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Erinnerung an alle politischen Gefangenen - auch an die, denen das Attribut entzogen wurde

Demonstration zum Tag der politischen Gefangenen in Stuttgart am 17.03.2012

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Handkes Beispiel: Die Geschichte des Dragoljub Milanovic. Wien 2011

Offenherzige Zeiten, als Staaten missliebige Gestalten offen in Festungshaft steckten. Ihnen ganz offen zuerkannten, dass sie ihren politischen Wünschen nicht entsprachen und deshalb jede Strafe verdienten. Sollte die neidische Außenwelt doch sagen, was sie wollte.

Solche Herrscher gibt es immer noch im Übermaß. Und sie verdienen jede Aufmerksamkeit und Verachtung. Nur sollte darüber die neuere Sorte nicht vergessen werden: die eindeutig aus politischen Gründen Verfolgten, denen aus noch politischeren Gründen das Attribut "politisch" aberkannt wurde. Etwa in den USA! Eben ist dort ein Gesetz in Arbeit, das ungehöriges Betreten öffentlicher Gebäude unter schwerste Strafe stellte. Wenn dann ein Gouverneurspalais wimmelt von ungeschätzten Betretern, wird jeder seine Strafe einheimsen. Keiner fragt dann, was die Besatzung eigentlich wollte. Und jeder Rechtsstaat zwinkert dem andern verständnisinnig zu!

Um dem zuvorzukommen, ein Beispiel, das Peter Handke im letzten Jahr veröffentlicht hat. Handke berichtet vom Fall des Direktors des serbischen Fernsehen, dem Einzigen, der bisher wegen der Angriffe auf die Volksrepublik Jugoslawien vor Gericht gezogen wurde. Er bekam zehn Jahre, weil er es versäumte, die Fernsehanstalt räumen zu lassen, als der Ansturm der NATO-Flugzeuge gemeldet wurde. Seine Ausrede, er hätte nie angenommen, dass die Vorkämpfer des Zivilen mitten in einer Stadt eine Fernsehanstalt angreifen würden, wurde verächtlich zurückgewiesen.

Dass seine Erzählung niemand interessieren würde, hat Handke schon im voraus angenommen. Wem die Schuld zuerkannt wurde, der wurde niedergeschlagen. Und damit:Vergessen über ihn!

Handke endet seine kurze Mitteilung: "Aber was erzähle ich da? Dragoljub Milanovic, oder einer seines Namens - und es lebten und leben in Serbien nicht wenige seines Namens - hat vielleicht einst existiert.Aber er existiert nicht mehr. Was ihm widerfahren ist. Er ist erfunden. Erfindung auch das Rabenkrächzen und Milanpfeifen über der Morawa-Ebene.E rfunden das Schwerverbrechergefängnis von Zabela bei Pozarevac. Erfunden die ferngelenkten Bomben und der ferngelenkte postmoderne Krieg. Vom Winde verweht die zerfetzten Körper nicht nur der Brücke von Varvarin und des Zuges von Surdulica.... Eine Geschichte demnach, erzählt allein den toten Fischen in der toten Donau, den leeren Maiskolben auf den leeren Feldern der Vojvodina,einem vertrockneten Blumenstrauß in einer verrosteten Konservendose auf dem Friedhof von, sagen wir, Porodin, und zuletzt dem Schädel, oder was von dem übrig ist,im Grab von Ivo Andric." (Peter Handke: "Die Geschichte des Dragoljub Milanovic". Wien 2011.S.36)

Erinnerung an alle politischen Gefangenen, deren Wärter ihnen den Titel zuerkennen. Erinnerung aber auch an die, denen das Attribut nie zuerkannt wurde. In Deutschland und allen anderen Ländern.

Bernard-Henry Lévy: Nicht heiser genug vom keuchenden letzten Kriegsgebell


Bernard-Henry Lévy
Foto: Itzik Edri (Eigenes Werk)
Lizenz: CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons
Beim Überfall auf Libyen war der Philosoph Bernard-Henry Lévy als einer der ersten dabei. Bekanntlich gilt er als der, der Sarkozy überredete, den Aufständischen in Libyen Militärhilfe zuzusagen. Noch im gegenwärtigen Interview in der ZEIT gibt sein Philosoph zu, dass dabei Russland und China übertölpelt werden mussten, um den Coup einzufädeln. Warum so etwas nicht wiederholen, kurz vor den Wahlen in Frankreich?

Etwas spräche dagegen, was einen Philosophen der Art Lévis nicht beeindrucken darf. Schlichte Erfahrung. Der Philosoph meint, Sarkozy habe der Erfolg in Libyen ermuntert, weiterzumachen auf der gleichen Linie. Wie, wenn es da nichts Ermunterndes gäbe? Das "befreite" Gebiet - im offensichtlichen Zerfall! Was soll daran ermuntern? Der Anblick mehrerer Teilprovinzen im bevorstehenden Bürgerkrieg - macht das Appetit? Offenbar nur dem Philosophen. Er gibt sich zwar dieses Mal militärtechnisch überlegt, kann aber bei reiflichster Überlegung auch nichts in Aussicht stellen als einen Streit sunnitischer Staaten gegen schiitische. Oder einen Angriff der Türkei - dem ein solcher als Schritt gegen den "imperialistischen" Iran gern zugestanden würde.

Alles Vorgebrachte ein Zeugnis der Perspektivlosigkeit. Lévy ist ein Opfer seiner Geltungssucht. Und der Bilder aus den Medien, die er in sich immer neu entzündet. Hauptsache - es knallt. Nachher dann betretenes Schweigen. Bis zur nächsten Erregung.

Plato hatte einst gewarnt vor einem Hauptfehler nicht nur der Philosophen, sondern allgemein der Politiker. Vor der "Polypragmosyne" nämlich, dem geschäftigen Herumwuseln auf allen denkbaren Lebensgebieten. Was hätte er von seinem späten Fachkollegen aus Frankreich gehalten?

Reader: "Nein zu Kriegspolitik und Kriegsforschung - Zivilklausel für alle Hochschulen!"

Titelseite des Readers
Der Reader „Nein zu Kriegspolitik und Kriegsforschung - Zivilklausel für alle Hochschulen!“ ist aus drei Gründen zusammen gestellt worden.

Einerseits sind im Januar an den Universitäten Bremen und Frankfurt a.M. beacht­liche Erfolge gegen die Militarisierung von Forschung und Lehre erkämpft worden. In Bremen gelang es, die traditionelle Friedensbindung mittels einer Zivilklausel in einer mehrjährigen Auseinandersetzung entgegen den Bestrebungen von Rüstungs­wirtschaft und Uni-Leitung zu schützen und sogar auszubauen. An der Goethe-Uni Frankfurt stimmte eine ¾-Mehrheit der abstimmenden Studierenden für die Einführung einer Zivilklausel in die Grundordnung.

Andererseits wird an den Universitäten Tübingen und Karlsruhe sichtbar, dass die Zivilklausel-Bestimmung, nur „friedliche Zwecke“ zu verfolgen, entgegen ursprünglich eindeutigen Absichten perver­tiert bzw. ignoriert wird. In Tübingen steht die in ekla­tantem Widerspruch zur Zivilklausel eingefädelte Honorarprofessur für den Kriegs­trommler Wolfgang Ischinger im Fokus. In Karlsruhe geht es um die seit mehreren Jahren ohne Erfolg eingeforderte Übertragung der Zivilklausel des Forschungs­zentrums Karlsruhe auf das Karlsruher Institut für Technolo­gie KIT (Zusammen­schluss mit der Uni Karlsruhe zu einer Körperschaft öffentlichen Rechts). Das ist besonders deswegen unabdingbar, weil „Atom- und Waffenforschung unter einem Dach“ verhindert werden muss. Die neue Grün-Rote Landesregierung spielt in beiden Fällen eine völlig unakzeptable, rückwärtsgewandte Rolle, die es zu ändern gilt.

Gerade in der diesjährigen „Sicherheitskonferenz“ in München werden die Gefahren der NATO-Kriegspolitik sichtbar. Deswegen sind drittens einige aktuelle Zusammen­hänge dokumentiert worden. Auch deswegen, weil dort der Tübinger Honorar­professor sein Handwerk zelebriert und weil nicht nur für die Rüstungsindustrie, sondern auch für die Hochschulforschung die Protestlosung „war starts here“ berechtigt ist.

Trotz alledem: die Zivilklausel-Bewegung an den Hochschulen wird immer populärer und wächst stetig an. Bremen und Frankfurt machen Mut.

