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Sechste (potenzielle) Zeugin im NSU-VS-Komplex in Baden-Württemberg verstorben

Am 8. Februar 2017 wurde der Tod einer weiteren potenziellen Zeugin in Baden-Württemberg bekannt.

Es ist die sechste Zeugin, die für den NSU-VS-Komplex in Baden-Württemberg von Bedeutung war. Sie ist noch namenlos. Die anderen haben Namen:

Arthur Christ, 18 Jahre
Florian Heilig, 21 Jahre
Thomas Richter, 38 Jahre
Melisa Marijanovic, 20 Jahre
Sascha Winter, 31 Jahre



Zu der namenlosen sechsten Zeugin gibt der PUA in Baden-Württemberg folgende Presserklärung heraus:

Beschlossene, noch nicht geladene Zeugin verstorben

Stuttgart. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses „Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufarbeitung des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A.“, Wolfgang Drexler MdL, hat das Justizministerium um Auskunft über den Tod einer Zeugin gebeten, die am 2. Februar 2017 verstorben war.

Der Vorsitzende erklärte dazu: „Das Ausschusssekretariat hat am 7. Februar 2017 nach einer standardmäßigen Einwohnermeldeauskunft zur Vorbereitung einer Ladung der Zeugin erstmals von der Meldebehörde vom möglichen Ableben der Zeugin erfahren und sich umgehend um eine amtliche Bestätigung bemüht. Am Morgen des 8. Februar 2017 wurde der Tod der Zeugin durch das zuständige Standesamt bestätigt und die Sterbeurkunde übersandt. Da wir leider bereits mit bedauerlichen Todesfällen zu tun hatten, habe ich das Sekretariat sofort beauftragt, beim Innen- und Justizministerium nachzufragen, ob dort etwas vom Tod der Zeugin bekannt wäre. Nachdem bei uns gegen 10:20 Uhr weitere Informationen eingingen, dass die Einäscherung wohl im Laufe des Tages erfolgen werde, haben wir beim Justiz- und Innenministerium angeregt, dringend Maßnahmen zu erwägen, um die spätere Aufklärung nicht unmöglich zu machen bzw. zu erschweren. Leider war, wie wir später erfahren haben, wohl die Einäscherung bereits erfolgt, bevor wir uns erstmals an die Ministerien wenden konnten. Ich habe, insbesondere durch ein Schreiben vom gleichen Tag, dem Justizministerium mitgeteilt, dass der Ausschuss großes Interesse daran hat, zu wissen, ob die Zeugin eines natürlichen Todes gestorben ist und Fremdeinwirkung oder Fremdverschulden bei ihrem Tod ausgeschlossen werden kann. Nach einer ersten Antwort des Ministeriums habe ich am heutigen Tag die Obleute der Fraktionen im Ausschuss entsprechend in Kenntnis gesetzt.“

Aus den dem Ausschuss bislang mitgeteilten Informationen spreche nichts für einen unnatürlichen Todesfall, so Wolfgang Drexler weiter. Dies habe wohl auch ein forensisch erfahrener Mediziner bestätigt, der an der Leichenschau mitgewirkt habe. Der Ausschuss werde in seiner nächsten Sitzung am 24. Februar 2017 den Sachverhalt ansprechen und erwarte die Beantwortung seiner Anfrage an das Justizministerium über den Fortgang der Aufklärung: „Jetzt sind die Behörden vor Ort und die zuständigen Ministerien in der Verantwortung“, sagte der Vorsitzende weiter. Er sei sicher, dass die weiteren Abklärungen ebenso wie die Information des Ausschusses und der Öffentlichkeit mit der gebotenen vollständigen Gründlichkeit, Sorgfalt und Umsicht durch die zuständigen Behörden betrieben werden: „Ich bin zuversichtlich, dass die Behörden ihre Lektionen gelernt haben.“

Der Ausschuss werde im Rahmen seines Auftrags die Ermittlungen der zuständigen Behörden unterstützen und, wie immer, überaus aufmerksam, kritisch und unabhängig begleiten, betonte Drexler.

