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Revolution an der Tanzbar: Rolling Stones Street Fighting Man (Live)

Heute vor 50 Jahren fand der erste öffentliche Auftitt der Rolling Stones statt. Alexis Korners Blues Incorporated mussten "aufgrund eines Aufnahmetermins bei der BBC den für Donnerstag, den 12. Juli 1962 vereinbarten Auftritt absagen. Als Ersatz vermittelte Alexis Korner die Band um Brian Jones. In der Besetzung Mick Jagger, Keith Richards, Brian Jones, Dick Taylor, Ian Stewart und Tony Chapman kamen die Rolling Stones deshalb an diesem Abend zu ihrem ersten Auftritt im Marquee Club. Bill Wyman kam als Bassist dazu, ein halbes Jahr später schloss sich Charlie Watts am Schlagzeug an. Ron Wood ist seit 1975 als zweiter Gitarrist mit im Spiel.

Neuerung: Uhl als Nachtigall

1984 war gestern...
"Dem einen sin uhl is dem annern sin Nachtegal" hieß es im abgemilderten Stammtischgespräch früher. Und das war nur eine Variante der tausendfach wiederholten Relativismus-Stories. "Die schönste Frau könnte einen Affen nicht verführen" hieß es schon bei den griechischen Sophisten.

Hier ist jetzt eine Neuerung eingeführt worden. Uhl, Abgeordneter der CDU aus Baden-Württemberg, trat im FOCUS mannhaft hervor und begründete, dass das neue Auskunftsgesetz für Meldeämter äußerst sinnvoll konstruiert worden sei. Erst abfragen bei den Betroffenen, ob die Adresse weitergegeben werden dürfe, komme die personell ausgepowerten Meldeämter zu teuer.

Bis zu diesem Bekenntnis war man allgemein der Meinung gewesen, im Bundestag habe der verbliebene Rest von dreißig Mann und Frau im Halbschlaf herumgehangen, während die aktiveren wie wir alle vor der Glotze hingen, bis sie enttäuscht vernehmen mussten, dass Deutschland doch nicht Meister wurde. Das hätte zwar immer noch peinlich geklungen, aber immerhin nachvollziehbar als allgemeine Schwäche.

Nun hat sich aber herausgestellt, dass die Sache Tage vorher abgekartet worden war. Unter Federführung von unserem Uhl, aber unter Mitwirkung mehrerer Mitwisser. Und dass die Pointe der Adressenweitergabe darin lag, dass schon einmal preisgegebene Privatadressen durch kein Mittel mehr den Interessenten entrissen werden könnten. Da jeder schon mal buchbestellt hat oder Preisausschreiben unterstützt, wären damit ohne weiteres alle Bürgerinnen und Bürger des Landes ablieferungspflichtig geworden.

Die Praxis ist bekannt. Lange vor Merkel wurde das Wichtigste öfter in einer Nebenbemerkung versteckt. Bedenklichstes Beispiel: Die Strafverfolgung der vielen an NS-Verbrechen Beteiligten wurde in den sechziger Jahren verhindert, als in einer Nebenbemerkung zur Strafbarkeit "Unterstützung" und "Beihilfe zu" Verbrechen amnsetiert wurden .Da nach damaliger Auffassung Hitler, Himmler und mehrere schon Dahingegangene allein "Täter" waren, galten sämtliche Überlebende Verdächtige nun auf jeden Fall als amnestiert und entkamen der Strafverfolgung. Bis man die Folgen wahrnahm, war es für jede Änderung zu spät.

Im Vergleich dazu handelt es sich dieses Mal nur um ein Ärgernis. Aber klar sollte sein: Eine bestimmte Gruppe von Leuten halten Uhl heute wirklich für eine Nachtigall:die Adressenhändler. Er müsste, wenn alles so stimmt, ihnen unauffällig Einträgliches zugedacht haben. Darüber hinaus macht die lautlose Entscheidung aber auf eines aufmerksam: jeder Regierungsbürokratie ist das Parlament eigentlich lästig. Und jede deshalb großer Freund der Beschleunigung.Und der Blitzentscheidung in Zeiten, in denen die Aufmerksamkeit abgeschaltet ist.