Dietrich Schulze


Karlsruhe, den 4. Februar 2012

Inhaltsverzeichnis

Editorial, Seite 3

25.01.12 Uni Bremen AStA begrüßt die Ent­schei­dung des Akademischen Senats zum Erhalt der Zivilklausel, Seite 3

27.01.12 Uni behält Zivilklausel Sönke Hundt jW, Seite 4

01.02.12 Uni Bremen Rollback der Friedens­bindung gestoppt! Erfolg der Zivilklausel-Schützer! Dietrich Schulze in Neue Rheinische Zeitung, Seite 5

31.01.12 Uni Frankfurt Studierende stimmen für friedliche und zivile Lehre und Forschung PM AK Zivilklausel, Seite 9

26.10.11 Uni Tübingen Grußbotschaft des antifa­schistischen Wider­stands­kämpfers Martin Löwenberg an den Zivilklausel-Kongress, Seite 10

29.10.11 Uni Tübingen Erklärung des Tübinger Zivilklausel­kongresses, Seite 12

22.01.12 Tübinger Aufruf zur den Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz IMI-Mitteilung, Seite 14

Jan. 2012 Südschiene sicherheitskonferenz.de, Seite 15

Juli 2011 „Es gibt keine gerechten Kriege – aber notwendige“ Wolfgang Ischinger wird Honorarprofessor in Tübingen Jürgen Wagner in IMI-Reader, Seite 16

Jan. 2012 Kriegstrommler Wolfgang Ischinger Der Wolf im Schafspelz Flyer Anti-SiKo-Protest, Seite 17

15.07.11 NATO nimmt Universität im Hand­streich Dietrich Schulze in Neues Deutschland, Seite 18

28.08.11 Friedliche Zwecke Erklärung Initiative gegen Militärforschung an Universitäten in jW über Offenen Brief zum Antikriegstag an Ministerin Theresia Bauer und die Rektoren der Unis Karlsruhe und Tübingen, Seite 19

02.02. 12 Forderungen zur Zivilklausel und Fakten, Seite 23

20.09.11 Uni Tübingen Streit um Ringvorlesung zur Zivilklausel - Auftaktredner ausgeladen Jonas Bleeser in Tagblatt, Seite 24

18.10.11 Achtung Satire! Die neue Ischinger-Jugend-Briefmarke Flyer zum Auftakt Ringvorlesung, Seite 26

20.10.11 Dem Frieden verpflichtet – aber wie? Jonas Bleeser über Auftaktveranstaltung, Seite 28

28.10.11 Brief Wolfgang Ischinger an Dietrich Schulze und Antwort, Seite 29

11.11.11 Brief Ischinger mit Einladung Schulze als „SiKo“- Beobachter“ und Antwort, Seite 31

02.08.11 Zivilklausel Uni Tübingen und „Geheim­schutz“ für BMVg-finanzierte Forschung DGB AK an Rektor und Senat der Universität Tübingen, Seite 32

11.09.11 Zivilklausel / Drohnenforschung Uni Tübingen Dietrich Schulze an Rektor der Uni, Seite 34

15.11.11 LINKE fordert Verbot der Rüstungs­forschung an Hochschulen, Seite 35

29.04.11 Friedensbindung für die Hochschulen per Zivilklausel in den Koalitionsvertrag Offener Brief NatWiss an Delegierte der Landesparteitage Grüne und SPD BaWü, Seite 36

13.01.12 Forderungen ver.di, GEW und UStA für Zivilklausel in KIT-Gesetz Textauszüge, Seite 37

08.02.11 Wahlprogramme Grüne, SPD, Linke zur Zivilklausel Flyer mit Textauszügen, Seite 38

10.12.11 Rüstungs- und Atomforschung am KIT blog Jörg Rupp (Grüne) mit Anmerkungen, Seite 39

26.05.09 Verzicht auf militärische Forschung & Zivilklausel - ein machbarer Schritt in Richtung Frieden - Internationaler Appell an Regierungen und Parlamente und Uni Karlsruhe KIT, INES global NY, Seite 40

12.10.11 Transmutation des Atomausstiegs - KIT Atomreaktorforschung von Grün auf Rot schalten Dietrich Schulze in „Solarzeitalter“, Seite 41

09.12.11 Landesregierung Baden-Württem­berg gegen Zivilklausel für KIT - Grün-Rot stellt Verzicht auf deutsche Atomwaffen­forschung in Frage Dietrich Schulze in Web INES, Seite 43

20.12.12 KIT Karlsruhe: Landesgesetz und Zivil­klausel „Wessen Freiheit wofür?“ Ministerin Theresia Bauer (GRÜNE) lädt zur Mitar­beiter­versammlung ins Audimax PM der Initiative gegen Militärforschung an Universitäten, Seite 45

16.01.12 Waffenschmiede - Sammelband zur Rüstungsindustrie Bremen Sönke Hundt in jW, Seite 46

30.01.12 Zivilklausel oder Militärforschung WebDokumentation der Initiative gegen Militärforschung an Universitäten, Seite 48

29.06.11 Interview über Bedeutung der Zivilklausel Dietrich Schulze (NatWiss) mit Campus-TV an der Uni Jena bei youtube, Seite 47

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Proteste gegen "Sicherheitskonferenz": Wir können auch Frost!

Vom 03. bis 05. Februar 2012 tagten im Münchner Luxushotel "Bayrischer Hof" hochrangige Vertreter aus EU- und NATO-Staaten zusammen mit Kriegstreibern aus Industrie, Wirtschaft und Militär über sogenannte "sicherheitspolitische Herausforderungen". Unter dem scheinheiligen Motto, "Für eine sichere Welt im 21. Jahrhundert", wurden Strategien für zukünftige Militärinterventionen geschmiedet und neue Kriegskoalitionen gegründet. Das Brisante an diesem Kriegstreibertreffen ist, dass es eine private Veranstaltung ist, bei der jedoch internationale Regierungsmitglieder, Militärs und Wirtschaftslobbyisten an einem Tisch zusammen gebracht werden. Hier trafen sich einmal mehr diejenigen, die weltweit für Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung verantwortlich sind.

Zur Bilderserie Fronttransparent

Auch in diesem Jahr gab es dagegen Proteste. Trotz klirrender Kälte ließen nach Veranstalterangaben zwischen 3000 und 4000 AntimilitaristInnen und AntikapitalistInnen die Konferenz nicht unwidersprochen, eine bunte Demonstration mit zahllosen kreativen Trasparenten, Verkleideten TeilnehmerInnen griffen die Politik der Unterdrückung an und standen gemeinsam ein für eine Welt ohne Krieg und Ausbeutung. Während es die "tagesthemen" fertigbrachten, kein Wort über die Proteste zu verlieren, "schützen" 3100 Polizisten die Kriegstreiberkonferenz.

Wie in München übrlich mischten sich auch dieses Jahr erneut unverfroren Zivilbeamte unter die Demonstrantinnen, was ein Verstoß gegen die Versammlungsfreiheit darstellt, da sich diese nicht wie gesetzlich vorgesehen, bei der Versammlungsleitung vorstellten.

Das Rote Blog berichtet zum Verlauf der Demo: "Auch wenn die Demo weitgehend friedlich verlief, kam es immer wieder zu Stopps und Zwischenfällen, weil die Polizei das bayrische Seitentransparentverbot gegen den internationalistischen Block durchsetzen wollte. Dabei gingen die Provokationen eindeutig von der Polizei aus. Ein schlichtes Ignorieren der Seitentransparente durch die Polizei hätte sicher deeskalierend gewirkt und wäre absolut unproblematisch gewesen. Dabei wurde permanent sowohl stationär als auch mobil die Demonstration abgefilmt.

Ganz am Ende, hinter einer Reihe Polizeifahrzeuge, lief noch eine minimalistische Gruppe Antideutscher mit Israel- und USA-Fahne mit, deren Ziel offensichtlich eine Provokation des antiimperialistischen Konsens der anderen Teilnehmer war, ihr einzigstes Argument war wie üblich der Antisemitismusvorwurf. Dabei kann man wohl klar von einem Mißbrauch des Antisemitismusbegriffes reden. Aber das ist man ja nicht anders von AD-™s gewöhnt..."


Zur Bilderserie anklicken Eines der beanstandeten Seitentransparente

Die Route führt dieses Mal vom Stachus, über den Hauptbahnhof zum Sendlinger Tor und dann durchs Glockenbachviertel zum Marienplatz. Am internationalistischen Block wurden auf Höhe des Hauptbahnhofes Seitentransparente getragen, was die Polizei zum Anlass nahm, die Demonstration zu stoppen. Nach einigem Hin und Her wurden die Seitentransparente wieder eingeholt, am Marktplatz jedoch wieder ausgerollt.

Auf dem "Alten Peter" wurde ein Großtransparent angebracht mit der Forderung: "Deutsches Diktat über Europa heißt Krieg -“ Nie wieder!". Das konnte die Polizei natürlich nicht durchgehen lassen weshalb das Transparent kurze Zeit später entfernt wurde.

Hauptrednerin der Demo war Malalai Joya, die 2005 als jüngste Abgeordnete ins Afghanische Parlament einzog. Sie kämpfte dort für die Rechte der Frauen, gegen Islamisten, Warlords und Drogenbarone und konsequenterweise auch gegen das Karzai-Regime. Aufgrund ihrer scharfen Kritik wurde sie 2007 aus dem Parlament ausgeschlossen.

Christoph Marischka hielt für die Tübinger Informationsstelle Militarisierung -“ IMI einen Beitrag.

Der Liedermacher Konstantin Wecker hatte unter anderem mit "Sag Nein!" einen Auftritt.