Die Zeugin gehörte in den 1990er Jahren mutmaßlich zu einer Gruppierung von Rechtsextremisten im Raum Ludwigsburg, welche im persönlichen Austausch mit der Neonazi-Szene in Jena und Chemnitz standen. 1996 soll sie in diesem Rahmen eine Szenegaststätte in Ludwigsburg gemeinsam mit Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos besucht haben. Später war sie liiert mit einem aus Thüringen stammenden und in Baden-Württemberg wohnhaften zentralen Mitveranstalter diverser als „Geburtstagsfeiern“ deklarierter Konzerte rechtsextremer Skinheadbands und szenetypischen Besuchern aus dem gesamten Bundesgebiet, darunter auch der Band „Noie Werte“."

(Pressemitteilung 6/2017 vom 9.2.2017)

Bereits nach dem fünften Tod einer potenziellen Zeugin formulierte Hajo Funke die Art der „Aufklärung“ wie folgt:

So viele Tote aus Selbstmordgründen? Da stimmt was nicht. Es ist ein Muster. Es gibt im Umfeld von der verstorbenen Melisa M. Menschen, die riesige Angst von einer Mischszene von rechtsextremer und organisierter Kriminalität (OK) haben. Die Angst ist nicht unbegründet.“

Wer mehr Informationen (Namen, Alter, Lebens-/Todesumstände) darüber hat, als der PUA, an der Gründlichkeit der Behörden, auf die Drexler so sehr setzt, zweifelt, der kann gerne über „Kontakt“ in Verbindung treten.

Mehr dazu:

Eine tote Polizistin, ein schwer verletzter Polizist ... und vier tote Zeugen in Baden-Württemberg, publiziert bei NDS am 25.2.2016.

Der Putsch im Putsch. Die aktuelle Situation in der Türkei und Nordkurdistan

Mit dem Putschversuch von Teilen des Militärs und seiner Niederschlagung durch AKP-treue Spezialeinheiten und Polizei, begann in der Türkei und in Nordkurdisstan eine neue Ära. Sämtliche Konkurrenten der Regierungspartei in den Behörden, Ministerien, Universitäten und im Militär wurden seit dem 15. Juli 2016 ausgeschaltet. Mehr als 130.000 Entlassungen und Suspendierungen, mehrere zehntausend Inhaftierungen und eine komplette Umstrukturierung des Militärs sprechen für sich. Die faschistische Partei der Grauen Wölfe, MHP, und rechts-nationalistische Teile der republikanischen Volkspartei CHP stehen in einer „Koalition der nationalen Einheit“ in zentralen Fragen hinter der AKP und Staatspräsident Erdogan. Das verbindende Element dabei ist Nationalismus und Kurdenhass.

Dieser äußerte sich vor allem in der Inhaftierung tausender HDP- und DBP-PolitikerInnen, darunter 11 gewählte Parlamentsabgeordnete und der Zerstörung Dutzender HDP Parteibüros. Zudem gibt es so gut wie keine kurdischen und pro-demokratischen Medien mehr. Derzeit arbeiten die AKP und MHP an einer tiefgreifenden Verfassungsäderung, die das Land nun auch formal in eine Präsidialdiktatur verwandeln wird. De facto ist dies jedoch bereits geschehen. Die einzigen, die noch Widerstand leisten sind auf parlamentarischer Ebene die Demokratische Partei der Völker, HDP, die Kurdische Freiheitsbewegung in Nordkurdistan, sowie die schwach verankerte linke und gewerkschaftliche Bewegung in der Türkei. Wird dies ausreichen, um der faschistoiden AKP-Diktatur Einhalt zu gebieten?

Dies diskutieren wir mit Kerem Schamberger, Sprecher der DKP München und Mitglied der Marxistischen Linken.

Datum: 24.02.2017
Uhrzeit: 19:00
Ort: Mehrgenerationenhaus Linde, Alleenstraße 90, 73230 Kirchheim Teck

Veranstalter: Offenes Antifaschistisches Bündnis Kirchheim / Teck (OAB), DGB Kirchheim, Die Linke Kirchheim, Kirchheimer Bündnis gegen TTIP, VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen

Berlin: "Stop dirty Deportation Deals!"