200.000 Menschen demonstrierten in Tokyo gegen die Wiederinbetriebnahme des AKW Ohi

Die japanische Regierung erteilte am 15. Juni dem Energiekonzern Kansai Electric Power die Genehmigung, die Reaktoren 3 und 4 der Atomanlage Ohi wieder anzufahren - obwohl offfenbar noch einige Sicherheitsmaßnahmen noch nicht umgesetzt wurden, mit denen die Meiler angeblich besser gegen äußere Einwirkungen wie Tsunamis geschützt werden sollen. Von der prinzipiellen Unsicherheit der Kernenergie war bereits keine Rede mehr. Die Anlage war auch vor der Katastrophe von Fukushima von Störfällen betroffen.

Gegen die geplante Wiederinbetriebnahme regte sich Protest - international, vor allem aber in Japan selbst. Während hierzulande immer wieder behauptet wird, in Japan gäbe es lediglich marginale Proteste gegen die Nutzung der Kernenergie, sprechen sowohl die sinkende Zustimmung - 44 % der befragten Bevölkerung sind für den Ausstieg - als auch die Beteiligung an Protesten eine andere Sprache. Offensichtlich gerät im Bewußstsein von immer mehr Menschen in Japan, dass die Wiederinbetriebnahme nur den Profiten der Energiekonzerne dient.

Das passt jedoch nicht ins Bild einer Medienberichterstattung, die Proteste weitgehend ausblenden und meist eine Berichterstattung fährt, die dem Wunsch bundesdeutscher Energiekonzerne entspricht. "Die Energieversorger Eon, RWE und Vattenfall wollen rund 15 Milliarden Euro Schadenersatz für den Atomausstieg einklagen. Durch die zwangsweise Stilllegung der Atomkraftwerke nach Fukushima sei dieser Schaden für die Atomkonzerne entstanden." (atom-aktuell.de)

So gab es in den bürgerlichen deutschen Medien lediglich Berichte über 200 AKW GegnerInnen, die mit einer Blockade gegen die Wiederinbetriebnahme des Atommeilers Ohi protestierten. Gänzlich unter den Tisch der Berichterstattung hierzulande fielen vor allem die 200.000 Menschen, die in Tokyo gegen die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks demonstrierten. Über die Entwicklung der Proteste berichtet der japanische TV Sender Asahi in der Sendung "Morning Bird" vom 2.Juli 2012. (Mit deutschen Untertiteln)



Am 16. Juli plant die japanische Anti-Atom Bewegung erneut eine Großdemonstration. Angesichts der Tatsache, dass die Katastrophe von Fukushima vielleicht aus den Medien, ihre Folgen jedoch in der Realität auf unabsehbare Zeit drastische Folgen für einen wachsenden Teil der Bevölkerung weltweit haben, kann davon ausgegangen werden, dass es der japanischen Regierung nicht gelingen wird, die Proteste zu befrieden. Dafür gibt es zuviele offene Rechnungen. Hinzu kommt für viele JapanerInnen der 67. Jahrestag der Bombardierung Hiroshimas und Nagasakis. Dies ist traditionell der Tag, an dem weltweit, vor allem aber in Japan für die Ächtung aller Atomwaffen auf die Strasse gegangen wird.

Auch jetzt noch sind 75 Prozent der Präfektur Fukushima stark radioaktiv verstrahlt: Ein Gebiet, in dem etwa 360.000 Kinder leben und täglich draußen spielen. Von den knapp 100.00 Menschen, die ihre Häuser ohne Chance, jemals wieder zurückkommen zu können, verlassen mussten oder den mehr als 60000 Menschen, die den Versprechungen der Regierung nicht trauten und auf eigene Faust aus der Region flüchteten ganz abgesehen. Während die Regierung den Energiekonzernen auch noch Tipps dafür gab, wie wie Atomanlagen eine erneute Genehmigung erhalten können, wurden den evakuierten Opfern lediglich umgerechnet 8000 € Entschädigung zugestanden. Die Halbwertszeit der genauso leeren wie inflationären Versprechungen zum Beispiel über die angebliche Möglichkeit einer "Entseuchung des Erdreichs durch Umgraben" oder "durch Abtragen von 5 Zentimeter des Erdreiches" ist indes das einzige, was sich verringert.