Mehr Information:

Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz
Informationsstelle Militarisierung (IMI)
Tübinger Aufruf zur den Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

Ischingers Tagungsprogramm zur Münchner Sicherheitskonferenz

SIKO-Konferenzleiter Ischinger hat auf seiner Pressekonferenz am 26. Januar das Programm für die bevorstehende Münchner „Sicherheitskonferenz“ bekannt gegeben und einige der prominentesten Teilnehmer an der diesjährigen NATO-Kriegstagung vorgestellt. Sowohl das Tagungsprogramm, als auch die angekündigten Redner entlarven seine öffentlichen Behauptungen, auf der SIKO gehe es ausschließlich um „Konfliktverhütung und Friedenssicherung“ als schönfärberische Propaganda für eine gutgläubige Öffentlichkeit.

Wie in den Vorjahren versammeln sich Bayerischen Hof die Hauptverantwortlichen für die Aggressionskriege der NATO und ihre Militärstrategen, um sich gemeinsam mit internationalen Wirtschafts- und Finanzbossen über Strategien zur Aufrechterhaltung ihrer weltweiten Vorherrschaft zu verständigen.

Hier treffen sich diejenigen, die gerade mit der Mandatsverlängerung für den Bundeswehreinsatz die Fortsetzung des Krieges in Afghanistan beschlossen haben und sich damit zum wiederholten Mal über den Mehrheitswillen der Bevölkerung in der Bundesrepublik hinweg setzen.

Wie in den vergangenen Jahren auch, werden die Repräsentanten aus den NATO- und EU-Staaten die SIKO als Propagandaforum zur Rechtfertigung ihrer völkerrechtswidrigen Militäreinsätze und für neue Kriegsdrohungen nutzen. Die verschärften Sanktionen – „der Ölkrieg“ des Westens gegen den Iran – ist bereits das Vorspiel für den ganz offensichtlich beabsichtigten nächsten „heißen Krieg“.

Die SIKO ein Familientreffen aus den NATO- und EU-Staaten


Zu den Hauptrednern auf der bevorstehenden sogenannten „Sicherheitskonferenz“ gehören überwiegend Außen- und Militärminister der NATO-Staaten sowie Regierungschefs von befreundeten Staaten.
Eröffnet wird die SIKO vom deutschen Militärminister de Maizière.  Aus den USA kommen Außenministerin Hillary Clinton und Kriegsminister Leon Panetta. Er war vorher  CIA-Direktor und verantwortlich für die US-Folterpraxis der letzten Jahre, ebenso wie für unzählige extralegale Hinrichtungen der CIA-Killerkommandos in Afghanistan, Pakistan und dem Iran.

Außerdem kommen der notorische Kriegsverbrecher und Ex-Außenminister Henry Kissinger, der Chef der westlichen Militärallianz,  NATO- Generalsekretär Rasmussen, die  Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Catherine Ashton und einige weitere EU-Kommissare.
 
SIKO-Programm Auftakt: „Die Führungsmacht Deutschland“


Gleich am ersten Tag geht es zur Sache. Nicht etwa – wie SIKO-Weichspüler Ischinger in der Öffentlichkeit immer wieder beteuert – „um die Sicherung des Friedens“,  sondern um pure Machtpolitik. Das Eröffnungsthema ist: „Die neue machtpolitische Rolle Deutschlands in Europa und in der Welt“. Es gehe, sagt Ischinger, um den wirtschaftlichen und politischen Einfluss Deutschlands, um „Führungsmacht“ und selbstverständlich auch um die militärische Rolle Deutschlands. Er nennt das „Sicherheitspolitik“. Sie sei „eine wichtige Rahmenbedingung für den Erfolg, den unsere Wirtschaft auf der ganzen Welt erzielt hat und auch weiter erzielen soll“.

Im Zentrum stehe heute die Frage „nach der neuen deutschen Führungsstärke und Führungskraft“. Zu dieser Debatte ist auch der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski eingeladen, der kürzlich in Berlin die Deutschen aufgefordert hatte „Nehmt Eure Führungsaufgabe wahr“. Ischinger erklärte dazu: „Nur wir können das, also müssen wir es jetzt auch tun“. Das gelte vor allem für Europa, denn der EU fehle es bisher an einer „glaubwürdigen militärischen Dimension“. Um aber ihren Einfluss auf die Weltpolitik auszubauen, müsse die EU eine einheitliche Strategie, eine schlagkräftige Militärpolitik und die entsprechenden Kriegsfähigkeiten entwickeln. Ausdrücklich kritisierte Ischinger auf seiner Pressekonferenz, dass die Europäer etwa gleich viele Soldaten wie die USA unterhalten, aber nur ein Zehntel der militärischen Schlagkraft aufbringen.

Weitere Tagungsthemen sind: Die NATO – Russland Kooperation, die Raketenabwehr und die neue Militärstrategie der US-Regierung, die derzeit ihren Fokus auf den asiatisch-pazifischen Raum verlagert und sich dort als Ordnungsmacht etablieren will.

Zum Tagungsthema „Weltweite Finanzmarktkrise“ hat Ischinger die Spitzenmanager des globalen Finanzkapitals eingeladen, den Weltbankchef Robert Zoellick, den US-Investor und Milliardär George Soros, den Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann – und wie in den vergangenen Jahren auch – zahlreiche weitere Vertreter aus den Chefetagen großer Wirtschafts- und Rüstungskonzerne.
Der Grund, weshalb dieses Thema auf der SIKO behandelt wird, liegt in der Sorge der Kriegsstrategen, dass die wachsenden Staatsschulden die militärische Handlungsfähigkeit einschränken, oder wie es Ischinger ausdrückt, „die Fähigkeit,  Sicherheit in den Rest der Welt zu exportieren“. Diese „exportierte Sicherheit“ kann man derzeit in Afghanistan, im Irak und in Libyen bewundern.

Ischinger, der „Wolf im Schafspelz“


Uns, den Gegnern der Kriegspolitik der NATO und der EU, bietet Ischinger immer wieder Dialoggespräche an, „auf allen Ebenen“, wie er ausdrücklich betont.  Er hoffe, sagte er bei seiner Pressekonferenz, dass durch seine „Dialogbereitschaft die Zahl der Demonstranten sinkt ...  Kritiker im Saal (seien ihm) lieber, als auf der Straße“. Ein paar Kriegsgegner als Feigenblatt auf seiner Kriegstagung, das hätte Herr Ischinger gern. Doch diesen Gefallen werden wir ihm nicht tun. Ischinger ist für uns kein Dialogpartner. Er selbst gehört zur Führungsriege der Kriegstrommler in unserem Land und als Chef der SIKO ist er quasi der inoffizielle Propagandachef  für die Militärpolitik Deutschlands, der NATO und der EU.
(Einige Fakten dazu in: „Der Wolf im Schafspelz“,)

Mit der NATO wird es keinen Frieden auf der Welt geben


Die NATO ist ein Kriegsbündnis, nicht der verlängerte Arm von Amnesty International.  Sie ist auch kein Instrument der Konfliktlösung, sondern eine Bedrohung für alle Länder, die sich nicht freiwillig den Vorherrschaftsinteressen der westlichen Großmächte unterwerfen.

Dieser Politik der Androhung und Anwendung militärischer Gewalt setzen wir unseren entschiedenen Widerstand entgegen.

„Die Münchner Sicherheitskonferenz ist eine Werbung für Bayern und für München“, behauptete Ischinger gegenüber der Presse. Richtig ist: Die SIKO ist eine Werbeveranstaltung für mehr Rüstung und Krieg. NO PASARAN!

Ginge es nach dem Grundgesetz dürfte die SIKO gar nicht stattfinden. Denn nach Artikel 26, GG ist die Vorbereitung zur Führung von Angriffskriegen ausdrücklich verboten und unter Strafe gestellt.
Inzwischen mobilisieren mehr als 90 Organisationen zu den Protesten gegen die NATO-Kriegstagung in München. Das Aktionsbündnis erwartet rund 5000 Teilnehmer zu dieser großen Antikriegs-Demonstration, mit Teilnehmern nicht nur aus München, sondern auch aus vielen anderen Städten der Bundesrepublik.

Die Großdemonstration der Antikriegsbewegung findet am Samstag, den  4. Februar 2012 statt. Sie beginnt um 13 Uhr am Stachus.

Quelle: Pressemitteilung

Stuttgart: Filmabend des OTKM: "Der vierte Weltkrieg"

Das offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung lädt am 21. Januar um 17:00 zu einem Filmabend im Linken Zentrum Lilo Herrmann ein. Gezeigt wird der Film „Der vierte Weltkrieg“. Anschließend gibt es noch Raum für Diskussion und ab 20 Uhr dann Vokü.

Filmbeschreibung

Der Film taucht das Publikum in die Fronten einiger sozialer Konflikte in Mexico, Argentinien, Israel/Palästina, Korea, Südafrika, Nordamerika und Europa ein. In dem Film kommen Menschen zu Wort, die sich weigern sich dem Terror zu beugen und ihre Träume von einer Gerechten Welt nicht durch Armeen, Angst oder Verzweiflung besetzen lassen.