Foto: heba/Umbruch Bildarchiv
Am 31. Januar 2017 versammelten sich trotz eisiger Kälte mehr als 100 Personen vor der Botschaft der Republik Mali in Berlin. Aufgebracht forderten sie vom malischen Botschafter, keine weiteren Reisedokumente für Abschiebungen und Rückführungen in das Land zu unterzeichnen. Deutschland und andere europäische Staaten schieben immer öfter Menschen nach Mali ab. Die malischen Botschaften und Ministerien kollaborieren mit dieser rigiden Abschiebepraxis. Am 6. Januar 2017 hatte die Bundespolizei ein Flugzeug einzig deshalb gechartert, um zwei Geflüchtete, Amadou Ba und Mamadou Dramé, nach Mali abzuschieben. Sie wurden dabei gefesselt und von der Polizei misshandelt (Bericht). Die EU-Grenzschutzagentur Frontex verfügt für solche Zwecke über einen Sonderetat in Höhe von 66 Millionen Euro pro Jahr.

Die Menge forderte, mit dem Botschafter Toumani Djimé Diallo persönlich zu sprechen. Dieser kam schließlich heraus und sprach zu den Protestierenden, anschließend ging eine Delegation von 10 Personen mit hinein, um mit ihm von Angesicht zu Angesicht zu diskutieren. Der Botschafter äußerte sich daraufhin wie folgt:

- Er war sichtlich bemüht, zu betonen, wie sehr er sich im Allgemeinen für den Schutz der Interessen malischer Bürgerinnen stark mache und dass er sich sehr wohl über die Diskriminierung bewusst sei, die viele Afrikanerinnen in Europa erfahren.

- Er gab ganz offen zu, dass die Botschaft, und ganz konkret er selbst, Reisedokumente für Abschiebungen unterzeichnen, wenn es sich um abgelehnte Asylbewerber_innen handle. Er bestätigte auch rückhaltlos, dass er selbst die Abschiebe-Dokumente für Mahamadou Dramé und Amadou Ba unterzeichnet habe.

- Er bestand darauf, dass er, wenn eine Person nach den Vorgaben des deutschen Gesetzes abgelehnt sei, keine andere Wahl hätte, als ein Reisedokument zu unterzeichnen, da er an internationale Abkommen gebunden sei, zu deren Einhaltung Mali verpflichtet sei.

- Er ging überhaupt nicht auf das Argument ein, dass Mali als souveräner Staat und seine Botschaften in der Lage wären, die Unterzeichnung von Reisedokumenten zu verweigern und er bestand darauf, dass sich das Problem mit Abschiebungen auf der Ebene des deutschen Rechts und der deutschen Asylpolitik lösen müsse, nicht auf der Ebene der Botschaften und der Behörden Malis. Er beschuldigte sogar deutsche Unterstützerinnen, sie würden „die Malierinnen hierherbringen und benutzen, um vor ihrer Botschaft zu demonstrieren, anstatt vor den zuständigen deutschen Ministerien.“

- Er behauptete, er würde stets mit den deutschen Behörden verhandeln, um Lösungen für diejenigen Menschen zu finden, die von Abschiebung bedroht sind, damit diese ihren Aufenthalt regularisieren können, oder zumindest Zeit gewinnen, um nach Lösungswegen zu suchen.

- Er beschuldigte auch die deutschen Unterstützer_innen, sie würden die Betroffenen ermutigen, sich aktiv gegen eine Abschiebung zu widersetzen. Widerstand würde jedoch nur das Risiko für die betroffene Person verschlimmern, Gewalt zu erfahren und rechtliche Folgen tragen zu müssen.

- Er schlug vor, abgelehnte Personen zu ermutigen, sich einem Programm zur „freiwilligen Rückkehr“ zu unterziehen; dies wäre eine bessere Alternative zu gewaltsamen Abschiebungen. Die Person hätte dann die Möglichkeit, vor der Rückkehr eine Ausbildung zu machen oder Unterstützung zu bekommen, um sich in Mali eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Er behauptete auch, er habe sich bei Mahamadou Dramé und Amadou Ba ebenfalls dafür eingesetzt, sie in ein solches Programm zur „Rückkehrhilfe“ aufzunehmen, diese Bemühung sei jedoch durch deren abrupte vorzeitige Abschiebung zunichte gemacht worden.

- Er behauptete, künftig würden Reisedokumente nicht mehr eigenständig von den Botschaften ausgestellt werden, sondern jede Anfrage um ein Reisedokument würde nach Bamako geschickt und dort unter der Verantwortung des Ministeriums für Auslandsmalier_innen und des Außenministeriums von der malischen Polizei bearbeitet.