Die für viele Menschen noch nicht absehbaren weltweiten Folgen - gerade auch in Zusammenhang mit dem Flop in Rio - fordern dazu heraus, weltweit für die konsequente Abschaltung aller Atomanlagen aktiv zu werden. Auf die Regierungen kann dabei nicht gesetzt werden.

Siehe auch:

Demonstration of 200,000 people occupied official residence (Fotos)
200,000 demonstration from sky. Noda “It–™s a big sound.– (Video)
Hinweis auf das Video mit den Untertiteln von Tomoko bei Energiewende Heilbronn

Verena Becker: Sargdeckel zugeschweisst!

Verena Becker hat ihr Fett weg.Zu Lebzeiten schon aus jeder Diskussion ausgeschlossen. Die Verurteilung erfolgte der Zeitdauer nach milde (im Verhältnis zur früheren Praxis), der Begründung nach aus purer Verteidigung früherer Sprüche. Das zeigte die richterliche Rüge des Nebenklägers in der Begründung. Man hätte an Bubacks Verbissenheit herumnörgeln können, nun gerade Verena Becker zur Haupttäterin erheben zu wollen. Was zumindest unbewiesen und unbeweisbar blieb. Gerügt wurde vor allem aber Bubacks wirkliche Erkenntnis, dass bei den ersten Urteilen gegen die RAF überhaupt keine Überlegungen über den jeweiligen Beitrag zur Tat angestellt oder zugelassen wurden. Sondern nach dem Prinzip verfahren wurde: dabei war er auf jeden Fall - also 15 Jahre. Wie wäre es sonst zu erklären, dass die ursprünglich als Tatbeteiligte Verurteilten samt und sonders als nicht mehr primärverantwortlich ausgeschieden werden mussten. In der Aufdeckung dieses Umstands besteht der bleibende Erkenntniswert von Bubacks Buch. An der Besprechung seinerzeit ist nichts zurückzunehmen.

Die Begründung des Urteils gegen Verena Becker selbst steht genau auf den sehr wackligen Füßen der Verteidigung des Staates in all seinen Erscheinungsformen. Hier des inzwischen stark zu vermutenden Zusammenspiels von Verfassungsschutz und Gerichtswesen. Buback wurde vorgeworfen: Er hätte rechtschaffene Beamte verdächtigt und beleidigt. Peinlicherweise nimmt inzwischen auch die konservative Presse die Behauptungen Bubacks als wahr an. Dass nämlich Verena Becker dem Verfassungsschutz nach langer Zermürbung einiges offenbarte und dafür Vergünstigungen erhielt.

Die Technik der Auflösung hergebrachter Begriffe musste die Urteilsbegründung bestimmen. Weil Frau Becker im Fall Buback - Attentat selbst einfach nichts Greifbares vorzuhalten war. Die Verurteilung wegen der  Schießerei nach der Tat war ja gerichtlich schon abgeschlossen worden. Deshalb musste "Beihilfe" her. Darunter verstand man in klarer denkenden Zeiten zum Beispiel die Bereitstellung eines Fluchtfahrzeugs beim Banküberfall. Es musste sich also um eine materielle Hilfeleistung z.B. durch Geld, Werkzeuge, allenfalls Aufzeichnung von Fluchtwegen handeln. Die "Beihilfe" Beckers zum Buback - Attentat soll laut Gericht aber ausschließlich in einer Meinungsäußerung bestanden habe:ja, das Attentat sei notwendig und nicht aufzuschieben. Ich bin nicht juristisch bewandert genug, um in der Eile herauszubekommen, seit wann diese Interpretation von "Beihilfe" sich durchgesetzt hat. Weiter verbreitet, hätte sie jedenfalls die bedenklichsten Folgen. Dann wäre auch eine Meinungsäußerung in einer Zeitung oder einem Blog ein genau so ins Gewicht fallender Tatbeitrag. Nicht nur Ausdruck einer Meinung zur Berechtigung oder Notwendigkeit der Tat selbst. Bei den Anklagen gegen Inge Viett wegen ihrer Ansprache in Berlin waren offenbar schon Denker dieses neuen Stils am Werk. Die Konstruktion, die Erwähnung der Abfackelungen von Militärfahrzeugen durch die Rednerin hätte unschlüssige Linke zur Tat bewogen und sei deshalb "Anstiftung zu einer Straftat" - wenn nicht gar "Beihilfe" - liegt ganz auf dieser Linie.