Ein Film, der mit inspirierenden Bildern und poetischen Worten über den weltweiten sozialen Bewegungen gegen Neoliberalismus erzählt. Er zeigt eine Welt, die zunehmend auf Gewalt und den sogenannten „Krieg gegen den Terror“ angewiesen ist, um ihre Regierbarkeit aufrecht zu erhalten.




Mehr Information sowie der Aufruf zur Teilnahme an den Protesten gegen die Münchner "Sicherheitskonferenz".

Honnigfort (FR) wachsam: LINKE weiterhin fertigmachen!

Es gibt einen  Aufruf, der sich mit vollem Recht gegen die vorbereitenden Kriegsmanöver des Westens wendet, die Syrien und den Iran vor den eigentlichen Kriegshandlungen kaputtschießen wollen. Wir kennen das von Libyen her. Es muss nicht weiter ausgeführt werden. Die Folgen sind zu besichtigen. Eins der bisher reichsten Völker Afrikas ist zu einem der ärmsten gemacht worden.

In dem Aufruf der wahrscheinlich entscheidendste Satz: "Das iranische und syrische Volk haben das Recht, über die Gestaltung ihrer politischen und gesellschaftlichen Ordnung allein und souverän zu entscheiden. Die Erhaltung des Friedens verlangt es, daß das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten konsequent eingehalten wird."

Was besagt das? Die Unterschreibenden halten sich an den alten und bewährten Grundsatz, dass Revolution selbst gemacht werden muss. Ohne ausländische und vor allem staatliche Schutzpatrone mit ihren immer schon leicht durchschaubaren Absichten. Besonders nach dem Libyenkrieg. In allen bekannten Fällen, die im Aufruf auch aufgezählt werden, haben Regierungen ihre Spiele getrieben. Regierungen haben nachher ihren Profit daraus gezogen. Nichts ist übriggeblieben vom solidarischen Einsatz Einzelner und Gruppen, wie etwa im Spanischen Bürgerkrieg.

Es ist klar, dass es heute unmöglich ist, wie etwa 1938, einer der kämpfenden Parteien vorbehaltslos zuzustimmen und ihre Ziele zu unterstützen. (Vor allem, weil wir darüber zu wenig wissen). Das heißt aber noch lange nicht, dass wir Eroberungsabsichten bekannter Imperialisten gegenüber dem betroffenen Land stillschweigend zu unterstützen haben.

All das, was ein Bernhard Honnigfort vermutlich so gut weiß wie jeder andere, hindert ihn nicht, seine vermutlich verlagsgeschätzte Knüppelarbeit in der FR vom 11.1.2011 fortzusetzen. Er schreibt: Honnigfort: Die falschen Verbündeten. Linke solidarisieren sich mit Syrien und Iran.

Neues Jahr, neuer Streit in der Linksfraktion. "Das ist deren Privatangelegenheit" kommentiert am Dienstag ein Sprecher der Fraktion leicht genervt einen Aufruf, den sechs Abgeordnete unterzeichnet haben, darunter Dieter Dehm, Ulla Jelpke und Sevim Dagdelen, die dem radikalen Flügel angehören...

Der proisraelische Bundesarbeitskreis "Shalom" innerhalb der Linken hat deshalb scharf gegen "linke Solidarität mit Schlächtern"protestiert und alle Unterzeichner aus der Linkspartei aufgefordert,ihre Unterschriften zurückzuziehen.Es sei doch zynisch, so Shalom, sich über erfolgreiche Regimewechsel in Tunesien und Ägypten zu freuen,diesen aber den Menschen in Syrien vorzuenthalten,nur weil das Regime gegen die USA ankämpfe. Es müsse endlich Schluss sein mit dem Antiamerikanismus der Linken" fr-print 11.01.2011 (Im Netz - in berechtigter Scham? - verborgen. Jedenfalls von mir bis 11 Uhr nicht aufgefunden)

Zur Zusammenarbeit mit BAK Shalom ist nichts weiter zu bemerken. Man kennt das Völkchen.

Hinzuweisen aber auf Honnigforts Überschrift: Von "Verbündeten" kann keine Rede sein. Wenn jemand die sehr unlauteren und durchsichtigen Absichten der imperialistischen Seite angreift, ist damit noch gar nichts gesagt für oder gegen die Wertschätzung der anderen Seite.

Honnigfort geht es nachweislich um Spaltung. Nicht umsonst wird die nicht weiter überprüfbare Aussage eines Sprechers der Gesamtpartei der angeblich "privaten" Meinung einzelner Mitglieder gegenübergestellt. Es steht immer noch zu hoffen, dass die LINKE als Partei nicht so leichtfertig ihr letztes verbliebenes Alleinstellungsmerkmal: absolute Kriegsgegnerschaft aufgibt.

Kleine Zusatzpointe: Honnigfort rechnet Dieter Dehm umstandslos dem "radikalen Flügel" zu. Ist Dehm nicht auch Vorsitzender des Arbeitskreises "Selbständiger" in der LINKEN? Was daran ist "radikaler Flügel"?

Wie sich leicht herausfinden lässt, stehen auch SPIEGEL und SÜDDEUTSCHE dieses wie letztes Jahr stramm hinter Shalom! Mal sehen, ob die Partei DIE LINKE sich ebenfalls unter den vereinigten Peitschenhieben der Kriegstreiber so hilflos krümmt wie letztes Jahr?

10 Jahre Guantánamo: Obamas Knast, Obamas Schande

Vor genau 10 Jahren haben die USA auf ihrem Marinestützpunkt in der Bucht von Guantánamo im östlichen Teil Kubas begonnen,  das Camp X-Ray zur Internierung von Gefangenen einzurichten. Notwendig wurde dieses Lager mit exterritorialem Status aus Sicht der Bush-Administration, um von den Gefangenen, derer Geheimdienste und Armee der USA in ihrem "weltweiten Krieg gegen den Terror" habhaft wurden, weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Gleichzeitig sollten sie jedoch von der ordentlichen US-Gerichtsbarkeit ferngehalten werden, was bisher meist auch "gelungen" ist. Bis heute sitzen dort Menschen ein, die teilweise noch nicht einmal den Grund ihrer Internierung erfahren haben, darunter befanden sich auch Kinder und Jugendliche, die beim Zeitpunkt ihrer Verhaftung 13 Jahre und älter waren. Der Zweck der Internierung war von Anfang an, nicht etwa den Nachweis einer vermeintlichen Verwicklung in die Anschläge des 11. September 2001 zu erbringen und reguläre Strafprozesse zu ermöglichen, sondern die wie auch immer geartete Gewinnung von Informationen über al-Qaida und die Taliban in Afghanistan.

Ungesetzliche Kombattanten
Zu diesem Zweck wurde der Status der "ungesetzlichen Kombattanten" von der US-Administration entwickelt, um diese Menschen im Ausland Verhören und Foltermethoden auszusetzen, ohne dass die Betroffenen dagegen eine rechtliche Handhabe hätten oder die US-Regierung selbst zur Verantwortung gezogen werden könnte. 86 Prozent der Gefangenen in Guantánamo gelangten in die Gewalt der US-Regierung, indem sie von der sog. Nordallianz in Afghanistan, den langjährigen Bürgerkriegsgegnern der Taliban, oder von pakistanischem Militär und Geheimdienst gefangen genommen wurden, nachdem die Bush-Regierung hohe Kopfgelder für die Ergreifung mutmaßlicher al-Qaida-Kämpfer und Taliban ausgesetzt hatte. Folglich sind auf Guantánamo auch Menschen auf "Grundlage" interessengeleiteter Verdächtigungen ihrer Gegner und missgünstiger Nachbarn oder teilweise auf Grund persönlicher Bereicherung seit vielen Jahren inhaftiert.
Bis heute wurde nur sechs Häftlingen der Prozess gemacht, darunter der zum Islam konvertierte Australier David Hicks, der 2001 von der Nordallianz gefangen genommen, für 1000 US-Dollar an die US-Armee "verkauft" und auf Guantánamo interniert wurde. Von einem rechtlich umstrittenen Militärtribunal wegen Unterstützung der Taliban verurteilt, ist er inzwischen wieder frei. [1]
Im Januar 2009 lehnte es der US-Bezirksrichter Richard Leon ab, den Jemeniten Ghaleb Nassar Al Bihani freizulassen, der damals schon sieben Jahre lang auf Guantánamo einsaß. Al Bihani konnte nichts weiter vorgeworfen werden, als dass er als Küchenhilfe bei den Taliban gearbeitet habe, was er auch zugegeben hatte. Gleichwohl urteilte der Bezirksrichter Leon, Al Bihani werde zu Recht als "feindlicher Kämpfer" gefangen gehalten, denn er habe die Taliban unterstützt. "Schon Napoleon habe schließlich gesagt, dass jede Armee auf ihrem Magen marschiere." [2]

Menschen in Käfighaltung

Camp X-Ray, das ein Jahr lang betrieben und schließlich durch sieben Camps (u.a. dem berüchtigten Camp Delta) mit insgesamt knapp 800 Häftlingen ersetzt und erweitert wurde, geriet dadurch in den Fokus der Medien, weil die US-Armee die Gefangenen in Käfigen hielt. Diese Käfige konnten von allen vier Seiten eingesehen werden und in ihnen wurden die Gefangenen ungeschützt der tropischen Witterung aus praller Sonne und sintflutartigen Regengüssen ausgesetzt. Systematisch wurde den Gefangenen jegliche noch so kleine Privatsphäre verweigert, selbst bei den menschlichsten aller Bedürfnisse. Kombiniert war diese permanente Demütigung mit sexualisierter Gewalt, indem sich die meist moslemischen Männer vor Frauen der US-Armee entkleiden, sich Damenwäsche anlegen mussten oder an Leinen durch die Käfige geführt wurden.