- Bezüglich Rückübernahmeabkommen betonte er, Mali habe kein derartiges Abkommen mit der EU unterzeichnet und würde dies auch in Zukunft nicht tun. Wenn es nach ihm geht, müsse man des weiteren klar unterscheiden zwischen „Rückübernahme“, die Mali nicht akzeptieren würde, und Abschiebungen, die seit langem ein unvermeidlicher Vorgang seien.

- Der Botschafter legte auch seine Einschätzung dar, wie ein zukünftiges Abschiebe-Szenario zwischen Europa und Afrika aussehen wird: Die EU schließt mit bestimmten Staaten, die dafür beträchtliche Geldsummen erhalten –“ dazu gehören v.a. Tunesien, Libyen und Niger –“ Abkommen ab, in denen diese sich bereit erklären, Abgeschobene egal welcher afrikanischen Herkunft anzunehmen, die mit einem EU-Reisedokument abgeschoben werden. Geht es nach ihm, spielt für das zukünftige Abschiebesystem keine große Rolle mehr, ob Staaten wie Mali bei Abschiebungen kooperieren oder nicht –“ denn es gäbe ohnehin andere Staaten, die die Erwartungen der EU-Vertreter_innen erfüllen werden. Er behauptete auch, für abgeschobene Personen sei es immer noch besser, wenn sie nach Mali abgeschoben werden statt nach Libyen oder in den Niger: „Wenn man euch nach Mali abschiebt, kann man zumindest mitverfolgen, wie es euch ergeht, und dafür Sorge tragen, dass eure Rechte respektiert werden. Wenn man euch nach Libyen abschiebt, ist es den Libyern absolut egal, was aus euch wird –“ sie werden euch in der Wüste aussetzen und sterben lassen.“

- Am Ende des Treffens bot der Botschafter der Delegation der Protestierenden an, mit ihm im Kontakt zu bleiben, um besser auf ihre Positionen eingehen zu können. Außerdem solle es in Zukunft regelmäßige Treffen zwischen der Botschaft von Mali in Deutschland und den aktiven Gruppen der malischen Diaspora geben.

Was bedeutet das alles nun für den Kampf gegen Abschiebe-Kollaboration und gegen europäisch-afrikanische Abkommen im Rahmen des Migrationsregimes? Ganz offensichtlich ist die Position des malischen Botschafters Toumani Djimé Diallo, der auf der einen Seite seine Unterstützung für die Sache der malischen Geflüchteten und Migrant_innen hervorhebt, der aber auf der anderen Seite behauptet, er könne sich nun mal nicht weigern, Reisedokumente zu unterzeichnen, nicht sehr überzeugend. Alle seine Aussagen in diesem Zusammenhang zeigen, wie er versucht, seine eigene Verantwortung im System der Abschiebungen zu negieren –“ würde er sich tatsächlich kategorisch weigern, Reisedokumente zu unterzeichnen, könnten ihn die deutschen Behörden auch nicht dazu zwingen.

Dennoch war es zweifellos eine wichtige Initiative seitens der malischen Aktivist_innen und ihrer Verbündeten, den Botschafter zu treffen und direkt von Angesicht zu Angesicht mit ihren Positionen zu konfrontieren. Die Demo und das Zusammentreffen mit dem Botschafter war ein Beitrag dazu, auf verschiedenen Ebenen Druck auf die malischen Behörden aufzubauen, damit sie ihre Kollaboration mit Deutschland oder anderen europäischen Staaten beenden, die um jeden Preis Menschen abschieben wollen. In Mali, in Frankreich, in Deutschland und überall: Wir müssen weiter auf die Straße gehen und Druck machen, um Abschiebungen zu verhindern und uns der Umsetzung des Valetta-Prozesses entgegenzustellen.

In naher Zukunft wird es auch eine große Herausforderung sein, Strategien zu entwickeln gegen die Bestrebungen der EU, mit immer mehr Staaten, wie Libyen, Niger, Tunesien, Ägypten, Marokko etc. Abkommen abzuschließen, die es ihnen ermöglichen, noch mehr Menschen jeglicher Nationalität abzuschieben, ohne dabei auf die Kooperation von deren Herkunftsländern angewiesen zu sein. Die migrationspolitischen Verhandlungen auf EU-Ebene zeigen, dass ein solches Szenario gar nicht weit weg ist. - Bericht: Afrique Europe Interact -

siehe auch: Interview mit Mohamed Camara in der Tageszeitung "Junge Welt".