Eine schwarz-humoristische Pointe zum Schluß: Die Erkenntnis über die "beihelfenden" Redebeiträge Beckers kann eigentlich nur von einem Zeugen stammen:dem allzeit auskunftsbereiten Boock. Dieser wegen Falschaussagen schon mindestens einmal zurückgewiesene Rechtsfreund wurde im Prozess als Meister der Glaubwürdigkeit rehabilitiert. Wie hell leuchtete seine Wahrheitsliebe gegenüber den finsteren Nebengedanken eines Buback!

Ergebnis: Das relativ milde Urteil dem Strafmaß nach darf nicht dazu verführen, all den Lobrednern einer inzwischen eingetretenen Mäßigung der Staatszugriffe Recht zu geben. Es war ein Fehler der früheren RAF-Erklärer gewesen, anzunehmen, die Selbstdarstellung des SPDCDU - Staates als friedliebender durchgestylter Rechtsstaat schließe einzelne Gewalttaten aus. Wie die gegenwärtige Berichterstattung zeigt, stößt die Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit Becker - möglicherweise schon vor dem Buback-Attentat - in der bürgerlichen Presse kaum noch auf Kritik. In Notzeiten muss der Staat auch mit Terroristen zusammenarbeiten - mitgedacht: wie derzeit mit bekennenden Nazis. Wird die Not nur blutig genug dargestellt, gilt auch für den Staat von 2012 alles als erlaubt. Wenn nur nachher die Decke über dem Operationstisch anständig zurechtgezogen wird.

Revolution an der Tanzbar: La Canaille - L'Usine

"Video Clip des Songs "Die Fabrik" von La Canaille, einer Hip-Hop Band aus Montreuil, einem Vorort von Paris. Der Song beschreibt den Alltag am Fließband, mit seinem monotonen Rhythmus und die Entfremdung, die er erzeugt." Mit Untertiteln bei labournet.tv

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

LATEINAMERIKA
Die ila zwitschert. Follow @ila_bonn

Mit einer Resolution gegen den Putsch in Paraguay hat am Mittwoch das 18. Forum von São Paulo in der venezolanischen Hauptstadt Caracas begonnen.

Die Mitgliedstaaten des lateinamerikanischen Länderbündnisses ALBA streben die Ausweisung von Mitarbeitern der US-Entwicklungshilfebehörde USAID an

HONDURAS
Die Ehefrau des 2009 gestürzten honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya, Xiomara Castro, will nächste Staatschefin des zentralamerikanischen Landes werden. Am Sonntag nominierte die aus dem Widerstand gegen die Putschisten hervorgegangene Partei LIBRE die frühere »First Lady« als Kandidatin für die voraussichtlich im November 2013 stattfindenden Präsidentschaftswahlen.

MEXIKO
Enrique Peña Nieto von Mexikos einstiger Staatspartei PRI hat laut offiziellen Ergebnissen die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Der Oppositions-Kandidat Andrés Manuel López Obrador zweifelt an den Angaben der Wahlbehörde IFE und fordert eine neue Auszählung. Laut der Behörde sollen nun mehr als die Hälfte aller Stimmen noch einmal gezählt werden.

PARAGUAY
Auch in der zweiten Woche nach dem parlamentarischen Staatsstreich gegen den paraguayischen Präsidenten Fernando Lugo halten die friedlichen Proteste unvermindert an.

Demokratische und progressive Kräfte wollen sich nach dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten von Paraguay, Fernando Lugo, zu einem Wahl- und Aktionsbündnis zusammenschließen.

