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Gentechnik soll zum Durchbruch verholfen werden

Mit der "Begründung", man hätte aus "Angst vor der Zerstörung" der Felder "dicht gehalten" bahnt sich in Baden - Württemberg ein neuer Skandal um gentechnisch verändertes Saatgut an. Vor kurzem wurde bekannt, dass zwischen 1998 und 2004 ohne Information der Öffentlichkeit gentechnisch verändertes Saatgut flächendeckend ausgebracht wurde. Inzwischen sollen durch das EU Parlament auch rechtliche Tatsachen geschaffen werden.

Hierzu ein Gastbeitrag von Klaus Faißner, Freier Journalist, Wien email: klaus.faissner@chello.at
Der Agrarausschuss des Europaparlamentes wird am Montag, den 27.11. über die endgültige Fassung eines Initiativberichtes des Agrarausschusses des EU-Parlamentes entscheiden. In weiterer Folge soll Ende Jänner das EU-Parlament darüber abstimmen - das genaue Prozedere ist am Ende des Textes zu finden. Der vorliegende Entwurf kann nur eine Deutung zulassen: Der Gentechnik soll zum Durchbruch verholfen werden. (Kommentare sind fett und kursiv gekennzeichnet.)

In diesem Initiativbericht ist u.a. die Rede davon, ...

• dass die Ausweitung des Anbaus von Gentechnik-Pflanzen auch im Hinblick auf das Lissabon-Ziel der Schaffung von 20 Mio. neuen Arbeitsplätzen zu sehen sei. Eine Untersuchung des Lehrstuhls für Unternehmensführung in Oldenburg/ Deutschland zeigte dieses Jahr, dass in Deutschland derzeit weniger als 500 Menschen in der privatwirtschaftlich finanzierten Agro-Gentechnik arbeiten und dass es auch bei einer Ausweitung des Anbaus zu keinen neuen Arbeitsplätzen kommen werde.

• dass „die moderne Biotechnologie dazu beitragen kann, den Herausforderungen von Armut, Bevölkerungswachstum und sich wandelnden Umweltbedingungen in den Entwicklungsländern zu begegnen“. Das Gegenteil ist der Fall: In Indien bringen sich jedes Jahr tausende Bauern wegen Missernten im Gentechnik-Baumwollanbau um (siehe Bericht in der Süddeutschen Zeitung).

• dass für das Gemeinschaftsrecht „unbedingt ein gemeinsamer Ansatz gefunden werden muss“, um es in allen Mitgliedsstaaten einheitlicher zu gestalten, „insbesondere im Bereich der Koexistenz zwischen gentechnisch veränderten und konventionellen und ökologischen Kulturpflanzen“. Damit wird der Startschuss zur flächendeckenden Kontamination gegeben. Die Wahlfreiheit, die hier gemeint ist, bezieht sich auf den Grenzwert bei der Kennzeichnung von 0,9 Prozent. Alles, was darunter liegt –“ auch Bio –“ gilt als gentechnikfrei nach der Sichtweise der EU-Kommission.

• dass „das Genehmigungsverfahren zu langsam und bürokratisch ist, was dazu beiträgt, dass die Europäische Union hinter ihren weltweiten Konkurrenten zurückgeblieben ist“. Die „fortschrittlichen“ nordamerikanischen Bauern werden dies als Hohn empfinden: Die Exportmärkte von Raps und Mais nach Europa brachen kurze Zeit nach der Einführung von Gentechnik-Pflanzen zusammen und gingen auf Null zurück.

• „Das bestehende komplizierte Verfahren zur Genehmigung neuer Biotechnologieerzeugnisse“ wird ausdrücklich „bedauert“ und betont, „dass das Vorsorgeprinzip nicht als Vorwand für die Verzögerung des Verfahrens dienen darf“. Was soviel heißt, dass die Interessen der Gentechnik-Industrie höher zu bewerten sind als das Vorsorgeprinzip zum Schutze der Bevölkerung!

In diesem Zusammenhang wird bezweifelt, dass Genehmigungsverfahren „stets auf rein objektiven wissenschaftlichen Kriterien und nicht politischen Standpunkten beruhen“.
1.: Die überwiegende Mehrheit der EU-Bürger lehnt Gentechnik-Nahrung ab. Über diesen Willen der Bevölkerung wird bewusst hinweggegangen und es wird gezeigt, dass die Grundsäule einer jeden demokratischen Verfassung („Alles Recht geht vom Volke aus“) nichts zählt.
2.:Gerade wegen der wissenschaftlichen Kriterien ist die EU-Lebensmittelbehörde EFSA unter Dauerbeschuss gelangt: Alle Zulassungssanträge –“ die übrigens von den Gentechnik-Konzernen selbst eingereicht werden –“ wurden bisher durchgewinkt und die EFSA bricht selbst EU-Recht, indem sie keine Langzeitversuche über die gesundheitlichen Folgen von Gentechnik-Nahrung verlangt. Weltweit gibt es keinen einzigen solchen Langzeittest. Es erfolgt ein riesiger Feldversuch an Mensch und Tier mit zum Teil verheerenden Folgen wie dem Aufkommen von Superunkräutern oder dem Verlust einer ganzen Kuhherde eines hessischen Milchbauern nach der jahrelangen Verfütterung von Bt-176-Genmais, der ein Insektengift selbst produziert.


Schließlich wird die WTO-Rechtssprechung als die maßgebliche betrachtet und damit auch die Aufhebung des Importverbot Österreichs für mehrere GVO begründet (dies soll ja am 13. Dezember im Ministerrat passieren). Damit stellt die EU die demokratisch nicht legitimierte Welthandelsorganisation WTO über die UNO, wo im Biosicherheits-Protokoll das Vorsorgeprinzip sehr wohl verankert ist.

Das weitere Prozedere dieses Initiativberichtes ist folgendermaßen: Die endgültige Fassung wird –“ wie eingangs erwähnt - am kommenden Montag, den 27.11.06 beschlossen (österreichisches Ausschussmitglied ist Agnes Schierhuber, ÖVP), am 18. Dezember ist die Abstimmung im Agrarausschuss und am 31. Jänner 2007 ist die Abstimmung im EU-Parlament geplant. Ein Initiativbericht hat zwar keine gesetzgebende Funktion, kann aber sehr wohl die Richtung weisen. In diesem Fall vor allem deshalb, weil die EU-Kommission im März/April 2007 die neue Biotechnologie-Strategie bekanntgeben wird.


Mein Dank für die Vermittlung geht an Dr. Wolfgang Wiebecke, Wuppertal email: kigwa.ww@web.de

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