Zur Fotoserie beim Umbruch Bildarchiv Berlin

Weitere Informationen zur aktuellen EU-Migrationspolitik :

Blogkino: Archimède le clochard 1959

Heute setzen wir in unserer Reihe Blogkino die Serie von Filmen des französischen Kinos mit dem 1959 entstandenen Archimède le clochard fort. In Deutschland ist der Film unter dem Titel Im Kichten ist kein ZImmer frei bekannt. Das Filmlexikon zum Inhalt:

"Archimedes, der Clochard, versucht mit allen Mitteln ins Gefängnis zu kommen, wo er die kalten Wintermonate verbringen will. Die Polizei aber kennt ihn zu gut und vereitelt seine Pläne; so muß er sich wohl oder übel auf die Reise ins sonnige Cannes machen. Humorvolle Unterhaltung, in der Jean Gabin sein Original äußerst vital und von gallisch-geistvollem Sarkasmus geprägt anlegt; nicht nur durch die Schauspielkunst überzeugend."

Vortrag: Zwangsarbeiter - verschleppt - ausgebeutet - 'sonderbehandelt'

Mit Zwangsarbeitern aus den besetzten europäischen Ländern wurde im Zweiten Weltkrieg die Kriegswirtschaft aufrechterhalten. Die Gestapo setzte zusammen mit den Betrieben die Arbeitsdisziplin und die rassenideologisch motivierte Absonderung von der einheimischen Bevölkerung durch.

Vortrag zur Rolle der Gestapo bei der Überwachung und Repression der Zwangsarbeiter in Württemberg mit einem Exkurs zum Mahnmal „Tag und Nacht“ bei der Daimler- Benz AG. Mit Sigrid Brüggemann und Roland Maier (Hrsg. des Buchs „Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern“) sowie Bettina Stadtmüller (Betriebsrätin IG Metall, forscht zur Zwangsarbeit bei der Daimler-Benz AG).

10. Februar 2017, 19:00 Uhr
Willi-Bleicher-Haus, Willi-Bleicher-Str. 20, 70174 Stuttgart

11. Februar 2017, 15:00 Uhr
Busrundfahrt zu Standorten der Zwangsarbeit bei der Daimler-Benz AG in Stuttgart


Treffpunkt: Dorotheenstr. 10, Hotel Silber

Begrenzte Platzzahl: Anmeldung erforderlich über besucherdienst@hdgbw.de oder telefonisch (0711) 2123989

Führung durch Bettina Stadtmüller
Dauer: 2 bis 3 Stunden, kostenlos

Veranstalter: IG Metall, VVN-BdA, Hotel Silber, DGB-SV Stuttgart

Themenabend in Esslingen: "Helft den Gefangenen in Hitlers Kerkern!" - Die Rote Hilfe Deutschlands in der Illegalität ab 1933

Die Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war schon in der Weimarer Republik eine große linke Solidaritätsorganisation, die Ende 1932 fast eine Million Mitglieder umfasste.

Nach dem Verbot im Frühjahr 1933 arbeiteten viele RHD-AktivistInnen in der Illegalität weiter.

Für die zahllosen KZ-Häftlinge und ihre Angehörigen wurden Spenden gesammelt, AntifaschistInnen mussten mit illegalen Quartieren versorgt oder heimlich über die Grenze ins Exil gebracht werden. Im benachbarten Ausland organisierten Büros der RHD Schlafplätze und materielle Hilfe für die EmigrantInnen und unterstützten die konspirativen Gruppen im Reichsgebiet mit Druckschriften und Geld.

Die Widerstandsgruppen der Roten Hilfe erstellten Zeitungen und verteilten Flugblätter, die zum Protest gegen den NS-Terror aufriefen und die praktische Solidaritätsarbeit propagierten.

Mit dem Vortrag soll der heute fast vergessene Widerstand der Roten Hilfe gegen den NS-Terror in Erinnerung gerufen werden.