Unterirdische Haft bei Schlaf- und Nahrungsentzug

Wiederholt berichteten die UNO, das Internationale Rote Kreuz und (mit Einschränkungen) sogar das Pentagon selbst neben dem sog. Water-Boarding, das zum Standardrepertoir gehört(e), von Dauerverhörpraktiken (so zum Beispiel 48 Verhöre bei einem Gefangenen an 54 aufeinander folgenden Tagen mit bis zu 18 bis 20 Stunden täglich), Anketten von Häftlingen in fetaler Position, Koran-Schändungen, Schlafentzug, Isolationshaft, Einsatz und Bedrohung mit Gefängnishunden und Zwangsernährung bei Gefangenen, die wegen der Haftbedingungen in den Hungerstreik traten. Ein Untersuchungsrichter am nationalen Gerichtshof Spaniens dokumentierte weitere Fälle, wie Schläge in den Genitalbereich, unterirdische Haft in totaler Dunkelheit über drei Wochen hinweg mit Nahrungs- und Schlafentzug, Beschmieren von Gefangenen mit Exkrementen etc.

Auf Grundlage eines geheimen Memorandums des früheren stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz, so US-amerikanische Menschenrechtsorganisationen, wurden den Gefangenen unter Zwang psychoaktive Substanzen verabreicht, von denen auch Murat Kurnaz berichtete. Diese führten zu Alpträumen, Psychosen, Angstzuständen, Schweißausbrüchen, Atemnot und Panikattacken und sollten mit den menschenunwürdigen Haftbedingungen gemeinsam dazu führen, den letzten Willen und Widerstand der Gefangenen zu brechen.

Verschwiegene und dubiose Selbstmorde

Diese Praktiken führten aber dazu, dass die Öffentlichkeit gleich von mehreren Dutzend Selbstmordversuchen (man kann von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, die nicht bekannt wurde) Kenntnis erlangte. Über die Selbstmorde meinte ein US-General laut Süddeutscher Zeitung, noch bevor die Leichen obduziert wurden: "Sie achten das Leben nicht, weder unseres, noch ihr eigenes. Das war kein Akt der Verzweiflung, sondern asymmetrische Kriegsführung gegen uns." [3] Drei Insassen, die Selbstmord begingen, konnten nicht vollständig untersucht werden, weil Teile des Rachens, des Kehlkopfes und der Luftröhre fehlten, so dass darüber, ob nicht etwa ein Fremdverschulden vorliegt, keine Aussage getroffen werden konnte. Andere Todesfälle oder Selbstmorde wurden teilweise bis zu eineinhalb Jahren der Öffentlichkeit verschwiegen. Mindestens ein Insasse verstarb an Krebs, vermutlich deshalb, weil die in Guantánamo angesetzte chemotherapeutische Behandlung unter den Lagerbedingungen und wegen fehlenden fachmedizinischen Einrichtungen nicht anschlug.

Gefängnisterroreinheit

Eine zentrale Rolle in diesem System auf Folter und Gefängnisterror spielen die sog. Immediate Reaction Forces (IRF), die selbst bei geringstem Widerstand gegen die übliche systematische Demütigung der Gefangenen brutal reagieren. Michael Ratner (Präsident des Center for Constitutional Rights): "IRF-Teams schlagen Gefangene brutal zusammen, zwängen ihre Köpfe in Kloschüsseln, brechen ihnen die Knochen, attackieren ihre Augen bis hin zur Blendung, pressen ihre Hoden, urinieren auf ihre Köpfe, schlagen ihre Köpfe gegen den Betonboden und fesseln sie an Händen und Füßen – manchmal lassen sie Gefangene stundenlang in qualvollen Positionen gefesselt zurück." [4]

Obamas gebrochenes Versprechen

Vor drei Jahren meinte US-Präsident Barack Obama kurz nach seiner Amtseinführung, er wolle Guantánamo schließen und erließ am 22. Januar 2009 eine Anweisung, das Folter-Lager so schnell wie umsetzbar aufzulösen, was jedoch nicht länger als ein Jahr dauern dürfe. Zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt und zehn Jahre nach Errichtung des Gefangenenlagers, in dem die Bedingungen für sich genommen bereits eine Folter darstellen, sitzen noch 171 Gefangene illegal und unter menschenunwürdigen Bedingungen auf dem US-Stützpunkt ein und die Süddeutsche Zeitung schlagzeilt treffend: "Raus geht es nur noch im Leichensack." [5]Obamas eigene Kommission hat schon vor drei Jahren 80 der verbleibenden 171 Gefangenen als ungefährlich eingestuft – freigelassen wurden sie indes noch immer nicht. Da es sich nicht um den normalen Justizvollzug nach regulärer Rechtsprechung, sondern um eine sog. Administrativhaft handelt, hat Präsident Obama als Chef der Exekutive letztlich die oberste Zuständigkeit und kann diese nicht auf einen kooperationsunwilligen Kongress abschieben. Der Friedensnobelpreisträger Barack Obama trägt inzwischen die volle politische und administrative Verantwortung für diesen fortwährenden Affront gegen das Völkerrecht und die Menschlichkeit.
 
• 10 Years Too Many: National Day of Action Against Guantánamo am 11.01.2012
• Sign the petition. 10 years on: Close Guantánamo Bay (Petition von Amnesty International)
 
 

Anmerkungen


Zum Fall David Hicks vgl. a. den Eintrag bei en.wikipedia.org
Taliban-Koch kommt nicht frei, 28.01.2009, (derStandard.at)
Selbstmorde in Guantanamo: Tod im Lager der Schande, 11.06.2006 (Süddeutsche Zeitung)
Michael Ratner / Ellen Ray: Guantánamo: What the World Should Know. White River Junction, Vermont 2004. Übersetzt und zitiert in: Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base, 10.01.2012, (de.wikipedia.org) Ein Teil des Buches ist über Google Books online verfügbar.
Zehn Jahre Guantánamo: Raus geht es nur noch im Leichensack, 09.01.2012 (Süddeutsche Zeitung) 



Erstveröffentlichung dieses Beitrages unter 10 Jahre Guantánamo: Obamas Knast, Obamas Schande, Homepage von Uwe Ness.

Aufruf zur LLL-Demo 2012

Lenin, Liebknecht Luxemburg Demo 2009
Auch dieses Jahr findet in Gedenken an die am 15. Januar 1919 von der Reaktion ermordeten Revolutionäre Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin die größe europäische Manifestation für eine befreite Gesellschaft statt. Dazu verweisen wir auf den Aufruf der antifaschistischen Linken Berlin [ALB], SDAJ Berlin und der Revolutionären Antifaschistischen Aktion Berlin [ARAB]:

Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, Gründer_innen und Vorsitzende der KPD, durch reaktionäre Freikorpssoldaten und mit Zustimmung der regierenden SPD, ermordet und anschließend in den Berliner Landwehrkanal geworfen. Zum Zeitpunkt von Luxemburgs und Liebknechts Ermordung war die Novemberrevolution in ihre letzte Phase eingetreten, die Arbeiterschaft war gespalten. Die Mehrheits-SPD versöhnte sich mit dem Kapital und übernahm Regierungsverantwortung. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht lehnten dies entschieden ab. Für sie lag die einzige Perspektive in einer sozialistischen Revolution. Dass diese Sicht damals nicht nur Utopie gewesen war, zeigen die unerbittlichen Kämpfe der Arbeiter_innen und Soldaten in der Novemberrevolution sowie die ein Jahr vorher erfolgreiche Oktoberrevolution der Bolschewiki in Russland.

Wenn wir im Jahre 2012 an die Ermordung von Luxemburg und Liebknecht erinnern und auf die Straße gehen, dann nicht nur um zwei großen Revolutionär_innen zu gedenken. Wir wollen uns auch ihr Denken, welches die Revolution nicht nur als Utopie in eine unbestimmte Zukunft legte, sondern als Möglichkeit der politischen Praxis begreift, vergegenwärtigen und so für unsere heutigen Kämpfe lernen.

Luxemburgs und Liebknechts Ideen sind heute noch aktuell und relevant. Zum einen befindet sich die kapitalistische Wirtschaft in einer anhaltenden Krise, die in den Ländern des Imperialismus zu einem Aufbrechen der TINA-Formel (There is no alternative – es gibt keine Alternative) geführt hat. Zum anderen werden in Ländern der Peripherie die Fragen nach einer neuen Gesellschaftsordnung revolutionär gestellt.

