sich Schulze und zwei andere Berli­ner Autoren, Peter Nowak und Achim Schill, gegen das Verbot der internet-Zeitung linksunten.indymedia ausgesprochen hatten, die im vergangenen Jahr vom Bundesinnen­ministerium als „Verein“ verboten worden war.

Der fragliche Kriminalhauptkommissar hatte dann, fast ein halbes Jahr nach Veröffentlichung der Protesterklärung –“ nach Eingang eines Hinweises des Baden-Württembergischen Innen­ministeriums (= Verfassungsschutz?) –“ ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Grund: Die drei AutorInnen sollen mit der Bebilderung ihres internet-Blogs (bei dem Bild handelt es sich u.a. um einen Ausriß aus der Verbotsverfügung) dem Verbot des vermeintlichen Vereins zuwider gehandelt haben.

Dagegen wendet sich Schulze nun sowohl mit verfahrensrechtlichen als auch materiell-rechtli­chen (–šinhaltlichen–™) Gründen:

Schulze wendet sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht dagegen,
  • daß sich der LKA-Beamte überhaupt für die Entscheidung über die Einleitung eines Er­mittlungsverfahren zuständig fühlte und die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht der Staatsanwaltschaft überließ;

  • daß der LKA-Beamte –“ soweit den Akten zu entnehmen –“ bei Einleitung des Ermitt­lungsverfahrens nicht einmal einen Vermerk anfertigte, in dem er seine eigene rechtliche Beurteilung des Sachverhalts darlegt;

  • daß der Beamte nicht einmal die Staatsanwaltschaft „ohne Verzug“ über sein Vorgehen informierte, wie es aber § 163 Absatz 2 Satz 1 Strafprozeßordnung vorschreibt.

In der Sache selbst argumentiert Schulze:
  • Der Ausriß aus der Verbotsverfügung (einschließlich eines Teils des Textes der Verbots­verfügung) sei kein Kennzeichen eines (verbotenen) Vereins, wie aber der LKA-Beamte meint.

  • Erstens sei das Logo der verbotenen internet-Zeitung durch hinzugekommenen Text deutlich verändert; zweitens müsse zwischen der internet-Zeitung selbst und der Struk­tur, die die Zeitung bis zum Verbot herausgegeben hatte, unterschieden werden: Wäh­rend die Zeitung zwar ein Logo hatte, hatte der Verein –“ anders als das Bundesinnen­ministerium behauptet –“ kein Kennzeichen.

  • Drittens sei stark zu bezweifeln, daß die herausgeberische Struktur von linksunten.in­dymedia überhaupt ein Verein im Sinne des Vereinsgesetzes gewesen sei. Viertens: Artikel 9 Absatz 2 Grundgesetz verbiete zwar bestimmte Vereine; aber das Zensurver­bot des Artikel 5 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz stehe dem Verbot des künftigen Erschei­nens von Medien entgegen. Es dürfte nur gemäß Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz nach­träglich gegen bereits erschienene rechtswidrige Medieninhalte eingegriffen werden.

  • Fünftens: Überhaupt sei ein digitales Bild kein Kennzeichen im Sinne des Vereinsge­setzes. Denn von „Datenspeichern“ ist nur in § 11 Absatz 3 Strafgesetzbuch in Verbin­dung mit § 86a Absatz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch in Bezug auf bereits bestandskräftig verbotene Vereine die Rede. Gegen das vom Bundesinnenministerium ausgespro­chene Verbot von linkunten.indymedia ist aber weiterhin ein Prozeß beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

    § 9 Vereinsgesetz erwähnt dagegen in Bezug auf bloß vollziehbare, aber noch nicht be­standskräftig verbotene Vereine „Datenspeicher“ nicht. Außerdem wollte der Gesetzgeber auch nicht-digitale Schriften von der Strafandrohung des § 20 Vereinsgesetz ausneh­men (Bundestags-Drucksache V/2860, S. 31: „nicht [...] auch dann [bestrafen], wenn der Täter sie [die Kennzeichen] –šin von ihm verbreiteten Schriften usw. verwendet–™“).

    Gemäß § 9 Absatz 2 Vereinsgesetz umfaßt der Begriff „Kennzeichen“ ausschließlich „Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen“ und ähnliches; deren bloße Darstellung oder Abbildung in Schriften etc. ist dagegen nur dann strafbar, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich anordnet, was er in § 86a StGB, aber nicht in § 20 Vereinsgesetz macht.
Außerdem wendet sich Schulze gegen eine sog. Bestandsdatenabfrage, die das LKA bei der internet-Firma 1 & 1, vorgenommen hat, sowie dagegen, daß Baden-Württemberg bisher die Richtlinie (EU) 2016/680 „zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbe­zogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Auf­deckung oder Verfolgung von Straftaten“. etc. nicht in Landesrecht umgesetzt hat. Dies hätte aber bereits bis zum 6. Mai diesen Jahres geschehen müssen (Artikel 63 Absatz 1; ABl. EU L 119, S. 131). Es sei daher davon auszugehen, daß das LKA BaWü EU-rechtswidrig „Daten, aus denen [...] politische Meinungen [...] hervorgehen“, verarbeitet hat, ohne daß die von Artikel 10 der genannten Richtlinie verlangten „geeigneten Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person“ (ebd., S. 109) bei der Verarbeitung solcher Daten bestanden haben dürften.

Am Ende der Dienstaufsichtsbeschwerde heißt es: „Nach alledem dürfte unstrittig sein, daß das gegen uns geführte Ermittlungsverfahren vielfältige Rechtsfragen aufwirft, die die unver­zügliche Einschaltung der Staatsanwaltschaft –“ als für Rechtsfragen kompetente Ermittlungs­instanz –“ erforderlich machten.“ Dies unterlassen zu haben, könne dem LKA-Beamten nicht nachgesehen werden.

Bisher berichteten über den Vorgang u.a.:
Quelle: Pressemitteilung 19.12.2018

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