PERU
Nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei hat die peruanische Regierung in der Nacht zum Mittwoch den Ausnahmezustand über drei Provinzen der im Nordwesten des Landes gelegenen Region Cajamarca verhängt.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 6.7.2012

Karlsruhe: Demonstrationsfreiheit verteidigt

Mit einem Freispruch endete der Berufungsprozess gegen den Anmelder einer Demonstration am 19. Mai 2007 in Karlsruhe. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe hob damit die erstinstanzliche Verurteilung von 60 Tagessätzen beim Amtsgericht auf.

Der Angeklagte sollte für Auflagenverstöße der DemonstrationsteilnehmerInnen verantwortlich gemacht werden, obwohl er sich für die Einhaltung der Auflagen einsetzte. Letztlich betonte auch der Richter, dass nicht zu beurteilen ist, wie sehr sich ein Versammlungsleiter bemühen muss oder wie erfolgsversprechend diese Bemühungen sind, um seinen Verpflichtungen der Erfüllung der Auflagen nachzukommen. Richter Kleinheinz stellte in der mündlichen Urteilsbegründung fest: "Eine Strafbarkeit kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob er sich durchsetzen kann." Auch das Grundrecht hatte er im Blick: "Eine Verantwortlichmachung würde dem Grundgedanken der Demonstrationsfreiheit widersprechen."

Rechtsanwalt Martin Heiming zeigte sich erfreut: "Ich bin sehr zufrieden mit dem Urteil und recht zufrieden mit der mündlichen Urteilsbegründung, da der Richter sehr schön deutlich gemacht hat, dass die Bestrafung des Versammlungsleiters für Auflagenverstöße der Teilnehmer nach den Regeln der juristischen Kunst doch recht schwierig zu begründen ist. Die logische Konsequenz, dass genau deswegen das Versammlungsgesetz dies auch auch gar nicht vorsieht, wollte er aber nicht ziehen." In seinem Plädoyer betonte er auch den hohen Stellenwert des Versammlungsrechts als konstituierendes Merkmal der Demokratie. Dabei kritisierte er dessen laufende Einschränkung durch meist unbegründete Auflagen und die oft massive Polizeipräsenz: Mit "Demonstrationen gehören den Demonstranten" brachte er die Aussage auf den Punkt.

Die Beweisaufnahme brachte zwei gegensätzliche Wahrnehmungen der Demonstration und des Verhaltens des Anmelders zu Tage. Auf der einen Seite berichteten die Zeugen der Polizei von einem wenig erfolgsversprechenden Bemühen des Anmelders um einen friedlichen Verlauf der Demonstration. Teilnehmer und eingesetzte Ordner der Demonstration sprachen dagegen von einem kontinuierlichen Einwirken auf die Demonstration und hohem Einsatz des Anmelders, um die Auflagen einzuhalten. Staatsanwalt Walter begründete seinen Antrag auf Verurteilung zu 90 Tagessätzen mit den Aussagen der Polizeizeugen, der Angeklagte hätte sich zu wenig bemüht. Damit machte er eine straffreie Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit von der subjektiven Einschätzung der polizeilichen Einsatzleitung abhängig.

Weitere Informationen und Hintergründe zum Prozess.

Quelle: Pressemitteilung

Gren­zen­lo­se So­li­da­ri­tät - Auf­ruf zur an­ti­fa­schis­ti­sche De­mons­tra­ti­on durch Ros­tock-​Lich­ten­ha­gen!

Vor 20 Jah­ren fla­cker­ten Bil­der aus Deutsch­land um die Welt, die man für Ver­gan­gen­heit hielt: Bren­nen­de Häu­ser, flie­hen­de Men­schen, ein ge­walt­tä­ti­ger Mob, an­ge­lei­tet von neo­fa­schis­ti­schen Strip­pen­zie­hern, Bei­fall klat­schen­des Pu­bli­kum, ver­ant­wor­tungs­lo­se Ver­ant­wort­li­che.


Eine Al­li­anz aus staat­li­cher Aus­län­der­feind­lich­keit, Me­di­en­het­ze und All­tags­ras­sis­mus ließ zu, dass viet­na­me­si­sche Ver­trags­ar­bei­ter und Flücht­lin­ge, unter ihnen viele Roma, um ihr Leben fürch­ten muss­ten. Das bren­nen­de Son­nen­blu­men­haus wurde zu einem er­schre­cken­den Sym­bol des wie­der­ver­ei­nig­ten Deutsch­land.