Die Referentin ist Verfasserin der im September 2016 erschienenen Broschüre “–˜Helft den Gefangenen in Hitlers Kerkern!–™ –“ Die Rote Hilfe Deutschlands in der Illegalität ab 1933–³, in der das Thema erstmals ausführlich behandelt wird.

Ein Themenabend mit Silke Makowski

KOMMA Jugend und Kultur
Dienstag, 7. Februar 2017 19 Uhr
Maille 5-9, Esslingen

www.esslingen.vvn-bda.de
www.hans-litten-archiv.de
www.komma.info
www.stuttgart.rote-hilfe.de

Quelle

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

BRASILIEN
Kämpferische Diaspora: Brasilianische Demokratiebewegung betonte in Amsterdam bei internationalem Treffen Gemeinsamkeiten.

CHILE
In Chile hat Präsidentin Michelle Bachelet zahlreiche Vorschläge aus der Bevölkerung zur geplanten Änderung der Verfassung des Landes entgegengenommen. In den vergangenen Wochen hatte jeder Chilene über 14 Jahren die Möglichkeit, entsprechende Ideen einzureichen. Mehr als 204.000 Bürger aus dem ganzen Land haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

KOLUMBIEN
In Kolumbien ist Anfang dieser Woche ein neuer Polizeikodex in Kraft getreten, den Präsident Juan Manuel Santos trotz massiver Kritik durchgesetzt hatte. Menschenrechtler bezeichnen das Regelwerk als „diktatorisch und autoritär“, weil es Grundrechte, die zu den Verfassungsgrundsätzen gehören, darunter Bewegungsfreiheit, den Schutz der Privatsphäre und das Recht auf sozialen Protest, verletze.

KUBA
Kubas wichtigste Tageszeitung Granma wagt den Spagat zwischen offiziellem Regierungsorgan und Darstellung der Widersprüchlichkeiten.

Die Weltgesundheitsorganisation verlieh am Dienstag den Preis für Öffentliche Gesundheit an das kubanische medizinische Kontingent Henry Reeve in Anerkennung seiner internationalen solidarischen Arbeit bei der Bewältigung von Naturkatastrophen und schwerwiegenden Epidemien.

MEXIKO
Eine Gruppe Kleinbauern aus Mexiko ist an Bord des Greenpeace-Schiffes Rainbow Warrior Mitte Januar nach Kuba gereist. Die Mitglieder der Gruppe stammen aus Maya-Gemeinden auf der Halbinsel Yucatán, die ein Verbot der Aussaat von Gen-Soja gegen den Agrarmulti Monsanto erkämpft hatten. Auf Kuba wollen sie sich über neue Methoden des ökologischen Landbaus informieren. Zusammen mit traditionellen Anbautechniken sollen diese ihnen helfen, sich weiterhin gegen Monsanto und die industrielle Nahrungsmittelproduktion zu behaupten.

Der geplante Ausbau der Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko sorgt weiter für politische Spannungen zwischen beiden Ländern sowie für teils heftige Kritik aus anderen Ländern. Scharfe Kritik kam von Evo Morales. Der rechtsgerichtete argentinische Abgeordnete und Unternehmer Alfredo Olmedo erklärte seine volle Zustimmung zum geplanten Mauerbau der USA aus und regte an, ebenfalls zwischen Argentinien und Bolivien eine solche Befestigung gegen illegale Einwanderung zu errichten.

Wegen des Konflikts mit US-Präsident Donald Trump stellt die mexikanische Regierung das Freihandelsabkommen NAFTA mit den Vereinigten Staaten und Kanada auf den Prüfstand.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 3. Februar 2017