Die kapitalistische Klassengesellschaft
Im Kapitalismus – egal in welcher Ausprägung – stehen sich aufgrund des staatlich garantierten und geschützten Besitzes an Privateigentum zwei Klassen gegenüber: eine ausbeutende Klasse der Kapitalisten und eine ausgebeutete Klasse. Dabei ist das Verhältnis zwischen Kapitalisten und ausgebeuteter Klasse nicht nur charakterisiert durch den Unterschied zwischen Arm und Reich, sondern vor allem durch die antagonistische Stellung, die den beiden Klassen im Produktionsprozess zukommt. Im Kapitalismus ist Ausbeutung kein individuelles Verhältnis, begründet sich keineswegs durch moralisches Fehlverhalten Einzelne_r, sondern ist schlicht systemimmanent.

Der zentrale Aspekt von Ausbeutung liegt nämlich in der Aneignung des Mehrwertes. Diejenigen, die über keine eigenen Produktionsmittel verfügen, sind gezwungen ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um so ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Was sie verdienen, reicht im Allgemeinen zum Überleben – bei manchen mit mehr Schnickschnack, bei anderen nicht einmal für eine warme Mahlzeit. Was die, die die Arbeitskraft kaufen dadurch verdienen, ist soviel, dass sie es wieder investieren können. Und sie müssen genau das tun, da sie sonst Gefahr laufen, von ihren Konkurrenten ausgestochen zu werden und weniger als zuvor zu besitzen. Der durch den Gebrauch der Arbeitskraft entstandene Mehrwert fällt also ausschließlich einer Seite zu. Und genau hier liegt das grundlegende Verhältnis von Ausbeutung im Kapitalismus. Denn obwohl der gesellschaftliche Reichtum von der Arbeiterklasse produziert wird, fällt der produzierte Reichtum den Kapitalisten zu. Rosa Luxemburg charakterisierte dies im Jahre 1912 wie folgt: „Das Grundgesetz der kapitalistischen Produktion ist nicht nur Profit in blankem Gold, sondern stets wachsender Profit. Zu diesem Zwecke verwendet der Kapitalist die Frucht seiner Ausbeutung nicht ausschließlich und nicht einmal in erster Linie zum persönlichen Luxus, sondern im fortschreitendem Maße zur Steigerung der Ausbeutung selbst. Der größte Teil des erzielten Profits wird wieder zum Kapital geschlagen, zur Erweiterung der Produktion verwendet.“

Dabei wird ein in der Menschheitsgeschichte bisher unbekannter materieller Reichtum erwirtschaftet, der aber aufgrund der Eigentumsverteilung und -verhältnisse nur dem kleinsten Teil der Menschen zugute kommt. Die Frage nach der Verteilung dieses gesellschaftlichen Reichtums wird in Klassenkämpfen ausgetragen. In diesen Auseinandersetzungen waren in manchen Zeiten die Kräfte der Ausgebeuteten stärker und konnten so dem Kapital Zugeständnisse abgewinnen. Zurzeit allerdings betreibt das Kapital einen verschärften Klassenkampf von oben, bei dem rigider Sozialabbau und imperialistische Kriege der massiven Anhäufung von neuem Kapital dienen. Aktuell ist der Kapitalismus von einer verstärkten Konzentration auf die Finanzmärkte gekennzeichnet. Dabei wird mit dem erwirtschafteten Kapital auf den Finanzmärkten um hohe Renditen spekuliert oder es wird auf kurzfristige Renditen in anderen Bereiche, wie in der Industrie, bei Immobilien, Rohstoffen aber auch um Lebensmittel, gewettet.

Subjekt der Klassenauseinandersetzungen
Mit der aktuellen kapitalistischen Krise stellt sich auch die Frage nach Klassenkämpfen und den darin handelnden Subjekten als Träger von linker Politik. In den westlichen Metropolen existiert zurzeit kein kollektiv handelndes und (klassen-)bewusstes Proletariat. Dies liegt darin begründet, dass sich auch die subalterne Klasse nicht abseits, sondern in der bestehenden Widersprüchlichkeit entwickelt: Individualisierung, Prekarisierung und zunehmender Konkurrenzkampf prägen die Situation am Arbeitsplatz, in den Universitäten und Schulen sowie zahlreichen anderen Bereichen des sozialen Lebens.

Nicht zuletzt durch die langjährige Zurückhaltung der Gewerkschaften kam es zu einem Rückgang der Reallöhne, im Zuge dessen auch immer mehr Arbeitsplätze vernichtet und Sozialleistungen gekürzt wurden. Bei der Suche nach den billigsten Produktionskosten setzt das Kapital international auf Abwanderung in Billiglohnländer sowie national auf die Spaltung zwischen Kernbelegschaften und Leiharbeiter_innen. Angst vor dem sozialen Abstieg wurde durch Hartz IV, Sozialabbau, Arbeitszeiterhöhung und Ausweitung der sogenannten Leiharbeit zur Erfahrung eines erheblichen Teils der Gesellschaft. Unsicherheit verbindet sich mit einer diffusen Angst und Gefühlen von regelmäßig widerfahrenen Ungerechtigkeiten bei gleichzeitiger Legitimitätskrise der etablierten Parteipolitik. Der Linken – egal ob Parteien oder Gewerkschaften – gelang es dabei hierzulande nicht, diese Erfahrungen mit einer sozial gerechten Perspektive zu verbinden.

Dabei ist es vor allem auch der Linken selbst zuzuschreiben, dass sie sich zunehmend marginalisierte. Die gewerkschaftliche Anbiederung an das Kapital durch sozialpartnerschaftliche Erfüllungspolitik verkennt genauso wie die sozialdemokratische Idee von Reformen und schrittweisen Veränderungen, Verbesserungen im Kapitalismus zu erreichen, die realen Lebensumstände des Großteils der Menschen. Denn mit den Veränderungen der ökonomischen und politischen Gegebenheiten ist eben nicht die Frage nach der Überwindung der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse – des real-existierenden Kapitalismus – überflüssig geworden.

In dieser Situation besteht aber immer auch die Gefahr, dass die Ängste und das diffuse Unbehagen der Menschen durch rechte und faschistische Kräfte vereinnahmt werden. Nationalistische Antworten auf die Krise des Kapitalismus entspringen dabei der kapitalistischen Vergesellschaftung selbst, deren Basis die freie Konkurrenz der staatsbürgerlichen Individuen ist. Nationalismus und Faschismus bieten sich dabei als die „besseren“, weil „nationaleren“ Antworten an. Sie zielen aber auf den Ausschluss und letztendlich auf die Beseitigung von allem, was nicht in das vorgegebene Raster – egal ob es sich um ein ethnisches, religiöses, nationales, kulturelles oder auch politisches handelt – passt. Die Entwicklung in Ungarn und Tschechien, wo Roma durch Pogrome um ihr Leben fürchten müssen, steht neben den massenhaften Morden des Norwegers Breivik.

Auch wenn ein Teil der Ausgebeuteten sich durch noch mehr „Marktwirtschaft“ eine Verbesserung ihrer Situation erhofft, ändert dies nichts an der Struktur des Kapitalismus und seiner ausbeuterischen Dynamik. Doch es gibt auch erfreuliche Entwicklungen, die eine Veränderung des Bewusstseins andeuten und Möglichkeiten für die revolutionäre Linke eröffnen. In verschiedenen Ländern formieren sich Widerstandsbewegungen, etwa in Griechenland, wo seit Jahren regelmäßig Tausende auf die Straße gehen, um gegen die von der EU verordnete Sparpolitik zu demonstrieren. Auch in der BRD begehren zunehmen Menschen auf und demonstrieren, wenn sie sich in ihrem Lebenszusammenhang betroffen fühlen – wie etwa die Proteste gegen Stuttgart 21 oder gegen die Atomkraft zeigen. Ebenso kommt es im gewerkschaftlichen Bereich vermehrt zu Streiks, wie die Arbeitskämpfe der Lokführer_innen oder der Beschäftigten der Berliner Charité zeigen. Mit einfachsten Mitteln wird versucht, dem eigenen Anliegen Gehör zu verschaffen, wie etwa die „Occupy-Bewegung“ mit ihren Platzbesetzungen veranschaulicht. Und auch die immer wieder brennenden Autos in deutschen Großstädten sagen viel über die stille Wut derer, die sich nicht in einem solchen Auto wiederfinden können.

Die EU als imperialistisches Projekt
Im Hinblick auf den deutschen Imperialismus ist dabei aktuell die Entwicklung der Europäischen Union hervorzuheben. Diese ist keineswegs ein europäisches „Friedensprojekt“, sondern ein imperialistisches Zweckbündnis zur innereuropäischen und globalen Durchsetzung der Interessen der stärksten EU-Staaten, allen voran die BRD und Frankreich. Im Gefolge der sogenannten Schuldenkrise realisiert dabei das deutsche Kapital lang gehegte Träume von einem deutsch dominierten europäischen Wirtschaftsraum.