Nur Wo­chen nach dem Po­grom wurde in einem brei­ten Kon­sens im Bun­des­tag das Grund­recht auf Asyl ab­ge­schafft. Weder die NPD noch ihr Ab­le­ger „Ham­bur­ger Liste Aus­län­der­stop“ wur­den ver­bo­ten, ob­wohl sie un­mit­tel­bar vor Be­ginn der Po­gro­me ihre Hetze nach Ros­tock ge­tra­gen hat­ten. Neo­fa­schis­ti­sche Or­ga­ni­sa­tio­nen und Grup­pen wer­den bis heute nicht ent­schie­den be­kämpft. Gleich­zei­tig wer­den an­ti­fa­schis­ti­sche In­itia­ti­ven be­hin­dert und als „ex­tre­mis­tisch“ dif­fa­miert.

Heute hat das auf Men­schen an­ge­wen­de­te Nütz­lich­keits­den­ken den po­li­ti­schen Dis­kurs wei­ter ver­gif­tet. Aus­gren­zung und Stig­ma­ti­sie­rung von Mi­gran­ten und Flücht­lin­gen sind wei­ter­hin tief in der Mitte der Ge­sell­schaft ver­an­kert. Die „Fes­tung Eu­ro­pa“ und das Ab­schie­be­la­ger­la­ger Horst in Meck­len­burg-–‹Vor­pom­mern ste­hen dafür.

Da­ge­gen set­zen wir da­mals wie heute So­li­da­ri­tät mit den Op­fern in­sti­tu­tio­nel­len und all­täg­li­chen Ras­sis­mus. Wir de­mons­trie­ren für das Men­schen­recht auf Asyl, für Teil­ha­be aller Men­schen am Wohl­stand, für die so­zia­len und de­mo­kra­ti­schen Rech­te Aller hier und über­all.

Wir fo­dern:
- Schluss mit Ab­schie­bun­gen, Re­si­denz­pflicht und Ar­beits­ver­bot!
- Stoppt die Ver­fol­gung von Roma in Ost­eu­ro­pa und über­all!
- Keine To­le­ranz für fa­schis­ti­sche Ideo­lo­gie und Ge­walt!
- Dres­den, Ros­tock, Dort­mund, alle Städ­te na­zi­frei!
- Schluss mit der Kri­mi­na­li­sie­rung von An­ti­fa­schis­t_in­nen und An­ti­ras­sis­t_in­nen!

Gegen Ras­sis­mus –für gren­zen­lo­se So­li­da­ri­tät!

Quelle

kritisch-lesen.de Nr. 19: Facetten der Krisenproteste

Foto: © Jörg Möller
Inspiriert durch den „Arabischen Frühling“ gingen im letzten Jahr weltweit Menschen auf die Straßen, um gegen neoliberale Wirtschaftspolitik und für „Demokratie“ zu protestieren. So bildete sich in Spanien eine Bewegung der „Indignados“ (Empörten), die sich auf zentralen Plätzen, insbesondere in Madrid auf der Puerta del Sol, versammelten. In Portugal war bereits seit März letzten Jahres eine ähnliche Entwicklung zu erkennen. Die Wohnungsmarkt-Problematik war in Israel der Auslöser für Proteste und auch im Iran gingen im Februar 2011 erneut Aktivist_innen gegen die Regierung auf die Straße. Derweil formierten sich in Griechenland wieder große Protestzüge. Insbesondere die sich von New York aus verbreitende „Occupy-Bewegung“ erhielt auch von konservativer und bürgerlicher Seite viel Zustimmung. Ganz anders die Riots in England in Folge der Erschießung von Mark Duggan durch Polizeibeamte im August 2011. In dieser Ausgabe wollen wir insbesondere diese beiden Ausdrucksformen des Krisenprotests – Occupy und Riots – in den Blick nehmen. Während das eine als friedlicher Protest von oft hochqualifizierten Akademiker_innen von Medien und Politik tendenziell als legitim eingestuft wird, wurden die Aufstände in englischen Städten für kriminell und ziellos befunden und damit entpolitisiert.