Adorno zur Frage der Unwahrheit der Wahrheit

Pseudomenos

Theodor W. Adorno, Heidelberg 1964
Foto: Jeremy J. Shapiro
Lizenz: CC BY-SA 3.0

"Die magnetische Gewalt, welche die Ideologien über die Menschen ausüben, während sie ihnen bereits ganz fadenscheinig geworden sind, erklärt sich jenseits der Psychologie aus dem objektiv bestimmten Verfall der logischen Evidenz als solcher. Es ist dahin gekommen, daß Lüge wie Wahrheit klingt, Wahrheit wie Lüge. Jede Aussage, jede Nachricht, jeder Gedanke ist präformiert durch die Zentren der Kulturindustrie. Was nicht die vertraute Spur solcher Präformation trägt, ist vorweg unglaubwürdig, um so mehr, als die Institutionen der öffentlichen Meinung dem, was sie aus sich entlassen, tausend faktische Belege und alle Beweiskraft mitgeben, deren die totale Verfügung habhaft werden kann. Die Wahrheit, die dagegen anmöchte, trägt nicht bloß den Charakter des Unwahrscheinlichen, sondern ist überdies zu arm, um in Konkurrenz mit dem hochkonzentrierten Verbreitungsapparat durchzudringen. Über den gesamten Mechanismus belehrt das deutsche Extrem. Als die Nationalsozialisten zu foltern begannen, terrorisierten sie damit nicht nur die Völker drinnen und draußen, sondern waren zugleich vor der Enthüllung um so sicherer, je wilder das Grauen anstieg. Dessen Unglaubwürdigkeit machte es leicht, nicht zu glauben, was man um des lieben Friedens willen nicht glauben wollte, während man zugleich davor kapitulierte. Die Zitternden reden sich darauf hinaus, es werde doch viel übertrieben: bis in den Krieg hinein waren in der englischen Presse Einzelheiten über die Konzentrationslager unerwünscht. Jedes Greuel in der aufgeklärten Welt wird notwendig zum Greuelmärchen. Denn die Unwahrheit der Wahrheit hat einen Kern, auf den das Unbewußte begierig anspricht. Nicht nur wünscht es die Greuel herbei. Sondern der Faschismus ist in der Tat weniger »ideologisch«, insoweit er das Prinzip der Herrschaft unmittelbar proklamiert, das anderswo sich versteckt. Was immer die Demokratien an Humanem ihm entgegenzustellen haben, kann er spielend widerlegen mit dem Hinweis darauf, daß es ja doch nicht die ganze Humanität, sondern bloß ihr Trugbild sei, dessen er mannhaft sich entäußerte. So desperat aber sind die Menschen in der Kultur geworden, daß sie auf Abruf das hinfällige Bessere fortwerfen, wenn nur die Welt ihrer Bosheit den Gefallen tut zu bekennen, wie böse sie ist. Die politischen Gegenkräfte jedoch sind gezwungen, selbst immer wieder der Lüge sich zu bedienen, wenn nicht gerade sie als destruktiv völlig ausgelöscht werden wollen. Je tiefer ihre Differenz vom Bestehenden, das ihnen doch Zuflucht gewährt vor der ärgeren Zukunft, um so leichter fällt es den Faschisten, sie auf Unwahrheiten festzunageln. Nur die absolute Lüge hat noch die Freiheit, irgend die Wahrheit zu sagen. In der Vertauschung von Wahrheit und Lüge, die es fast ausschließt, die Differenz zu bewahren, und die das Festhalten der einfachsten Erkenntnis zur Sisyphusarbeit macht, kündet der Sieg des Prinzips in der logischen Organisation sich an, das militärisch am Boden liegt. Lügen haben lange Beine: sie sind der Zeit voraus. Die Umsetzung aller Fragen der Wahrheit in solche der Macht, der Wahrheit selber nicht sich entziehen kann, wenn sie nicht von der Macht vernichtet werden will, unterdrückt sie nicht bloß, wie in früheren Despotien, sondern hat bis ins Innerste die Disjunktion von Wahr und Falsch ergriffen, an deren Abschaffung die Söldlinge der Logik ohnehin emsig mitwirken. So überlebt Hitler, von dem keiner sagen kann, ob er starb oder entkam."

Theodor W. Adorno - Minima Moralia

Filmtipp: Hannah Arendt und die Pflicht zum Ungehorsam

Heute Abend: "Hannah Arendt ist eine der einflussreichsten politischen Denkerinnen des 20. Jahrhunderts. Doch was sagt ihr Werk jungen Leuten von heute, einer Generation, die sich jenseits nationaler oder kontinentaler Beschränkungen bewegt, und die Partei ergreift für ein "Denken ohne Geländer" (Hannah Arendt) der Systeme, Ideologien und Wunschvorstellungen? (...)"

Auf arte, Mittwoch, 1. Februar um 22.00 Uhr, online vom 1. Februar bis zum 2. Mai 2017.

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