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Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Der Bundesauschuss Friedensratschlag ist ein Zusammenschluss von zahlreichen Basis-Friedensinitiativen und Einzelpersonen zur Entwicklung und Durchsetzung friedenspolitischer Alternativen zur gängigen Außen- und Sicherheitspolitik, zu Aufrüstung und Krieg.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag hat heute folgende Stellungnahme abgegeben, die wir gerne veröffentlichen:

Stoppt den Krieg - Waffenstillstand sofort



Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag


- Empörung über Massaker von Kana
- Nicht nur vorübergehende Waffenruhe, sondern Waffenstillstand ohne
Vorbedingungen
- Konfliktgegner als Verhandlungspartner akzeptieren
- Zweistaatenlösung auf der Basis der Grenzen von 1967
- Nahost-Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit
- Bundesregierung muss Einseitigkeit aufgeben
- Friedensbewegung zu Aktionen aufgefordert

Kassel, 31. Juli 2006 - Am Sonntag traf sich in Kassel der
Bundesausschuss Friedensratschlag und beriet u.a. über die Lage im
Nahen Osten und die Aktionen der Friedensbewegung. Unter dem Eindruck
der jüngsten Entwicklungen (Massaker von Kana) gab der Sprecher des
"Friedensratschlags" folgende Erklärung ab:

Wer die israelische Politik in der Öffentlichkeit kritisiert, riskiert
hier zu Lande falsch verstanden zu werden. Das hat mit der deutschen
Geschichte und der deutschen Verantwortung gegenüber dem Existenzrecht
Israels und dem Lebensrecht der Juden dort und überall in der Welt zu
tun. Die Friedensbewegung drückt sich nicht um diese Verantwortung. Sie
ist aber auch dem Lebensrecht derjenigen Menschen verpflichtet, die -
unverschuldet - Opfer des jahrzehntelangen israelisch-palästinensischen
Konflikts geworden sind. Dazu zählt die israelische Zivilbevölkerung
genauso wie die palästinensische oder libanesische Zivilbevölkerung, die
seit Wochen unter dem Krieg leiden.

Die seit fünf Wochen dauernden israelischen Kriegshandlungen im
Gazastreifen und die fast dreiwöchigen Angriffe gegen Libanon sind weder
politisch-moralisch zu akzeptieren noch völkerrechtlich zu
rechtfertigen. Israel hat seine Kriegsziele gründlich verfehlt: Weder
konnte die Freilassung der entführten drei Soldaten herbeigebombt noch
die Beendigung der Raketenangriffe auf israelische Städte und Siedlungen
unterbunden werden. Im Gegenteil: Noch nie gingen so viele Raketen auf
Israel nieder wie in den letzten drei Wochen.

Auch wenn die Opfer der Gewalt auf beiden Seiten nicht gegeneinander
aufgerechnet werden dürfen, so ist die Asymmetrie der Opfer doch
bemerkenswert. Hunderte von Toten, darunter rund 90 Prozent Zivilisten,
und Hunderttausende von Flüchtlingen auf der einen Seite (Libanon),
knapp 50 getötete Israelis (zumeist Soldaten) auf der anderen Seite. Die
verheerenden Bombenangriffe auf die Ortschaft Kana am 30. Juli mit mehr
als 50 Toten, darunter überwiegend Kinder, haben alle Beteuerungen der
israelischen Regierung, es würden keine Zivilisten und keine
Infrastruktur angegriffen, erneut Lügen gestraft. Die allseitige
Empörung über das "Massaker" von Kana (so das Rote Kreuz) wird auch vom
Bundesausschuss Friedensratschlag geteilt. Wenn der Krieg jetzt nicht
gestoppt wird, ist die Gewalt im Nahen Osten nicht mehr begrenzbar.

Die von der israelischen Regierung angekündigte 48-stündige "Aussetzung
der Luftangriffe" auf Ziele im Südlibanon ist völlig unzureichend.
Israel behält sich damit alle anderen militärischen Schritte vor.
Insbesondere die Aufforderung an die Bevölkerung des Südlibanon, das
"Kampfgebiet" zu verlassen, deutet darauf hin, dass die Luftangriffe
nach zwei Tagen wieder aufgenommen werden sollen. Nötig ist demgegenüber
ein sofortiger und bedingungsloser Waffenstillstand, der von Israel,
Hamas und der Hisbollah eingehalten wird.

Erst wenn die Waffen schweigen, können die Konfliktparteien verhandeln.
Dabei darf keine Seite ausgeschlossen werden. Die von Hamas gestellte
Regierung der Palästinenserbehörde ist als Verhandlungspartner genauso
zu akzeptieren wie die Hisbollah als Teil der libanesischen Vertretung.
Verhandlungen selbst müssen auf der Grundlage der von den Vereinten
Nationen bestätigten Grenzen von 1967 (UN-Resolution 242) geführt
werden. Einseitige Grenzziehungen, Festlegungen von "Sicherheitszonen"
oder andere faits accomplis dürfen als Vorbedingungen nicht verlangt
werden.

Die internationale Gemeinschaft (das sog. Nahost-Quartett bis zum
UN-Sicherheitsrat) sollte den Druck auf die Konfliktparteien,
insbesondere auf Israel erhöhen, um solche Verhandlungen zu ermöglichen.
Wünschenswert wäre mittelfristig die Einrichtung einer Konferenz für
Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten, unter Einschluss Syriens
und Irans. Die völkerrechtlich verbindliche Anerkennung einer
Zweistaatenlösung durch alle Staaten der Region ist eine wesentliche
Grundlage für die Lösung des Nahostkonflikts.

Die Bundesregierung hat sich in der Nahostfrage meist einseitig hinter
die Aktionen Israels gestellt. Solche Einseitigkeit schadet Israel und
lähmt die deutsche Außenpolitik. Sie schadet Israel, weil sie deren
unverhältnismäßige Gewaltpolitik und illegale Besatzungspolitik
unterstützt, die ihrerseits immer wieder neue Gewalt gegen Israel
gebiert. Und sie lähmt den politischen Handlungsradius Berlins, weil
echte Vermittlungstätigkeit auf dieser Basis schwer möglich ist. Dazu
müsste Deutschland (via EU) als Mitglied des Nahost-Quartetts aber in
der Lage sein.

Die Friedensbewegung hat mit zahlreichen, meist kleineren Aktionen gegen
den israelischen Krieg im Gazastreifen und im Libanon protestiert. Sie
wird in den nächsten Tagen und Wochen weiter auf die Straße gehen,
sich in der Öffentlichkeit zeigen und - stellvertretend für viele andere
Menschen - zum Ausdruck bringen, dass es für diesen Krieg keinerlei
Rechtfertigung gibt. Jeder Tag, den dieser Krieg länger dauert,
vergrößert nicht nur das Leid der Zivilbevölkerung (auf allen Seiten!),
er vertieft auch den Hass der arabischen Welt gegen Israel - und gegen
die USA, die den Feldzug der Israelis decken.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag rechnet damit, dass die
Friedensbewegung in der Nahost-Frage mehr Mut zur Aktion zeigen wird.
Es werden verstärkt Mahnwachen sein (in einigen Städten wurden sie
bereits eingerichtet), es werden Demonstrationen und Kundgebungen sein,
und vor allem werden es Informations- und Aufklärungsveranstaltungen
sein, die überall im Land durchzuführen sind.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)


Quelle: Rundmail VVN/BdA 17.7.2006

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