Bevor sich allerdings Occupy und den Riots im Speziellen gewidmet wird, soll mit Hilfe des Sammelbands „Krisen Proteste“ ein Überblick über momentane weltweite Bewegungen geliefert werden. Jens Zimmermann lobt in seiner Rezension Globale Krisen und globaler Widerstand das Buch als eines, das aktuell den besten Überblick über Proteste in Zeiten politischer und ökonomischer Krisen gebe. Anschließend widmen sich zwei Rezensent_innen den Werken von David Graeber, der in den letzten Monaten als eine Art Vordenker der Occupy-Bewegung verstärkt im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit stand. Sara Madjlessi-Roudi kritisiert Teile der Argumentation des Anthropologen und Anarchisten anhand der Aufsatzsammlung „Kampf dem Kamikaze-Kapitalismus“ als verkürzt und zu abstrakt, auch wenn dem optimistischen Blick Graebers auf die „Errungenschaften der Linken“ etwas Positives abzugewinnen sein könnte. Torsten Bewernitz zeichnet in seiner Rezension Occupy Insights ein ähnliches Bild, auch wenn er den Einsatz Graebers weitaus wohlwollender als beachtenswert und respektabel bewertet: Man müsse nicht mit allem einverstanden sein, dennoch habe Graeber den Anarchismus wieder sagbar gemacht. Mit Diskussionen rund um Krise und Occupy, die sich in Österreich ergeben haben, befasst sich Sebastian Kalicha in seiner Rezension Die Wut des Hamsters, in der er ein von dem Kabarettisten Roland Düringer und den beiden Philosophen Eugen Maria Schulak und Rahim Taghizadegan gemeinsam verfasstes Buch zwar als inhaltlich wenig in die Tiefe gehend kritisiert, aber dennoch aus linker Perspektive als sinnvoll lobt. Schließlich wird sich in zwei Rezensionen den Riots in England zugewandt. Zunächst hebt Steffen Liebig das Buch von Moritz Altenried Aufstände, Rassismus und die Krise des Kapitalismus. England im Ausnahmezustand positiv hervor. Altenried habe einen durchaus provokanten und lesenswerten Text vorgelegt, der den populären und entpolitisierenden Deutungen in weiten Teilen von Medien und Politik ein anderes Bild entgegen setze. Ein ebenfalls differenziertes Bild der Proteste zeichnet laut Peps Perdu das Buch Wenn die Toten erwachen, das die Rezensentin zwar mit vielen Fragezeichen, aber auch mit neuen Inspirationen zurücklasse.

Den Anstoß für die weiteren aktuellen Rezensionen macht mit Blick auf das aktuelle Fußballereignis Selma Haupt mit der Rezension Es geht nicht um Fußball zum aktuellen Buch von Dagmar Schediwy, die sich dem Phänomen Fußballpatriotismus aus sozialpsychologischer Perspektive nähert. Anschließend widmet sich Philippe Kellermann in Letzter Halt: Ökosozialismus dem Leben und Werk von André Gorz. Obwohl er dem rezensierten Buch durchaus zugesteht, die politischen Ideen Gorz’ treffend und pointiert wiederzugeben, kritisiert er doch die teilweise mitschwingende wenig differenzierte Begeisterung für Gorz und die daraus resultierende spezifische Lesart des Autors. Heinz-Jürgen Voß lobt im Anschluss Zülfukar Çetins Studie „Homophobie und Islamophobie: Intersektionale Diskriminierungen am Beispiel binationaler schwuler Paare in Berlin“ als wichtige Untersuchung, um Bewusstsein für Verschränkungen von Diskriminierungsformen zu schaffen. Mit Materie und Idee wirft Anja Gregor einen Blick in die ethnographische Betrachtung Julia Reuters zum Thema Geschlecht und Körper und lobt das Buch trotz erheblicher Kritikpunkte als besonders vielschichtig. Zuletzt rezensiert Philippe Kellermann das Buch Zwischen Klassenstaat und Selbstbefreiung, das sich mit dem Staatsverständnis bei Rosa Luxemburg beschäftigt.

Weiterlesen in der am 3. Juli erschienenen Ausgabe von kritisch-lesen.

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