Nachdem sich die Staaten der EU-Peripherie, vor allem Portugal, Irland, Spanien und Griechenland, aufgrund der ökonomischen Asymmetrien innerhalb der Union zu schuldenbasierten Ökonomien entwickelt hatten, die im wesentlichen als Absatzmärkte und Kreditabnehmer für die stärkeren imperialistischen Länder dienten, werden ihnen nun als Bedingung für sogenannte „Hilfspakete“ rigide Kürzungsmaßnahmen diktiert. Abgesehen davon, dass die „Hilfskredite“ niemandem helfen als den Banken, Konzernen und sonstigen Investoren, so bedeuten die von der Troika – Europäische Zentralbank, EU-Kommission und IWF – erzwungenen „Sparpakete“ eine massive Verschlechterung der Lebenssituation der Menschen in den Peripheriestaaten: Lohnkürzungen, Entlassungen, Streichung von Sozialleistungen, Erhöhung von Abgaben und umfassende Privatisierungen sind der Hauptinhalt dieser Politik, die eine weitere Deindustrialisierung und Verarmung hervorrufen wird. Mit der ökonomischen Ausbeutung und der fortgesetzten Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen dieser Volkswirtschaften, geht ein in der jüngeren Geschichte Europas beispielloser Verlust von nationalstaatlicher Souveränität und weiterem Demokratieabbau einher. Längst wird in Berlin und Brüssel entschieden, was in Athen umgesetzt werden soll. Eine der Konsequenzen dieser Entpolitisierung der Politik ist die Installierung scheinbar „neutraler“ Technokratien wie in Griechenland und Italien, wo sogenannte Experten die optimale Umsetzung des Diktates der Kernstaaten garantieren sollen.

Flankiert wird die Unterordnung ganzer Volkswirtschaften unter die Interessen des westeuropäischen Großkapitals durch die von Mainstreammedien und bürgerlichen Politikern betriebene Hetze gegen angeblich „faule Südländer“, die über „ihre Verhältnisse gelebt“ hätten und sich nun mit deutschen Steuergeldern über Wasser zuhalten suchten. Dieser Diskurs ist gleichermaßen rassistisch-nationalistisch wie stumpf. Denn einer der Hauptgründe der hohen Verschuldung in den Peripheriestaaten liegt gerade im Exportfetischismus des deutschen Kapitals: „Deutschland hat seine Wettbewerbsfähigkeit in der Euro-Zone aus dem einzigen Grund erreicht, dass es in der Lage war, seine Arbeiter_innen härter auszubeuten. Die Einführung von Billiglöhnen und die massenhafte Durchsetzung von Leiharbeit, bei gleichzeitiger Verhinderung eines Mindestlohns, tragen erheblich dazu bei. So hat es dauerhafte Leistungsbilanzüberschüsse gegenüber der Peripherie erzielt. Diese wurden zu ausländischen Direktinvestitionen und Bankkrediten für die Euro-Zone“, schreibt der linke Londoner Think-Tank „Research on Money and Finance“ und fasst zusammen: „Gewinne für das deutsche Kapital, Verluste für deutsche Arbeiter_innen und die Peripherie“. Allem chauvinistischen Geraune von den das Geld der fleißigen Deutschen verprassenden „Pleite-Griechen“ zum Trotz zeigt sich, dass die deutsche und die griechische Arbeiterklasse gemeinsame Feinde hat: Banken, Großkonzerne und ihre politischen Interessenvertreter.

Krieg nach Außen – Repression nach Innen
Mit der Niederlage des Realsozialismus und dem damit einhergehenden Sieg der kapitalistische Reaktion gelangte die militärische Durchsetzung von kapitalistischen Interessen wieder auf die Tagesordnung der BRD. Krieg ist und bleibt deutsche Staatsräson, ob als direkt selbst durchgeführtes mörderisches Handwerk oder in Gestalt eines Exportes von Kriegsmaterial, etwa nach Saudi-Arabien oder in die Türkei, wo deutsche Waffen zur Niederschlagung der kurdischen Bewegung eingesetzt werden. „Rot-Grüns“ Feldzug gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999 war der Anfang einer ganzen Reihe von imperialistischen Waffengängen. Die Bundeswehr wurde seit den 1990er-Jahren zu einer „Armee im weltweiten Einsatz“ – zur Durchsetzung deutscher Interessen – umgebaut. Die Bundeswehr geht neben Afghanistan noch in zahlreichen weiteren Ländern außerhalb der BRD ihrem tödlichen Handwerk nach, etwa bei der „Piratenjagd“ vor der Küste Somalias. In der deutschen Öffentlichkeit wurde diese Entwicklung von öffentlichen Gelöbnissen, Bundeswehrbesuchen in Schulen und Messen sowie anderen militaristischen PR-Aktionen propagandistisch begleitet. Mit dem sogenannten „Krieg gegen den Terrorismus“ wurde an der Seite der USA Afghanistan besetzt. Das Hauptinteresse bestand dabei nicht, wie vollmundig beteuert wurde, in einer Verbesserung der Situation von Frauen oder einer tatsächlichen Durchsetzung von „Menschenrechten“, sondern vielmehr in der Durchsetzung der geopolitischen Interessen an den milliardenschweren Bodenschätzen sowie im ungehinderten Landweg zum Indischen Ozean. Der Einmarsch der NATO in Afghanistan hat unzählige Opfer gefordert. Die Lebenslage der Bevölkerung in Afghanistan hat sich weder verbessert, noch ist das Leben sicherer geworden. Die Bundeswehr ist an der vordersten Front mit dabei, wenn es darum geht, Menschen zu töten. Die 145 ermordeten Zivilisten, die Bundeswehr-Oberst Klein zu verantworten hat – und deren Tötung von einem deutschen Gericht per Freispruch nachträglich legitimiert worden ist –, ist nur ein Extrem unter vielen in dem unter anderem von deutscher Seite hergestellten „Alltag des Krieges“.

Dem Krieg nach Außen entspricht eine weitere Militarisierung im Inneren. Die zugehörige Politik kann dabei auf die schon beschriebenen Ängste und Unsicherheiten zurückgreifen, um sie durch repressive Überwachungsmethoden zu „beruhigen“. Dabei werden die Verfügungsmöglichkeiten für sogenannte Sicherheitsdienste immer weiter ausgebaut, während auf der anderen Seite die Rechte und Freiheiten des Einzelnen immer weiter eingeschränkt werden. So ist die Affäre um den aufgeflogenen Bundes-Trojaner nur die Spitze eines Eisbergs von Bespitzelungsmechanismen, die sowohl Online-, Telefon- sowie die Überwachung von öffentlichen Plätzen umfasst. Auch dies steht unter dem Banner der angeblichen Bekämpfung des „internationalen Terrorismus“. Aktuell wird im Zuge der öffentlichen Auseinandersetzung um neonazistische Gewalt die stärkere Vernetzung und Zusammenlegung von Polizei und Geheimdiensten diskutiert, eine Idee, die stark an Strukturen des deutschen Faschismus erinnert.

Die Herrschenden reagieren in der aktuellen Krise des Kapitalismus auf den aufkeimenden Widerstand nach bekanntem Schema. Auf der eine Seite werden faschistische Organisationen gehätschelt, aufgebaut und mit Waffen ausgestattet. Auf der anderen Seite wird eine Linke unter Generalverdacht gestellt und mit Repression überzogen. Dabei wird selbst die Option Faschismus – verstanden als durchaus flexibles Vergesellschaftungsmodell zur Kittung von sozialen und politischen Widersprüchen – von den Herrschenden in Erwägung gezogen. Sollte es auch nur ansatzweise stimmen, was bis heute bekannt ist, so waren beim Aufbau und bei der Unterstützung der faschistischen Mörderbande aus Jena bzw. Zwickau, die über Jahre hinweg aus Rassismus und einem faschistischen Weltbild heraus Menschen ermordete, Verfassungsschutzämter und Innenministerien von verschieden Bundesländern, wenn nicht noch weitere, wesentlich höhere Kreise der sogenannten „Sicherheitsdienste“ federführend beteiligt.

Linke Politik wird im Gegenzug kriminalisiert. Ein aktuelles Beispiel liefert die komplette Überwachung der antifaschistischen Proteste gegen den jährlichen Nazi-Aufmarsch in Dresden. Tausende Mobilfunkdaten wurden gesammelt, gespeichert und ausgewertet. Hausdurchsuchungen fanden im gesamten Bundesgebiet statt. Und der Vorwurf der Gründung einer „kriminellen Vereinigung“ nach §129 wurde erhoben. Damit soll der erfolgreiche antifaschistische Protest kriminalisiert und delegitimiert werden. Ideologisch wird diese Absurdität mit Begrifflichkeiten der „Extremismustheorie“ verkleidet und gerechtfertigt. Mittel ist die konstruierte Gleichsetzung von Faschisten und ihrem menschenverachtenden und an kapitalistischer Konkurrenz orientierten Weltbild mit der linken Idee von Gleichheit und Freiheit aller Menschen. Damit soll eine bürgerliche „Mitte“ festgelegt werden, die sich von den „extremen Rändern“ abgrenzt. Schlussendlich dient diese von Verfassungsschutz und konservativer Rechter etablierte Theorie zur Legitimation und Herrschaftssicherung der bürgerlichen Gesellschaft. Doch was ist auch anderes von einem Staat zu erwarten, der schon nach 1945 die Kontinuität der braunen Eliten hergestellt hat? Gehlen, Freisinger, Kiesinger sind nur die prominentesten Namen der erfolgreichen Re-Nazifizierung der BRD nach 1945 und zeigen die Ausrichtung der staatlichen Repression. Antikommunismus war und ist deutsche Staatsideologie.

Der Widerstand ist international
Seit Beginn 2011 hat sich aber eine neue internationale Entwicklung ergeben. Millionen von Menschen in der arabischen Welt haben sich versammelt, um gegen die herrschenden Eliten zu demonstrieren und die einheimischen Despoten zu Fall zu bringen. Dabei waren es die Bewegungen in Tunesien und Ägypten, denen es gelang, Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit aus dem Interpretationsmuster der neoliberalen Ideologie zu lösen und in ihre konkrete Lebenssituation zu übertragen. Dadurch konnten sie ihre Probleme als soziale Frage begreifen, die nicht mit beschaulichen Reformen und Zugeständnissen, sondern nur durch die revolutionäre Tat zu lösen ist. Dies ist gleichbedeutend mit dem Versuch der Überwindung der inneren Unterdrückung und imperialistischen Abhängigkeit von den USA und den EU-Staaten. Die angebrochene Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen und äußerst ambivalent. Sie birgt immer auch die Gefahr, von reaktionären Kräften religiöser oder bürgerlicher Ausrichtung in eine neue Form der Unterdrückung überführt zu werden. Die Bewegungen, die mit dem Namen „Arabischer Frühling“ bezeichnet werden, waren keine Internet-Revolutionen, sondern Revolten gegen den despotischen Alltagsbetrieb und sie wiesen teilweise auch eine antikapitalistische Perspektive auf. Auch in anderen Ländern wurde dieser Widerstand aufgegriffen und in die Praxis überführt. In Israel und Palästina gelangte im Sommer 2011 die seit Jahrzehnten zurückgedrängte soziale Frage durch Massenproteste gegen Korruption und fehlenden bezahlbaren Wohnraum wieder an die Öffentlichkeit. In Spanien begehrte die prekarisierte Jugend auf und nahm sich öffentliche Räume, um sich die Politik wieder anzueignen. In den USA hat sich eine Bewegung etabliert, die sich gegen die Macht des Finanzkapitals stellt und ebenso öffentliche Plätze okkupiert. Und auch in der BRD beginnen langsam und recht zögerlich Proteste gegen die Macht des Finanzkapitals.

Ebenso finden in anderen Ländern anhaltende Proteste statt. Die Studierenden und Schüler_innen in Chile gehen seit über einem Jahr auf die Straße und fordern Bildung jenseits der neoliberalen Verwertung. Sie sind damit Bezugspunkt für viele Bildungsproteste in Lateinamerika, etwa in Kolumbien, aber auch im Rest der Welt. Und seit Jahren demonstrieren auch griechische Arbeiter_innen und Angestellte gegen die Politik des Sparens und der Sozialkürzungen. Sie treibt eine Politik auf die Straße, die sie nicht zu verantworten haben, deren Lasten sie aber tragen müssen.

Gemeinsame Kämpfe, gemeinsames Gedenken
Daher ist es umso wichtiger, dass eine revolutionäre Linke sich aktiv in die anhaltenden Klassenauseinandersetzungen hineinbegibt. Dem Klassenkampf von oben kann nur mit einem Klassenkampf von unten begegnet werden. Dabei ist es notwendig, dass gerade in neuen Bewegungen auf eine Radikalisierung hingewirkt wird, die die Verbindung zwischen der aktuellen ungelösten sozialen Situation und dem Kapitalismus aufzeigt. Die aufgeworfene Demokratiefrage muss dabei mit der Frage nach sozialer Teilhabe, bis hin zur Demokratisierung des Produktionsprozesses, verbunden werden. Dadurch kann es gelingen, das Privateigentum in Frage zu stellen. So kann auch die gesellschaftliche Totalität des Kapitalismus mit den darin enthaltenden Widersprüchen als solche benannt und bekämpft werden. Die Antwort der Linken darf daher nicht im Rückzug in die immer schlaue kritische Kritik bestehen, sondern vielmehr im Vorstoß in eine aktive Auseinandersetzung innerhalb der Bewegungen und Klassenkämpfe. Dabei kann die Perspektive nur in der revolutionären Überwindung des Kapitalismus und in einer sozialistischen Gesellschaft liegen.

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht waren Kämpfende im Klassenkampf, ihre Ideen und Vorstellungen zeigen uns die Möglichkeiten auf, die sich in den täglichen Auseinandersetzungen – ob im Kampf gegen Militarismus und Krieg, den gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen in den Betrieben oder dem gemeinsamen antifaschistischen Kampf – ergeben. Ihre Vorstellungen stellen ein Feld des Lernens und der Weiterentwicklung der revolutionären Theorie und damit auch ihrer Praxis dar. Doch nur in organisierter Form ist es einer Linken, die die Überwindung des Kapitalismus als ihre Aufgabe ansieht, möglich, handlungs- und aktionsfähig zu sein und dabei auch einen gelebten Internationalismus zu praktizieren. Daher ist es in den aktuellen Auseinandersetzungen wichtiger denn je, die Klassenkämpfe voranzubringen, sich zu organisieren und dies vor allem auch international.

Im Gedenken an Luxemburg und Liebknecht wollen wir am 15. Januar 2012 gemeinsam auf die Straße gehen. Dabei stehen für uns heute wie zu Zeiten der beiden Revolutionär_innen der gemeinsame Kampf aller revolutionären Linken für eine Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung im Mittelpunkt. Es ist auch heute noch gültig, was vor fast hundert Jahren bereits aktuell war: Nur in der sozialistischen Revolution kann die alltägliche kapitalistische Ausbeutung überwunden werden. Dabei ist es notwendig, die gesammelten Erfahrungen aus den Klassenkämpfen aufzuheben und in eine revolutionäre Aktion zu überführen.

Noch einmal Syrien: Gegen den täglichen Wehrmachtsbericht!

Wie wenige andere skizziert Angelika Gutsche im FREITAG die gemeinsame Erwartung eines Angriffskriegs gegen Syrien im Jahre 2012, um den Endstoß gegen den Iran vorzubereiten.

Soweit Leute auf das gewöhnliche Gewölle der privaten und öffentlichen Erregungen angewiesen sind, werden sie dem bevorstehenden Krieg so wenig entgegenzusetzen haben, wie den vorangegangenen gegen Libyen und gegen den Irak.

Wer täglich Grausamkeiten der gegenwärtigen Machthaber aufgetischt bekommt, wie kann der anders reagieren als mit Zustimmung zur bevorstehenden Befreiung, die mit ererbten Parolen der europäischen Bewegungen garniert wird.

Ein Beispiel für die Einheitsfront bei den Hirnbetonierern. Kaum hatten die Abgeordneten der arabischen Liga sich nicht entrüstet genug über die syrischen Zustände geäußert, brach ein Gewitter der Empörung los. Offensichtlich wussten alle Schreiber schon im vorhinein, wie die Botschaft auszufallen hatte. Wie sie enden musste. Nämlich in einem Aufruf an die Völkergemeinschaft, unverzüglich loszuschlagen. Erst Flugverbotszone, dann Anerkennung einer Misch-Gruppe aus Irregeleiteten und Söldnervagabunden. Dann... aber das weiß schon jeder.

Bleibt nur ein Problem: Warum noch Untersuchungen veranstalten, wenn man pflichtgemäß alles immer schon vorher weiß.

Entsprechend wird ohne weitere Prüfung verbreitet, die Angreifer eines GRÜNEN- Kriegsvorbereiters in Berlin müssten zweifelsfrei vom syrischen Geheimdienst herkommen. Andere erregbare Herren scheint es in der ganzen Hauptstadt nicht zu geben. Westerwelle tat unverzüglich das Seinige: er bestellte den syrischen Botschafter ein. Natürlich nicht, um etwas zu erfahren. Aber um den Regierungsstempel auf das bloß Vermutete zu drücken.

Noch einmal: Was tun gegen die Lawine der Kriegsvorbereitung? Auf einen Bundestag voller Gekaufter, Verängstigter und Angepasster ist nicht zu rechnen. Die LINKEN allein in ihren kriegsgegnerisch gebliebenen Teilen werden wenig ausrichten können.

Bleibt nur eines: sich der allerbittersten Erkenntnis stellen. Dass nämlich in einem seit 1945 befreiten Land mit guten Ansätzen in den allerersten Jahren eines geworden ist, in welchem die Lüge zentnerweise ausgeschüttet wird, die Wahrheit aber krümelig im Fingerhut dargeboten, unter sehr viel Schutt. Ein ganzer Tag Zeitungslektüre ergibt ein Tütchen voll brauchbarer Erkenntnis. An der wenigstens wäre festzuhalten. Um der Schwellflut der staatlich erwünschten Lüge ein Geringes - das Geringste - entgegenzusetzen.
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